Es bleibt von beiden Anträgen nicht viel übrig. Ich will gar nicht von heißer Luft reden, sondern wenn man sich vor allem noch mal vergegenwärtigt, dass CDU-Abgeordnete im Hauptausschuss viele große Straßenbau- und Radwegemaßnahmen behindert haben – es ist eine totale Luftnummer und schon heute eine Verabschiedung von einer sehr, naja, konstruktiven Oppositionsarbeit. Es ist ziemlich peinlich, liebe CDU-Fraktion. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mir die Frage gestellt: Was ist das denn jetzt? Dieser Antrag ist in mehrfacher Hinsicht befremdlich.
Ich frage: Weshalb nur der Individualverkehr? Unsere Position ist: Wir wollen auch den öffentlichen Personennahverkehr voranbringen und beschleunigen. Das ist bei Ihnen offensichtlich wieder ausgeblendet. Sie sind wieder in Ihre alten Autofahrerzeiten zurückgefallen. Wir haben das Interesse, dass alle Verkehrsteilnehmer in dieser Stadt sich in dieser Stadt sicher und zügig bewegen können. Und deshalb haben wir das auch in der Koalitionsvereinbarung so festgehalten.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Holger Krestel (FDP): Arbeitsplätze in Deutschland hängen vom Auto ab!]
Das Zweite, was ich befremdlich fand, war, dass eine Noch-Regierungspartei nach fünf Jahren eklatantes Führungsversagen feststellt.
Ich erwarte doch, wenn man zu diesem Ergebnis kommt, auch als Regierungspartei, dass man zumindest ansatzweise merkt, dass hier ein Führungsversagen diagnostiziert worden ist. Oder ist Ihnen das erst nach den Wahlen vom September eingefallen, dass hier ein eklatantes Führungsversagen vorliegt?
Es ist, glaube ich, nicht wirklich ernst zu nehmen, vor allem, wenn man sich die Diskussionsbeiträge vom Kollegen Friederici im Verkehrsausschuss ansieht, als wir über das Thema der Verkehrslenkung eine sehr gründliche Diskussion geführt haben und über die realen Probleme, die dort existieren, nämlich über die vielen Schnittstellen, die fehlenden seriös gearbeiteten Anträge von den Bauträgern, die Schnittstellen mit den Bezirken etc., etc. Das Thema ist wesentlich komplexer, als Sie es jetzt hier sagen.
Und dann stelle ich mir die Frage, wie Sie zu dem Schluss kommen, dass man die Verkehrslenkung auflösen muss, wenn Sie ein Führungsversagen diagnostizieren. Wenn ich ein Führungsversagen als das zentrale Problem feststelle, sage ich doch: Dann muss die Füh
rung geändert werden, aber doch nicht die Institution aufgelöst werden. An dem, was Sie hier formulieren, stimmt alles vorne und hinten nicht.
Und das Allerbeste ist: Wenn man nach fünf Jahren Regierungszeit in einem Antrag formuliert: Wir lösen die Verkehrslenkung Berlin auf – und dann schreibt:
Sie lösen eine Institution auf und sagen: Für das, was die bisher gemacht hat – vielleicht nicht so, wie wir uns das gewünscht haben; mehr schlecht als recht –, müssen neue Wege gefunden werden. Da würde ich doch verlangen, dass man nach fünf Jahren Regierungstätigkeit wenigstens einen Vorschlag hat, wie diese „neuen effektiven Wege“ aussehen sollen. Ich diagnostiziere ein gravierendes Oppositionsversagen bei Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ersten Anträge der CDU in dieser neuen Legislaturperiode sollen den Verkehrsfluss verbessern. Die VLB wollen Sie auflösen und Baumaßnahmen beschleunigen. Da fragt man sich doch: Was haben Sie in den letzten fünf Jahren gemacht? Ihre Senatoren sitzen noch hier auf der Regierungsbank, und Sie stellen solche pauschalen Oppositionsanträge. Das ist wirklich ein Armutszeugnis.
Und jetzt nur alles auf die SPD zu schieben! Sie haben eine gemeinsame Regierung gehabt und hätten da einschreiten können. Ich kann mich noch gut entsinnen: Wir haben in mehreren Anträgen detaillierte Vorschläge zur Verbesserung der VLB gemacht, wir haben im Ausschuss eine Anhörung gemacht, und Sie haben die Anträge einfach rundweg abgelehnt. In der Debatte haben Sie uns dann – wie Sie es immer getan haben – Ideologie vorgeworfen und wir hätten keine Ahnung. Und außerdem hätten Sie die Probleme lange erkannt und im Griff und würden sie lösen. Und jetzt, fünf Jahre nach Ihrer Regierungsarbeit, schreiben Sie in der Begründung:
Sie sei „endgültig gescheitert“ und solle aufgelöst werden. Dann haben Sie praktisch in Ihrer Regierungsarbeit mit dazu beigetragen, diese Behörde und die Zustände noch viel schlechter zu machen.
Rot-Rot-Grün hat vereinbart, die Leistungsfähigkeit der VLB durch eine Reorganisation zu verbessern. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, das haben wir auch schon gehört. Aber ich bin mir sicher, dass ich nicht, wie Sie heute, in fünf Jahren hier stehen und eine Auflösung einer Behörde fordern werde.
Sie fordern, den Verkehrsfluss des Individualverkehrs zu verbessern. Hat er sich denn verschlechtert? Auch da wäre die Frage nach Ihrer Mitverantwortung.
Rot-Rot-Grün wird die Verkehrspolitik an das geänderte Mobilitätsverhalten der Berlinerinnen und Berliner, die wachsende Stadt und das Ziel der klimaneutralen Stadt Berlin 2050 ausrichten. Die Zahlen der ÖPNV-Nutzung steigen, der Radverkehr boomt. Deshalb muss in die Infrastruktur des Radverkehrs und des ÖPNV investiert werden. Und das werden wir tun.
Deshalb haben wir uns darauf verständigt, dem Umweltverbund, also ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, die Priorität einzuräumen. Das bedeutet aber nicht, dass wir in ideologischer Verblendung den motorisierten Individualverkehr – kurz MIV – ausbremsen werden. Aber wir werden im Zweifel dem fließenden Verkehr, also genau das, was Sie wollen, Vorrang vor dem ruhenden Verkehr einräumen, wenn wir Platz brauchen.
Verkehrsfluss des Individualverkehrs: Wir definieren den Individualverkehr übrigens nicht nur als motorisierten Individualverkehr, sondern man kann auch muskelbetriebenen Individualverkehr sagen, nämlich mit dem Fahrrad fahren und zu Fuß gehen. Darauf werden wir ein besonderes Augenmerk legen.
Beim Bauen kommt es vor allen Dingen auf eine gute Vorbereitung, Planung, Koordinierung und Kontrolle und natürlich auf eine vernünftige, ordentliche Vertragsgestaltung an. Ich glaube nicht, dass Nachtarbeit und ein Bonussystem uns wirklich weiterführen werden.
Rot-Rot-Grün hat sich als besonderen Arbeitsschwerpunkt den Erhalt der bestehenden Infrastruktur gesetzt. Das hatten Sie auch vorher, und Sie bilanzieren hier, dass alles noch viel schlimmer geworden sei. Uns kommt es auf eine kontinuierliche Instandhaltung von Straßen und Brücken an. Wir werden die entsprechenden Baumittel
dauerhaft und angemessen bereitstellen. Herr Friederici! Ihrer Anträge bedarf es nicht. Sie hatten fünf Jahre Zeit dafür. Jetzt sind Sie nicht mehr am Zug. – Danke!
Die Verkehrslenkung Berlin sorgt für einen sicheren Verkehr auf den Hauptverkehrsstraßen Berlins, und dass alles im Fluss bleibt …
So würden wir uns das auch wünschen. Gut gemeint ist aber nicht gut gemacht. Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Was sagen die Koalitionäre? – Was sie immer sagen: Wir machen, wir tun. – Wird sich etwas ändern? Wir glauben nicht daran.
Die Baustadträte in den Bezirken warten teils seit Jahren darauf, dass sie die kaputten Straßen sanieren dürfen. Der frühere Leiter der VLB erklärte dazu generös, bereit zu sein, einmal pro Legislatur, also alle fünf Jahre, mit den Bezirken zu sprechen. Kann eine Behörde, die vom Start weg von diesem dienstleistungsfremden Geist beseelt ist, einen Neustart schaffen? Eine Behörde, die genau das Gegenteil von dem tut, wofür sie eingerichtet wurde, nämlich die Entwicklung der Stadt behindert, statt zu verbessern, ist ein Problem und muss abgeschafft werden.
Aber wie viele Behörden in Berlin wollen wir denn abschaffen? Oder stinkt der Fisch vom Kopf? Wir haben verschiedene parallel laufende Behörden, die alle ihrer Aufgabe nicht nachkommen.
Der kommende Senat will den Individualverkehr verdrängen. Ihn wird die Situation nicht stören. Wenn er aber glaubt, die Vernachlässigung des Straßennetzes träfe nur den Individualverkehr, dann irrt er, denn die Pünktlichkeit des Busverkehrs liegt trotz eigener Fahrspuren bei nur 85 Prozent. Alle Versuche, durch Busspuren und Ampelschaltungen das Problem zu lösen und den Busverkehr zu beschleunigen, sind gescheitert. Wer das Straßennetz vernachlässigt, der vernachlässigt auch den ÖPNV.
Die Baustellenorganisation und das Baustellenmanagement sind unzureichend. Das schränkt die Verkehrsleistung der Infrastruktur ein. Eine Verbesserung der Lage ist durch die Verkehrsblockadepolitik von Rot-Rot-Grün nicht zu erwarten. Der Verkehr aber wird durch diese Politik nicht wie erhofft abnehmen, im Gegenteil wird der
Parksuchverkehr massiv zunehmen, und der Verkehrsdruck rund um die zugangsbeschränkten Bereiche wird wachsen.