Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Unser Antrag auf Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes soll auch nicht als Dogma verstanden werden. Vielmehr soll er ein Denkanstoß sein und als Besprechungsgrundlage dienen, einige überregulierte Paragrafen zu überarbeiten sowie möglichst willkürliche bezirkliche Genehmigungsverfahren zu vermeiden.

[Beifall bei der AfD]

Wir möchten für alle Berliner Wassersportler Rechtssicherheit schaffen. In diesem Zusammenhang schlage ich vor, auch über die Dauer der Zulassung von Steganlagen nachzudenken, und als mögliche Variante, sie an die Dauer der Pachtverträge der Vereine zu koppeln. Auch müssen wir endlich etwas gegen die Praxis der sogenannten Partyflöße und Speedboote tun.

Um unsere schöne Natur und Wasserlandschaft zu erhalten und um unserer Berliner Bevölkerung diese Erholungsmöglichkeiten weiter in all ihrer Gesamtheit gewähren zu können, liegt noch eine Menge Arbeit vor uns. Darum bitte ich Sie alle, an diesem Antrag und an allen weiteren erforderlichen Maßnahmen konstruktiv mitzuwirken und den Berliner Wassersport somit zu unterstützen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchholz das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Scheermesser! Sie hatten am Anfang appelliert, wir sollten uns sachlich mit dem Thema auseinandersetzen. Leider war es, wenn man sich die Argumente anschaut, die Sie vorgebracht haben, in der Praxis nicht so, dass Sie das auch selbst beherzigt haben. Ich hätte mir das gewünscht. Es gibt also Diskussionen, und zwar auch heftige, darüber, wie wir in Berlin den Ausgleich schaffen können zwischen dem, was wir naturschutzrechtlich sichern können und müssen, und der Tatsache, dass wir die Landschaft schützen wollen und müssen – übrigens nicht nur durch Berliner Gesetze, sondern auch durch Bundesgesetze und europäische Gesetze –, aber auch, dass wir ermöglichen wollen, dass sich die Menschen in Berlin erholen können, dass sie das in einer intakten Umwelt tun können und dass sie Zugang zu den Gewässern von Berlin haben. Das sollten wir in einen vernünftigen Einklang bringen, da sind wir bei Ihnen.

Nun haben Sie einen Gesetzesänderungsantrag vorgelegt, der ein bisschen über das Ziel hinausschießt und handwerklich nicht ganz gelungen ist – behaupte ich jetzt einmal. – Ich nehme unsere Conclusio, unser Ergebnis

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

vorweg: Auch wir schauen uns an, inwieweit es tatsächlich einen Änderungsbedarf im Berliner Naturschutzgesetz gibt. Das sollten wir aber genau abwägen, denn man muss dabei immer zwei Dinge beachten: In dem Moment, in dem wir bestimmte Dinge im Gesetz freistellen, hat man zwar eine sehr hohe Flexibilität – das wäre also ein Vorteil –, gleichzeitig aber einen großen Nachteil, nämlich weniger Rechtsklarheit, weil dann jedes Amt und im Zweifelsfall jeder einzelne Sachbearbeiter, jede einzelne Sachbearbeiterin allein entscheiden und diese Flexibilität in der Praxis verantworten muss.

Sie hatten gerade davon gesprochen, in den Diskussionen, die wir auf Landes- und Bezirksebene erleben und die schon seit einigen Monaten laufen, zwischen den Menschen, die ihre Boote und Stege benutzen wollen, und denen, die sich sehr vehement für eine intakte Natur einsetzen, zu vermitteln. Ich glaube, wir können das. Die Senatorin und der Bezirksbürgermeister Herr Igel haben es gezeigt. Sie haben Diskussionen vor Ort geführt. Mir fällt aber auf und mir kommt zu Ohren, dass da etwas fehlt: Nach meiner Kenntnis wird die Untere Naturschutzbehörde von Ihrem AfD-Stadtrat geleitet. Ich höre, dass dort von anderer Seite gefragt wird: Können wir mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort einmal wirklich in eine Diskussion kommen? Wie kann das zukünftig ausgestaltet werden? Wie können wir das Konzept für die Steganlagen vernünftig definieren? – Weder Spandau noch Treptow-Köpenick haben ein Stegkonzept verabschiedet. Vielleicht sollte man das auch einmal tun als Bezirk, wenn es den Auftrag gibt.

[Frank Scholtysek (AfD): Das ist in Arbeit!]

Ja, aber das ist Ihr Stadtrat.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie müssen sich also anhören, dass wir sagen: Machen Sie doch bitte Ihre Arbeit vor Ort! – Sie schwingen große Reden im Parlament und kommen gleich mit der großen Keule einer Gesetzesänderung. Ich darf daran erinnern, diese Änderung des Berliner Gesetzes für Naturschutz und Landschaftspflege ist 2013 einstimmig, mit sämtlichen Stimmen aller hier anwesenden Abgeordneten, verabschiedet worden. Das war ein hartes Stück Arbeit. Ich weiß, wovon ich spreche, denn wir haben das sehr intensiv und damals auch über Koalitions- und Oppositionsbänke hinweg verhandelt. Das war ein sehr anstrengendes Unterfangen, aber wir haben es geschafft.

Ich würde mich freuen, wenn wir die Diskussion tatsächlich verantwortlich fortsetzen. Dazu ist aber die Voraussetzung, dass der Bezirk und gerade auch der Stadtrat konstruktiv mitarbeiten.

[Frank Scholtysek (AfD): Das passiert!]

Wenn es die Bitte gibt – Herr Scholtysek, das müssen Sie sich auch anhören – und mir Bürgerinnen und Bürger

sagen, das funktioniert vor Ort nicht so richtig mit dem Stadtrat,

[Frank Scholtysek (AfD): Das läuft doch alles!]

und gesagt wird, wir brauchen einen Diskurs, wir brauchen eine neue Verhandlungsebene, dann ist das wohl nicht ganz erfolgreich – um es vorsichtig auszudrücken.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Sie können ja noch einmal schauen, worin Ihre eigene Verantwortung liegt. – Ich darf darauf hinweisen, selbst das Bundesnaturschutzgesetz, § 67, besagt – ich zitiere etwas gekürzt:

Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes … kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde...

Sie sehen, es gibt die Möglichkeiten, das zu entscheiden – auch für Ihren Stadtrat und für Stadträte in anderen Bezirken.

Lassen Sie uns bitte sehr verantwortlich schauen, was tatsächlich am Gesetz zu ändern ist! Dann können wir in einem zweiten Schritt entscheiden: Gibt es einen Änderungsbedarf, und wie weit sollte er gehen? – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Wir kommen zu einer Zwischenbemerkung von Herrn Scheermesser.

Herr Buchholz! Sie sprachen darüber, dass die AfDStadträte nichts tun oder kein Steganlagenkonzept vorlegen.

[Stefanie Fuchs (LINKE): Hat er nicht!]

Ich frage Sie: Seit wann sind unsere Umweltstadträte, AfD-Stadträte im Amt?

[Stefanie Fuchs (LINKE): Seit Monaten!]

Die nächste Frage ist: Seit wann ist eigentlich schon klar, dass es mit den Steganlagen immer wieder Probleme gibt? Doch nicht erst seit ein paar Monaten! Das ist doch ein Prozess, der sich jetzt faktisch zugespitzt hat.

Der AfD-Stadtrat in Treptow-Köpenick hat bereits ein umfangreiches Steganlagenkonzept fertiggestellt, das

(Daniel Buchholz)

noch besprochen wird. Wir helfen dort aktiv mit. Ich war erst vor einigen Tagen im Gesundheitsamt in TreptowKöpenick und konnte mich davon überzeugen.

[Lachen von Stefanie Fuchs (LINKE)]

Desweitern ist unser Stadtrat Herr Otti von der AfD in Spandau auch sehr bemüht, dort Licht ins Dunkel zu bringen und das Ganze zu entwirren. Wir werden Anfang Juli mit allen Beteiligten in Spandau – auch in meiner Anwesenheit – ein großes Treffen mit der Bevölkerung haben, sodass ich Ihren Vorwurf absolut von uns weisen muss. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Der Kollege Buchholz hat die Möglichkeit zur Erwiderung.

Kollege Scheermesser! Ich habe nicht gesagt, dass Sie die Verantwortung dafür tragen, was vor dieser Legislatur war. Sie können sich gern noch einmal meine Rede anhören oder sie lesen. Ich habe das nicht gesagt, das haben Sie aber selbst als Frage für sich formuliert – warum auch immer.

Zu den Inhalten: Ich habe klar ausgeführt, es gibt von Bürgerinnen und Bürgern und auch in der BVV das Bedürfnis, über die Ebenen hinweg verantwortliche Gespräche zu führen, das heißt, mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, mit der Bezirksebene und mit der Landesebene. Mir wird zurückgespiegelt, dass das zumindest in Treptow-Köpenick nicht wirklich in ausreichendem Maße stattfindet. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

[Zuruf von Tom Schreiber (SPD)]

Sehen Sie, da sitzt jemand, der die BVV aus eigener Erfahrung länger und besser kennt als ich. Ich bin aus Spandau und kenne im Zweifelsfall Herrn Otti, aber nicht Ihren Vertreter in Treptow-Köpenick. Die Leute vor Ort sagen, das funktioniert nicht. Dann stellen Sie sich ins Abgeordnetenhaus von Berlin und schwingen eine große Rede. Sie machen demnächst große Konferenzen und wollen die Leute dort wahrscheinlich populistisch dazu verleiten,

[Oh! bei der AfD – Stefan Franz Kerker (AfD): Ganz billig!]

dass sie einen Ärger aufmachen, den Sie selbst produzieren, weil Ihr Stadtrat das in den letzten Monaten noch nicht hinbekommen hat. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch! Das ist die selbsterfüllende Prophezeiung.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Das ist nicht unser Stil von Politik. Sie haben auch gesagt – das war in Ihrer Aussage gerade widersprüchlich – das Steganlagenkonzept für Treptow-Köpenick sei fertig.