Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Vielen Dank! – Vielen Dank, Frau Senatorin! – Ich finde es wirklich richtig und die einzige Konsequenz, die man ziehen konnte. Ich will daran erinnern, dass auch meine Fraktion seinerzeit gefordert hat,

[Zurufe von der AfD und der FDP: Frage!]

dass alle Verträge mit der Gierso gekündigt werden, und ich bin froh, dass der neue Senat dort neue Maßstäbe zugrunde legt. Meine Frage: Haben Sie sich mit den Bezirken darüber verständigt, und haben Sie sich auch mit den ehrenamtlichen Initiativen in den Bezirken verständigt, damit die Geflüchteten nicht die Leidtragenden eines dubiosen Betreibers sind, wie die Gierso es immer war?

(Senatorin Elke Breitenbach)

Frau Senatorin!

Ich hatte gestern eine Telefonkonferenz mit den Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeistern, wo ich sie über die Situation informiert habe und wir abgestimmt haben, dass wir jetzt gemeinsam prüfen, wie wir die Obdachlosigkeit dieser Menschen verhindern können. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat es übernommen, die Unterstützer und Unterstützerinnen der fünf Einrichtungen zu informieren. Wir selbst haben die Bezirksbürgermeister und -bürgermeisterinnen darum gebeten, dass sie ihre Integrationsbeauftragten und Flüchtlingskoordinatoren informieren. Insofern müssten alle informiert sein.

Die Gierso hat gestern in ihrer Pressemitteilung noch einmal kundgetan, dass sie niemals gesagt habe, dass diese Unterkünfte gekündigt würden. Ich möchte Ihnen deshalb einen Satz aus dem Brief der Gierso vorlesen. Sie hat gesagt, sie verlangt die Zusage, dass die Mietkaution und die Rückbauten jetzt bezahlt werden und dann folgendes Schreiben an die Bezirke angekündigt:

In diesem Schreiben werden wir

also die Gierso –

die Bezirke (Jobcenter und Bezirksämter) darüber informieren, dass wir unsere fünf vertragsgebundenen Einrichtungen mit knapp 1 000 Plätzen am Dienstag, den 27. Juni 2017, schließen müssen. Die Bezirke müssen dann für die derzeit 603 in unseren Einrichtungen untergebrachten und gemeldeten Personen einen neuen Unterkunftsplatz suchen.

Das, meine Damen und Herren, ist keine Grundlage, auf der wir mit irgendjemandem reden oder verhandeln können. Die Gierso hat gestern in ihrer Presseerklärung erklärt, dass sie nie die Schließung angedroht hat – dann muss man vielleicht noch einmal selbst lesen, was man geschrieben hat, kann ich nur dem Geschäftsführer der Gierso empfehlen. Wenn er es nicht so gemeint hat und wenn es Bereitschaft gibt, lösungsorientiert zu diskutieren, wenn es Bereitschaft gibt, die Landeshaushaltsordnung in diesem Zusammenhang zu akzeptieren, können wir natürlich weitere Gespräche führen. Aber nicht auf der Ebene von Erpressung.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Canan Bayram (GRÜNE)]

Vielen Dank!

Dann hat als Nächster für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Kössler die Möglichkeit zur Frage.

Danke, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Da der Presse zu entnehmen war, dass es noch Differenzen gibt zwischen dem Denkmalschutz und dem parteiübergreifend getragenem, ziemlich coolen Projekt Flussbad, würde ich gern vom Senat wissen, wie er aktiv ist, um zu vermitteln und das Projekt noch zum Erfolg zu führen.

Vielen Dank! – Frau Senatorin Lompscher, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kössler! Ich bin zwar nicht die für Denkmalschutz zuständige Senatorin, aber die für Städtebau. Da das Flussbadprojekt in einer aus meiner Sicht sehr respektablen Weise die Förderung im Rahmen der nationalen Projekte des Städtebaus erreicht hat, und dort eine Summe X – ich glaube, es sind 4 Millionen Euro – für einen Zeitraum von drei Jahren bereitgestellt worden ist, der Ende 2018 endet, um die Machbarkeit des Projekts zu prüfen, liegt die Koordination dieser verschiedenen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Flussbadprojekt zu klären sind, bei meinem Haus, aber insbesondere bei den Projektträgern. Es wird vermutlich nicht möglich sein, dass man bis zum Ende der Projektlaufzeit alle Fragen, die mit dem Projekt zusammenhängen – es sind etliche, nicht nur solche des Denkmalschutzes, es sind Fragen er Ausgestaltung von Wasserstraßen, es sind technische Fragen, die Wasserbetriebe sind an Bord, weil auch diverse technische Einrichtungen betroffen sind, alle diese Fragen werden bearbeitet –, klären kann. Dies kann derzeit nicht abgesehen werden.

Erlauben Sie mir den Hinweis: Wenn man mehr wissen will über das Projekt Flussbad, kann man sich in einem Teil des Staatsratsgartens, der jetzt dem öffentlichen Raum zugeschlagen ist, darüber informieren, weil am Standort der ehemaligen Werderschen Badeanstalt eine Ausstellung und ein entsprechender Aufenthaltsort jetzt schon als Teil des Projekts geschaffen worden sind.

Jetzt hat der Kollege Friederici eine Nachfrage.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Lompscher! Ich frage Sie: Wenn Sie von Machbarkeitsstudien und Förderprojekten reden, wann können Sie konkret sagen,

wann es mit einem etwaigen Bauvorhaben oder entsprechenden Vorbereitungen losgeht, und wann können Sie nach jetziger Planung verkünden, wann es frühestens zum Abschluss eines solch Flussbadeprojektes kommen kann – um etwas mehr Konkretisierung in die Fragen zu bekommen?

Frau Senatorin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Ich habe ausgeführt, dass die Gelder, die das Projekt erhalten hat, vor allem dazu dienen, erst einmal genau das herauszufinden. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen, kann man Ihre Fragen beantworten. Es ist tatsächlich nicht ganz trivial, den für die Schifffahrt zwar nicht mehr benötigten, gleichwohl aber als Bundeswasserstraße vorhandenen Spreekanal so für andere Zwecke zu nutzen und die Wasserqualität herzustellen, damit man dort auch wirklich unbedenklich baden kann, Zugänge zu schaffen in einem Areal, das nicht nur dem Denkmalschutz, sondern in Teilen auch dem Weltkulturerbe unterliegt. Das sind alles knifflige Fragen. Deshalb hat der Fördergeber, der Bund, nach einer positiven Stellungnahme des Landes Berlin weise entschieden, dass er zunächst einmal diese dreijährige Laufzeit mit Vorbereitungen von Maßnahmen vergibt. Es sind überhaupt keine Baufristen oder was auch immer gesetzt worden, sondern zunächst einmal werden alle Rahmenbedingungen geklärt. Ende 2018 können wir vermutlich zu den von Ihnen jetzt gestellten Fragen etwas Genaueres sagen.

Vielen Dank! – Weitere Nachfragen gibt es nicht.

Dann hat für die AfD-Fraktion Herr Pazderski das Wort.

Ich frage den Senat: Welche Ideen, Konzepte und Planungen verfolgt der Senat beim Mahnmal für die Opfer des islamistischen Terroranschlags vom 19. Dezember 2016 insbesondere hinsichtlich Standort, äußerer Form, Größe, Kosten, Fertigstellungstermin und politischgesellschaftlicher Kernbotschaft?

Vielen Dank! – Herr Staatssekretär Böhning!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! In der Tat, der Senat hat eine Ausschreibung auf den Weg gebracht, ein

entsprechendes Mahnmal am Anschlagsort zu errichten. Die Beiträge, die dazu eingereicht werden, werden von einer Jury begutachtet. Diese Juryentscheidung steht noch aus. Ziel des Senats ist es allerdings, zum Jahrestag des Anschlags ein solches Mahnmal zu errichten. Ich glaube, wir sind es den Opfern schuldig, das zu realisieren.

Vielen Dank! – Eine Nachfrage von Herrn Pazderski – bitte sehr!

Ich frage den Senat: In welchem Umfang und in welcher Art und Weise soll bei der Planung des Mahnmals die Einbindung der Berliner Bürger jenseits durch von Verwaltung oder Mehrheitsfraktionen berufenen Kommissionen oder zufällig zusammengesetzten Initiativgruppen erfolgen, um einen konzeptionellen Fehlgriff vorbei an den Wünschen der Berliner, wie bei der sogenannten Einheitswippe, ausschließen zu können?

Herr Staatssekretär!

Herr Abgeordneter! Die Jury ist aus breiter Zivilgesellschaft, aus verschiedenen Bereichen der Kultur zusammengesetzt. Es werden im Hinblick auf die Gestaltung natürlich auch die Opfer eingebunden. Das bedarf eines Dialogprozesses, das ist gar keine Frage, das bedarf einer ausführlichen Diskussion. Es ist aber auch richtig, dass wir uns in einem gewissen Zeitrahmen bewegen. Es ist gut, dass wir uns diesem Zeitplan unterwerfen, weil viele Akteure eingebunden werden. Die Kirchengemeinde muss eingebunden werden und natürlich auch der Bezirk, weil es nicht nur darum geht, ein Mahnmal zu errichten, sondern dieses auch zu pflegen und in einem würdigen Zustand zu erhalten. Um das zu realisieren, haben wir einen Prozess angestoßen unter Einbindung der Akteure, die ich eben beschrieben habe.

Vielen Dank! – Weitere Nachfragen gibt es nicht.

Dann kommen wir zur letzten Frage. Für die Fraktion der FDP hat der Kollege Krestel das Wort. – Bitte!

Wir durften heute der Presse entnehmen, dass die ersten Schießstände der Berliner Polizei saniert sind und wieder in Betrieb gehen. Ich frage den Senat: In welcher Form wurde sichergestellt, dass aufgrund lange vorliegender Schadenersatzklagen und Strafanzeigen auf den giftbe

(Oliver Friederici)

lasteten Schießständen der Berliner Polizei nicht fahrlässig oder sogar bedingt vorsätzlich Sachbeweise zerstört werden können oder wurden?

Vielen Dank! – Herr Senator Geisel!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Es sind jetzt drei Schießbahnen am Wannsee wiedereröffnet worden. In den nächsten Tagen und Wochen werden dort noch 20 weitere Schießbahnen an diesem Standort folgen, um die Berliner Polizei wieder in die Lage zu versetzen, auch entsprechend Schießen trainieren zu können. Ich rufe noch mal in Erinnerung, dass bis zur Eröffnung dieser drei Schießbahnen nur noch 11 von 73 Schießbahnen überhaupt funktionstüchtig waren und das keine hinnehmbare Situation ist. Wir werden diese Gesamtsituation mit den Schießständen bis Ende 2018 gelöst haben.

Die entsprechenden von Ihnen angesprochenen Klagen sind uns bekannt. Wir haben die Staatsanwaltschaft, die diese Ermittlungen führt, entsprechend informiert, dass wir die Absicht haben, diese Schießbahnen wieder instand zu setzen. Nach unserer Ansicht werden dort Sachbeweise nicht vernichtet. Die Staatsanwaltschaft hat keine Einwände gegen die Eröffnung dieser Schießstände erhoben, also gehe ich davon aus, dass dort keine Sachbeweise vernichtet werden.

Vielen Dank! – Zu einer Nachfrage der Kollege Krestel!

Die Staatsanwaltschaft dürfte kaum Einwände gegen die Eröffnung der Schießstände erhoben haben, weil ja zu diesem Zeitpunkt die Sanierung schon beendet war. Wurde denn nun bei zu sanierenden Schießständen der entsprechende Sachbeweis erhoben, inwieweit diese Schießstände mit Giftstoffen im Boden oder an den Wänden kontaminiert waren, bevor der Boden ausgetauscht und die Wände gewechselt wurden?

Herr Senator Geisel!

Ja, diese Frage haben wir gestellt. Wir schließen eine solche Vernichtung von Sachbeweisen aus, wobei die Frage steht, ob sich dort überhaupt Sachbeweise finden

lassen. Zur Aufarbeitung dieser Frage ist im November vergangenen Jahres ein Auftrag, eine Studie zu erstellen, an die Berliner Charité vergeben worden. In einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr wird die Charité entsprechende Untersuchungen vornehmen, nicht an den Schießständen, sondern an den betroffenen Menschen, weil ja die Frage steht, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Schießen und den Erkrankungen gibt. Dieser Zusammenhang wird von den erkrankten Menschen erhoben. Das ist auch subjektiv nachvollziehbar. Die Frage ist, ist es auch objektiv so gewesen, weil viele Tausende Polizisten in den Schießanlagen geschossen haben, ohne zu erkranken. Deshalb wird die Studie der Charité sich darauf konzentrieren, drei Gruppen von Polizisten, die in den betroffenen Schießanlagen trainiert haben, zu untersuchen: Vielschießer, Wenigschießer und Polizisten, die im Jahresdurchschnitt normal Schießen trainiert haben. Sie wird untersuchen, ob sich in den Körpern dieser Menschen entsprechende Rückstände nachweisen lassen. Nach Einschätzung der Charité ist das die wissenschaftlich gesicherte Methode, um festzustellen, ob tatsächlich ursächlich für die Erkrankung der betroffenen Menschen diese Schießübungen in den alten Schießständen waren oder nicht.

Das ist die eine Sache. Wir nehmen das sehr ernst, auch aus Fürsorgepflicht gegenüber unseren Beschäftigten. Das ist die eine Seite. Die andere Frage ist aber – deswegen habe ich die Beantwortung der Frage mit dem Hinweis begonnen, dass wir die Schießstände so schnell wie möglich ertüchtigen müssen –, wie wir unsere Polizistinnen und Polizisten wieder in die Lage versetzen, entsprechend trainieren zu können, um ihre Aufgabe wahrzunehmen und sich gegebenenfalls selbst sichern zu können. Das heißt, wir werden an dieser Stelle zweigleisig fahren – auf der einen Seite die Untersuchung der Charité, auf der anderen Seite unser Bemühen, die Schießstände so schnell wie möglich wieder instand zu setzen.

Vielen Dank! – Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Lux. – Bitte sehr!

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Innensenator, für die guten Ausführungen! Mich würde interessieren, wie Sie auf die Schießtrainer, die damals an den Schießständen beschäftigt waren, reagieren, die sich nicht einbezogen fühlen von der Studie, die jetzt auch eine Petition eingereicht haben, weil sie von der Studie ausgeschlossen sind. Hielten Sie es für möglich, den Studienauftrag, den die Charité bekommen hat, noch mal zu überprüfen mit Blickpunkt darauf, dass man die damals betroffenen und nunmehr erkrankten Schießtrainer auch mit einbezieht?

(Holger Krestel)

Vielen Dank! – Herr Senator Geisel!