Protokoll der Sitzung vom 30.11.2017

Bei dem Thema Failed State sind immer drei Dinge angeführt worden: Das eine sind die Bürgerämter, das zweite ist die Staatsoper, und das dritte ist der Flughafen. Bei den Bürgerämtern sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Wer sich z. B. in Berlin anmelden will, findet meistens am selben Tag noch Termine, und zwar jede Masse. Zweitens haben wir bei der Staatsoper die Eröffnung gefeiert, und der Betrieb steht bevor. Drittens: Beim Flughafen haben wir tatsächlich eine schwierige Baustelle, und es ist auch – und das soll hier auch mal deutlich gesagt werden – ein Skandal, dass es dort so lange gedauert hat, wie es nun bisher gedauert hat. Das kann aber nur nach vorne aufgelöst werden, und das Ziel ist auch, es nach vorne aufzulösen, und da sind wir, glaube ich, auch ganz gut unterwegs.

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

Denn – wer sich daran erinnert – was waren die Schritte? – Das Thema der verlorenen Jahre basiert doch auf der Analyse und Erkenntnis, dass man, wenn man an Gebäuden, die ursprünglich einmal genehmigt waren, deutliche Umplanungen vornimmt, was in den Jahren 2012 bis 2014 bedauerlicherweise geschehen ist, neue Genehmigungsbedarfe auslöst. Die Jahre danach hatten viel damit zu tun – und das ist hier auch häufiger diskutiert worden –, dass man erst einmal die Baugenehmigungen erhalten musste. Die sind mittlerweile da.

Jetzt müssen im nächsten Schritt die Baumaßnahmen umgesetzt werden. Das dauert länger, als ursprünglich gedacht, aber dort sind wir jetzt unterwegs. Das ist das, was diskutiert wird. Und dann ist es richtig, unter dem Generalauftrag, den die Flughafengesellschaft hat, am Flughafen das Thema Pier Nord und Pier Süd und auch das Terminal 1-E bis 2020 fertigzustellen – das bringt viele Kapazitäten – und das Terminal T 2 bis zum Jahr 2024.

Insofern ist es so: Es ist ein mühsamer Prozess, und es ist auch ein Skandal, dass es so lange dauert, aber das Beklagen hilft nichts, sondern es hilft nur das Durcharbeiten, sodass man durch diese Themen nach vorne kommt.

Wir bleiben bei der Prognose. Es ist nicht so, wie hier von einigen Rednern getan wird, dass diese Prognose revidiert werden müsste, sondern es war doch so, dass während des Volksbegehrens darüber Publikationen gemacht worden sind, dass wir angeblich mit 90 Millionen Passagieren zu rechnen haben. Das ist nicht so. Die Rechnungen gehen von 55 Millionen Passagieren aus. Wir sehen auch, dass es durchaus Entwicklungen gibt, die dann mal anders verlaufen. Das heißt, es ist ein Auf und Ab. Das hauptsächliche Auf und Ab kommt z. B. dadurch zustande, dass Ryanair beispielsweise weniger Flüge von Berlin anbietet, als sie angekündigt haben – sie haben nämlich Flüge eingestellt –, und dass beispielsweise Air Berlin insolvent gegangen ist, dass zum Beispiel die Bahn endlich die Schnellbahnstrecke nach München in Betrieb nimmt. Wir werden es sehen, dass es eine realistische, eine sachkundige Prognose ist. Deswegen ist es auch sinnvoll, darauf aufzubauen.

Was folgt daraus, wenn ein Inbetriebnahmetermin feststeht? Er soll am 15. Dezember benannt werden. Dann werden wir noch nicht am selben Tag – da muss ich insofern den Redner der Grünen etwas entmutigen – das Finanzierungskonzept sehen. Das Finanzierungskonzept wird vielmehr ungefähr bis März nächsten Jahres dauern, weil es ein solide durchgearbeiteter Wirtschaftsplan sein muss. Dabei wird es um das Thema gehen, welches die monatlichen Mehrkosten sind. Es wird darauf ankommen, die monatlichen Mehrkosten so niedrig wie möglich zu halten. Das ist der wesentliche Einsparbeitrag, den der Flughafen bringen kann.

Dann ist zu sehen, was an der Wirtschaftlichkeit getan werden kann. Vielleicht gibt es Möglichkeiten, Bürgschaftsentgelte zu stunden. Als Drittes ist zu klären, was die Flughafengesellschaft tun kann, um am Markt Darlehen aufzunehmen. Sollte dann ein Rest bleiben, ist zwischen den Gesellschaftern zu diskutieren, auch hier im Parlament zu diskutieren, wie das gegebenenfalls finanziert werden kann. Wir haben dort ein schrittweises Vorgehen. Ich rechne damit, dass wir deswegen auch bis März ungefähr dieses Thema wissen.

Letzter Punkt: Es ist hier heute viel darüber geredet worden, wie diese Mängellisten von dem TÜV zu bewerten sind. Natürlich, ja, das ist so. Am besten wäre es, wenn eine Zusammenwirkungsprüfung ergäbe, dass es dort überhaupt keine Probleme gibt. Das war dort offensichtlich nicht so. Es gehört zu den Schwierigkeiten, auch zu den teilweise schwer nachvollziehbaren Schwierigkeiten auf der Baustelle. Es ist doch aber richtig, dass die Bauverantwortlichen am Flughafen diese Prüfung gestartet haben. Es ist doch richtig, das immer dann zu starten, wenn es dafür eine Möglichkeit gibt, immer dann, wenn die jeweilige Komponente installiert ist, wenn die jeweilige Komponente fachlich von der Firma, die sie hingestellt hat, abgenommen ist, wenn sie auch in der Einzelfunktionsprüfung abgenommen ist, dann ist es richtig, in dem Moment die übergreifende Prüfung anzuleiten, weil es falsch wäre, dieses erst zu tun, wenn alle Baumaßnahmen fertig sind. Dadurch würden wir dann logischerweise noch mehr Zeit verlieren.

Wir bemühen uns – ich sage einmal: gemeinsam mit der Flughafengesellschaft – dort um Transparenz. Es ist deswegen überhaupt kein Skandal. Es gehört zu dem mühsamen Prozess des sich Durcharbeitens und Fertigstellens. Es wird so sein, dass es noch den einen oder anderen Prüfungsbericht in Zukunft geben wird, der zusätzliche Arbeiten auslöst. Da hilft aber kein Skandalgeschrei, da hilft: Seine Arbeit machen und dafür sorgen, dass das Ding endlich in Betrieb geht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werde ich Fragen zurückweisen.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in der Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden.

Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf. Ich bitte, an das Rednerpult zu treten. Nachfragen werden bitte von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Çağlar, Sie haben das Wort, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat: Am 25. November 2017 war der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Was tut der Senat, um die Antigewaltarbeit quantitativ und qualitativ zu stärken und weiterzuentwickeln?

Frau Senatorin Kolat, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Çağlar! Meine Damen und Herren! Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen kommt immer wieder. Es ist immer eine gute Gelegenheit, sich zu vergegenwärtigen, wo wir eigentlich mit dem Thema Gewalt an Frauen und Kindern stehen. An dieser Stelle möchte einen Dank an viele Abgeordnete aussprechen, die sich hier auch mit vielen Aktivitäten beteiligt haben.

Leider stellen wir fest, auch in Berlin, dass die höchste Zahl von Gewalt an Frauen und Kindern im häuslichen Umfeld auftritt. Eigentlich ist das ein Widerspruch, denn die eigenen vier Wände sollten jedem Menschen Sicherheit geben.

Leider stellen wir fest, dass die höchste Zahl von Gewalt an Frauen im häuslichen Umfeld auftritt. Die polizeiliche Statistik weist über 10 000 Gewaltfälle an Frauen und Kindern im häuslichen Umfeld auf. Deswegen ist es enorm wichtig, dass wir als Land Berlin mit einem Hilfesystem diesen Frauen eine Perspektive bieten, dass sie Schutz bekommen und sich aus dieser Gewaltsituation befreien können.

Was tut das Land Berlin? – Wir haben die Anzahl der Frauenhausplätze um 30 erhöht. Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir die Kapazitäten auch bei einer wachsenden Stadt

erweitern. Wir haben aber auch unser Hilfesystem inhaltlich weiterentwickelt, weil wir festgestellt haben, dass die Gruppe von Frauen, die eine Behinderung haben, auch stärker von Gewalt betroffen ist und in unserem Hilfesystem nur schwer ankommt. Deswegen setzen wir hier einen Schwerpunkt, damit diese Frauen mit diesen Erweiterungen der Kapazitäten gezielt Unterstützung bekommen.

Als Zweites haben wir in Berlin die Vermittlung in Wohnraum erhöht. Wir stellen in Berlin fest, dass viele Frauen, die aus der Not heraus in ein Frauenhaus oder in Zufluchtswohnungen kommen, nicht mehr herauskommen, weil sie aufgrund der angespannten Wohnungslage keine Wohnung finden. Deswegen haben wir ein Projekt entwickelt, Zweite-Stufe-Wohnungen, damit Frauen leichter den Übergang in eine eigenständige Wohnform bekommen. Denn in einem Frauenhaus zu leben, ist auf Dauer keine schöne Sache. Deswegen haben wir auch die Vermittlung von Wohnraum noch einmal verstärkt. Das zeigt Wirkung. Die Verweildauer in den Frauenhäusern haben wir dadurch reduzieren können. An der Stelle wollen wir auch weitermachen.

Der dritte Punkt ist das Thema Gewalt im Internet. Das ist eine neue Form, obwohl es so neu auch nicht mehr ist. Es ist aber im Bewusstsein nicht sehr verbreitet, dass dort auch sehr viel Gewalt stattfindet. Bei Cybergewalt, Stalking setzen wir mit Investitionen in Projekte, damit die Frauen, die im Netz betroffen sind und Gewalt erfahren, auch Unterstützung bekommen.

Sie haben unsere Kampagne „Nein heißt Nein“ mitbekommen. Das geht in die weitere Welle mit den Schirmen hinein. Daran haben sich auch viele von Ihnen beteiligt. Damit wollen wir mehr Öffentlichkeit schaffen, dass sich das Sexualstrafrecht in Deutschland verändert hat. Hier gab es eine große Reform, dass sexuelle Übergriffe, Nötigungen, Vergewaltigungen, aber auch sexuelle Belästigung in Deutschland unter Strafe stehen. Wir wollen Frauen ermutigen, dass sie auch Nein sagen und ihren Willen kenntlich machen, es bis zur Anzeige bringen. Auch die Polizei hilft hier mit. 110 kann man anrufen. Man kann beim Projekt LARA anrufen, um Hilfe zu bekommen.

Keine Frau muss sexualisierte Gewalt in Berlin ertragen. Hier gibt es richtig viele Hilfestellungen. Deswegen hilft die Kampagne „Nein heißt Nein“, die Frauen zu erreichen, damit sie auch wirklich Nein sagen und das Gesetz und das Land Berlin hinter ihnen stehen. Aber „Nein heißt Nein“ ist auch ein Appell an die Männer. Dass sie, wenn Frauen „Nein“ sagen, dieses Nein auch als Nein verstehen und akzeptieren. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Präsident Ralf Wieland)

Vielen Dank! – Es gibt keine Nachfrage.

Dann kommen wir jetzt zur CDU-Fraktion. – Herr Kollege Gräff, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: Kann der Senat sicherstellen, insbesondere die Senatsverwaltung für Finanzen und die ihr nachgeordneten Behörden wie die Berliner Finanzämter, dass persönliche, steuerbezogene Informationen von Mitgliedern der Landesregierung des Senats oder des Berliner Abgeordnetenhauses nicht gezielt an die Öffentlichkeit gespielt werden. – Vielen Dank!

Herr Finanzsenator Kollatz-Ahnen, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich glaube, Sie wissen bereits die Antwort darauf. Die Finanzverwaltung wird von meinem Haus oft und mehrfach darauf hingewiesen, dass es in Deutschland ein Steuergeheimnis gibt. Es ist so, dass wir alles dafür tun, damit dieses, was Sie fragen – es war eine rhetorische Frage –, genau nicht geschieht.

Herr Gräff! Sie wünschen, eine Nachfrage zu stellen.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Kollatz-Ahnen! Das war keine rhetorische Frage,

[Frank Zimmermann (SPD): Ihr Problem, wenn Sie das nicht verstehen!]

jetzt meine Nachfrage: Wie bewerten Sie den Umstand, dass die Pressesprecherin Ihrer Senatsverwaltung auf die Nachfrage der Presse in der letzten Woche in einer Art und Weise antwortet, dass dies wiederum ganz eindeutig zu Nachfragen zu dem betroffenen Senatsmitglied geführt hat? Aus meiner Sicht ist das ein unverzeihlicher und unglaublicher Umstand.

Herr Finanzsenator!

Ich verstehe Ihre Frage nicht. Wenn Sie das gemeint haben sollten, was eine Zeitung über Frau Lompscher geschrieben hat, die hier neben mir sitzt, dann ist es so, dass diese Zeitung geruht hat, eine allgemein gehaltene Anfrage an mein Haus zu richten, und dann in einer durchaus interessanten Form, die ich jetzt nicht näher kommentieren will, die Antwort auf eine allgemeine Anfrage mit einer persönlichen Beschuldigung kombiniert hat.

Ich habe mir die Antwort auf diese allgemeine Anfrage vorlegen lassen. Sie werden dort genau das finden, dass das, was ich als Grundsatz angesprochen habe, dort respektiert war, und wir werden das auch in Zukunft respektieren.

Herr Czaja für eine zweite Nachfrage von der CDUFraktion.

Ich frage Sie, Herr Kollatz-Ahnen: Halten Sie es also für richtig, dass sich Ihre Pressesprecherin in der persönlichen Angelegenheit, einer Steuerangelegenheit, von Frau Lompscher öffentlich geäußert hat?

Herr Finanzsenator!

Herr Präsident! Herr Czaja! Ich komme auf das zurück, was ich eben gerade gesagt habe. Meiner Pressesprecherin hat eine allgemeine Anfrage vorgelegen, und diese allgemeine Anfrage ist allgemein beantwortet worden.

Es ist nicht so, dass wir etwas anderes als allgemeine Fragen beantworten würden. Wenn es eine personenbezogene Anfrage gäbe, würden wir immer auf das Steuergeheimnis verweisen. Wenn wir die allgemeine Frage, wie die Meldeprozeduren für Zweitwohnungen sind, nicht beantworten würden, wären Sie und wahrscheinlich auch Ihr Fraktionskollege die Ersten, die hier sagen würden: Wie kommt der Senat auf die Idee, solche Fragen nicht zu beantworten?