Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Viele Gesetze haben eine Verordnungsermächtigung. Dann gibt es das, was Sie Ausführungsvorschriften nennen, als Verordnung. Dieses Gesetz hat aber diese Verordnungsermächtigung nicht. Darum geht es ganz formal einfach nicht. Sie müssen, um Ihr Ziel zu verfolgen, im Gesetz selbst zu Änderungen kommen, und das sollten Sie, Herr Kollege Lux, der Sie selbst Jurist sind, genauso gut wissen wie ich.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Wenn wir also etwas ändern wollen, dann lassen Sie uns gemeinsam in den Ausschüssen darüber sprechen, welche vernünftigen Lösungen es da gibt. Daher sprechen wir uns hier für eine Überweisung an die Ausschüsse aus. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Korte! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Dr. Weiß. – Bitte!

Vielen Dank! – Interessante Frontverläufe haben wir in dieser Debatte!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Woher wissen Sie, wo hier der Frontverlauf ist?]

Ich fürchte, ich muss mich da in die Mitte stellen. Ich fange mal mit dem Positiven an.

Die Kollegin Kahlefeld hat einige richtige Dinge zur Situation der „Späti“-Betreiber und -Betreiberinnen gesagt. Sie hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass es kein Problem des Arbeitsschutzes ist. Es geht auch nicht um eine Aufweichung oder eine Erweiterung der Landesöffnungszeigen, sondern um das, was jetzt bereits Praxis ist. Das ist nach meinem Dafürhalten kein Missstand, sondern es geht um die Befreiung von rechtlicher Unsicherheit. Dieses Ziel teile ich uneingeschränkt.

Ich bin offen für jede Diskussion darüber, wie man dieses Ziel erreichen kann, fürchte aber, dass der Antrag, den die Grünen vorgelegt haben, dabei nicht viel weiterhilft. Erstens – es sei mal dahingestellt, ob es Ausführungsvorschriften zum Berliner Ladenöffnungsgesetz gibt oder

(Dr. Niels Korte)

nicht; sie wären im Zweifelsfall einfach zu schaffen, wenn es sie nicht gäbe –

[Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

können solche Ausführungsvorschriften nichts klarstellen, was über das hinausgeht, was im Wortlaut des Gesetzes steht. Im Wortlaut des Gesetzes steht in dem Punkt, auf den Sie sich beziehen, eine Ausnahmeregelung für Geschäfte, die ausschließlich Waren für den Tourismusbedarf anbieten. Diese sind dort auch aufgezählt. Darunter „Spätis“ zu subsumieren, wird mit einer einfachen Klarstellung nicht zu machen sein. Da müsste man in der Tat das Gesetz ändern.

Abgesehen davon, dass die Regelung, um die es da geht, nur eine Öffnung von 13 bis 20 Uhr einschließt, was am Sonntag nicht die Zeiten sind, in denen „Spätis“ ihren Hauptumsatz machen, wäre eine Regelung im Berliner Ladenöffnungsgesetz in der Tat nicht so einfach, weil wir ein Problem damit haben, dass die verfassungsrechtliche Rechtsprechung sehr ins Detail geht, was das angeht. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur vorherigen Version des Berliner Ladenöffnungsgesetzes wurde schon erwähnt. Ich kann es für die, die so etwas gerne lesen, nur als Lektüre empfehlen. Es ist sehr interessant; man sieht, wie kreativ ein Verfassungsgericht werden kann, wenn es darum geht, einen einzelnen Satz des Grundgesetzes auszulegen. Das geht sehr ins Detail. Es handelt sich übrigens um Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung von 1919. Das sage ich immer gern, weil das absurd ist.

Ich persönlich fände es auch sympathisch, das Grundgesetz zu ändern, um die Berliner „Spätis“ zu retten. Ich wäre dafür, weil ich Artikel 140 sowieso für überarbeitungsbedürftig halte. Darauf wird es aber wohl nicht hinauslaufen. Das heißt, wir müssten uns dann Gedanken darüber machen, welche Regelung tatsächlich verfassungskonform möglich wäre. Ich bin nicht, wie Herr Jahnke, von vornherein der Auffassung, dass es eine solche Regelung gar nicht geben kann. Ich bin auch nicht der Auffassung, die Herr Dr. Korte geäußert hat, dass es nicht möglich wäre, eine geeignete Legaldefinition für Spätverkäufe zu finden – inhabergeführt wäre da wahrscheinlich ein sinnvolles Kriterium, ebenso wie Verkaufsfläche etc. –, die nicht geeignet wäre, im Gesetz haltbar zu sein.

Ich glaube aber auch nicht, dass man es sich so einfach machen kann zu sagen: Wir schreiben es einfach hinein, es wird schon gehen. Wir gesagt, das ist keine einfache verfassungsrechtliche Frage.

Ich persönlich rege an, dass wir uns in der Beratung dieses Antrags damit auseinandersetzen, welches die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten sind, die wir wählen können, inwieweit wir uns Expertise dazuholen, ob wir etwa den WPD heranziehen. Es gibt verschiedenen Möglichkeiten. Das Ziel ist ein richtiges. Der Antrag hilft uns

nicht weiter, aber wenn wir anhand dieses Antrags über das Thema diskutierten, würde ich das sehr begrüßen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Stephan Lenz (CDU)]

Vielen Dank, Herr Dr. Weiß! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion Die Linke

Soziale Eintrittspreise in Tierpark und Zoo sichern

Dringlicher Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2792

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. – In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schmidt. – Bitte!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch sehr geehrte Damen und Herren der SPD! Es geht um den Tierpark – nach den Aussagen etwas, was uns allen am Herzen liegt. Es liest sich sehr gut, was der Newsletter für den nahenden Frühling für Zoo und Tierpark zu berichten hat: Schneeglöckchen blühen, und Tierbabys toben durch die beiden zoologischen Gärten. Ostern steht vor der Tür, und zugleich wird auf ein spannendes und vielseitiges Osterprogramm neugierig gemacht.

Doch gleichzeitig wird es für Tausende von Besucherinnen und Besucher auch ein böses Erwachen geben. Bisher galt, dass Harz-IV-Beziehende und Schwerbehinderte für den Besuch von Zoo und Tierpark nur die Hälfte des regulären Eintrittspreises bezahlen mussten. Seit dem 1. März gilt dies nicht mehr. Für den Besuch des Tierparks müssen Sie nunmehr 9 Euro berappen, und für den Besuch des Zoos 10 Euro. Auch eine Jahreskarte kostet ermäßigt für Transferleistungsbeziehende immer noch stolze 40 Euro.

Im letzten Jahr nutzten 45 000 Besucherinnen und Besucher des Tierparks das 6-Euro-Ticket, und 2 000 Berlinerinnen und Berliner erwarben eine ermäßigte Jahreskarte für 29 Euro. Setzt man die jetzt geltenden Tarife

(Dr. Simon Weiß)

entgegen, sind das insgesamt 157 000 Euro, aber virtuelle Einnahmen für den Tierpark. Nun sind 157 000 Euro nicht nichts, aber sie stehen auch in keinem Verhältnis zu dem Schaden, der mit dieser heimlich, still und leise eingeführten Tariferhöhung angerichtet wird.

[Beifall bei der LINKEN]

Es stellt sich die Frage, warum gerade jetzt die Tarife erhöht werden. Noch hat sich im Tierpark nichts getan, das die Attraktivität sichtbar steigert. Das kann also nicht der Grund für die Tarifsteigerung sein.

Ob es tatsächlich zu der erhofften Einnahmeerhöhung kommt, bleibt abzuwarten. Vielmehr ist doch zu befürchten, dass von den bisher 45 000 Besucherinnen und Besuchern, die die Ermäßigung 2015 genutzt haben, viele jetzt durch die höheren Preise abgeschreckt werden und dem Tierpark fernbleiben. Einmal mehr wird Geringverdienenden gesellschaftliche Teilhabe verwehrt und der Besuch von Zoo und Tierpark erschwert. Gerade hat der Senat 238 000 Euro für ein Integrationskonzept bezahlt. Ob damit Integration in der Praxis funktioniert, muss sich erst noch zeigen. Doch hier, im Falle des Tierparks hat Integration und Teilhabe bereits funktioniert.

Da bleibt schon ein bitterer Beigeschmack, wenn sich die zoologischen Einrichtungen der Hauptstadt rühmen, dass 2015 der Besucherrekord vom Vorjahr geknackt wurde. Mehr als 4,5 Millionen Menschen besuchten 2015 Zoo, Aquarium und Tierpark. 1,2 Millionen Besucherinnen und Besucher bedeuteten für den Tierpark einen Anstieg um 4 Prozent. Da ist es das völlig falsche Signal, wenn für einen Anteil von gerade mal 3,75 Prozent der Besuch des Tierparks erschwert wird.

[Beifall bei der LINKEN]

Auch die jungen Mütter und Väter müssen sich veralbert vorkommen, wenn nun die Babycard gänzlich entfällt. Da nützt es wenig, wenn das Unternehmen darauf verweist, dass sowohl die Zoologischer Garten Berlin AG als auch die Tierpark Berlin-Friedrichsfelde GmbH privatwirtschaftlich selbstständige Unternehmen sind und nicht zum Land Berlin gehören. Sie hätten als eigenständiges Unternehmen, so schreiben sie auf eine Bürgeranfrage, vielerlei Bedürfnisse zu berücksichtigen und träfen ihre Entscheidungen ohne Rücksprache mit den Behörden.

Doch Rot-Rot führte den Berlin-Pass ein, damit auch Geringverdienende am gesellschaftlichen Leben teilhaben, Zoo und Tierpark besuchen oder die Berliner Bäder nutzen, Museen und Theater erleben können. Soziale und kulturelle Teilhabe wurde trotz harter Konsolidierung möglich gemacht, und Sie, verehrte Damen und Herren von SPD und CDU, lassen zu, dass Integration und Teilhabe immer weniger stattfinden. Selbst das Konzept für Integration müssen Sie extern einkaufen, und dann lassen Sie es noch nicht einmal zu, dass es in Ihr Alltagshandeln einfließt.

[Beifall bei der LINKEN]

Meine Fraktion und übrigens auch der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen wollen, dass der Besuch von Zoo und Tierpark auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar ist. Deshalb müssen die bisherigen Tarife wieder gelten, und der Senat muss aufgefordert werden, Gespräche mit der Geschäftsführung aufzunehmen. Der Tierpark erhält Zuschüsse vom Land Berlin. Da wird es doch wohl möglich sein, zumindest unseren grundsätzlichen Integrationsanspruch für Menschen mit geringem Einkommen einzufordern.

Wir brauchen in unserer Stadt mehr und bessere Teilhabe. Da ist der Besuch von Zoo und Tierpark nur ein kleiner, doch für die betroffenen Menschen wichtiger Baustein. Lassen Sie nicht zu, dass die Tarife heimlich, still und leise erhöht werden, sondern sie sollen weiter gelten!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Heinemann. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist eine gute Gelegenheit, zum Frühlingsanfang an diesem Sonntag, wie meine Kollegin, Frau Dr. Schmidt, es schon getan hat, Werbung für einen Besuch im Berliner Zoo oder Tierpark zu machen. Ein Ausflug bei den ersten Sonnenstrahlen des Jahres an der frischen Luft zu spannenden Tieren und tollen Gärten lohnt sich immer, und auch die Tierbabys sind bereits erwähnt worden. Liebe Berlinerinnen und Berliner! Gehen Sie doch zwischen Frühlingsanfang und Ostern mal wieder in den Zoo oder Tierpark! Dies ist weiterhin für alle zu vernünftigen Preisen möglich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen Sie sich mal die neuen Preise für das Einzelticket an! Ein Zoobesuch kostet 14,50 Euro und ermäßigt 10 Euro. Für den Besuch im Tierpark werden 13 Euro regulär und 9 Euro ermäßigt fällig. Damit bieten die Berliner Zoos auch nach dem neuen Preissystem, das am 1. Februar in Kraft getreten ist, 31 Prozent Ermäßigung für Schüler, Studenten, Azubis, Arbeitslosengeldbezieher und Schwerbehinderte an. In den anderen großen Zoos in München, Hamburg, Leipzig, Hannover, Köln, Duisburg und Gelsenkirchen gibt es weniger oder sogar gar keinen Rabatt für diese Personengruppen. So müssen in Hamburg alle Besucher 20 Euro bezahlen und in Hannover sogar 25 Euro. In Köln und Gelsenkirchen bekommen Arbeitslosengeldbezieher und Schwerbehinderte gar keine Ermäßigung, in Leipzig nur die Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Dieser Blick über den Tellerrand zeigt: Die Berliner Zoos sind

(Dr. Manuela Schmidt)

nicht nur mit die attraktivsten in Deutschland, sondern gehören auch zu den sozialsten bei der Preisgestaltung. Gerade dieses Prinzip, attraktiv und sozial zu sein, zeichnet unsere Stadt aus. Dafür steht ganz besonders die Berliner SPD.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Frau Kollegin Dr. Schmidt! Sie haben ganz verschwiegen, dass einige Preise für Zoo und Tierpark im Februar gesenkt wurden. So ist es für „Wiederholungstäter“ günstiger geworden. Das freut vor allem Familien. Die Preise für die Jahreskarte wurden deutlich gesenkt von bisher 60 Euro im Zoo und 58 Euro im Tierpark auf einheitlich 49 Euro pro Erwachsenen. Das ist ein tolles Angebot für alle Berlinerinnen und Berliner. Auch die Familienjahreskarten sind seit sechs Wochen billiger. Die kleine – ein Erwachsener und alle Kinder – kostet künftig nur noch 60 Euro, bislang 76 Euro im Tierpark und 77 Euro im Zoo. Die Familienjahreskarte groß – mit beiden Elternteilen und allen Kindern – schlägt künftig mit nur noch 99 Euro statt früher 120 Euro im Tierpark und 122 Euro im Zoo zu Buche. Es lohnt sich für Familien also schon ab drei Zoobesuchen im Jahr. Ein tolles Angebot; in keinen anderen großen Zoo in Deutschland kommen Familien preiswerter hinein.