dass die Volksbühne im Sinne ihrer Tradition ein Theater bleibt und keine Eventspielstätte wird? – Vielen Dank!
[Torsten Schneider (SPD): Da schreibt irgendjemand einen Brief, und schon stimmt es! – Lars Oberg (SPD): Dann ist es gescheitert!]
Vielen Dank, Frau Bangert! – Es antwortet der Regierende in seiner Funktion als Kultursenator vermutlich. – Bitte!
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Bangert! Zum einen finde ich schon Ihre Formulierung bemerkenswert,
dass Sie einerseits selbst sagen, es ist ein wunderbarer Mensch mit guten konzeptionellen Ideen, aber trotzdem natürlich eine Fehlbesetzung, und es ist alles gescheitert, bevor es überhaupt angefangen hat. – Das ist schon bemerkenswert, wie Sie diese Positionen zusammenführen können!
Aber in der Sache muss man sagen, dass wir selbstverständlich auch vonseiten der Kulturverwaltung diesen ganzen Übergangsprozess mit Gesprächen begleiten.
Erst mal ist der normale Zustand, dass die Akteure selbst miteinander reden – das findet auch statt –, und dass am Haus selbst Gespräche geführt werden. Viele Personalgespräche haben in den zurückliegenden Wochen stattgefunden. Es konnten viele Unterstellungen, die es schon in den letzten Monaten gegeben hat, ausgeräumt werden. Dass Massenentlassungen anstünden oder das Ensemble aufgelöst werde, wurde vermutet. Alles das wird nicht stattfinden, im Gegenteil: In einem ungewöhnlich geringen Umfang wird es Nichtverlängerung von Verträgen geben. Bei einem Intendantenwechsel, dem Wechsel einer künstlerischen Leitung, ist es in aller Regel in viel größerem Umfang üblich. Von Kürzungen im Stellenplan kann gar keine Rede sein.
Gegebenenfalls gibt es sogar einen Aufwuchs. Die Gewerke werden erhalten. Alles das ist in den letzten Wochen vermittelt worden, auch direkt in Gesprächen. Wir werden jetzt den offenen Brief der letzten Tage zum Anlass nehmen, um noch einmal nicht nur mit Chris Dercon, sondern auch mit Akteuren der Volksbühne zu sprechen und zu vermitteln, in welcher Situation wir sind. Aber ich bitte doch noch einmal darum, diesen Prozess selbst konstruktiv zu begleiten.
Frau Bangert! Wir wissen, nach 25 Jahren Castorf an der Volksbühne ist das jetzt ein schwieriger Übergang. Aber er selbst hat gesagt, er würde nie ein Ende finden. Wir alle wissen, es muss aber auch einmal möglich sein, ein neues künstlerisches Konzept umzusetzen und durchzusetzen.
Das muss mit einem großen Einvernehmen geschehen. Deswegen finden die Gespräche auch statt. Aber bevor das künstlerische Konzept überhaupt vorgestellt ist, was für das nächste Frühjahr angekündigt ist, bevor der Mann seine Arbeit aufnehmen konnte, schon zu sagen, alles sei gescheitert, ist kein konstruktives Begleiten dieses Übergangsprozesses.
Herr Regierender Bürgermeister! Chris Dercon ist ein wunderbarer Mensch, aber leider kein Theaterintendant.
Ich frage Sie noch einmal vor dem Hintergrund, dass die Volksbühne längst international interdisziplinär ist und seit Jahren Choreografen, Musiker, bildende Künstlerinnen und Künstler und Kompagnien einlädt:
Was meint Ihr Kulturstaatssekretär Renner, wenn er von einem radikalen Neustart der Volksbühne spricht?
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Bangert! Was denn nun? Haben Sie nun Angst vor Veränderungen, die Chris Dercon angekündigt hat, wenn Sie selbst sagen, die Volksbühne arbeitet doch schon in diese Richtung?
Oder sagen Sie: Alles das ist falsch, wir wollen zurück zum alten traditionellen Theater ohne die castorfschen Einflüsse. – Was wollen Sie nun eigentlich?
Wir sind uns doch einig, dass sich Castorf und alle anderen, die er ans Haus geholt hat, schon längst anderen Formen, Medien und Partnern geöffnet haben. Genau das ist ein Gedanke, der aufgenommen und weiterentwickelt wird. Es wird natürlich andere Akzente geben, na, logisch, sonst könnte man alles so lassen, wie es ist. Wenn eine neue künstlerische Leitung kommt, wird sie logischerweise andere Akzente setzen. Aber es wird nicht so sein, dass das Ensemble keine Rolle mehr spielt, dass die Geschichte, die große Tradition des Hauses, keine Rolle mehr spielt, dass die Tradition dieses Hauses im Ostteil unserer Stadt mit ihrem besonderen Werdegang und ihrer Funktion keine Rolle mehr spielt, alles das wird mit aufgenommen werden. Es wird andere, neue Akzente geben. Ich glaube, das ist das, was man auch erwarten kann, wenn ein künstlerischer Wechsel ansteht.
Weil Sie ja den Fragestellern die Frage stellen, was sie persönlich wollen: Ich könnte damit leben, wenn Herr Castorf die Volksbühne bis zu seinem Tod weiterführt.
Aber die andere Frage ist: Würde es Ihnen denn leichter fallen, von Herrn Dercon Abstand zu nehmen, wenn in der Öffentlichkeit Herr Peymann nicht immer so einen Mist sagen würde
und man dadurch dann gezwungen ist, sich mit Chris Dercon zu solidarisieren, wenn Peymann dagegen ist?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Lauer! Sie würden staunen, wie nah Herr Peymann und ich beieinander sind. Sie würden staunen, wie gut wir uns verstehen, wenn wir uns miteinander unterhalten, was im Übrigen diverse Male stattgefunden hat, und wie gut wir uns über die Berliner Kulturszene austauschen. Nichtsdestotrotz, auch wenn man in vielen Dingen einer Meinung ist und sich gut miteinander verständigen kann, gibt es auch an ein, zwei Stellen vielleicht mal Differenzen. Herr Peymann sagt auch – ich finde das aus seiner Sicht, aus seiner Biografie heraus wieder völlig nachvollziehbar –, dass an der Volksbühne viel auf dem Spiel steht. Das stimmt. Es steht viel auf dem Spiel, denn Castorf ist eine Ära. Eine Ära hat dieser Mann begründet, er hat in über 20 Jahren großartige Theaterarbeit geleistet. Der Unterschied besteht darin, dass ich sage: Man muss nach so einer langen Zeit für die nächsten 10 oder 20 Jahre auch anderen Menschen mal eine Chance geben, ohne dass die bisherige Arbeit komplett auf null gestellt wird. Das ist die Situation, in der wir uns befinden. Dazu diskutiere ich auch mit Herrn Peymann. Das ist tatsächlich in der Sache dann auch mal eine Differenz. Grundsätzlich gibt es aber zwischen uns auch gute Verständigung.
Dann hat jetzt die Gelegenheit für eine weitere Frage für die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete Möller. – Bitte!
Ich frage den Senat: Wann wird dem Abgeordnetenhaus die dem Gesundheits- und Sozialsenat seit Wochen vorliegende integrierte Maßnahmeplanung gegen sexuelle Gewalt zur Kenntnisnahme und zur Umsetzung vorgelegt?
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Wir befinden uns mit dem integrierten Maßnahmenplan im Mitzeichnungsverfahren mit den anderen zuständigen Senatsverwaltungen. Danach werden wir Ihnen den vorlegen.