Die Koalition möchte genauso wenig gefühlte Ängste wie Scheinsicherheit. Wir möchten, dass sich die Bürgerinnen und Bürger sicher in dieser Stadt bewegen können. Dies erreichen wir nicht mit Hilfspolizisten. Wir brauchen eine bessere personelle und materielle Ausstattung unserer Polizei. Dies ist der einzige Weg, der die sicherheitspolitischen Anforderungen der wachsenden Stadt berücksichtigt. Daher werden wir Ihren Antrag ablehnen und weiter an sinnvollen Konzepten arbeiten, Konzepten, die den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Polizistinnen und Polizisten gerecht werden, auf Rechtstaatlichkeit bauen und echte Sicherheit versprechen. – Vielen Dank!
Gehen Sie nicht von sich aus! – Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema gibt es überhaupt nur – darauf haben wir richtig hingewiesen – aufgrund des enormen Personalabbaus zu Zeiten der rotroten Landesregierung von 2001 bis 2011. Wenn das nicht stattgefunden hätte, gäbe es gar nicht diese Diskussion, weil dann ausreichend Polizei vorhanden wäre.
Ich bin dennoch nicht dafür, auch nach wie vor nicht, dass wir mit einem ehrenamtlichen Polizeidienst versuchen, professionelle Polizeikräfte zu ersetzen oder auch nur zu ergänzen. Ich möchte das auch kurz noch einmal begründen: Die Anforderungen an die Sicherheitslage in einer Stadt wie Berlin sind auch andere als in manchen ländlichen Regionen in unserem schönen Land. Es reicht nicht, mit irgendeiner Warnweste durch die Gegend zu spazieren und Leute freundlich anzusprechen, wenn es darum geht, Krisen zu bewältigen oder Streitigkeiten zu schlichten. Ich habe viele Fälle erlebt, beispielsweise bosnische Beschneidungsfeiern, bei denen über hundert Leute aufeinander einkeilen. Ich glaube, dass nicht ausgebildete, ehrenamtliche Kräfte damit absolut überfordert wären.
Ich möchte noch auf einen weiteren Gesichtspunkt hinweisen: Wir haben anders als noch vor wenigen Jahren die Mittel, um uns professionelle Polizeibeamte leisten zu können. Das ist eine andere Diskussion, als vor einigen
Jahren. Die Haushaltssituation des Landes Berlin ist wirklich solide geworden. Wir haben im letzten Jahr einen Überschuss von 1,25 Milliarden Euro erwirtschaftet und dem rot-rot-grünen Senat hinterlassen. Der muss jetzt die richtigen Prioritäten setzen. Darauf ist heute schon mehrfach hingewiesen worden. Wer sich ein Stadtwerk, das mit Strom handeln darf, leistet und meint, er müsste dort 100 Millionen Euro und mehr einlegen, kann natürlich dieses Geld nicht in Sicherheit investieren. Das ganze Projekt ist natürlich völlig sinnlos, weil es weder zu günstigeren Preisen für die Verbraucher noch zu irgendwelchen anderen Vorteilen für das Land Berlin führen wird.
Wir müssen den Kurs, den wir unter Frank Henkel in den letzten fünf Jahren begonnen haben, fortsetzen.
Ich möchte das einmal sagen. Sie lehnen sich fern jeder Sachkenntnis in jeder Debatte zurück und meinen, Sie müssten auf den ehemaligen Innensenator verweisen, seine Inaktivität. Er hat mehr geleistet als Sie in den zehn Jahren vorher zusammen.
[Beifall bei der CDU – Hakan Taş (LINKE): Er hat nichts dazu beigetragen! – Weitere Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]
Ich möchte das anhand einiger Zahlen kurz belegen: Gegen Ihren Widerstand und trotz einer auch sehr langsamen SPD in der Koalition ist die Anzahl der Stellen im Polizeivollzugsdienst in den letzten fünf Jahren um 1 395 erhöht worden – und sie sind alle besetzt worden, entgegen der Legenden, die Sie ständig zu erzeugen versuchen.
Wir brauchen professionelle vollausgebildete Polizeikräfte, und wir können sie uns auch leisten. Darauf sollten wir uns konzentrieren und uns nicht mit Nebenthemen ablenken. Wir müssen die rot-rot-grüne Regierung in die Pflicht nehmen, damit sie endlich etwas leistet. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der CDU – Joschka Langenbrinck (SPD): Ha, ha, ha! Herr Dregger, was ist denn jetzt mit den 60 Millionen?]
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Mir ist nicht ganz begreiflich, warum die AfD
Fraktion noch einmal Besprechung beantragt hat, denn es sind nun wirklich alle Argumente zu der Sache ausgetauscht. Sie wurden von allen anderen Fraktionen ausführlich vorgetragen, sowohl hier im Plenum als auch im Ausschuss. Ich werde kurz zusammenfassen, was die zentralen Argumente sind, und meine Redezeit nicht nutzen, um über Stadtwerke oder andere interessante Themen – –
Die handwerklichen Mängel in diesem Antrag sind von Frau Çağlar schon ausführlich vorgetragen worden. Mehrmals wurden auch die grundsätzlichen Einwände betont. Wir setzen weiterhin auf gut ausgebildete, vernünftig ausgestattete, spezialisierte und fair bezahlte Polizistinnen und Polizisten. Wir haben uns heute im Plenum schon über mehrere Maßnahmen in diese Richtung unterhalten. Über diese können Sie nicht hinweggehen – auch Sie nicht, Herr Dregger. Sie sind doch an unserer Seite, wenn wir uns um diese Dinge bemühen. Wir müssen uns gar nicht damit aufhalten, etwas zu fordern, das längst schon auf dem Weg ist.
Die Hilfssheriffs, die hier gefordert werden, werden uns auf diesem Weg nicht helfen. Das zentrale Argument bleibt aber nach wie vor, dass hoheitliche Aufgaben eben nur von spezialisierten und ausgebildeten Kräften ausgeübt werden können. Das Argument bleibt insbesondere auch bestehen, wenn es um die Ausübung des Gewaltmonopols geht – denn da werden die Grundrechte von Berlinerinnen und Berlinern empfindlich berührt –, und das geben wir nicht einfach so her.
Wir lassen uns auch nicht erpressen oder von irgendwelchen Drohungen unter Druck setzen, von Gründungen von Bürgerwehren und anderen Dingen, wie sie in der Antragsbegründung von der AfD-Fraktion gezeichnet werden. Das hat mit der Realität nichts zu tun und wird nicht dazu führen, dass wir mit unseren Grundrechten so lapidar umgehen.
Es bleibt dabei: Was hier vorgelegt wird, ist antiquierter Quatsch und wird die Bonner Republik nicht zurückbringen. Da bringt es auch nichts, in der Debatte auf mein Alter oder beispielsweise das Alter der Kollegin Çağlar einzugehen, um miteinander in Nostalgie zu schwelgen und uns unsere Position zur Sicherheitspolitik der Stadt abzusprechen; denn jetzt sind wir an der Reihe. Wir gestalten zukunftsgewandt, und darauf freue ich mich. Das werden wir gemeinsam tun. Ich hoffe, Sie unterstützen uns dabei.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich nicht dieser rückblickenden Verurteilung von wegen „Hilfssheriffs“ und Ähnlichem an – im Gegenteil!
Lassen Sie sich nichts erzählen! Der frühere Freiwillige Polizeidienst hat in seiner übergroßen Mehrheit eine gute Leistung erbracht.
Ich bin ein bisschen überrascht, Herr Kollege Vallendar, dass Sie hier versuchen, mich namentlich zu vereinnahmen. Genauso, wie sich unsere Gesellschaft verändert hat, habe auch ich mich verändert. Genauso, wie ich dort nicht mehr eintreten würde – ich bin inzwischen Reservist der Bundeswehr –, werden auch die meisten Berliner, die unter Umständen dafür geeignet wären, nicht mehr eintreten. Sie werden das Problem nicht los, dass die Zeit und die gesellschaftliche Entwicklung über diesen freiwilligen Polizeidienst hinweggegangen sind.
Die Berliner haben heute viel mehr Möglichkeiten, sich zu engagieren – nicht nur in der Freiwilligen Feuerwehr, diese Möglichkeit hatten sie ja damals schon. Sie können sich bei der Bundeswehr als Reservisten engagieren usw. Wir durften damals nicht einmal den normalen Grundwehrdienst leisten. Letztlich wäre also die Wiedereinführung eines Freiwilligen Polizeidienstes die Schaffung einer leeren Hülle, die in den Achtzigerjahren, also bis zur Wende, natürlich Sinn und Zweck hatte. Im Jahre 2017 können wir dem nicht mehr zustimmen – auch wenn wir diesen ideologisch bedingten Negativbewertungen nicht zustimmen werden, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass die Sicherheitspolitik und auch die Berliner Polizei einschließlich der Polizeigewerkschaften deutlich weiter sind, als der Antrag der AfD vermuten lässt.
Das Stichwort ist heute Community Policing: Die Polizei ist auf Berlinerinnen und Berliner angewiesen, die im Kiez, in Sportvereinen, bei Runden Tischen in Problemkiezen und bei Nachbarschaftstreffen mitmachen. Sehr viele Straftaten können nur mit der Hilfe der Bürgerinnen und Bürger aufgeklärt werden. Der neue Ansatz heißt aber nicht, ein uniformierter Polizist muss auf zwei uniformierte Laien aufpassen, sondern: Zivilgesellschaft ist aktiv.
Das wollten die moderneren Fraktionen in diesem Haus schon immer so haben, und zwar einerseits meine Fraktion, die Linken sowieso, und drittens auch die FDPFraktion. Wenn man in die Protokolle dieses Hauses einsteigt – und das würde ich Ihnen empfehlen, Herr Kollege Krestel; aus der Geschichte lernen heißt, sich verbessern zu können –,
dann stellt man fest, es wäre besser gewesen, die FDPFraktion hätte heute nicht den vom Saulus zum Paulus gewandelten Krestel sprechen lassen, sondern den Abgeordneten, der damals schon gesprochen hat, als das Abgeordnetenhaus einen Untersuchungsausschuss zu den Vorkommnissen in der Freiwilligen Polizeireserve eingerichtet hat. Über 100 verurteilte Straftäter in der Polizeireserve, ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, für Waffennarren, für Leute, die es mit Alkohol am Steuer nicht ganz so ernst nehmen, für Leute, die Waffen geschoben haben, Leute, die sich einer Prüfung entzogen haben usw. – ein ganzer Untersuchungsausschuss wurde dafür eingerichtet.