Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Aber schwierig wird es in der Tat, wenn Wahlen anstehen, denn wer hierherzieht, hat das Recht, sich an der Abgeordnetenhaus- und an der BVV-Wahl zu beteiligen, wenn sie oder er am Tag der Wahl drei Monate hier lebt und gemeldet ist. Hier liegt das Problem: Wenn Berlin nicht in der Lage ist, Menschen in nennenswerter Zahl die rechtzeitige Anmeldung zu ermöglichen, dann kann das durchaus die Rechtmäßigkeit der Wahl in Frage stellen. Ich habe im September 2015 eine Anfrage zu genau dem Thema an den Senat gestellt, und da wurde mir geantwortet:

Im Bezug auf die Durchführung einer rechtssicheren Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen im Herbst 2016 haben sich der Senat und die Bezirke verpflichtet, kontinuierlich auf eine Verbesserung der Situation in den Bürgerämtern durch die Weiterentwicklung vorgenannter Maßnahmen hinzuwirken sowie ein Benchmark zu nutzen, um weitere wirksame Maßnahmen einzuleiten und ggf. weitere Personalbedarfe zu berechnen. Herr Staatssekretär Statzkowski hat die Fragen im Zusammenhang mit der Wahl 2016 am 27. August mit den Bezirksstadträten für Bürgerdienste erörtert. Ferner werden im nächsten Jahr im Hinblick auf die Wahl entsprechende Prioritäten gesetzt und bei Bedarf An- und Ummeldungen vorrangig bearbeitet.

Im August 2015 mit den Bezirken erörtert – das hatten wir doch alles schon! Da gab es dann in der „Berliner Morgenpost“ von 2014 „Berliner Bürgerämter vor dem Kollaps – Krisengipfel tagt“. – Und noch ein Krisengipfel, und noch eine Maßnahme angekündigt – aber es gibt bis heute keine verfügbaren Termine bei den Bürgerämtern.

Im Juni wird das Wählerverzeichnis erstellt. Das heißt, wir haben noch drei, dreieinhalb, vier Monate, und wenn Sie in dem bisherigen Tempo weitermachen – ja, dann wird das nichts. Und da finde ich dann, liebe Rednerinnen und Redner von der Koalition, Ihre Art, wie Sie hier das Anliegen der Piraten abbügeln – so von oben herab mit so ein bisschen Streicheln übers Köpfchen –, eigentlich unangemessen. Wenn man hier vier Jahre nichts gebacken bekommt, und dann setzen sich ein paar Leute hin und machen ein paar Vorschläge, dann ist das Mindeste, sich wie der Kollege Birk damit im Einzelnen auseinanderzusetzen und nicht zu sagen: Den Antrag brauchen wir nicht! Können wir alles; machen wir alles viel besser! – Das ist kotzarrogant, und das ist inakzeptabel!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Situation in den Bürgerämtern hat Berlin dem Gespött der Öffentlichkeit preisgegeben. Richtig ist, dass jetzt endlich was getan wird, um erstens die Wahl nicht zu gefährden, Sofortmaßnahmen, und da sind durchaus ein paar vernünftige Vorschläge dabei, und um zweitens endlich die Peinlichkeit zu beenden und der Stadt den Zugang zu den Bürgerdiensten zu ermöglichen. Auch dafür, finde ich, könnte man nach vier Jahr endlich mal das eine oder andere Ergebnis sehen. Der Antrag zeigt Wege; Herr Weiß hat auch ein paar Sachen klargestellt, die uns ein bisschen unklar waren, nämlich in Bezug auf die Frage von Ausbildung und – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin West?

Ja, bitte! Gerne!

Bitte schön!

Herr Dr. Lederer! Arroganz ist das eine, Amnesie das andere. Können Sie sich vielleicht noch erinnern, dass wir gerade auf der letzten Sitzung des vergangenen Jahres als Koalition einen Antrag genau dazu eingebracht und verabschiedet haben?

[Uwe Doering (LINKE): Nach vier Jahren!]

Ich meine, Sie haben hier schon viele Anträge eingebracht; Sie bringen hier permanent Anträge ein zu allem Möglichen. Aber das Problem ist: Das Antrag-Einbringen und Beschließen und die Tatsache, dass Sie sich hier für Ihre Ankündigungen feiern, ändern ja im realen Leben noch nichts.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und wenn Sie einfach mal einen Blick in die Terminbörse werfen, dann werden Sie feststellen: Die nächsten Termine in den Bürgerämtern gibt es Ende März. – Also, worüber reden Sie?

Frau Dr. West hat noch eine Frage.

(Dr. Klaus Lederer)

Jetzt ist aber auch gut!

[Heiterkeit bei der LINKEN und den PIRATEN]

Jetzt lassen Sie uns doch einfach im Ausschuss tatsächlich die Ansätze der Piraten, die Vorschläge von Herrn Birk und Herrn Doering mal gemeinsam diskutieren! Und wenn der Senat oder der Staatssekretär nicht erneut im April wieder einen Krisengipfel einberufen will, um dann festzustellen, dass all die Krisengipfel der Vergangenheit nichts genützt haben, dann wäre es ganz gut, Sie machen sich vielleicht den einen oder anderen Vorschlag auch einfach mal zu eigen und übernehmen ihn – dann haben wir vielleicht auch im Herbst eine rechtssichere Wahl.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu diesem Antrag hat die antragstellende Fraktion, also die Piraten, die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen hingegen beantragen zunächst die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. Darüber lasse ich zuerst abstimmen: Wer also der Überweisung an den Innenausschuss – kurz gesprochen – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist die Koalition. – Wer ist dagegen? – Das sind Linke, Grüne und Piraten. – Ersteres war die Mehrheit. Damit ist der Antrag überwiesen.

Ich komme zu

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der SPD

Gesetz zur Umsetzung der Kitagebührenfreiheit und der Kitaqualitätssteigerung sowie zur Einführung einer Notfallsanitäterzulage und Gewährung von Anwärtersonderzuschlägen (Haushaltsumsetzungsgesetz)

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/2685

Erste Lesung

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die erste Lesung, und es beginnt in der Beratung die Fraktion der SPD. Der Kollege Schneider hat das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das passt ja relativ nahtlos: Ich habe noch das Echo der Rede des Kollegen Lederer im Ohr, der meinte, wir würden immer nur ankündigen.

[Uwe Doering (LINKE): Stimmt!]

Das Ergebnis dieser Rederunde wird sein, dass diese Koalition von Ihrem Politikstil nichts hält, sondern wir haben politisch kontroverse Debatten in den Haushaltsberatungen geführt.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Herr Kollege Albers! Nicht gleich Schnappatmung kriegen! – Die waren politisch für oder gegen mehr Qualität in der Kita, für oder gegen Kitagebührenfreiheit, für oder gegen diverse Zuschläge im Innenbereich. Das ist politisch entschieden. Heute wird die Koalition diese politisch entschiedenen Dinge in Realität umsetzen, und wir werden die entsprechenden Gesetze ändern. – Das ist unser Politikstil, im Gegensatz zu Ihrem.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Uwe Doering [Linke] ]

Jetzt kommen Sie mir mal nicht so kleinteilig! Ich bin ein bisschen verschnupft – ich meine das jetzt physisch und nicht politisch. – Also vier Punkte stehen heute auf der Agenda. Da haben wir die Zulagen in Mangelberufen. Dazu machen wir einen Umsetzungsvorschlag, der dann im Innenausschuss diskutiert werden kann; dazu wird der Kollege Goiny gleich noch Entsprechendes sagen.

Wir haben die Anwärterzuschläge bei den Notfallsanitätern, wenn ich das richtig sehe, oder Notfallsanitäterzuschläge.

Wir reden über die Kitaqualitätsverbesserung, und dazu will ich dann doch noch zwei Sätze sagen, und wir reden über die Umsetzung der Gebührenfreiheit. Wir machen Gesetzesvorschläge, reden können Sie dann in den Ausschüssen.

[Uwe Doering (LINKE): „Reden“ haben Sie gesagt!]

Hier haben Sie ja nicht viel zu sagen, Herr Kollege Doering!

[Uwe Doering (LINKE): Sie haben gesagt, Sie reden!]

Erstens: Kitaqualität. Wir haben Ihnen immer gesagt, dass wir uns an dem Wettbewerb: Wer kann das Meiste? Wer hat die tollsten Vorschläge? – gar nicht beteiligen, sondern wir tragen das durch. Jetzt können Sie erkennen, dass wir das auf 120 Millionen Euro im Jahr durchtragen und nicht auf 70 oder 60 Millionen Euro. Wir machen die Schritte, wie sie dort vorgeschlagen sind. Am Ende dieses Prozesses wird es einen so signifikanten Qualitätssprung in den Kitas im U3-Bereich geben, wie ihn niemand von Ihnen vorgeschlagen hat. Ich räume – und füge hinzu – ein, dass wir im Detail im Bildungsausschuss über die gesetzliche Formulierung zu reden haben werden. Das haben wir im Hauptausschuss auch schon mitgeteilt. Das ist kein Geheimnis. Aber hier liegt der Gesetzesentwurf, jetzt können Sie sich konstruktiv beteiligen.

Zweitens: Kitagebührenfreiheit. Auch dazu haben wir nicht irgendwie gesagt: dann und dann und dann –,

sondern Sie finden hier die konkrete Abbildung der schrittweisen, vollständigen Kitagebührenfreiheit. Das ist ein großer Erfolg dieser Koalition. Das ist die familienfreundliche Metropole Europas, das ist Berlin. Da können Sie sich gern einbringen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Christian Goiny (CDU)]

Vielen Dank, Kollege Schneider! – Bündnis 90/Die Grünen hat als Rednerin die Kollegin Herrmann benannt. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Schneider! Heute legen Sie die Karten auf den Tisch.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der ist schon wieder weg!]

Ach so! Wo ist er denn?

Herr Schneider sitzt im Raum und winkt!

Er ist nicht beim RBB, sondern hier! – Ich möchte zunächst zum finanziell gesehen kleineren Teil kommen, das ist der der CDU. Man kann das mit den Zulagen ja so machen. Hier haben Sie vorgelegt für Notfallsanitäter und Anwärter. Aber um die eigentlich dringende Frage drücken Sie sich herum: die schnellere Anpassung der Beamtenbesoldung an den Bundesdurchschnitt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE)]