Ich frage Herrn Müller vom Verkehrssektor. – Es geht um die S-Bahn. Weshalb wird der Forderung des Berliner S-Bahn-Tisches, durch das Volksbegehren in der ersten Stufe mit 31 870 Unterschriften der Berliner Bürger bekräftigt, nicht zeitnah nachgegangen und dieses umgesetzt? Das Volksbegehren hat damit gemäß § 5 im Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid die erforderliche Mindestzahl der notwendigen gültigen Unterschriften eingereicht. Die Frist zur Prüfung der Zulässigkeit begann damit gemäß § 7 desselben Gesetzes
am Tag der Einreichung. Hier war es der 23. Dezember 2011. Es endet nach 15 Tagen. Das wäre der 8. Januar dieses Jahres gewesen. Weshalb wird jetzt eine Überprüfung vom Landesverfassungsgericht seitens des Senats vorgenommen? Ich bitte hier um eine ausführliche Begründung.
Bitte schön, Herr Kollege Müller! – Ich erlaube mir noch einmal den Hinweis, das nächste Mal bei der Formulierung einer spontanen Frage einmal in die Geschäftsordnung zu schauen. Sie sollte kurz, prägnant und kurz beantwortbar sein. Letzteres schafft Herr Senator Müller sicherlich. – Sie haben das Wort.
Das war eine ausführliche Frage, Herr Präsident! Es wird um ausführliche Beantwortung gebeten; ich gebe mir aber Mühe. Der entscheidende und kritische Punkt bei der Debatte um dieses Volksbegehren ist nicht die Frage, wie diese Unterschriften zustande gekommen sind und ob es sich um die gültige, rechtmäßige und notwendige Anzahl handelt. Die Frage ist vielmehr, welche Zielrichtung dieses Volksbegehren hat und ob man juristisch überprüfen lässt, ob die Zielrichtung in einem Volksbegehren zur Abstimmung gestellt werden und diese in ein Gesetz münden kann. Das ist der entscheidende Punkt.
Es wird in dem Begründungstext des Volksbegehrens der Eindruck erweckt, als ob es hier gegen Privatisierung und um die Zerschlagung des S-Bahnbetriebes geht. Das will ohnehin niemand. Darum geht es auch gar nicht im eigentlichen Text des Volksbegehrens. Da handelt es sich auf einmal um Ausstattungsfragen, wie viel Personal auf den Bahnhöfen vorhanden ist, wie der Fuhrpark ausgestattet ist und anderes. Das sind auch möglicherweise berechtigte Forderungen. Die kritische Frage aber ist, ob diese Forderung in einen laufenden Vertrag per Gesetz durch Abstimmung eingefügt werden kann, bei dem Berlin nicht einmal alleiniger Vertragspartner der Deutschen Bahn ist, sondern – das Thema hatten wir vorhin schon einmal – mindestens auch noch das Land Brandenburg, das sich auch damit auseinandersetzen muss.
Geht es also, dass der Vertragspartner Brandenburg über Berliner Volksgesetzgebung zu neuen Vertragsbestandteilen in einem laufenden Vertrag gezwungen wird? Nach Einschätzung des Senats ist es eine solche spannende juristische Frage, dass man sie vor dem Verfassungsgericht überprüfen lassen sollte. Das war auch die Intention in der letzten Legislaturperiode bei vielen Fraktionen, genau diese Möglichkeit zu schaffen. Bevor weitere Verfahren im Volksbegehren stattfinden, soll das Gericht die Chance haben, eine Stellungnahme abzugeben, damit die Bürgerinnen und Bürger auch wissen, woran sie sind. Weitere Verfahren sollen erst dann zum Tragen kommen,
wenn es juristische Klarheit gibt. Hier soll nichts auf Biegen und Brechen verhindert werden, hier soll schon gar nicht der politische Anspruch, der mit dem Volksbegehren möglicherweise verbunden ist, unterdrückt werden. Es geht vielmehr um die Klärung der juristischen Frage für die weiteren Verfahrensschritte. Deswegen hat die Innenverwaltung auch in dieser Frage federführend dazu eine entsprechende Stellungnahme abgegeben und wird den Senat mit dieser Zielrichtung vor dem Verfassungsgericht vertreten.
Vielen Dank! – Herr Kollege Claus-Brunner! Haben Sie eine Nachfrage? – Bitte schön, dann haben Sie das Wort.
Ich bedanke mich für die ausführliche Antwort! Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass der Gesetzestext mit dem Titel Gesetz zur Beendigung des Chaos in § 1 auf die Offenlegung – –
Ist Ihnen bekannt, dass das Gesetz zur Beendigung des Chaos zwischen einerseits der Offenlegung des Vertrages und andererseits der Beschränkung auf zukünftige Vertragsabschlüsse trennt? Die von Ihnen soeben benannten kritischen Punkte werden explizit in Bezug auf die Offenlegung des bestehenden Vertrages ausgeklammert. Der bestehende Vertrag ist nur eine Formalie, bei der man diesen offenlegen könnte.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Auch dazu gibt es unterschiedliche juristische Auffassungen. Dass man für die Zukunft für einen neuen Vertrag eine ganz weitgehende Transparenz und Offenlegung verabredet, ist ziemlich unstrittig. Wir haben das alles schon in Zusammenhang mit dem Wasservolksbegehren diskutiert. Dabei hat sich eine Grundhaltung, auch eine politische Einschätzung, völlig verändert.
Es ist keine Schande dazuzulernen. Es gibt nur wenige, die immer schon alles von vornherein wissen. Dass wir mit künftigen Verträgen selbstverständlich auch offener
und transparenter umgehen, ist keine Frage. Kann man aber das von Ihnen soeben Geschilderte auch wirklich für einen bestehenden Vertrag mit zwei weiteren Vertragspartnern ohne Anhörung und Aushandlungsverfahren einfach über ein Volksbegehren und ein Gesetz abstimmen, ja oder nein? – Das ist die spannende juristische Frage. Ich bin kein Jurist. Ich verlasse mich an dieser Stelle auf die Einschätzung, dass es zumindest bedenkenswert ist und juristisch überprüft werden sollte. Genau an der Stelle befinden wir uns.
Die erste Runde nach Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Ich eröffne diese Runde mit einem Gongzeichen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden gelöscht.
Ich habe eine Frage an den Senator für Stadtentwicklung. – Herr Müller! Seit wenigen Tagen laufen Abräumarbeiten auf der Trasse der künftigen Autobahnverlängerung. Warum ist auf dem Gelände zwischen der Dieselstraße und der Kiefholzstraße nicht die naturschutzrechtliche Vorbereitung getroffen worden, das Einsammeln von Amphibien, der Schutz von Insekten und das ordnungsgemäße Anbringen von Amphibienschutzzäunen sowie entsprechende Arbeiten? Warum erfolgen die jetzigen Bauarbeiten ohne ökologische Baubetreuung?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Matuschek! Sie wissen, dass es seit rund eineinhalb Jahren in dieser Kolonie auf diesem Gelände einen Leerstand gibt und dass es inzwischen ein Gelände ist, das entsprechend gesichert werden muss. Schon aus Gründen der Sicherheit ist nötig, dort Vorkehrungen zu treffen
und auch entsprechende Abräumarbeiten vorzunehmen, auch im Zusammenhang mit den bauvorbereitenden Maßnahmen. Es ist richtig, dass auch weitergehende Arbeiten vorgenommen werden müssen. Wir haben das in Verabredung mit Umweltorganisationen getan. Weil es genau um den Schutz der Natur und insbesondere von Vogelarten geht, muss es jetzt getan werden. Ab März darf dies nicht mehr getan werden. Es gibt nur ein bestimmtes Zeitfenster auch aus ökologischen Gründen, in dem solche Arbeiten vorgenommen werden dürfen. Deswegen finden die Arbeiten jetzt statt.
Herr Senator Müller! Sie können gern diese Bauvorbereitungsmaßnahmen treffen. Sie müssen aber vorher die naturschutzrechtlichen Vorgaben erfüllen, das rechtzeitige Einsammeln von Amphibien und Insekten, das rechtzeitige Anbringen eines Amphibienschutzzaunes, den es zwar gibt, der aber nicht fachgerecht angebracht wurde, das rechtzeitige Schützen von Teichen und Kanälen. Das ist alles unterblieben. Wann werden Sie dem Naturschutz bei der Vorbereitung einer Baumaßnahme gerecht?
Frau Abgeordnete Matuschek! Wir haben diesbezüglich einen unterschiedlichen Kenntnisstand. Meiner ist, dass genau diese Anforderungen auch erfüllt wurden. Alle Amphibien wurden umgesetzt. Ich habe gelesen, dass wir sogar sieben Molche in einem ganz besonderen Verfahren umgesetzt haben. Ich vermute, dass Sie das freuen wird. Es ist alles erfolgt. Wenn Sie konkrete Hinweise darauf haben, dass etwas ausgeblieben ist, gehe ich dem gern noch einmal nach.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! So spannend ist es wiederum auch nicht, dass wir hier alle quer durcheinanderrufen.
Ich frage Frau Kolat! – Man konnte der Presse entnehmen, dass Sie auf die Ausschreibung des Polizeipräsidenten dahin gehend Einfluss nehmen möchten, dass auch beispielsweise Frau Koppers die Möglichkeit hätte, sich als Juristin auf das Amt der Polizeipräsidentin zu bewerben. Da würde ich gerne wissen, wie der Prozess zwischen Ihnen und Herrn Henkel aussehen wird, dass die Ausschreibung so gestaltet wird, wie es in Ihrem Sinne ist, Frau Kolat.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir hatten in der Senatssitzung am Dienstag eine Vorlage zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes. In der Pressekonferenz zu diesem Thema habe ich ausgeführt, dass Berlin eigentlich – gerade im öffentlichen Dienst – sehr gut dasteht, was Frauen in Führungspositionen angeht, dass es gute Fortschritte gibt. In diesem Zusammenhang haben wir in der Pressekonferenz auch erörtert, was unternommen werden müsste, damit mehr Frauen Chancen bekommen, sich auf Führungspositionen zu bewerben. Da habe ich mich als Frauensenatorin ganz klar positioniert, dass die Ausschreibung nicht verhindern darf, dass Frauen hier auch Chancen haben. Ich glaube, in diesem Punkt sind Herr Henkel und ich uns einig.
Ich habe aber auch ganz klar gesagt, dass die Formulierung der fachlichen Anforderungen nicht in der Zuständigkeit der Frauensenatorin liegt. Ich habe nur gesagt, dass ich mir wünsche, dass das auch Berücksichtigung findet. Mehr habe ich in dem Zusammenhang nicht dazu gesagt.
Ich habe das nicht ganz verstanden. Frau Koppers sollte also die Möglichkeit haben, sich zu bewerben, weil sie eine Frau ist, hat dann aber leider Pech, weil sie nicht die richtigen Qualifikationen hat. Habe ich Sie da richtig verstanden, oder können Sie das Missverständnis aufklären?
Ich rede hier nicht über einen Einzelfall, und darüber habe ich auch nicht bei der Erörterung der Umsetzung des LGG gesprochen. Es ist schwierig, hier über Personen direkt zu sprechen. Es geht ganz allgemein darum, wie Ausschreibungen vorgenommen werden. Das LGG sieht vor, dass die Spitzenpositionen ausgeschrieben werden, damit Frauen überhaupt die Möglichkeit haben, sich zu bewerben. Im Bereich der Hochschulen haben wir es durch die Ausschreibungsart geschafft, mehr Professuren mit Frauen zu besetzen. Das heißt, hier geht es ganz allgemein darum, bei der Besetzung von Spitzenpositionen darauf zu achten, dass die Ausschreibungen nicht so formuliert werden, dass Frauen per se ausgeschlossen werden. Das habe ich in der Pressekonferenz erörtert. Hier geht es nicht um eine einzelne Person, sondern um das Verfahren insgesamt.
Meine Frage richtet sich an die Bildungssenatorin, Frau Scheeres. – Es gibt, wie der Presse zu entnehmen ist, immer mehr die Forderung nach einem Numerus Clausus für die Gymnasien. Wie bewerten Sie das, und wie gedenken Sie in Anbetracht dieser Forderung und auch der aktuellen Entwicklungen, die Grundschulen dermaßen zu stärken, dass die Rückläuferzahlen zurückgehen und wir auf das Probejahr auf dem Gymnasium verzichten können?