Protokoll der Sitzung vom 30.11.2017

und lassen uns dann gemeinsame Anträge formulieren! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Dr. Ludewig das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Isenberg! Wenn Sie etwas gezeigt haben, dann das, dass die SPD von gestern ist und bis heute nicht verstanden hat, wie Digitalisierung überhaupt funktioniert und wie sie Patientinnen und Patienten in der Stadt hilft.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herr Isenberg! Sie haben darauf verwiesen, welche tollen Apps es gibt. Sie haben gesagt, was einzelne Krankenhäuser jeweils machen. Ich hätte auch noch einige Punkte, die man am FDP-Antrag kritisch sehen könnte. Aber wo die FDP doch recht hat, ist, dass der Senat keinerlei Strategie für die Digitalisierung hat und ein Armutszeugnis in dem Bereich abgibt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Deshalb: Herzlichen Dank an die FDP, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben! Es wurde beschrieben, dass es unglaublich viele gute Apps, gute Möglichkeiten beispielsweise bei der 24-Stunden-Nachsorge, bei Herzinsuffizienz, mit Tinnitus-Apps, bei Notfallretter-Apps und verschiedenen anderen Varianten gibt. Was es aber nicht gibt und was wir vom Senat erwarten, das ist eine Strategie, dies aufzunehmen. Ich würde mir wünschen, und das ist an die FDP gerichtet, dass so etwas auch im Antrag etwas stärker formuliert wird. Ich freue mich da auf die Beratungen. Bisher wirkt das ein wenig wie ein Sammelsurium von Stichworten. Was wir aber brauchen, sind weniger Stichworte, sondern eine gemeinsame Erarbeitung einer wirklichen Strategie, wie wir in diesem Bereich nach vorne kommen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Als Opposition aber darauf aufmerksam zu machen, dass hier etwas nicht richtig läuft, ist absolut korrekt, und das findet auch die Unterstützung der CDU-Fraktion.

Das wird auch deutlich, wenn man in andere Bundesländer schaut. Herr Isenberg! Schauen wir doch mal nach Baden-Württemberg. Dort werden 4 Millionen Euro von der Landesregierung für die Entwicklung neuer telemedizinischer Anwendungen zur Verfügung gestellt. Da regieren übrigens neben der CDU auch die Grünen. Oder

schauen wir nach Bayern. In Bayern werden 40 Millionen Euro – auch von der Landesregierung – zur Verfügung gestellt, um eine elektronische Patientenakte als Modellprojekt sicherzustellen.

Und was machen Sie? – Sie machen nichts in diesem Haushalt. Sie kündigen an, dass Sie ein WLAN installieren. Die Senatorin lässt sich feiern – WLAN für alle Patienten! Wie viele Krankenhäuser haben heute freies WLAN, Frau Senatorin? – Eins? Von Ihrem Programm hat das ein Krankenhaus. Das ist ein Armutszeugnis, insofern freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss und darauf, dass wir den Senat ein wenig schneller machen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: Bravo!]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Abgeordnete Dr. Albers das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Herr Ludewig! Erinnern Sie sich daran, dass Sie in den letzten fünf Jahren den Gesundheitssenator gestellt haben?

[Beifall bei der LINKEN – Zurufe von Tim-Christopher Zeelen (CDU) und Danny Freymark (CDU)]

Ich hätte mich gefreut, wenn Sie hier in irgendeine Weise auf vorhandene Ansätze hätten verweisen können. Das haben Sie natürlich nicht.

[Dr. Gottfried Ludewig (CDU): Das überlasse ich Ihnen, Herr Dr. Albers!]

Die Krankenhäuser haben natürlich längst mit der Digitalisierung begonnen. Das ist der medizinisch-technische Fortschritt, den Sie auch durch Ihren Gesundheitssenator nicht haben aufhalten können.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich weiß nicht, in welchem Krankenhaus Sie waren. Es ist natürlich möglich, dass Sie das Röntgenbild nicht mitbekommen haben. Das ist aber längst nicht mehr die gängige Praxis. Natürlich bekommen Sie Ihre Röntgenbilder, auch digital, auch auf Diskette oder auf CD und nehmen die mit.

[Dr. Gottfried Ludewig (CDU): Auf Diskette! – Lachen bei der CDU und der FDP – Zurufe von der CDU]

Ich habe nur Rücksicht auf das Krankenhaus genommen, das Herr Kluckert besucht hat.

[Beifall bei der LINKEN]

Medizin ist online, das hat jetzt auch die FDP festgestellt. Sie fordert den Senat auf, mit der Umsetzung der Nutzung von Telemedizin als aktiver Vorreiter zu beginnen. Dann folgt in der Tat ein Kessel Buntes an Forderungen, kreuz und quer durch die unterschiedlichen und verschiedenen Zuständigkeitsbereiche, auf die der Senat zum Teil keinen Einfluss hat. Da geht es um Verantwortlichkeiten des Bundes, der Selbstverwaltung, der Kassen, der niedergelassenen Ärzte und der einzelnen Krankenhausträger; es sprengt den zeitlichen Rahmen, im Einzelnen auf jede der Forderungen einzugehen, zumal Grammatik und Semantik Ihres Antrags an manchen Stellen ziemlich krude und bei Weitem nicht online sind. Das ist ein Copy-and-paste-Antrag, bei dem es von der hausinternen Infrastruktur über die sektorübergreifende Kooperation im ambulanten Bereich bis hin zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger geht. Und dann erklären Sie uns noch in der Klammer, wen Sie meinen – Patienten und Arbeitende in den einzelnen Krankenhäusern,

[Holger Krestel (FDP): Ja, ist doch gut!]

wobei Sie nirgendwo definieren, was Sie zum Beispiel unter Telemedizin verstehen; Telemedizin und Digitalisierung – das geht bei Ihnen kunterbunt durcheinander. Sie werden damit der Problematik nicht gerecht. Apps müssen Sie kritisch sehen. Es gibt wenig gute Apps, und es gibt sehr viele Apps, bei denen im Grunde genommen nicht die Gesundheit im Vordergrund steht, sondern z. B. das Interesse privater Krankenkassen, möglichst viel über Ihre Lebensweise zu erfahren

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und der SPD]

und dann Ihr individuelles Risiko zu berechnen. Ja, Telemedizin birgt Chancen, hat aber auch Grenzen. Die sind genau zu definieren. Davon finden wir aber nichts in Ihrem Antrag.

Prinzip bleibt: Der Arzt gehört auch künftig nicht an den Bildschirm, sondern ans Patientenbett. Dabei wollen wir bleiben. Ansonsten können Sie uns die Anliegen Ihres Antrags im Ausschuss gern noch erklären. Wir werden dann Punkt für Punkt durchgehen, wo Sie wirklich aus einer Welt sind, die jenseits von Online in der realen Praxis unserer Krankenhäuser existiert.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Mohr das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ich freue mich als gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, zum vorliegenden Antrag der

(Dr. Gottfried Ludewig)

FDP Stellung nehmen zu dürfen. Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, dass sich die FDP mit dem Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen beschäftigt. Wir alle haben ja in den letzten Monaten zur Kenntnis genommen, dass sich die FDP das Thema Digitalisierung ganz groß auf die Fahnen geschrieben hat und nun versucht, dies auf allen Ebenen zu bespielen.

Die FDP wünscht sich hier sogar eine Vorreiterrolle Berlins. Von dieser Vorreiterrolle kann aber nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die immer noch nicht erfolgte Einführung des IVENA-Systems im Rettungsdienst. Es ermöglicht nämlich nach automatischer Kapazitätsabfrage eine passgenaue Patientenzuweisung auf die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Was in Brandenburg längst funktioniert, ist in Berlin seit einiger Zeit zwar in Erprobung, aber eben immer noch nicht umgesetzt. Gemäß Senat soll es im nächsten Jahr endlich so weit sein. Wir dürfen gespannt sein.

Nun zum vorliegenden Antrag, den ich im Folgenden kurz in seinen inhaltlichen Punkten bewerten möchte: Im ersten Punkt verknüpft die FDP unter dem Stichpunkt Vernetzung von Krankenhäusern vollkommen unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten der Digitalisierung. Leistungsfähige PCs oder auch Tablets stehen außer Frage. Der Einsatz ferngesteuerter diagnostischer Geräte ist aber nicht so selbstverständlich.

Im zweiten Punkt dringt die FDP für ihre Verhältnisse unüblich tief in die Berufsfreiheit und Autonomie niedergelassener Ärzte und Therapeuten ein. Wollen Sie z. B. einem über 60-jährigen niedergelassenen Arzt Vorschriften machen, wie er seine Arbeit digital zu erledigen hat? Ist das wirklich eine gute Idee?

Dem dritten Punkt ist in Gänze zuzustimmen. Kooperation ist immer eine gute Idee. Aber wo ist hier der inhaltliche Tiefgang?

Im vierten Punkt fordern Sie die Vernetzung bis hinein in die Pflege. Aber wie soll das konkret aussehen? Sollen künftig die Vital- und Laborwerte vollautomatisch gemessen werden, um darauf aufsetzend mittels Roboter die Medikamente zu verabreichen? Ein wenig konkreter wäre hier schon wünschenswert gewesen.

[Beifall bei der AfD]

Auch der fünfte Punkt ist ebenfalls zu begrüßen. Schulungen sind wichtig und richtig. Das trifft aber stets auf alle Disziplinen und Berufe zu.

Ihr sechster Punkt beschreibt, dass Sie sich schon einige tiefer gehende Gedanken zur Systemkommunikation gemacht haben. Aber wenn Sie diesen Gedanken zu Ende verfolgt hätten, wäre Ihnen bewusst geworden, wie gigantisch kompliziert allein dieser Punkt ist.

Der siebte Punkt will die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt wissen. In Ordnung!

Für den Punkt acht gilt: Krankenhäuser können Sie im Rahmen der dualen Finanzierung relativ einfach mit ins Boot holen. Bei Krankenkassen gestaltet sich das Ganze schon etwas schwieriger.

Schließlich Ihr neunter Punkt – das Einbeziehen und Aufklären der Bürger, das sich meines Erachtens von selbst versteht!

Fassen wir doch einmal unsere Erkenntnisse zusammen! Die FDP beschäftigt sich in ihrem Antrag mit wichtigen Punkten, bearbeitet diese aber mitunter leider etwas unstrukturiert. Wir reden bei der Digitalisierung von einer Dimension von historischen Ausmaßen. Unser aller Leben hat sich gewaltig verändert. Das betrifft unsere Generation und überhaupt alle nachfolgenden Generationen, hier in Berlin genauso wie in Pritzwalk, Paderborn oder Paris.

Dementsprechend gehört das Thema auf die richtige Ebene, auf die Bundesebene. Damit komme ich zu einem Vorschlag, wie wir als AfD gerne mit dem Thema umgehen möchten: Zunächst einmal basiert das Thema Digitalisierung nämlich hauptsächlich auf Data-Mining, Sammeln und Austausch von Daten. Vor diesem Hintergrund müssen wesentliche Fragen geklärt werden: Welche Daten sollen erhoben werden? Wie und wo sollen diese gespeichert werden, zentral oder dezentral? Diese Fragen müssen zuallererst beantwortet werden, denn auf diesen strategischen Überlegungen basieren alle weiteren Entscheidungen. Erst wenn wir diese grundsätzlichen Ziele definiert haben, wissen wir, wie im Großen und Ganzen auch gesetzliche Regelungen aussehen könnten, aber eben auf Bundesebene angesiedelt und unter Einbeziehung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.

Die Telemedizin ist jedenfalls insbesondere in den ländlichen Gebieten sinnvoll einzusetzen und weiterzuentwickeln. Unserer Auffassung nach sollten wir den Senat also mit zweierlei Dingen beauftragen, erstens mit der Entwicklung eines Thesenpapiers als Empfehlung für die Bundesebene und zweitens mit der zügigen Umsetzung von Maßnahmen, die woanders längst funktionieren, siehe IVENA. Eine Expertenanhörung im Ausschuss ist auf jeden Fall begrüßenswert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]