Protokoll der Sitzung vom 30.11.2017

Es ist nicht so, dass wir etwas anderes als allgemeine Fragen beantworten würden. Wenn es eine personenbezogene Anfrage gäbe, würden wir immer auf das Steuergeheimnis verweisen. Wenn wir die allgemeine Frage, wie die Meldeprozeduren für Zweitwohnungen sind, nicht beantworten würden, wären Sie und wahrscheinlich auch Ihr Fraktionskollege die Ersten, die hier sagen würden: Wie kommt der Senat auf die Idee, solche Fragen nicht zu beantworten?

Dann kommen wir jetzt zur Fraktion Die Linke. – Frau Seidel, bitte schön!

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wie bewertet der Senat die Absage eines Investors in Treptow-Köpenick, vom im Vorvertrag verabredeten Bau einer Kita zurückzutreten, welche rechtlichen Möglichkeiten sieht der Senat, um den Investor zu veranlassen, seiner eingegangen Verpflichtung zum Kitabau nachzukommen, und was kann der Senat tun, um solches Verhalten von Investoren künftig zu unterbinden?

Vielen Dank! – Frau Senatorin Lompscher antwortet für den Senat. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Seidel! Das ist ein außerordentlich ärgerlicher Vorgang. Da Sie nach der Bewertung des Senats gefragt haben, kann ich für uns alle sagen, dass wir das nicht gut finden. Wir müssen aber auch feststellen, dass das ein Vorhaben ist, das nach § 34 Baugesetzbuch genehmigungsfähig ist. Das heißt, dort besteht die Möglichkeit, Wohnungsbau mit oder ohne Kita zu errichten; es geht eben leider auch ohne Kita. Möglicherweise war der Vorvertrag nicht mit Sanktionen belegt. Man könnte theoretisch in Vorverträgen Vertragsstrafen im Fall eines Rücktritts verabreden, die es unattraktiv machen. Das weiß ich aber nicht, weil mir dieser Vertrag nicht vorliegt.

Vor dem Hintergrund, dass dort ein extrem großer Platzmangel besteht und daher eine Förderung für die Errichtung dieser Kitaplätze in Aussicht gestellt und es bis Mitte des Jahres fest eingeplant war, ist es besonders ärgerlich.

Frau Seidel! Für eine Nachfrage bekommen Sie das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Eine Nachfrage hätte ich noch. Gibt es baurechtliche Möglichkeiten, Gemeinbedarf für das Grundstück festzulegen und damit auszuschließen, dass hier auf Kosten der Kitakinder spekuliert wird?

Frau Senatorin Lompscher!

Theoretisch besteht eine solche Möglichkeit, dass man planungsrechtlich Gemeinbedarf festlegt. In dem konkreten Fall existiert offenbar eine Baugenehmigung nach § 34 Baugesetzbuch, die unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Deshalb kann man da nichts mehr machen.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen.

Dann kommen wir jetzt zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Moritz, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie ist der aktuelle Stand bei der Ausschreibung der öffentlichen Toiletten, und welche Standards werden zugrunde gelegt?

Frau Senatorin Günther, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Moritz! Vielen Dank für die Frage! Wir sind augenblicklich sehr gut im Zeitplan. Die EUweiten Ausschreibungen für die Sanitäranlagen und den Betrieb haben begonnen. Die Interessenten haben bis zum 11. Dezember Zeit, einen Teilnahmeantrag abzugeben. Das Land Berlin wird bis zum 19. Dezember aus diesem Pool fünf Teilnehmer auswählen und zur Angebotsabgabe auffordern. Der Abgabetermin des Angebots ist Mitte Februar, und wir gehen davon aus, dass der Zuschlag Ende April, Anfang Mai erfolgen kann.

Die Anzahl der Toiletten hat sich erhöht. Es ist jetzt eine Grundversorgung plus 21 Toiletten, sprich: Wir streben insgesamt 281 Toiletten an. Damit wird die heute bestehende Anzahl von Toilettenanlagen erhöht werden. In keinem Bezirk verringert sich die Toilettenanzahl, in einigen Bezirken erhöht sie sich sogar. Im zweiten Schritt streben wir eine verbesserte Versorgung an. Aber lassen sich mich noch mal klarstellen, Herr Moritz: Sie haben auch nach dem Standard gefragt. Wir konnten viel lesen, dass wir jetzt sogenannte Trockentoiletten ausgeschrieben hätten. Das war teilweise in der Presse sehr weit verbreitet. Ich glaube, neudeutsch sagt man Fake-News dazu. Wir haben natürlich ganz normale Toiletten mit Wasseranschluss ausgeschrieben, barrierefrei, wie es von der Stadtgesellschaft erwartet wird.

Ein beliebtes Thema waren auch die Frauenurinale. In dem Konzept wurde erwähnt, dass das in vielen Ländern

jetzt Anwendung finde. Wir haben das nicht in die Ausschreibung genommen, weil es hier in der Stadt nicht so eine große Nachfrage dafür gibt. Selbstverständlich sind die Toiletten barrierefrei, so wie sich die Behindertenvertreterinnen und -vertreter und die Senioren das wünschen. Wir haben eine Ausschreibungsform gewählt, dass wir auch mit den Verbänden zusammen beraten können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Stadt ab 2019 mit einem sehr viel besseren Angebot an Sanitäranlagen ausgestattet sein wird als augenblicklich. Lassen sich mich noch eine Blick auf die Interimslösung werfen. Das ist der Zeitpunkt, wenn Wall seine Toiletten – ich sage mal – abschließt und dann neue errichtet werden sollen. Wir sind augenblicklich noch in Gesprächen, wie so eine Interimslösung – bestenfalls mit der Wall AG – durchgeführt werden kann. Wenn es dazu keine Verständigung gäbe, würden wir eine weitere Lösung in Erwägung ziehen, sprich: Wir würden Container aufstellen. Auch die wären natürlich barrierefrei. Damit würden wir versuchen, sehr schnell diese Übergangsphase zu gestalten. – Ich danke Ihnen!

Herr Moritz hat keine Nachfrage. – Dann hat der Kollege Buchholz für eine Nachfrage das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Frau Senatorin, für die Ausführungen! Ich habe Sie richtig verstanden? Die Firma Wall – weil die von einigen hier immer besungen wird, dass sie so viel für die Stadt tue – weigert sich doch, zu einem vernünftigen Preis die alten Toiletten an das Land Berlin abzugeben. Darum meine Frage: Gibt es Gespräche, um genau diesen reibungslosen und lückenlosen Übergang zum 1. Januar 2019 vernünftig zu gestalten, das heißt, einen echten Zeitwert von größtenteils 25 Jahre alten öffentlichen Toiletten zu ermitteln und zu diesem dann, um die lückenlose und reibungslose Versorgung in der Stadt sicherzustellen, den Übergang auf das Land Berlin sicherzustellen?

Frau Senatorin!

Vielen Dank! – In der Tat versuchen wir, diese Gespräche mit der Firma Wall zu führen, weil ein Übergang, der mit der Firma Wall gemeinsam gestaltet wird und man neue Toiletten aufbaut und die anderen gleichzeitig abgebaut werden, zweifelsohne am besten wäre. Ob das greifen kann und ob die Firma Wall dann wirklich so ein großer Freund des Landes Berlin ist, wie ich im letzten Jahr immer wieder gehört habe – dafür ist das für mich

die Nagelprobe. Ich werde Ihnen dann gern zum weiteren Verlauf berichten.

Danke schön! – Dann von der CDU-Fraktion Herr Schmidt mit der zweiten Nachfrage!

Frau Senatorin! In der Übergangsphase wird es ja zunächst einmal weniger öffentliche Toiletten in Berlin geben. In Marzahn-Hellersdorf werden dann zum Beispiel statt 13 nur acht Standorte in Betrieb sein. Wie wollen Sie diesen Engpass in den zwei Jahren überbrücken? – Die temporären Lösungen sind mehrfach angesprochen worden. Sind die entsprechenden Container schon bestellt worden?

[Mario Czaja (CDU): Dixi-Klos! – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Bitte schön, Frau Senatorin!

Auch das gehört in die Abteilung Fake-News.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Es gibt nicht weniger Toiletten, sondern, ich habe es ausgeführt: In jedem Bezirk wird die Anzahl der Toiletten erhalten werden. Wir haben im letzten Moment noch einmal erhöht, weil wir gesehen haben, dass es in einigen Bezirken weniger gewesen wären. Dort wurde nachgesteuert. Ich würde darum bitten, das zur Kenntnis zu nehmen!

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Katalin Gennburg (LINKE)]

Dann hat für die AfD-Fraktion Herr Woldeit das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vorgestern wurde der Innensenator Geisel mit den Worten zitiert, dass er sich ausdrücklich gegen die Aufhebung der Residenzpflicht für Asylbewerber im Jahr 2019 ausspricht. Ich frage den Senat: Ist diese zu befürwortende Haltung in der Form mit den Koalitionskollegen abgesprochen? – Danke!

Herr Senator Geisel! Bitte!

(Senatorin Regine Günther)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Woldeit! Nein, das ist eine Äußerung der Innensenatoren der Länder Hamburg, Bremen und Berlin und betrifft eine Bundesangelegenheit. Da sie nur bundesgesetzlich zu regeln ist, ist das insofern kein Thema für das Landesparlament.

Zu einer weiteren Nachfrage der Abgeordnete Woldeit! – Bitte sehr!

Vielen Dank für die Erläuterung, Herr Senator! – Für den Fall der Fälle, dass die Residenzpflicht ausgesetzt wird, und Sie sprachen ja gerade davon, dass es ist in der Tat ein Bundesthema ist: Mit wie vielen Zuzugszahlen rechnen Sie denn, wenn auch abstrakt, für diesen Fall?

[Torsten Schneider (SPD): Na, mit einer Zahl!]

Herr Senator!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Woldeit! Zahlen wären an dieser Stelle Spekulation, insofern bin ich nicht in der Lage, Zahlen zu nennen. Genauso wie die Kollegen aus Hamburg und Bremen weise ich aber darauf hin, dass die Situation in den Berliner Schulen, auf dem Berliner Wohnungsmarkt, im Bereich der Zahlungen der Transferleistungen in erheblichem Maße angespannt ist und dass alle Bundesländer aufgefordert sind, ihren Beitrag zur Bewältigung der Situation zu leisten, sich solidarisch zu zeigen, und dass diese Aufgaben von ganz Deutschland getragen werden müssen und nicht nur von den Metropolen oder großen Städten.

Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, die Lasten gerecht auf alle Bundesländer zu verteilen. Es geht nicht, dass einzelne Bundesländer – bzw. Berlin, das habe ich an der Stelle gesagt – mit dieser Aufgabe alleingelassen werden. Das ist eine Aufforderung an die Bundesregierung, diese Verantwortung wahrzunehmen.

Für eine weitere Nachfrage hat der Kollege Mario Czaja das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat bzw. Sie, Herr Geisel: Ich gehe einmal davon aus, dass der Senat weiterhin mit einer Stimme spricht und dass Sie in der Ressortverantwortung bei den Gesprächen mit den anderen beiden Stadtstaaten die Auffassung des Landes Berlin zum Ausdruck gebracht haben. Ist diese Annahme richtig?

Herr Senator!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Czaja! Ich habe die Ressortverantwortung für Inneres wahrgenommen. Getroffen haben sich die Innensenatoren von Hamburg, Bremen und Berlin aus dem Grund, dass wir in einer angespannten Sicherheitssituation sind – abstrakt angespannt –, und das nun schon seit geraumer Zeit, und da insbesondere die großen Städte in Deutschland besonderen Herausforderungen gegenüberstehen. Wir haben das auch im Hinblick auf die Innenministerkonferenz getan, die in der nächsten Woche in Leipzig stattfindet, und im Hinblick auf entsprechende Äußerungen des Bundesinnenministers, der den großen Städten, darunter auch Berlin vorwirft, bei der Bekämpfung und der Abschiebung von Gefährdern zu wenig zu tun.

Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass der jetzt geltende § 58a Aufenthaltsgesetz eben nicht ausreicht, um handlungsfähig zu sein. Wir haben zwei Fälle in Niedersachsen gehabt, in denen der dortige Innenminister Gefährder abschieben konnte. Zwei weitere Fälle aus dem Bundesland Bremen sind jetzt letztlich juristisch gescheitert. Es reicht nicht, wenn der Bundesinnenminister auf die Länder zeigt. Die Bundesregierung muss an dieser Stelle Handlungsfähigkeit beweisen und selbst Verantwortung übernehmen.

Ich sage das auch mit Blick auf die notwendigen Abschiebungsverfahren für Gefährder, deren Fälle beim Generalbundesanwalt bearbeitet werden. In diesen Fällen sind die Länder nicht handlungsfähig, weil der Generalbundesanwalt federführend ist. Mindestens das ist ein Punkt, an dem der Bundesinnenminister nicht nur reden darf, sondern eben selbst Verantwortung übernimmt. Aus der Erfahrung der Innenministerkonferenz in Dresden im Juni dieses Jahres, die im Vorfeld mit verschiedensten Vorwürfen an die Länder vonseiten des Bundesinnenministers und der CSU belastet war, haben wir darauf hingewiesen, dass die Länder sehr wohl handlungsfähig sein wollen, dass es aber eine Aufgabe der Bundesregierung ist, dort zu handeln.

Das betrifft auch die Frage der Residenzpflicht, die im Laufe des Jahres 2018 ausläuft. Wenn sie ausläuft, muss die Bundesregierung wissen, was sie tut, und den Bundesländern entsprechende Unterstützung leisten, oder sie muss die Frage in einer anderen Form beantworten. Dass die Bundeskanzlerin aber geschäftsführend im Amt ist, aber offenbar nicht handelt, oder der Bundesinnenminister dazu bisher nichts gesagt hat, kann so nicht bleiben, weil wir in irgendeiner Form eine Entscheidung brauchen. Darauf haben wir Innensenatoren aufmerksam gemacht. Das ist unsere Ressortverantwortung, das haben wir gesagt.

Vielen Dank!

Dann hat die Kollegin Dr. Jasper-Winter das Wort für die letzte Frage.