Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Wie vielschichtig das Thema ist, hat die Anhörung am 8. Februar im Bundestag gezeigt. Insgesamt neun Sachverständige diskutierten zum künftigen Verfahren bei der Funkzellenabfrage und haben die ganze Bandbreite der Diskussion deutlich gemacht, von den Hardlinermeinungen bis zur Position, die Funkzellenabfrage nicht mehr anzuwenden. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Beiden Extremmeinungen kann ich mich nicht anschließen. Einen generellen Verzicht auf die Ermittlungsmethode Funkzellenabfrage, wie auch im Rahmen der Anhörung diskutiert, halte ich nicht für der Weisheit letzten Schluss.

[Zuruf von den PIRATEN]

Auch der Sachverständige Ulf Buermeyer hat zum Beispiel deutlich gemacht, dass er dem folgt und auch eine Funkzellenabfrage für möglich hält, sofern sie anders geregelt ist. Ich bin mit den Innenpolitikern meiner Fraktion einig. Wir müssen eine Regelung finden, die die Funkzellenabfrage den verfassungsrechtlichen Ansprüchen annähert. Ohne den innenpolitischen Erfolg von Ehrhart Körting zu schmälern, ich war mit Ehrhart Körting nicht immer einer Meinung, wenn es um datenschutzrechtliche Fragen geht.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Aber das, liebe Kolleginnen, auch liebe Kollegin Hiller, ist doch immanent, dass zwischen Innenpolitikern und Datenschutzpolitikern auch eine Spannungsbreite besteht. Die Diskussion, die wir führen, muss einen Ausgleich finden.

Wir als SPD-Fraktion bieten im Rahmen der parlamentarischen Beratung über beide Anträge eine offene und ehrliche Diskussion bezüglich des in Berlin auftretenden Vorgangs zum Einsatz der Funkzellenabfrage an. Und wir stehen auch offen neuen Regelungen gegenüber. Ohne der Ausschussberatung vorzugreifen, sehe ich die Bundesratsinitiative des Landes Sachsen in Sachen Funkzellenabfrage äußerst positiv und kann mir eine Zustimmung des Landes Berlin vorstellen.

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE) und Martin Delius (PIRATEN)]

Wir als SPD-Fraktion stehen dieser Initiative offen gegenüber, und wir werden im Rahmen der Ausschussberatung auch deutlich machen, dass wir uns vorstellen können, den jetzt weiten Anwendungsbereich des § 100g StPO einzuschränken. Ich will damit aber auch zugleich deutlich machen, ich will eine effektive Strafverfolgung in Berlin, aber ich will auch, dass die Rechte unbeteiligter Dritter nicht beeinträchtigt werden, und ich will insbesondere nicht, dass massenhaft Daten erhoben werden. Ich gehe davon aus, dass wir in den Ausschüssen eine angemessene und verfassungsmäßige und verhältnismäßige Lösung finden werden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Lauer. – Bitte sehr!

Herr Kohlmeier! Ich glaube, wie schlimm die Autobrandstiftungen sind, hat hier heute mal wieder niemand infrage gestellt. Da waren wir uns schon bei der letzten Debatte alle einig, dass es schlimm ist und dass wir es nicht als Argument verwenden sollten. Es geht hier, wie gesagt, um die Verhältnismäßigkeit und die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit. Da haben Sie vollkommen zu Recht gesagt, das muss hier auf den Prüfstand. Ich weiß aber jetzt nicht konkret, was Ihre Kritikpunkte an der Sache waren oder wo Sie sagen: Ja, dem können wir zustimmen. – Wie gesagt, Herr Heilmann ist derjenige hier in dieser Debatte, der es im Grunde genommen am einfachsten hat. Noch mal an dieser Stelle: Die Piratenfraktion möchte auch nicht die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage abschaffen, aber wir möchten, dass an dieser Stelle die Staatsanwaltschaft noch mal in jedem Einzelfall sehr klar macht, warum sie das jetzt hier für gerechtfertigt hält. Ich weiß jetzt nicht konkret, wo da an der Stelle das Problem war. Aber vielleicht könnten Sie mir das noch mal erläutern.

Vielen Dank! – Möchten Sie antworten? – Bitte sehr!

Die Präsidentin hat mich so ein bisschen fragend gefragt, ob ich darauf antworten möchte. Wenn es kein Problem gäbe, brauchte man nicht darauf zu antworten. – Lieber Kollege Lauer! Die Verhältnismäßigkeit dieser nichtindividualisierten Funkzellenabfrage können Sie doch nicht von der Maßnahme loslösen, bei der sie eingesetzt wurde, und zwar insbesondere bei den Autobrandstiftungen. Sie müssten ansonsten den Berlinerinnen und Berlinern durchaus erklären, welche anderen Maßnahmen Sie ergriffen hätten, um die Brandstifter in diesen Fällen zu fassen. Es ist immer ganz einfach, sich im Nachgang hinzustellen und zu sagen: Erstens, ich war damals noch nicht dabei, und zweitens hätte ich sowieso alles anders gemacht, und drittens hat sich nun im Nachgang herausgestellt, dass das, was in der Vergangenheit gemacht wurde, nicht zum Erfolg geführt hat. – Das ist relativ einfach. Unser Job, den wir hier haben, auch mit Ihnen zusammen, das habe ich Ihnen gerade angeboten, im Ausschuss über beide Anträge zu reden und im Ausschuss darüber zu reden, was in Sachsen als Bundesratsinitiative vorgelegt wurde und welchen Weg wir gehen können, um den zu weiten Anwendungsbereich des § 100g StPO einzuschränken, unter der Maßgabe, dass wir in Berlin überhaupt nicht regelungsbefugt sind, weil es kein Landesgesetz ist. Man kann die Staatsanwalt

schaft auch damit belasten, 4,2 Millionen Erklärungen abzuliefern, was mit den Daten passiert ist usw. Für die Zukunft bringt es uns doch nicht weiter. Deshalb das Angebot, beide Anträge im Ausschuss zu beraten, den Weg dafür habe ich Ihnen hier vorgegeben. – Herzlichen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der Grünen hat Herr Abgeordneter Lux das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat sich hier schon fast eine Einigung abgezeichnet. Man muss dem Kollegen Kohlmeier dankbar sein, dass er hier eine besonnene Haltung an den Tag gelegt und im Prinzip das bestätigt hat, was die Piraten jetzt hier beantragt haben und was Grüne im Bundestag beantragt haben, nämlich dass die Anwendung der nichtindividualisierten Funkzellenabfrage überbordend war, dass sie zur Standardmaßnahme geworden ist, insbesondere bei Autobränden, und dass das so vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war. Eine vorläufige Evaluation in Berlin hat ergeben, dass diese Maßnahme sehr wenig geeignet ist, denn es gab nicht einen Erfolg durch die Funkzellenabfrage, und dass sie sehr unverhältnismäßig ist, denn es sind sehr viele Daten erhoben worden. Gemessen an dem Erfolg kann man diese Funkzellenabfrage nicht befürworten. Bundesgesetzliche Regelungen sind deswegen dringend zu ändern.

Herr Kohlmeier! Ich hoffe, dass Sie bei Ihrem Wort bleiben, hier darauf zu drängen, dass etwa der Antrag der Piratenfraktion, der im Prinzip genau das vorsieht, was die Grünen im Bundestag auch beantragt haben, dort an richtiger Stelle, dass Sie hier auch Ihren Koalitionspartner mit auf Linie bringen werden, wie man das so schön sagt, denn es ist doch etwas erstaunlich, dass hier vier Fraktionen im Haus die Funkzellenabfrage sehr kritisch sehen und die momentane Anwendung auch als unverhältnismäßig bezeichnen würden, aber es doch so ein bisschen daran liegt, dass eine Fraktion, so wie ich die verstanden habe, sehr großen Druck gemacht hat, insbesondere bei Autoinbrandsetzungen jedes Mittel zu nutzen, egal ob es Erfolg bringt oder auch nicht. Wir müssen uns vorstellen, dass derjenige, der diese Reden hier noch vor einem Jahr geschwungen hat, jetzt Innensenator ist. Darüber muss man sich einfach klar werden. Das sind die Leute, die mit Angstmacherei im Wahlkampf geworben haben: Muss Berlin das verstehen? – Dazu haben sie brennende Autos plakatiert.

[Zuruf von Christian Goiny (CDU)]

Das sind die Leute, die auch ein Stück weit Verantwortung dafür tragen, dass das LKA vor allem im Bereich der

Brandstiftungen von Kfz diese Maßnahmen jedes Mal, und zwar standardmäßig, eingesetzt hat. Da ist die Polizei auch nicht frei von politischem Druck, und ich finde, das ist ein Lehrbeispiel dafür, dass sich die Politik manchmal aus dem heraushalten sollte, was professionelle Ermittler wie Polizei und Justiz in diesem Land tun. Auch die gerichtliche Kontrolle in diesem Land ist rechtsstaatlich und schreibt sehr weitgehend vor, dass die einzelnen Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen.

Im Prinzip haben sich auch alle daran gehalten, bis auf die Fraktion der CDU, die jedes Mal, wenn ein Auto gebrannt, wenn irgendein Linker aus einer Bastelgruppe irgendein Haus angemalt hat, davon geredet hat, dass der Senat auf dem linken Auge blind sei und so weiter. Ich glaube, diese Zeiten müssten eigentlich vorbei sein. Hier ist darauf zu zählen, dass man die Leute, die mit Angst Sicherheitspolitik machen, im Zaum hält.

Lassen Sie mich noch zu einem letzten Punkt kommen: Wir als Grüne begrüßen den Antrag der Piratenfraktion. Wir haben ihn ja im Prinzip im Bundestag genau so eingereicht. Gleichwohl müsste an die Gerichte adressiert werden, dass sie die Effektivitätskontrolle auch wirklich ernst nehmen. Das ist ein Punkt, der ein bisschen vergessen wurde, dass nämlich die Maßnahmen nicht auf ihren Erfolg überprüft worden sind. Das kann aber bei diesen weitgehenden Maßnahmen nicht sein.

Ich bin sehr gespannt, wie sich jetzt der Koalitionspartner der SPD-Fraktion verhalten wird, der ja sowohl für den Innen- wie den Justizbereich zuständig ist, ob er etwa die Abwägung und die mahnenden Worte des Kollegen Kohlmeier berücksichtigen wird. Ob die SPD in dieser Koalition den Weg durchsetzt, den die Oppositionsfraktionen vorschlagen – nämlich für eine Eingrenzung der Funkzellenabfrage zu sorgen –, darauf kann man gespannt sein. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Kohlmeier. – Bitte sehr!

Der Anfang und das Ende deiner Rede waren ja ganz toll, Benedikt Lux. Nur den Zwischenteil hättest du weglassen können. Es ist in dieser Debatte wenig hilfreich – und ich habe versucht, es deutlich zu machen –, immer wieder auf den Innensenator Henkel zu zeigen und dem vorzuwerfen, er wäre für die Funkzellenabfrage verantwortlich. Der war damals nämlich noch nicht einmal im Amt, sondern das war unser sozialdemokratischer Innensenator, Herr Körting. Und ich sage es einmal ganz vorsichtig: So, wie ich bisher Herrn Henkel als Innensenator erlebt habe, ist er fast noch liberaler als Ehrhart Körting.

[Zurufe und Lachen bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Man kann ihm also den Vorwurf nicht machen, er sei verantwortlich für die Funkzellenabfrage. Ich glaube, dass das permanente Zeigen auf den Innensenator in dieser Debatte äußerst unnötig ist. Aber ich kann Ihnen versprechen, liebe Kollegen von den Grünen: Wir werden selbstverständlich mit unserem Koalitionspartner ins Gespräch darüber kommen, inwieweit man sich dieser Initiative aus Sachsen anschließt. Aber in einer Koalition gilt: Man kann den Koalitionspartner nicht zwingen und vergewaltigen, eine bestimmte Meinung anzunehmen.

[Beifall bei der CDU]

Möchten Sie antworten, Herr Lux? – Bitte schön!

Herr Kohlmeier! Wir wollen nicht, dass Sie Ihren Koalitionspartner zu etwas nötigen. Das können Sie uns auch nicht ernsthaft unterstellen. Ich erinnere an die Debatte über die 48 Stunden Speicherfrist von vorhin: Da geht es auch um die Erweiterung von Eingriffen in Grundrechte, und da möchte ich hervorheben, dass Sie sich in solchen Fragen anders verhalten als andere Politiker Ihrer Fraktion, und das begrüße ich. Wir sind uns im Ergebnis völlig einig, die Funkzellenabfrage einzuschränken.

Aber was Sie nicht verkennen dürfen – und auch Ihr Regierender Bürgermeister hat das im Mund geführt –: Es wurde vor der letzten Abgeordnetenhauswahl gesagt, dass diese CDU das weltoffene Berlin nicht haben wolle, null Toleranz fordere und man alles tun müsse, um das subjektive Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Auch war von brennenden Autos die Rede. Sie haben einen Druck gefahren, der vor der Polizei keinen Halt gemacht hat. Dieser politische Druck war vorhanden, das können Sie nicht wegreden. Und wenn Sie sich anschauen, dass wir in der inneren Sicherheit auch nur begrenzte Kapazitäten haben – 250 Polizisten mehr oder weniger, das ist völlig egal – und trotzdem versuchen, diese Kapazitäten nachhaltig zu entwickeln, dann müssen wir klare Kriminalitätsschwerpunkte bilden.

Wenn es dazu kommt, dass eine politische Kraft übertreibt, etwa mit Vorwürfen, man sei auf dem linken Auge blind – und damit haben Sie Herrn Körting getroffen, man sieht das am Umfang der Funkzellenabfrage –, und man keinen Halt vor der Polizei macht, dann kommt es zu einer Schwerpunktverlagerung innerhalb der Polizei. Dann ist es völlig klar, dass andere Delikte nicht so stark aufgeklärt werden können und die Polizei andere Schwerpunkte setzt, weil hier politisch motivierter Druck ausgeübt wird. Das sehen Sie doch ganz genau so wie ich, das müssen Sie hier nicht verleugnen. Sie wissen

ganz genau, dass das rein politisch motivierter Druck auf die Polizei war zu sagen: eine rot-rote Regierung ist irgendwie links – Sie nicken; ich sehe, Sie stimmen mir zu. Dieser Vorwurf kam also und diente dazu, Sie in die Ecke zu stellen. Deshalb wurde ein falscher Druck auf die Kriminalpolizei ausgeübt, und sie musste deshalb in anderen Bereichen notwendigerweise untätig bleiben. Das ist aber eine zutiefst unseriöse Innenpolitik.

Wir als Berliner Abgeordnetenhaus haben eine Verantwortung, das an den Bundesgesetzgeber zurückzuspiegeln. Das will der Antrag der grünen Bundestagsfraktion, den die Piraten dankenswerterweise hier heruntergebrochen haben. Wenn Sie, Herr Kohlmeier, und der Rest der SPD sich dem Ergebnis anschließen, dann können wir das nur begrüßen.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Rissmann. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe kurz überlegt, ob ich Stellung zu den Ausführungen des Kollegen Lux nehme. Ich will das aber nicht. Das würde nur einigen Unsinn aufwerten. Ich denke, der Kollege Kohlmeier hat in richtiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass Ihnen offenbar die Fähigkeit, Dinge objektiv zu bewerten, abhanden gekommen ist. Wahrscheinlich hat das etwas mit Traumaverarbeitung zu tun, sich langsam daran gewöhnen zu müssen, dass man immer noch nicht regieren darf. Das wird auch so bleiben, wenn man versucht, auf diesem Niveau seriöse Innenpolitik zu machen, und man kann sich eigentlich dabei nur amüsieren.

[Zurufe von den Grünen: Gähn! Langweilig!]

Ich versuche einmal, das Problem sachlich aufzugreifen. Die beiden Anträge behandeln den Themenkomplex Funkzellenabfrage und haben zum Ziel, die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage erheblich einzuschränken oder ganz abzuschaffen.

Zunächst möchte ich zu den beiden Vorstellungen, wie man das verfahrensmäßig hinbekommt, anmerken, dass der Weg, den sich die Kollegen der Piratenfraktion überlegt haben, aus meiner Sicht nicht der richtige ist, wenn man denn dieses Ziel verfolgen würde. Sie wollen den Justizsenator verpflichten, über die Vorschriften der §§ 146 und 147 GVG eine allgemeine Dienstanweisung an die Staatsanwaltschaft zu erlassen, wonach die bundesgesetzlich in § 100g StPO geregelte Funkzellenabfrage nur noch eingeschränkt zur Anwendung kommen soll.

Dies erscheint mir deshalb schwierig, weil Sie eine Ermittlungsbehörde verpflichten wollen, gesetzlich vorge

sehene und final auch durch einen Richter angeordnete Ermittlungsmaßnahmen einfach nicht mehr oder nur eingeschränkt anzuwenden. Sie wollen also, dass wir, die Legislative, die Exekutive verpflichten, geltendes Recht, dessen Anwendung in die Entscheidung der Judikative gestellt ist, nicht zu beachten. Man könnte allenfalls darüber nachdenken, die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren zu ändern, was aber aus meiner Sicht bei so weit gehenden Verpflichtungen, die Sie vorhaben, wohl nicht der richtige Weg ist. Wenn man das also ändern wollte, bleibt nur der Weg, den die Linkspartei vorgeschlagen hat: Man muss schlichtweg die Ermächtigungsgrundlagen, also die Vorschriften der StPO ändern. In der Sache kann ich dazu Folgendes sagen: Man kann aus Ihren Anträgen ein gewisses Misstrauen gegen die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte herauslesen.

[Canan Bayram (GRÜNE): Das ist doch kein Misstrauen!]

Dies kann meine Fraktion nicht nachvollziehen, ganz im Gegenteil. Unsere Strafverfolgungsbehörden und unsere Gerichte haben das volle Vertrauen meiner Fraktion.

Zweitens: Grundsätzlich ist die Funkzellenabfrage ein richtiges und wichtiges Instrument der Strafverfolgung, auf das wir nicht verzichten wollen. Wie bei jeder Ermittlungsmaßnahme – insbesondere wenn sie verdeckt erfolgt und Daten erhoben werden – sind die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu beachten. In unserem demokratischen Rechtsstaat müssen sich die Bürger aber auch auf einen wirksamen Schutz des Staates gegen Straftaten verlassen können. Wenn Straftaten nicht verhütet oder aufgeklärt werden, dann ist schon die Grundvoraussetzung für den freien Gebrauch der Grundrechte nicht gegeben, und die Grundrechte würden dann de facto ins Leere laufen. In diesem Zusammenhang darf ich die Lektüre der Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 8. Februar 2012 genau zu diesem Thema empfehlen – Kollege Kohlmeier hatte darauf bereits hingewiesen. Das ist recht aussagekräftig.

Ziel muss es nach meiner Auffassung sein, auch an dieser Stelle einen gerechten und effektiven Interessensausgleich zu erreichen. Darüber wollen wir mit Ihnen ergebnisoffen im Rechtsausschuss sprechen. Dabei sind wir offen, über Informations- und Dokumentationspflichten der Strafverfolgungsbehörden zu sprechen. Auch über die Voraussetzungen für die Anordnung der Funkzellenabfrage kann man natürlich diskutieren. Da dies aber – wie bereits ausgeführt – Bundesrecht ist, bietet es sich aus meiner Sicht an, dies anhand der bereits auch hier in die Debatte gebrachten Bundesratsinitiative des Freistaates Sachsen zu tun, sich daran zu orientieren und zu prüfen, ob man das ganz oder auch in Teilen unterstützen kann. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Dr. Lederer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab: Trotz der Anfrage, die wir vor mehr als einem Vierteljahr eingereicht haben – die Antwort ist inzwischen da, aber nichtssagend –, gibt es in Berlin keine Klarheit über Anlässe und Ausmaß des Einsatzes der nicht individualisierten Funkzellenabfrage. Das sind Grundrechtseingriffe, und die Verwaltung kann dazu nichts sagen – ich finde, es spricht Bände hinsichtlich des Umgangs mit diesem Ermittlungsinstrument.