Protokoll der Sitzung vom 14.09.2017

In diesem Zusammenhang verweisen beide Seiten, Senat und Betroffene, immer wieder auf § 37 Abs. 5 Berliner Wassergesetz, der durchaus gewisse Spielräume lässt. Aber es kommt an dieser Stelle gar nicht darauf an, dass der Senat eventuell nicht verpflichtet sein könnte, viel wichtiger ist es, festzustellen, dass der Senat nicht will, und darum geht es. Ebenso wie bei der Diskussion um Tegel oder dem Berliner Innenstadtverkehr ist immer wieder feststellbar, dass der Berliner Senat und somit die links-rot-grüne Regierung einfach nicht will und somit auf dem Rücken betroffener Bürger – und hier ganz besonders derer mit Immobilieneigentum – ihre perfiden sozialistischen Spielchen treibt.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Die Sozialisten? – Das wüsste ich aber! – Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Sie lassen auch hier die Bürger ganz bewusst und gewollt im Stich, und das bei einer relativ geringen Summe von rund 250 000 Euro pro Jahr, die der Weiterbetrieb der Pumpstation maximal kosten würde. Stattdessen stecken Sie lieber 124 Millionen Euro in ein Toilettenkonzept, das niemand braucht – 500 mal mehr!

[Beifall bei der AfD – Anja Kofbinger (GRÜNE): Da wird ja nur gespült!]

Die AfD wird daher dem Antrag der CDU im vollen Umfang zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Lassen Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kössler zu? Er hatte sie noch vor Ende Ihrer Redezeit angemeldet. Ich wollte Sie nur nicht unterbrechen.

[Frank Scholtysek (AfD): Nein, können wir später draußen machen!]

Okay. – Dann hat jetzt für die Fraktion Die Linke die Abgeordnete Frau Platta das Wort. – Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Meine verehrte Präsidentin! Wir diskutieren nicht zum ersten Mal, aber wir haben heute zum ersten Mal Redner aus Fraktionen gehört, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen. Und ich sage, dass es Zeit ist, heute wieder darüber zu reden, hat vielleicht etwas mit dem Wahlkampf zu tun, aber letztendlich schaffen wir es auch heute nicht, alle Probleme in Zwei- bis Dreiminutenbeiträgen abzuhandeln.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ist ja bald vorbei!]

Wir haben in der 17. Wahlperiode sehr intensiv an dem Thema gearbeitet. Es gab den Bericht zum Runden Tisch Grundwassermanagement. Und darauf hatte die damalige Koalition nur eine einzige großartige Idee, das war die Grünwasserstrategie für Berlin, die letztendlich aber auch nicht zum Ziel führte.

Wir stimmen trotzdem den Intentionen des Antragstellers in einem Punkt zu: Für die Betroffenen im Blumenviertel brauchen wir eine rechtssichere und praktikable Lösung, und zwar für sicheres Wohnen, für gesundes Wohnen, und zum Jahresende brauchen wir da ein von allen Seiten – und da schließe ich die Politik ein – tragbares Konzept. Fakt ist, die befristete Betriebserlaubnis der vorhandenen Brunnenanlage für die Sanierung des Grundwasserkörpers läuft am 31. Dezember dieses Jahres aus, es drängt eine Entscheidung. Berichtsaufträge im Rahmen der Haushaltsberatungen sind von uns ausgelöst, Haushaltstitel sind angehalten. Wir stehen dazu: Wir werden in dieser Legislaturperiode die notwendigen Entscheidungen treffen, um auch das Blumenviertel als Wohngebiet zu erhalten.

[Christian Gräff (CDU): Na also!]

Für Entscheidungen sind uns vielfältige Materialien zugegangen. Manchmal hat es den Anschein einer Erwachsenenqualifizierung – trotzdem bin ich überzeugt, dass die verehrten Kollegen der CDU, die den vorliegenden Antrag erarbeitet haben, aus den Anhörungsprotokollen von Ausschüssen der 17. Wahlperiode, aus den Senatsverwaltungen und anderen – bis hin zum wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages – vorgelegten Lektionen die falschen Schlüsse gezogen haben. Der vorliegende Antrag verdeutlicht das. Sie bringen hier einen nichtenkeltauglichen Vorschlag ein, den wir nicht mittragen werden. – Der Senat hat uns mit der bisher letzten Vorlage – zur Kenntnisnahme –, „Weiterbetrieb

(Frank Scholtysek)

der Grundwasserregulierungsanlage im Rudower Blumenviertel“, eine Vorlage zur Besprechung vorgelegt. Mit den Vorschlägen, dem Zeitplan, den Zwängen und Möglichkeiten zur Grundwasserabsenkung im Blumenviertel müssen wir lösungsorientiert umgehen.

Für Die Linke liegt es auch in der Verantwortung des Landes Berlin, im Blumenviertel zu einer enkeltauglichen Lösung einen fachlichen und ehrlichen Beitrag zu leisten, damit Risiken und Nebenwirkungen nicht zur Ablehnung von notwendigen Eigenleistungen der von steigendem Grundwasser Betroffenen führen; denn zu Eigenleistungen sind sie ja zumindest nach Meinung des Senats verpflichtet. Wir reden deshalb darüber im Fachausschuss weiter, und darauf freue ich mich. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Schmidt das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum Blumenviertel komme, erst einmal einige allgemeine Bemerkungen: Der Wasserverbrauch in Berlin geht zurück, Wasserwerke werden stillgelegt, und das Grundwasser steigt. Gleichzeitig sollen wir weiter Wasser sparen, obwohl wir schon im Sumpf stehen. Es passt nicht zusammen, dass wir auf Teufel komm raus Wasser sparen und gleichzeitig Hundertausende Kubikmeter Grundwasser teuer abgepumpt werden sollen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Man kann etwas tun. Das Trinkwasser kann billiger werden. Dazu gibt es konkrete Ansätze der FDP. Das Grundwasserentnahmeentgelt kann gesenkt werden, und die Gewinne der Wasserbetriebe, die überhöht eingestellt sind, weil der Senat die Verzinsung in den Gebühren entsprechend berechnet hat, kann man auch senken. Damit wird das Wasser billiger, es wird mehr verbraucht, und damit ist schon ein Teil des Problems gelöst.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben aber das Problem des steigenden Grundwassers, und die Reaktion des Senats hat mich frappiert: Wir haben heute die Abschaffung der Grundwassersteuerungsverordnung bei den Rechtsverordnungen gesehen. Der Senat drückt sich also vor dem Problem, diese sehr schwierige Gewichtung zwischen umweltverträglichem und siedlungsverträglichem Grundwasserstand zu lösen, indem er die siedlungsverträglichen Anforderungen übersieht, vor dem Problem kapituliert und einfach die Steuerungsverordnung abschafft. Das ist keine Lösung, das ist eine Kapitulation vor dem Problem.

[Beifall bei der FDP]

Die Situation im Blumenviertel ist exemplarisch für das, was auf uns zukommen wird. Die Menschen im Blumenviertel haben das Problem nicht verursacht: den sinkenden Wasserverbrauch, die Stilllegung des Wasserwerks, den steigenden Wasserstand. Das war nicht vorhersehbar. Die Leute dort sind Opfer dieser Entwicklung geworden, und deshalb dürfen wir sie damit nicht alleinlassen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vor Ort gibt es keine andere Lösung als das Abpumpen, denn die Abdichtung der Keller ist entweder gar nicht machbar oder unfassbar teuer.

Der Antrag der CDU geht aber nicht weit genug. Es kann ja nicht um eine Verlängerung der Betriebszeit der bestehenden Anlage gehen, denn diese ist zum einen bald nicht mehr wasserrechtlich genehmigt und sie ist aufgrund ihres Alters technisch am Ende. Der CDU-Antrag zielt also gar nicht auf eine konkrete Lösung, sondern will eigentlich nur den Senat vorführen. Dafür ist das Thema aber wirklich zu wichtig.

[Beifall bei der FPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich habe Anfang 2011 zu genau diesem Thema gesprochen. Damals lief der Spitzenkandidat der CDU in Gummistiefeln durch die Keller im Blumenviertel, und danach hat die CDU fünf Jahre lang regiert. In diesen fünf Jahren ist überhaupt nichts passiert. Jetzt haben wir plötzlich Zeitdruck, und Sie sagen den Leuten im Blumenviertel, dass Sie sie retten wollen. Das ist nicht fair.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Als Freie Demokraten wissen wir, dass der Staat nicht alle Probleme lösen kann, und er kann auch nicht alles bezahlen. Trotzdem muss dort eine neue Anlage gebaut und wasserrechtlich abgesichert werden. Zumindest an den Investitionskosten muss sich das Land Berlin beteiligen. Für die Betriebskosten ist eine einvernehmliche Lösung mit den Hauseigentümern zu finden. Jetzt die Hauseigentümer unter Zeitdruck zu setzen und sie quasi mit dem Zeitablauf zu erpressen, ist aber ein ganz unfaires Vorgehen der rot-rot-grünen Koalition.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb müssen wir als Erstes den Zeitdruck herausnehmen, das heißt, die wasserrechtliche Genehmigung verlängern. Dann sind mit den Hausbesitzern faire Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen. Ich bin mir sicher, dass man dann eine konstruktive Lösung finden wird, die über reine Schaufensteranträge hinausgeht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Marion Platta)

Vielen Dank! – Die CDU-Fraktion hat eine Zwischenintervention angemeldet. – Herr Gräff, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Schmidt! In der Tat haben wir uns in der letzten Legislaturperiode sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, nur sind wir auch da auf massiven Widerstand bei der Sozialdemokratie gestoßen.

[Beifall bei der CDU]

Es gab ja einen Pilotversuch. Selbstverständlich gab es Pilotprojekte, die zum Teil bis heute nicht umgesetzt sind, weil die Verwaltung und die politische Leitung das behindert haben. Es liegt beispielsweise ein Regenwasserentwässerungskonzept für alle Ortsteile von MarzahnHellersdorf vor, dem Bezirk, aus dem ich komme. Nur hat es die damalige Senatsverwaltung nicht umgesetzt.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich glaube Ihnen allerdings nicht, dass Sie schon einmal im Blumenviertel gewesen sind. Wir sind mit den Betroffenen im Gespräch gewesen – nicht nur Herr Hausmann, sondern viele Kolleginnen und Kollegen. Erzählen Sie insofern nicht solch einen Quatsch, sondern helfen Sie den Bürgerinnen und Bürgern jetzt und nicht mit einem umfassenden Konzept! Das ist Unsinn.

[Beifall bei der CDU]

Sie könnten diesem Antrag zustimmen und den Menschen heute helfen. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Mario Czaja (CDU): So ist es!]

Herr Schmidt, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu erwidern.

Herr Gräff! Wir können dem Antrag so nicht zustimmen – das habe ich dargelegt –, weil das, was wasserrechtlich und technisch darin steht, so nicht geht. Ich weiß, dass Sie sich dort engagiert haben. Das finde ich auch gut. Zu sagen, dass wir Quatsch erzählen, finde ich nicht so gut. Das ist ein unfairer Vorwurf.

Dass Sie sich in den fünf Jahren Regierungszeit schwergetan haben, etwas durchzusetzen, ist tragisch. Das bedauere ich auch, aber dafür können wir wirklich nichts.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]