Protokoll der Sitzung vom 19.10.2017

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Ich sage Ihnen eines: 99,9 Prozent der Zuzahlungen in Kindertagesstätten im Land Berlin sind angemessen. Also wo ist der Regelungsbedarf? Wenn dem nicht so ist, beweisen Sie mir das Gegenteil! Ich denke nämlich, Sie haben gar keine Daten, keine Zahlen, keine Fakten dazu. Und wenn Sie diese Zahlen haben, dann würde ich die als Oppositionspolitiker gerne bekommen, oder Sie machen es vielleicht so wie Innensenator Geisel, Sie geben die Zahlen erst der Presse, dann der Regierungskoalition und Tage später der Opposition. Das kann natürlich auch sein.

[Beifall bei der FDP]

Was Sie noch mit diesem KitaFöG schaffen, ist Bürokratie. Sie schaffen es also wieder, Erzieherinnen und Erzieher von den Kindern fernzuhalten, indem sie zusätzlich Leistungen anmelden müssen, indem sie zusätzlich einen Monat im Voraus anmelden müssen, wir möchten ein Musikangebot schaffen. Die Frage ist: Dürfen wir das überhaupt machen? – Denn musikalische Früherziehung ist auch Teil dessen, was so im Bildungsprogramm des Landes Berlin steht.

[Zuruf von Melanie Kühnemann (SPD)]

Können wir das machen? Können wir das nicht machen? Auch hier wieder komplett unbestimmt!

Und wenn wir sagen, wir würden gerne Verwaltungsangestellte in Kitas haben, die die Kitaleitung bei dieser Tätigkeit unterstützen, die CDU hat in den Haushaltsberatungen zu unserem Antrag einen Haushaltstitel vorgeschlagen, um unseren Vorschlag umzusetzen, das wurde

auch im Ausschuss abgelehnt. Also scheint es Ihnen gar nicht so ernst zu sein, Erzieherinnen und Erzieher wieder an die Kinder zu kriegen, sondern Sie wollen sie mit Verwaltung noch mehr belasten.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Was?]

Also schauen wir uns das ganze Konstrukt mal an! Es gibt einige gute Punkte, es gibt einige schwierige. Das Thema Elterninitiativkitas ist nicht wirklich geregelt, auch hier sehr schwammige Formulierungen. Da soll es Ausnahmen geben. Was sind die Ausnahmen? Wie hoch sind die Tatbestände? Das weiß keiner.

Wir werden also im Ausschuss, denke ich, noch mal sehr konstruktiv über das Thema reden müssen und schauen, wie wir die Lücken schließen, und da gibt es einige. Ich freue mich auf die Arbeit im Ausschuss, denn wir haben viel zu tun, packen wir es an! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Burkert-Eulitz die Möglichkeit zu einer Zwischenbemerkung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Fresdorf! Schlafen wir nicht länger, sondern beleben die Debatte noch ein bisschen mehr! Ich glaube, wenn Sie mehr recherchiert hätten, dann wüssten Sie, dass wir schon seit mehreren Jahren entsprechende Aufklärungsbroschüren über die Möglichkeiten von Eltern, was Zuzahlungen angeht, was Träger machen und nicht machen dürfen, längst haben.

[Beifall von Melanie Kühnemann (SPD) und Katrin Möller (LINKE)]

Da gab es eine lange und heftige Debatte in der letzten Legislatur,

[Melanie Kühnemann (SPD): Da waren die nicht da!]

die von einem bestimmten Bezirk, in dem ich wohne, ausging, die von der entsprechenden Senatsverwaltung aufgenommen wurde. Es bekommt jeder Elternteil, der einen Kitagutschein beantragt, eine Information darüber, was Träger dürfen oder nicht dürfen. Es hat scheinbar nicht ausgereicht. Deswegen muss es entsprechend nachverhandelt werden.

Und wenn Sie auch wüssten, wie die Kostenzusammensetzung für die Kita zustande kommt, dann wüssten Sie, dass es gerade Rahmenvereinbarungsverhandlungen zwischen den Verbänden, der Senatsverwaltung für Bildung und der Senatsverwaltung für Finanzen gibt und dass genau dort, wenn der Wunsch bestünde, über

(Paul Fresdorf)

Verwaltungsangestellte und entsprechende Kostenübernahmen verhandelt werden würde. Das heißt, dass dann die Kostenblattfinanzierung, die sich in den Bezirken befindet, entsprechend nachgebessert werden muss. Das haben wir im Ausschuss aber hinlänglich miteinander diskutiert. Deswegen bin ich etwas irritiert, dass Sie heute diese etwa verquaste Formulierung und Ausführung wieder vorgebracht haben. Da hätten Sie eigentlich schon nach der letzten Debatte im Ausschuss etwas schlauer sein müssen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Kühnemann die Möglichkeit zu einer Zwischenbemerkung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Fresdorf! Sie haben eines nicht verstanden, worum es uns geht: Wir wollen Zuzahlungen reglementieren, damit alle Kinder die Angebote in den Kitas wahrnehmen können. Was Sie gesagt haben, die Eltern müssten die Zuzahlungen nicht leisten, dann nimmt das Kind eben nicht an den Veranstaltungen der Kita teil, das ist vielleicht FDP-Politik, aber das ist nicht sozialdemokratische Politik. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann hat der Kollege Fresdorf die Möglichkeit zur Erwiderung.

Frau Präsidentin! Frau Kühnemann! Schön, dass Sie es noch mal angesprochen haben, und gerade hier liegt doch das Problem, was angemessen ist: Was kann denn jeder Elternteil bezahlen? Das ist eine so unbestimmte Höhe,

[Melanie Kühnemann (SPD): Wir machen die Kita gebührenfrei!]

über die wir uns hier überhaupt nicht einigen können.

[Marcel Luthe (FDP): Sie drücken sich um klare Regelungen!]

Sie drücken sich einfach um eine klare Regelung und sagen: Alle Kinder sollen alle Angebote wahrnehmen können. – Dahin werden wir nie kommen. Was ist denn mit Bilingualität? Das ist ein Thema, das in diesem Gesetz überhaupt nicht vernünftig bearbeitet wird.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Sie haben nicht zugehört!]

Natürlich muss es da Ausnahmen geben. Sie kriegen keine bilingualen Angebote in Kindertagesstätten für einen Nullpreis. Und Sie kommen alle zwei, drei Plenarsitzungen mit herkunftssprachlichem Unterricht an. Bilingualität fängt schon in der Kita an. Hier muss ich natürlich Zuzahlungen machen, weil ich nicht für den Einheitspreis eine hervorragende Leistung bekomme. Das ist nämlich das große Problem. Wenn wir über das Kostenblatt sprechen, dann müssen wir darüber sprechen, dass es vernünftig aufgestellt werden muss, dass wir unterschiedliche Miethöhen in dieser Stadt haben, und die werden Sie mit diesem Einheitsbrei von Kostenblatt, das wir in Berlin verwenden, nicht dargestellt. Das ist ein großes Problem, vor dem wir stehen.

Die Kitas sind nicht ordentlich ausgestattet. Sie werden nie aus der Hüfte geschossen eine angemessene Höhe für eine Zuzahlung vereinbaren können, und Sie werden nie bilinguale Kindergärten z. B. mit 25 Euro Elternbeitrag finanziert bekommen. Das ist absoluter Quark.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Melanie Kühnemann (SPD): Na, sicher!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Vorabüberweisung hatten Sie bereits eingangs zugestimmt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5:

Gesetz zur Änderung des Berliner Energiewendegesetzes (EWG Bln)

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 21. September 2017 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 6. Oktober 2017 Drucksache 18/0569

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0329

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 der Drucksache 18/0329 auf. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und hier der Kollege Taschner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute bringen wir das zu Ende, was Rot-RotGrün vor etwa einem Jahr im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat und was wir heute im Energiewendegesetz

(Marianne Burkert-Eulitz)

als wichtiges Ziel verankern werden. Wir machen heute Schluss mit der Kohle in Berlin. Wir leiten endgültig den Kohleausstieg ein. Wir wollen raus aus der Kohle bis allerspätestens 2030 und leisten damit einen wertvollen Beitrag hin zur klimaneutralen Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Natürlich ist uns vollkommen klar, dass – wenn wir das ins Gesetz schreiben – morgen nicht sofort alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen oder sich selbstständig stilllegen. Aber genauso wie wir die CO2-Reduktionsziele im Energiewendegesetz festgelegt haben – übrigens, liebe CDU, das ist in der letzten Legislatur auch mit Ihren Stimmen passiert, und da hat keiner etwas von Symbolpolitik geschrien, Herr Schultze-Berndt, wie Sie das an jeder Stelle bei diesem Punkt gerne tun. –, werden wir heute auch ein Enddatum für die Kohle in Berlin festlegen. Das ist ein wichtiges Ziel, das wir uns als Politik setzen. Daran wollen wir uns messen lassen – nicht nur in dieser Legislatur, sondern auch in den folgenden Legislaturen.

Es ist aber auch ein wichtiges Zeichen an die Akteure in dieser Stadt. Nehmen wir zum Beispiel Vattenfall. Vattenfall hat sich, seit wir dieses Thema hier bei Rot-RotGrün diskutieren, massiv bewegt. Herr Schnauß von der Vattenfall Wärme AG hat letzte Woche bei einer Veranstaltung davon gesprochen, dass auch sie spätestens 2030 aus der Kohle aussteigen wollen. Genau das schreiben wir heute als Ziel ins Energiewendegesetz. Man sieht, dass das schon ganz konkrete Früchte trägt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aus der Braunkohle sind wir zum Glück schon ausgestiegen. In dieses dunkle Zeitalter will keiner mehr zurück. Aber beim Thema Braunkohle endet unser Horizont, zumindest der von Rot-Rot-Grün, nicht an der Stadtgrenze. Natürlich wollen wir, dass auch in Brandenburg mit der Braunkohle und dem Tagebau Schluss ist. Natürlich haben wir in Berlin daran ein gesteigertes Interesse. Schließlich kommt mit der Sulfatfracht in der Spree einiges aus den Tagebauen bei uns an, was Probleme mit unserem Trinkwasser verursacht. Wir als Koalition werden dazu ganz massiv das Mittel der gemeinsamen Landesplanung nutzen. Ich bin mir sicher, dass die Senatorin das am 6. November in der gemeinsamen Landesplanungskonferenz deutlich anspricht. Wir wollen dieses Instrument der gemeinsamen Landesplanung für den Klimaschutz nutzen und nicht wie Sie, liebe Opposition, die Sie im letzten Plenum diese gemeinsame Landesplanung mehr oder weniger aufkündigen wollten, bloß damit Ihr Flughafen weiterbetreiben werden kann.