Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Wie der Verfahrensstand bei der Staatsanwaltschaft ist, kann ich nicht beurteilen. Diesen Verfahrensstand kenne ich nicht.

Zitat Ende.

Insofern ist auch noch gar nicht klar, ob und wie ermittelt wird …

Dazu hat der Justizsenator in der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses auf Nachfrage mitgeteilt, dass das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren gegen den Chef der Senatskanzlei bereits am 16. November eröffnet wurde.

[Zurufe von den GRÜNEN: Frage! – Unruhe]

Dieses Ermittlungsverfahren lief also bereits seit einer Woche, als der Regierende Bürgermeister dem Parlament gegenüber den Unwissenden gab.

[Nein! von der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe: Frage!]

Den Sachverhalt muss ich darstellen, bevor ich die Frage stelle. Darauf hat der Präsident hingewiesen. –

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich frage deshalb den Senat: Wie erklären Sie den Umstand, Herr Regierender Bürgermeister, dass Sie gegenüber diesem Haus objektiv die Unwahrheit zu dem Stand des Ermittlungsverfahrens in Sachen Staatssekretär Böhning mitgeteilt haben?

[Steffen Zillich (LINKE): Das war zunächst mal eine Suggestivfrage!]

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Erst mal verwahre ich mich gegen Ihre Formulierung, dass ich hier objektiv die Unwahrheit gesagt und das Parlament belogen habe. Sie haben gerade – so wie ich es auch in Erinnerung habe – aus dem Protokoll zitiert, dass ich gesagt habe: Ich kenne den Verfahrensstand nicht, und meines Wissens wird auch noch geprüft, ob diese Ermittlungen überhaupt eingeleitet werden. – Jetzt ist es offensichtlich so, dass wenige Tage, bevor ich das hier im Parlament gesagt, meinen Kenntnisstand wiedergegeben habe, die Staatsanwaltschaft – und das scheint Herr Justizsenator Behrendt bestätigt zu haben – wenige Tage vorher entschieden hat zu ermitteln. Das muss kein Widerspruch sein;

denn wenn die Staatsanwaltschaft diese Entscheidung trifft, heißt das noch lange nicht, dass das auch sofort kommuniziert wird und alle Betroffenen darüber informiert werden.

Es gibt im Übrigen auch gar keinen Grund zu unterstellen, dass die Verwaltung, die Politik an der Stelle etwas verheimlichen möchte. Sie sehen ja – es ist allgemein bekannt –, dass jetzt ermittelt wird. Seit Monaten haben wir nun wiederum diesen Verfahrensstand, ohne dass ich eine Bewegung erkennen kann. Wir werden sehen, wie wir damit umgehen, wenn es dann zu einem Ergebnis kommt. – Insofern sehe ich in dem, was Sie zu konstruieren versuchen, überhaupt keine Grundlage.

Vielen Dank! – Für die erste Nachfrage hat Herr Dr. Berg noch mal das Wort. – Bitte schön!

Herr Regierender Bürgermeister! Wann und wie haben der Chef der Senatskanzlei oder der Justizsenator über die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens unterrichtet?

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Wen! – Joschka Langenbrinck (SPD): Wann oder wen?]

Herr Regierender Bürgermeister!

Auch das kann ich Ihnen jetzt nicht hundertprozentig sagen, Herr Abgeordneter. Sie sagen gerade selbst, es war wahrscheinlich im November, nachdem die Staatsanwaltschaft die Entscheidung getroffen hat zu ermitteln. Dann werden sie informiert haben. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob dann erst der Anwalt von Herr Böhning informiert wurde oder Herr Böhning direkt. Das weiß ich nicht genau. Und in den Tagen danach werde ich dann auch irgendwann die Information bekommen haben. Ob der damalige Justizsenator es gemacht hat, weiß ich, ehrlich gesagt, gar nicht mehr.

Die zweite Nachfrage geht jetzt an Herrn Kollegen Luthe von der FDP-Fraktion. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben gerade gesagt, dass Ihnen nicht klar sei, ob bzw. in welcher Form die Ermittlungen jetzt voranschreiten. Das deckt sich genau mit meiner Einschätzung. Ich hatte mich unter anderem im Rechtsausschuss wie auch im In

(Dr. Hans-Joachim Berg)

nenausschuss danach erkundigt, wie denn diese Ermittlungen voranschreiten. Ich würde gerne von Ihnen eine Einschätzung haben, inwieweit der Senat an einer schnellstmöglichen Aufklärung interessiert ist. Der Justizsenator hat auf die Polizei verwiesen, die Senatsverwaltung für Inneres auf die Justiz. Wer betreibt denn jetzt tatsächlich in welcher Geschwindigkeit eine Aufklärung? Es muss doch ein originäres Interesse Ihrer Senatskanzlei daran geben, diese Vorwürfe schnellstmöglich auszuräumen. Das ist auch Herrn Böhning nicht zuzumuten.

[Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Canan Bayram (GRÜNE)]

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen versichern, dass zuallererst der Betroffene ein Interesse daran hat, dass es zu einer Klärung dieses Sachverhalts kommt, und Herr Böhning da auch jede Kooperation angeboten hat, damit diese Sache endlich aufgeklärt wird. Der Betroffene hat also selbst dieses vorrangige Interesse. Aber Sie werden hoffentlich nicht erwarten, dass die Senatskanzlei versucht, in irgendeiner Weise Einfluss auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu nehmen.

[Canan Bayram (GRÜNE): Genau!]

Ob es noch etwas dauert oder vielleicht jetzt auch schneller geht – wir werden es wohl abwarten müssen, bis dann ein Votum der Staatsanwaltschaft vorliegt.

Vielen Dank!

Jetzt kommen wir zur FDP-Fraktion. – Herr Kollege Förster – bitte schön!

Aufgrund der Tatsache, dass im gestrigen Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen die dort anwesende Senatorin mangels Kenntnis und vorheriger Beteiligung keine Auskunft zu dem Vorgang geben konnte, frage ich nunmehr den Senat als Ganzes: Welchen Grundstückswert hat das Dragoner-Areal am Mehringdamm, das der Bund dem Land Berlin übertragen soll, im Vergleich zum Gesamtwert der sechs lukrativen Filetgrundstücke, die das Land Berlin im Gegenzug dem Bund übertragen muss – unter anderem Jüdisches Museum, Gropiusbau mit Parkplatz, Haus der Kulturen der Welt, Akademie der Künste –, und welche fachlichen Überlegungen lagen der Auswahl der Berliner Grundstücke zugrunde?

Herr Finanzsenator – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Wert des Dragoner-Areals ist, glaube ich, hinreichend oft in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Wir haben als Land Berlin über eine städtische Wohnungsbaugesellschaft dort ein Angebot unterbreitet, das wir über eine Verkehrswertbetrachtung abgesichert haben. Das lag in der Größenordnung von 18 Millionen Euro. Der Bund hat es für 36 Millionen Euro veräußert. Der Veräußerungsbeschluss des Bundes bedurfte der Zustimmung im Bundestag und im Bundesrat, weil ein bestimmter Schwellenwert überschritten war. Auf meinen Antrag hin hat der Bundesrat diesem nicht zugestimmt, weil es darum ging, das Dragoner-Areal insbesondere für preiswerten Wohnungsbau in Berlin zu sichern. Es ist von einer breiten Unterstützung hier im Haus und auch von der Stadtöffentlichkeit mitgetragen worden, dass das der richtige Ansatz war.

Sie heben jetzt auf einen Tausch ab, der in dem nächsten Hauptstadtfinanzierungsvertrag vorgesehen ist. Ich habe in den letzten Tagen schon öfter für den Senat nach außen erklärt, dass es eigentlich keinen Sinn macht, über Verträge im Detail zu reden, bevor sie unterschrieben sind, und nach meinem Kenntnisstand ist er noch nicht unterschrieben. Deswegen gestatten Sie mir bitte, dass ich jetzt dazu keine Ausführungen im Detail mache.

Ich will aber einen Hinweis geben: Bereits im Vorgänger des Hauptstadtfinanzierungsvertrages – das war der Kulturvertrag – ist geregelt worden, dass diese Grundstücke, die Sie nannten, vom Bund bespielt werden. Es ist bereits dort festgelegt worden, dass sie dem Bund übereignet werden. Insofern handelt es sich um ein Thema, wo ein Vorgängervertrag der Vollendung zuschreitet und allenfalls Wertzuwächse von Begleitgrundstücken, die dabei übergehen, gesondert betrachtet werden können. Ich würde vorschlagen, über die dann zu reden, wenn der Vertrag unterschrieben ist, denn dann kann ich Ihnen dazu Wertabschätzungen geben, was ich, bevor ein Vertrag unterschrieben ist, aus grundsätzlichen Erwägungen nicht tun kann und auch nicht tun werde.

Für die FDP hat der Kollege Förster eine Nachfrage.

Vielen Dank! – Habe ich es gerade richtig verstanden, dass bei einem geschätzten Grundstückswert von 18 Millionen Euro für das Dragoner-Areal und gleichzeitig von Ihnen nicht bezifferbaren Gesamtsummen für die sechs Grundstücke davon ausgegangen werden kann, dass

(Marcel Luthe)

die sechs Grundstücke, die das Land Berlin abgibt, weniger als 18 Millionen Euro wert sein sollen? Sonst wäre das Grundstücksgeschäft zum Schaden des Landes Berlin.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist eine Milchmädchen- oder Milchbubenrechnung!]

Herr Senator Kollatz-Ahnen!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Augenscheinlich habe ich mich unklar ausgedrückt. Ob etwas zum Nutzen oder zum Schaden des Landes Berlin ist, macht sich an dem Gesamtvolumen des Vertrages fest. Das Gesamtvolumen des Vertrages enthält, wie Sie es aus den vorherigen Hauptstadtverträgen kennen, zum einen das Thema Sicherheit, zum Zweiten das Thema Kultur und zum Dritten das Thema Infrastruktur, was sich dieses Jahr wahrscheinlich, wenn der Vertrag so zustande kommt, im Schwerpunkt mit dem Thema Grundstückstausche beschäftigt. Insofern ist es sehr wohl möglich, dass man zwei Elemente aus einem Vertrag, der vielleicht 20 Elemente enthält, herausgreifen und sagen kann: Hier finde ich, dass der eine, wenn ich nur diese zwei Elemente betrachte, sich besserstellt als der andere. – Das muss bewertet werden für den Gesamtvertrag, und da schließe ich mich Ihrer Wertung ausdrücklich nicht an und sage deswegen, dass es keinen Sinn macht, darüber zu reden, bevor nicht der Vertrag unterschrieben ist, weil man nur dann sieht, ob er tatsächlich als eine solche Paketlösung zustande kommt.

Als Zweites will ich wiederholen, was ich meinte, schon gesagt zu haben, dass es so ist, dass der Wert von Grundstücken, die einer nichtkommerziellen Nutzung unterliegen, anders zu bewerten ist als der Wert von Grundstücken, die einer kommerziellen Nutzung, welcher Art auch immer, zugänglich sind. Wenn Sie den Ertragswert eines Grundstücks bilden, für das Sie jedes Jahr, um das Grundstück zu betreiben, Geld einschießen müssen, ist der Ertragswert negativ. Den Hinweis kann ich noch mal geben, und ich kann auch noch mal ergänzen, dass auch dieser Vertrag in der Kontinuität von Vorgängerverträgen steht und Dinge zu einem Abschluss bringt, die in Vorgängerverträgen bereits vereinbart waren und die wahrscheinlich auch damals Ihre Partei als insgesamt positiv bewertet hätte.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Für eine weitere Nachfrage hat der Kollege Daniel Buchholz das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Vor dem Hintergrund, dass die FDP offensichtlich, obwohl sie sich gern als wirtschaftsnah geriert, hier Äpfel und Birnen vergleicht und Paketlösungen nicht von Einzelbetrachtungen unterscheiden kann: Sehen Sie nicht wie ich einen großen Vorteil darin, dass der Bund und das Land Berlin hier eine Einigung und letztlich einen Flächen- und Gebäudetausch vornehmen werden, der dazu führt, dass gerade im kulturellen Bereich, das, was eher in der Verantwortung des Landes Berlin steht, beim Land Berlin bleiben wird, und das, was eher in die Verantwortung des Bundes gehört und vielleicht auch den Betrieb durch den Bund ermöglicht, dann beim Bund sein wird?

Herr Senator Kollatz-Ahnen!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Herr Abgeordneter! Ja, das stellt einen Vorteil dar. Ihre Frage gibt Gelegenheit, noch mal darauf hinzuweisen, dass es insbesondere seit der Wiederherstellung der deutschen Einheit mehrere große Grundstückstauschpakete zwischen Bund und Land gab. In der jeweils aktuellen Situation ist definiert worden, wo die Themen sind, wo der Bund etwas zur Herstellung der deutschen Hauptstadt tun will, manchmal auch zur Unterstützung des Landes Berlin, und das Land Berlin hat häufiger – in insgesamt großer Anzahl – Grundstücke getauscht, und dadurch ist insgesamt die Entwicklung Berlins sicherlich positiv vorangetrieben worden.

Wenn es jetzt in einem Hauptstadtfinanzierungsvertrag gelingt, Schlüsselgrundstücke wie zum Beispiel den Flughafen Tegel zugunsten des Landes Berlin zu tauschen oder dort eine Erwerbsmöglichkeit vorzusehen oder etwas Ähnliches – das werden wir alles sehen, wenn der Vertrag fertig ist –, werden wiederum Schlüsselimmobilien für die Entwicklung Berlins damit dem Land zu Verfügung stehen, und das ist sicherlich das Ziel eines Hauptstadtfinanzierungsvertrages, der der Hauptstadt Entwicklungsmöglichkeiten einräumt.

Vielen Dank! – Die Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen in freiem Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde mit dem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.