Aber bitte etwas piano! Das stört hier sehr, weil man nicht mehr verstehen kann, was der Redner sagt.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich gebe Ihnen gern noch mal das konkrete Beispiel, weil es durch die Zwischenrufe eben unterbrochen wurde:
Ein Gewaltvorfall auf dem U-Bahnhof Haselhorst! Ich glaube, das war vorletztes Silvester. Dieser brutale Gewaltangriff auf einen völlig unschuldigen Mann wurde sehr schnell aufgeklärt – wirklich unverzüglich –, nachdem die Videos veröffentlicht wurden. Ich bitte Sie: Was können Sie mir dazu sagen? Wollen Sie so etwas nicht? Dann müssen Sie sich irgendwann dazu bekennen – Herr Lux, Herr Lauer und wer auch immer noch dazu sprechen wird –, ob Sie so etwas zulassen wollen – ja oder nein? –, ob Sie ein Stück weit den Berlinern und Berlinerinnen einen etwas sichereres Bewegen im öffentlichen Verkehrsraum erlauben wollen – ja oder nein? –, und kommen Sie bitte nicht mit einer Keule, wir würden dort Grundrechte abschaffen! Das ist doch Ihre Argumentation.
Es geht hier um eine Gesamtabwägung, und wir glauben, dass wir sehr verantwortlich damit umgehen, wenn wir sagen: Das, was technisch möglich ist, von 24 auf 48 Stunden! Das heißt z. B., wenn an einem Sonntag mal nicht der Polizeibeamte sofort bei der BVG anrufen und sagen kann, dass er diese Videoaufnahme von diesem Bahnhof braucht – weil vielleicht am Sonntag nicht genügend Beamte in der Zentrale sind –,
Ich möchte nicht derjenige sein – wir von der SPD und der CDU nicht –, der jemandem, der Opfer eines brutalen Gewaltverbrechens wurde, erklären muss, dass wegen Ihrer an dieser Stelle wirklichen Kleinkrämerei keine Videos mehr von einer schweren Straftat vorhanden sind. Ich werde das niemandem erklären.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Wolfgang Brauer (LINKE): Wendehals! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]
Meine Zeit läuft. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dregger! Ihrem, wie ich fand, an dieser Stelle etwas unangebrachten Pathos
möchte ich gern das Pathos Benjamin Franklins entgegensetzen, der gesagt hat: Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird am Ende beides verlieren.
Die Güterabwägung, die Sie als stattgefunden deklariert haben, die hätten Sie in Ihrem Redebeitrag ja vornehmen können. Das war Ihnen unbenommen. Kollege Buchholz hat es auch nicht gemacht, und seine Unterstellung, allen, die diesen Antrag nicht gut finden, seien die Opfer egal, halte ich für eine Unverschämtheit und für eine verfassungspolitische Luftnummer,
die zeigt, wie schnell die SPD in ihrer Grundrechtssensibilität unter das Niveau eines Heinrich Lummer gerutscht ist.
Es scheint mir am Ende nichts weiter zu sein als die Kompensation eines Umkippens, wo Sie noch nicht mal den Mut haben, dazu zu stehen.
Ich warne davor, jetzt mit einer falschen Hektik die Frist von 24 oder 48 Stunden zu thematisieren. Das kann man in Ruhe neu überprüfen. Aber dazu würde ich gern evaluieren, wie sich das bisherige Gesetz in der Umsetzung bewährt, welche Erfolge wir mit dem bisherigen Gesetz haben und wo es gegebenenfalls Nachbesserungsbedarf gibt. Solche Schüsse aus der Hüfte würde ich zurzeit nicht vorschlagen. Diese 24 Stunden reichen für alle Fälle schwerer Kriminalität nach meiner festen Überzeugung aus. Die Debatte können Sie endlos führen. Sie können sagen: Warum eigentlich 48 Stunden, warum nicht zwei Wochen?
Das ist quasi Ihr pawlowscher Reflex auf alle Fragen im Bereich öffentlicher Sicherheit, mehr Daten zu sammeln.
Das ist gewissermaßen Ihr Fetisch. Die Frage, warum nicht zwei Wochen oder drei Monate gespeichert wird, wo es doch um so schwere Straftaten geht, kann man nach Ihrer Argumentation tatsächlich stellen.
Als dieses Haus die 24-Stunden-Videoüberwachung unter dem Eindruck brutalster Taten auf U-Bahnhöfen beschlossen hat, haben wir uns damals schon sehr schwer getan. Ja, Videoüberwachung kann helfen, Täter schwerster Straftaten gegen Leib und Leben zu überführen, aber der Preis dafür ist hoch. Der Preis dafür ist, dass Tausende, Millionen völlig unbescholtener Nutzerinnen und Nutzer davon betroffen sind. Ich habe mir von Mitgliedern des Innenausschusses, die in der vergangenen Legislaturperiode in London waren, erzählen lassen, was mit Hilfe der Videoüberwachung auch an sozialer Kontrolle möglich ist.
Lieber Herr Dregger! Es geht nicht nur um die Frage, ob Daten gespeichert werden. Es geht schon um die Frage von Datenerhebung, wenn es um das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geht. Damals war von der BVG ein umfassendes Sicherheitskonzept, eine Kosten-Nutzen-Analyse, erwartet worden. Dabei geht es für uns nicht um die Frage von Geld, sondern um die Frage zwischen dem Nutzen von Prävention gegenüber einem permanenten Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung von Millionen Menschen. An der Stelle geht es dann schon um ein Datenschutzproblem, denn es geschieht verdachts- und anlassunabhängig. Über den Grundsatz der Datensparsamkeit sollten Sie in den einschlägigen Kommentaren einmal nachlesen.
Leider gibt es bisher weder das Konzept noch die Analyse, denn die Vergangenheit zeigt auch, dass die Täterergreifung erleichtert wird, aber keine einzige Straftat dadurch verhindert wird. Das ist auch einleuchtend. Keine Kamera klettert vom Mast, wenn irgendetwas passiert, greift in den Konflikt ein und hilft dem Opfer.
[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU): Aufklärung!]
Aufklärung, ja! Das können Sie dann tun. – Potenzielle Täterinnen und Täter lassen sich ganz offensichtlich durch die Möglichkeit, erkannt zu werden, nicht abschrecken. Was wollen Sie aber, liebe Koalition, eigentlich tun, um tatsächlich die Sicherheit auf den U-Bahnhöfen zu erhöhen? Der Einwurf vorhin war völlig richtig: Dafür wird mehr Personal benötigt.
Sie sagen, Videoüberwachung sei Prävention. Aber das ist Unsinn. Wer behauptet, jeder gefasste Täter sei ein Teil von Prävention, macht es sich viel zu einfach. Strafverfolgung setzt Opfer voraus. Prävention will sie verhindern.
Was ziehen Sie nun zur Begründung Ihres Gesetzesänderungsantrags heran? – Es ist eine Differenz zwischen der Speicherdauer bei der S-Bahn mit 48 Stunden und bei der BVG mit 24 Stunden. Das könnte Menschen irritieren. Oh Gott! Was ist eigentlich – könnte man fragen – von diesem Senat unternommen worden, um eine Anpassung der Speicherfrist bei der S-Bahn auf 24 Stunden herbeizuführen? Dann wäre die Irritation auch ausgeräumt. Sie meinen es doch nicht ernst, dass das eine erhebliche Ausweitung des Eingriffs in die informationelle Selbstbestimmung rechtfertigen soll? Die von Herrn Körting im April vorgelegten Zahlen zeigen, dass eine wegen zeitlich gebotener Löschung unmöglich gewordene Datenabforderung im Promillebereich gelegen hat. Bei schwersten Straftaten wird sie null betragen, lieber Herr Kollege Buchholz, weil die Daten schlicht sofort gesichert werden.
Ihr Gesetzesantrag entbehrt jeder rationalen Begründung. Deswegen werden wir ihn ablehnen. Lieber Kollege Buchholz! Die Show, die Sie hier abgezogen haben, war wirklich unterirdisch.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lederer! – Für die Fraktion der Piraten hat jetzt der Kollege Morlang das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Sehr verehrte Damen und Herren! Liebes Präsidium! Erst einmal, Herr Dregger, ist es sehr schön, dass Sie das können. Wir haben kein Medium, das uns irgendwelche Dinge herbeiphantasiert. Wir müssen uns mit Fakten beschäftigen. Das ist etwas ätzend. Aber die CDU ist super. Das finde ich toll. Sie setzt jetzt den Koalitionsvertrag um – das steht darin –
und nimmt die üblichen Pseudo- und Scheinargumente vor. – Jetzt lobe ich Sie einmal, und Sie reden dazwischen. Das ist nicht wirklich intelligent, was Sie da tun. – Sie machen Ihre Arbeit. Sie verdummen die Bevölkerung. Sie schaffen es, in Ihren Wählerschichten zu fischen. Das ist gar nicht schlecht. Die Vergreisung geht leider nicht