Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch heute behandeln wir wieder einen Antrag, der die falsche Strategie der Bundesbehörden nach dem Höchstpreisverkauf von Bundesimmobilien thematisiert. Ja, Sie haben recht: Es ist eine absolut falsche Strategie, an diesem Verfahren festzuhalten. Offensichtlich sind die Absichtserklärungen des Bundes weiter als das tatsächliche Handeln.

Seit gestern geht aber der Antrag auch in eine andere Richtung – Sie haben es gerade angesprochen. Jetzt zielt der Antrag darauf, dass der Verkauf ausgesetzt wird, bis eine rechtliche Prüfung der Grundstücksverkehrsgenehmigung für ein Teilstück erfolgt ist. Dabei dreht sich die rechtliche Frage um ein kleineres Teilgrundstück und nicht um das Hauptgrundstück, das den Großteil des Grundstücksverkaufs ausmacht. Jetzt haben wir schon eine ganze Menge über Grundstücke gesprochen, und ich bin mir sicher, dass die Legitimität des Grundstücksverkaufs von anderen Stellen geprüft und geklärt wird.

Aber wichtig ist es mir, stadtentwicklungspolitisch festzuhalten, dass zwei zentrale Forderungen des Landes Berlin umgesetzt werden konnten. Das eine ist: Der Postenweg bleibt öffentlicher Raum, als Geh- und Radweg, was bei solchen Schlauchgrundstücken – und das ist es nun einmal – wirklich schwer durchsetzbar ist und vermutlich auch war. Wie schwer das ist, sieht man auch an anderen Stellen des Landes Berlin, zum Beispiel in der Bernauer Straße, wo wir mehrere Teilungen des B-Plans hatten, um diesen Postenweg sicherzustellen. Das Zweite ist: Nach dem Modell der kooperativen Baulandentwicklung werden 110 Wohnungen an die HOWOGE abgetreten. Es wird eine neue Kindertagesstätte und eben die Öffnung und öffentliche Nutzung des ehemaligen Grenzpostenwegs für die Allgemeinheit entstehen.

(Carola Bluhm)

Klar, auch ich hätte mir mehr vorstellen können – mehr Sozialwohnungen, ein Mehr an sozialer Infrastruktur –, aber es ist eben doch quantitativ und qualitativ sozial und auch sozialräumlich verträglicher, als es plump abzulehnen.

Frau Kollegin! Ich unterbreche Sie mal kurz. – Meine lieben Kollegen! Wirklich noch mal bitte zur Ruhe kommen! Wir sind gleich am Ende. – Danke!

Das ist vielleicht auch Teil des Problems, an sich wichtige und diskussionswürdige Anträge zu so später Stunde durchzuziehen. – Und ich lasse keine Zwischenfrage zu!

[Steffen Zillich (LINKE): Das ist aber schade!]

Ja, da ist noch eine Zwischenfrage von Kollegen Zillich. Das wollen wir nicht unterschlagen.

Das habe ich gerade gesehen. – An meine Ausführungen anschließend: Der Fall ist eben auch anders gelagert als beim Dragonerareal. Auch wenn es uns nicht wirklich passt, aber es wird auch im Land Berlin das eine oder andere Höchstpreisverfahren geben. Der Unterschied zur Bundespolitik ist: Wir haben Kriterien, nach denen wir diese durchführen; wir haben Kriterien zur Clusterung von Grundstücken und eben auch verschiedene Formen der Vergabeverfahren. Wie das aussieht, wissen Herr Zillich und ich auch, denn wir sitzen unter anderem im Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds.

Abschließend bleibt festzuhalten: Wichtige Forderungen der Stadt Berlin sind durchgesetzt worden, und das Bundesgeschäft ist zwar sicherlich nicht wünschenswert, aber in der Ergebnisformulierung durchaus befriedigend. Es bleibt festzuhalten, dass die Grundstückspolitik des Bundes weiterhin zu thematisieren und zu treiben ist, damit der Ausverkauf auf der Bundesebene gestoppt werden kann. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Kollegin Haußdörfer! – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Für diese Fraktion spricht die Kollegin Herrmann, und sie hat das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Haußdörfer! Ich stimme Ihnen zu. Ein so wichtiges Thema zu so später Stunde! Und was haben wir vorher gelernt? – Herr Lauer findet Herrn Henkel persönlich „einen netten Typen“, und Frau Matuschek findet, dass Herr Buschkowsky recht hat. So viel zu dem, was wir heute bisher gehört haben.

Das, was wir jetzt aber als Letztes diskutieren, finde ich zentral: Es geht um eins der letzten Grundstücke in der Stadt, um über 60 000 Quadratmeter und darum, wie wir, das Land Berlin, mit Grundstücken umgehen, aber auch darum, wie der Bund mit Grundstücken umgeht. Frau Haußdörfer! Wir haben Sie und Ihren Finanzsenator darin unterstützt, beim Dragoner-Areal dieses Verfahren zu stoppen, aber das haben Sie an dieser Stelle nicht gemacht, und das werfen wir Ihnen vor. Das ist ein Fehler,

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

und das werden Sie in fünf oder in zehn Jahren merken, so wie wir es jetzt merken, was es für ein Fehler war, dass Sie die GSW privatisiert haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Oh! – Weitere Zurufe von der SPD und den PIRATEN]

Ja, und es ist absurd, Herr Schneider. Im September kamen vom Bund die Ansage und der eindeutige Beschluss, dass die BImA Grundstücke nicht mehr allein zum Höchstpreis veräußern will, sondern dass an Kommunen und Länder für einen sozialen Zweck Grundstücke auch vergünstigt hergegeben werden sollen. Was haben wir gestern gelernt? – SenStadt führt die Paketverhandlungen nur zu bebauten und nicht zu unbebauten Grundstücken. Was ist denn das für ein Irrsinn, wo wir hier im Land gerade eine andere Liegenschaftspolitik machen und darüber reden, dass unsere landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mehr Wohnungen bauen müssen, weil wir mehr soziale Wohnungen brauchen! Dafür geben wir ihnen Grundstücke, und Sie reden mit dem Bund nur über bebaute und nicht über unbebaute Grundstücke! Das ist ein Fehler. Ändern Sie das!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Jetzt konkret zur Stallschreiberstraße: Ja, Frau Haußdörfer, es ist korrekt. Sie haben die Punkte angesprochen, die passieren sollen, und erklärt, dass Sie das richtig finden. Dazu sage ich: Ja, das ist ein Fortschritt im Vergleich zu dem, dass man ein Grundstück vielleicht komplett verhökert und ein privater Investor das komplett mit Wohnungen zubaut. – Aber ich frage Sie – ganz ehrlich: An dem Verfahren hat sich die WBM beteiligt. Die WBM ist nicht zum Zuge gekommen, weil sie nicht 30 Millionen Euro geboten hat, sondern nur 16,5 Millionen Euro bieten konnte. Der Bedarf, dort zu bauen, ist bei landeseigenen

(Ellen Haußdörfer)

Wohnungsbaugesellschaften vorhanden. Sie haben es nicht geschafft, hier in das Verfahren mit dem Bund zu gehen und zu sagen: Stoppen Sie dieses Höchstpreisverfahren, denn wir brauchen das! – Stattdessen hat ein privater Investor zum Höchstpreis von 30 Millionen Euro dieses Grundstück erworben, wird da jetzt Wohnungen bauen, und die HOWOGE als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft kauft dann Wohnungen zurück – 110 Wohnungen. Was glauben Sie eigentlich, wie dieser private Investor diesen Kaufpreis refinanziert? Indem er der HOWOGE die Wohnungen schenkt? Auf welchem Planeten leben Sie eigentlich?

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN) – Christopher Lauer (PIRATEN): Genau!]

Es wäre günstiger, wenn Sie nicht so handelten, wie Sie es tun. Es mag vielleicht Gründe geben, dass Sie so handeln. Die sind mir nicht bekannt. Deshalb kann ich für meine Fraktion nur noch mal deutlich sagen: Herr Finanzsenator! Wir haben gelesen, dass Sie oder die Koalition finden, dass das ein akzeptables Ergebnis ist. Das kann ich für meine Fraktion nicht feststellen. Das Gegenteil ist der Fall. Versuchen Sie auch an dieser Stelle, dass wir diesen Irrsinn stoppen und mit dem öffentlichen Vermögen, das es im Land Berlin noch gibt – seien es landeseigene oder bundeseigene Grundstücke –, anders umgehen! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich danke auch! – Kollege Goiny, Sie haben jetzt das Wort für die CDU-Fraktion. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Na ja, wollen wir verbal doch ein wenig abrüsten! Sie haben von Irrsinn gesprochen und sich da etwas hineingesteigert. Vielleicht haben Sie auch noch ein wenig die Tatsache verarbeitet, dass Ihre Partei bei der Nominierung Ihre Arbeit offensichtlich nicht so wertgeschätzt hat.

[Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Das ist jetzt aber unter der Gürtellinie! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Das tut mir persönlich sehr leid, kann ich an dieser Stelle nur sagen, weil ich Sie eigentlich für Ihr Engagement sehr schätze. Das geht eher schlecht mit den Grünen nach Hause als mit Frau Herrmann.

Ich finde, der vorliegende Fall ist nicht mit dem Dragoner-Areal vergleichbar. Natürlich sind auch wir der Meinung, dass der Bund durchaus in der Lage ist, seine Liegenschaftspolitik gerade in Ballungsgebieten zu modifizieren. Ich glaube aber schon, dass wir bei dem, was wir hier auch mit der neuen Liegenschaftspolitik auf den Weg

gebracht haben, in der Lage sein müssen zu unterscheiden. Das Grundstück ist an anderer Stelle gelegen, es ist anders beschaffen, und es bietet sich nun mal für Wohnungsbau an. Tatsächlich ist das auch ein dringender Bedarf, den wir an dieser Stelle haben. Nach den Informationen, die wir bekommen haben, ist an dem, was der Bund dort plant – unter Beteiligung von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, mit der Schaffung von Sozialwohnungen, mit der Schaffung von Kitaplätzen –, im Grundsatz nicht viel auszusetzen, auch wenn man natürlich immer sagen kann, es hätte noch mehr sein können.

Ob das Grundstücksgeschäft in allen rechtlichen Details so funktioniert und Bestand hat, das vermag ich nicht zu beurteilen.

[Steffen Zillich (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Das ist auch nicht Gegenstand unserer politischen Bedeutung. Wir jedenfalls haben politisch an der beabsichtigten Nutzung als Wohnungsbaustandort nichts auszusetzen und glauben, dass das auch etwas ist, was diese Stadt braucht und was an dieser Stelle Sinn macht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Kollege Zillich wollte eine Zwischenfrage stellen, aber der Redebeitrag ist zu Ende. Dann wollen wir schnell zum nächsten Redner übergehen – zum Kollegen Prieß. Er spricht für die Piraten.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Kollege Zillich! Am Schluss der Rede eine Zwischenfrage zu stellen, das ist ähnlich wie vorhin, wo Sie schon ganz zu Anfang eine gestellt haben, ohne etwas von der Rede zu kennen. – Bitte sehr, Kollege Prieß!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Wir haben jetzt schon verschiedene Sachen zum Vergleich mit dem Dragoner-Areal gehört. Der wurde schon häufiger angeführt, auch in der Presse. Ich kann nur noch mal daran erinnern, dass damals die Piratenfraktion einen Antrag zum Dragoner-Areal gestellt hat, dieses Höchstpreisverfahren der BImA zu stoppen, und auch gefordert hat, dass der Senat da tätig werden soll, um diesen Verkauf zu verhindern. Dieser Antrag ist damals mit der Mehrheit der großen Koalition abgelehnt worden. Der Senat ist aber dennoch im Sinne des Antrags der Piraten tätig geworden und hat im Bundesrat gemeinsam mit anderen Bundesländern diesen Verkauf erst mal gestoppt. Der Antrag der Piraten ist damit zwar noch nicht ganz vollzogen, weil der Verkauf erst mal nur gebremst wurde und noch offen ist, was aus diesem Grundstück

(Clara Herrmann)

mal wird. Aber immerhin haben wir dort einen Teilerfolg erzielt.

Bei dem Grundstück in der Stallschreiberstraße – das müssen wir zugeben – ist das eine etwas andere Sache. Erstens ist der Verkauf kein wirklicher Höchstpreisverkauf, wie er das beim Dragoner-Areal war. Der Verkauf ist hier nur wenig über dem Richtwert. Das führt natürlich dazu, dass auch Möglichkeiten bestehen, dort Sozialwohnungen oder so etwas zu schaffen, die dort den Senat und die Stadt ein bisschen versöhnen. Es gab viel höhere Preise, die dort erzielt werden sollten. Allerdings waren diese Angebote nicht seriös, und die Finanzierung konnte nicht hinterlegt werden. Deshalb ist ein wirklich spekulatives Höchstpreisverfahren dort nicht zum Zuge gekommen.

Wir hätten es lieber gesehen, wenn man das Grundstück als Freifläche behält und dieses Grundstück auf dem ehemaligen Mauerstreifen eine Brache in der Stadt bleibt. Aber ich glaube, das sind Schlachten der Vergangenheit, die schon geschlagen sind und denen wir uns hier nicht weiter widmen können.

Ein weiterer Unterschied zum Dragoner-Areal besteht darin, dass bei diesem Areal immerhin städtische Wohnungsbaugesellschaften beteiligt sind – nicht zu besonders günstigen Bedingungen, aber das sind Kompromisse, die man unter Umständen in Kauf nehmen muss.

Wir werden diesen Antrag auf jeden Fall dennoch unterstützen. Allerdings glauben wir, dass er gar nicht mehr viel Erfolg haben kann, weil der Deal bereits im Bundesrat abgesegnet ist. Der Antragstext wurde ja schon dementsprechend an die neue Entwicklung angepasst, und man kommt deswegen nicht mehr ganz zum Zuge.

Eine Möglichkeit bestünde noch. Nach § 24 Abs. 1 Baugesetzbuch – je nachdem, wie man die Bausituation dort auffasst: nach Punkt 5 oder 6 – würde dort ein Vorkaufsrecht für die Gemeinde bestehen. Das könnte die Gemeinde ausüben, aber auch dieses Vorkaufsrecht würde zu einem Preis realisiert werden, der weit oberhalb der 16,5 Millionen Euro liegt, die die WBM dort geboten hat. Deswegen ist fraglich, ob es für den wirklich preiswerten Wohnungsbau noch eine Hilfe wäre, aber eine Hilfe für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften wäre es auf jeden Fall. Deswegen werden wir trotz aller dieser Einschränkungen diesem Antrag zustimmen. – Ich wünsche Ihnen dann noch einen schönen weiteren Abend, aber warten Sie bitte noch die Abstimmung ab.

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön, Kollege Prieß! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zum Antrag Drucksache 17/2762 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und alle Piraten. Wer ist dagegen? – Das ist die Koalitionsmehrheit. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag abgelehnt.