Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Sehen Sie Bedarf, auch für das eigene Handeln weitere Konsequenzen zu ziehen, und, wenn ja, welche?

Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Lasić! Wir haben generell sehr viele Maßnahmen im präventiven Bereich, die wir den Schulen anbieten, oder auch Beratungsstrukturen. Das Beschwerdemanagement, das wir vorweisen, oder auch die Schulaufsichten haben eine ganz spezielle Rolle, in solchen Situationen auch Schulen zu unterstützen und zu begleiten. Das findet statt. Wir sehen sehr positiv, wie es im Moment läuft. Wir werden die Schule engmaschig begleiten. Ich finde auch sehr positiv, dass die Schule Beratung annimmt, Maßnahmen entwickelt hat und sukzessive auch Fortbildung durchführt. Es haben auch bestimmte individuelle Gespräche stattgefunden, und das Thema wurde auch in der Schulkonferenz erörtert. Die Dinge werden also aufgearbeitet und werden auch kontinuierlich weiter ein Thema in der Schule sein.

Vielen Dank! – Dann gibt es eine weitere Nachfrage der Kollegin Bentele.

Vielen Dank! – Frau Scheeres! Welche Handlungsvorgaben macht denn die Senatsverwaltung für Bildung zu der Tatsache, dass Opfer und Täter in solchen Situationen oft noch Tage oder Wochen lang in einem Klassenzimmer sitzen müssen und es ganz schwierig ist, die Schule zu wechseln, und es da auch sehr wenig Unterstützung gibt. Wie sind da Ihre Handlungsanweisungen für die sehr schwierigen Fälle?

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Bentele! Wir haben da ganz klare Möglichkeiten – in dieser Schule wurde auch gehandelt –, dass Täter und Opfer getrennt werden. Ich finde aber sehr wichtig, dass die Dinge neutral aufgearbeitet werden, dass keine Vorverurteilungen stattfinden. Das hat dort auch stattgefunden, auch im Rahmen der Konferenz an der Schule. Es geht darum, die Dinge aufzuarbeiten, die unterschiedlichen Sichtweisen zu erfahren. Deswegen haben auch vielfältige Elterngespräche und auch andere Gesprächsformen stattgefunden, um die Dinge aufzuarbeiten. Es gibt also Möglichkeiten.

Aber wenn man feststellt, dass ein anderer Sachverhalt vorliegt, muss man Kindern auch eine Chance geben, dass sie nicht abgestempelt und wieder in eine Klasse integriert werden. Deswegen muss man mit solchen Vorfällen und Vorwürfen sehr sorgsam umgehen.

Vielen Dank!

Dann hat für die CDU-Fraktion der Kollege Dregger die nächste Frage.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Warum will der rot-rot-grüne Senat entgegen den wiederholten nichtöffentlichen Interventionen der CDUFraktion in den letzten zwei Jahren den traditionellkonservativen Islam in Berlin zementieren und ihm eine Monopolstellung einräumen, indem er beim Aufbau des Instituts für Islamische Theologie an der HumboldtUniversität den wichtigen Beirat allein für die traditionell-konservativen Verbände öffnet und die liberalen Strömungen ausschließt? – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Herr Böhning, bitte!

Sehr herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Abgeordneter! Der Senat fühlt sich der religiösen Neutralität verpflichtet. Dementsprechend ist bei dem Institut für Islamische Theologie, das aufgebaut werden soll, die Überzeugung und Aufgabe des Senats, alle Strömungen im Hinblick auf muslimische Glaubensrichtungen zu berücksichtigen. Deswegen haben entsprechende Gespräche stattgefunden und finden auch weiter statt. Das Institut für Islamische Theologie dient unter anderem dazu, Reli

gionslehrerinnen und Religionslehrer auszubilden. Deswegen ist es eine Aufgabe des Senats, diejenigen, die Religionsunterricht im muslimischen Bereich beispielsweise in Berlin anbieten, auch in die entsprechenden Auseinandersetzungen einzubinden. Deswegen sieht er hier eine entsprechende Neutralitätspflicht vor, die auch berücksichtigt worden ist.

In den Eckpunkten für die islamische Theologie wurde das festgehalten. Es ist – darauf rekurrieren Sie in Ihrer Darstellung offenbar – ein Beirat vorgesehen, der in theologischen Fragen beraten und auch Entscheidungen treffen soll. Dieser Beirat berücksichtigt entsprechende Verbände, die eingebunden werden müssen. Er berücksichtigt unter anderem aber auch vier externe Hochschullehrerinnen und -lehrer aus dem Bereich der islamischen Theologie. Dort ist eine Neutralität und auch wissenschaftliche Seriosität gegeben. Deswegen hält der Senat diesen Weg für den richtigen.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Dann hat das Wort zur Nachfrage der Kollege Dregger. – Bitte sehr!

Vielen herzlichen Dank! – Ist Ihnen denn bekannt, dass das Eckpunktepapier im Hinblick auf die nachträgliche Aufnahme weiterer Mitglieder in den Beirat ein Einstimmigkeitserfordernis vorsieht mit der Folge, dass jeder Einzelne der fünf traditionell islamischen Verbände die Aufnahme eines liberalen Vertreters verhindern kann? Und in diesem Zusammenhang: Ist Ihnen bekannt, dass die Diyanet, die Religionsbehörde der türkischen Regierung, ebenso wie die Fatwa-Behörde in Kairo die Gründung einer liberalen Moschee, der Ibn-Rushd-GoetheMoschee in Berlin, verurteilt und versucht, diese zu verhindern und zu behindern? Ist es vor diesem Hintergrund nicht geradezu geboten, diese Eingriffe in unsere Freiheit zu unterbinden und erst recht die liberalen Strömungen in diesen Beirat aufzunehmen, die das auch möchten und das erklärt haben? – Vielen Dank!

Herr Staatssekretär!

Herzlichen Dank! – Herr Kollege Dregger! Ich glaube, da werden zwei Dinge durcheinandergebracht. Man sollte diese Dinge nicht zusammenbringen. Die Erklärung der Diyanet aus der Türkei ist dem Senat auch zu Ohren gekommen. Der Senat verurteilt solche Äußerungen auf das Schärfste. Das hat aber nichts mit der Einrichtung eines Instituts für Islamische Theologie zu tun. Es gibt

Eckpunkte, die vorlegt worden sind. Die Eckpunkte dienen nur der Rahmensetzung einer Diskussion für die Erarbeitung einer Kooperationsvereinbarung zwischen muslimischen Verbänden auf der einen und der Humboldt-Universität auf der anderen Seite. Das heißt, sie haben keinen Rechtscharakter, sie haben empfehlenden Charakter. Ob diese Entwicklung, so, wie Sie sie beschrieben haben, in Punkt 4.1.2 der Eckpunkte wirklich Teil der Kooperationsvereinbarung wird, dazu gibt es Auseinandersetzungen und Gespräche zwischen der Humboldt-Universität und den muslimischen Verbänden unter Beteiligung der Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung.

Vielen Dank! – Für eine weitere Nachfrage hat die Kollegin Jarasch das Wort.

Vielen Dank! – Herr Staatssekretär! Können Sie uns über Sicherungen berichten, die jetzt schon in die Vereinbarungen aufgenommen wurden, um zu verhindern, dass die konservativen sunnitischen Verbände dort allein durchmarschieren, wie es der Kollege gerade behauptet hat, bei der Entscheidung über Berufungen und anderen Entscheidungen in diesem Gremium? Es ist tatsächlich eine schwierige Frage, wenn es den muslimischen Ansprechpartner für den Staat nicht gibt, solche Beiräte zu schaffen, und die Frage ist, ob man aus dem, was es bisher schon gab, wie dem Beirat in NRW, lernen kann. Können Sie etwas dazu sagen, welche Lektionen Berlin bei der Einrichtung dieses Beirats gelernt hat?

Herr Staatssekretär!

Herzlichen Dank! – In den Eckpunkten, auf die Sie rekurrieren, ist festgehalten, dass die Beschlussfassung mit Zweidrittelmehrheit realisiert werden muss; darauf habe ich eben im ersten Beitrag schon hingewiesen. Diesem Beirat sollen fünf theologische Sachverständige, Vertreterinnen und Vertreter muslimischer Verbände und vier externe Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer der islamischen Theologie oder einer fachnahen Wissenschaft stimmberechtigt angehören. Das ist eine Lehre aus den Erfahrungen, über die Sie berichtet haben, wobei man sagen muss, dass die Beiräte, die es an anderen Instituten dieser Art gibt, sehr unterschiedliche Funktionen haben. Sie haben zum Teil nur eine beratende Stimme, teilweise werden sie in theologische Fragestellungen eingebunden. Bei uns geht es um die Einbeziehung des Beirates bei Entscheidungen der Hochschule in bestimmten Bereichen. Da es mit einer Zweidrittelmehrheit realisiert wird unter Beteiligung von stimmberechtigten Mitgliedern der

Wissenschaft und der Hochschulen, aber auch beratenden Mitgliedern der Trägerhochschulen, haben wir hier eine Neutralitätsnotwendigkeit und eine Neutralitätspflicht erfüllt, die sachgemäß ist.

Vielen Dank! – Ich darf noch mal darauf hinweisen, dass die Nachfragen kurz, ohne Begründungen und nicht mit zahlreichen Unterfragen gegliedert sein sollten.

Dann gebe ich der Kollegin Schubert von der Linksfraktion das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat nach den Gründen, die gestern dazu geführt haben, den Vertrag mit dem Betreiber für Flüchtlingsunterkünfte, Gierso, zu kündigen.

Frau Senatorin Breitenbach!

Sehr geehrte Frau Schubert! Wir haben gestern den Vertrag mit dem Betreiber Gierso, der fünf Flüchtlingsunterkünfte in dieser Stadt betreibt, gekündigt, weil er uns erpresst hat. Die Gierso hat eine Zusage verlangt, für Forderungen, die nicht geeint sind – darauf komme ich später noch mal zurück –, und diese Forderungen kann man jetzt gar nicht zahlen, selbst, wenn man es für richtig halten würde. Die Gierso hat erklärt, wenn wir die Zusage über diese Zahlung nicht geben, werde sie am kommenden Dienstag ihre Unterkünfte schließen.

Ich füge hier ein, dass es seit vielen Jahren mit der Gierso Konflikte und einen Dissens über ihre Forderungen gibt. Dabei geht es um Personal und Bauvorhaben. Die Gierso hat aber bis einschließlich April die laufenden Heimkosten immer erstattet bekommen. Im Monat Mai wurde dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, der zwingend bedient werden muss. Das heißt, es gibt Forderungen von Dritten gegenüber der Gierso, und das LAF musste diese Forderungen an Dritte begleichen. – Das ist der Hintergrund.

Wenn die Gierso am kommenden Dienstag ihre Unterkünfte schließt, stehen etwa 900 Menschen auf der Straße und damit in der Obdachlosigkeit. Das war der Grund, weshalb wir gesagt haben: Jetzt ziehen wir die Reißleine. – Ich wiederhole, was ich gestern schon gesagt habe: Wir haben wir uns nicht von der PeWoBe erpressen lassen, und wir lassen uns auch nicht von der Gierso erpressen.

(Staatssekretär Björn Böhning)

Trotzdem prüfen wir jetzt alle Möglichkeiten, die wir haben, auch in Absprache und Abstimmung mit den Bezirken, wie wir alle Bewohnerinnen und Bewohner in diesen Unterkünften vor der Obdachlosigkeit bewahren können.

Neben dem Ziel, Obdachlosigkeit zu verhindern, tragen wir auch die Verantwortung dafür, finanziellen Schaden vom Land Berlin abzuwenden. Mit Blick auf diese beiden Ziele kam nach der Drohung kein anderer Weg mehr infrage, als die Kündigung einzureichen.

Das Land Berlin kann heute nicht Forderungen bezahlen – das ist die Forderung der Gierso, das hat sie gestern in ihrer Pressemitteilung selbst öffentlich gemacht, es geht um Rückbaukosten –, die im Jahr 2024 anstehen. Das Land Berlin kann heute keine Kosten tragen für irgendwelche Rückbauten, die 2024 stattfinden, wo wir heute weder wissen, was die kosten sollen, noch ob die überhaupt stattfinden. Von daher haben wir es abgelehnt. Auf dieser Grundlage kam dann die Erpressung der Gierso. Wir müssen jetzt weiter prüfen, wie wir die Obdachlosigkeit verhindern. Ich gehe davon aus, dass uns das auch gelingt.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Schubert das Wort zur Nachfrage.

Kurze Nachfrage: Wie bewertet der Senat in dem Zusammenhang die Vorwürfe der Gierso, die sie gestern in einer Pressemitteilung öffentlich gemacht hat, nämlich dass es Zusagen gab, solche Zahlungen zu leisten?

Frau Senatorin!

Mir sind keinerlei Zusagen bekannt. Ich muss noch einmal sagen: Selbst, wenn es Zusagen dieser Art gegeben hätte, wäre das nicht möglich. Noch mal: Es geht einmal um Zahlungen von Mietkautionen. Wir alle wissen – oder zumindest diejenigen, die sich damals mit dem LAGeSo beschäftigt haben –, dass es in der Vergangenheit tatsächlich Zahlungen von Mietkautionen gab. Im Anschluss gab es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Bei den Mietkautionen ist es so wie bei uns allen: Man zahlt die Mietkaution, und die kriegt man beim Ende des Mietvertrages zurück.

Was die Rückbauforderungen angeht: 2024 sollen diese Rückbauforderungen erhoben werden. Dann wird das LAF prüfen, ob es überhaupt Rückbauten gibt, was diese Rückbauten kosten und ob das Land dafür einstehen wird. Das wird aber anhand von ganz konkreten Unterlagen stattfinden und nicht anhand von Mietverträgen, die die Gierso mit einem Hausbesitzer abgeschlossen und sich damit verpflichtet hat, monatliche Rücklagen zu bilden, um das Risiko für Rückbauten im Jahr 2024 zu minimieren.

Im Übrigen will ich an dieser Stelle noch eines sagen: Die Gierso hat in ihrer Erklärung auch darauf hingewiesen, dass ich niemals Flüchtlingsunterkünfte der Gierso besucht hätte. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass das natürlich nicht zutrifft. Als Oppositionspolitikerin habe ich mir mit anderen Oppositionsparteien – Frau Bayram war damals dabei, auch der Kollege Fabio Reinhardt von den Piraten – Flüchtlingsunterkünfte der Gierso angeguckt. Von daher wussten wir auch, wovon wir reden. Wir kennen die Probleme, und die können Sie alle in der Presse aus dieser Zeit nachlesen.

Vielen Dank! – Als Nächstes hat die Kollegin Bayram das Wort.

[Störgeräusche beim Mikrofon – Michael Dietmann (CDU): Super! Machen Sie einfach weiter!]

Geht es jetzt besser mit dem Ton?

[Zurufe]

Würden Sie es mit dem Nachbarmikro versuchen!

Vielen Dank! – Vielen Dank, Frau Senatorin! – Ich finde es wirklich richtig und die einzige Konsequenz, die man ziehen konnte. Ich will daran erinnern, dass auch meine Fraktion seinerzeit gefordert hat,