Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

[Beifall bei der AfD]

Ich habe, ehrlich gesagt, kein Verständnis dafür, dass wir diesen schon längst ausdiskutierten Antrag hier schon wieder beraten sollen. Aber nun liegt er vor, und das nutze ich dementsprechend auch noch mal.

Die AfD als besonders volksnahe Partei ist grundsätzlich offen für das Gärtnern in der Stadt, und wir finden es auch grundsätzlich gut, dass Menschen Grünflächen in der Stadt bearbeiten wollen. Womit wir jedoch ein konkretes Problem haben, ist der Umstand, dass in diesem Antrag von „Gartenaktivisten“ die Rede ist und vom „Urban-Gardening-Manifest“. In diesem Manifest, das Sie im Internet nachlesen können, werden konkrete Forderungen gestellt, diese Flächen in das Bau- und Planungsrecht zu integrieren, das heißt, ihnen dauerhafte Daseinsberechtigung im Stadtbild zu geben. Genau da sehen wir ein Problem: Es ist sicherlich möglich, brachliegende Flächen übergangsweise zu nutzen. Das können Jahre oder auch ein Jahrzehnt sein. Es kann aber nicht sein, dass diese Flächen dauerhaft der weiteren Stadtplanung nicht mehr zur Verfügung stehen sollen.

Zudem finde ich es ohnehin sehr verwunderlich, dass mitten in der Stadt nun plötzlich Obst und Gemüse angebaut werden sollen: Offenbar kann ja dann die Luft in der

Innenstadt gar nicht so vergiftet sein, wie uns Links-RotGrün immer weismachen will.

[Beifall bei der AfD]

Aber nach Angaben von Herrn Dr. Altug sollen diese Orte ja auch gar nicht in erster Linie dem Gärtnern dienen, sondern Orte des Lernens sein. Orte des Lernens – betrieben von Aktivisten unter dem leuchtenden Stern des Manifests. Was sollen wir davon halten? Verraten Sie uns das! Offenbar soll hier eine klare Abgrenzung von klassischen Kleingärtnern stattfinden. Die Frage ist allerdings: Warum? – Deswegen lehnen wir den Antrag nach wie vor ab.

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kollegin Platta das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, gerade weil Sie diese Rede gerade so gehalten haben, wird deutlich, dass wir noch nicht oft genug über dieses Thema gesprochen haben. Trotzdem werde ich meine Rede vom 16. November letzten Jahres nicht wiederholen.

[Och! von der AfD]

Ich möchte heute eher die Fortsetzung zu dem darbieten, was wir schon vorliegen haben.

Das Spannende am Werden und Wachsen der Bewegung der städtischen Gärtner steht uns in dieser Stadt, nachdem wir heute den wichtigsten organisatorischen Teil beschlossen haben werden, noch bevor. Wir werden uns bei der Erarbeitung des gesamtstädtischen Konzeptes „Urban Gardening in der Stadt verwurzeln“ über das Wie und Was, aber auch über das Wo weiter austauschen müssen. Es ist schon angeklungen, auch vonseiten der CDU: Es geht um den Kleingartenentwicklungsplan. Aber wir brauchen insgesamt noch mehr Aussagen zur grünen Infrastruktur. Und dazu gehören letztendlich auch UrbanGardening-Projekte. Denn schon immer werden an vielen Tischen und hinter unzähligen Hecken Lebensstile und Lebenserwartungen genauso wie die Nutzungsmöglichkeiten von privaten und öffentlichen Flächen bis hin zu einem Recht auf das Gärtnern in der Stadt und daher auch im Land Berlin diskutiert. Die Beschlussempfehlung weitet die Anzahl der Teilnehmenden bei der Erarbeitung des gesamtstädtischen Konzeptes für urbane und kulturelle Gärten noch weiter aus. Das ist richtig so, und deswegen auch ein herzliches Danke von meiner Seite an die CDU.

Bei der Anhörung hatten wir deutlich feststellen können: Es gibt nach wie vor keine Veränderung bei Nut

(Ülker Radziwill)

zungskonflikten und Wertsetzungen von Grund und Boden. Eine Annäherung gerade zwischen den verschiedenen Formen des Gärtnerns ist aber auf dem guten Weg.

Ein Anfang ist gemacht. Der heutige Beschluss ist aber nicht mehr und nicht weniger als eine politische Positionierung zu Maßnahmen und Mitteln in dem Prozess. Um urbanes Gärtnern zu verwurzeln, sind nun viele aus der zivilen Stadtgesellschaft ausdrücklich aufgerufen, sich zu beteiligen, und ich gehe davon aus, dass die Kommunikation zwischen den Beteiligten und mit einem festen Ansprechpartner oder einer festen Ansprechpartnerin für urbanes Gärtnern zielorientiert und auf Augenhöhe gestaltet wird. So können schon mit dem ersten Bericht aus dem Senat zum 30. Juni dieses Jahres positive Signale aufgezeigt werden, und dann diskutieren wir erneut über dieses Thema. – Ich bedanke mich bis dahin bei Ihnen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Schmidt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim letzten Mal haben wir als FDP-Fraktion schon deutlich gemacht, dass wir Urban Gardening befürworten. Das Gärtnern in der Stadt trägt zu einer lebenswerten Stadt bei. Insbesondere Schulgartenprojekte sind für die Naturbildung hilfreich. Die Lebensqualität wird gesteigert, die Nachbarschaft arbeitet zusammen, und die Stadt wird verschönert. Und es gibt auch positive Effekte auf das lokale Stadtklima.

Die Bedenken bei der „essbaren Stadt“ teile ich mit Herrn Scholtysek. Ich habe mal meinen Balkonsalat ins Labor gebracht. Der wäre nicht verkehrsfähig gewesen, da muss man ein bisschen aufpassen. Da haben Sie auf jeden Fall recht bei dem, was Sie gesagt haben. Aber das Gärtnern in der Stadt ist jedenfalls eine gute Sache.

Wir hatten Bedenken in der ersten Plenardebatte, weil wir befürchtet haben, dass mit diesem Antrag stärker eingegriffen und reguliert werden könnte – das haben einige von den Grünen auf Twitter ein bisschen lächerlich gemacht –, aber diese Befürchtungen wurden in der Anhörung durchaus geteilt. Die Urban-Gardening-Gemeinschaft hat jedenfalls kein Interesse daran, fremdbestimmt zu werden. Was von unten wächst, soll nicht von oben gesteuert werden.

[Beifall bei der FDP]

Und bei all den Zielen, die Frau Radziwill eben aufgezählt hat, die sie alle in Urban Gardening unterbringen

und die sie damit umsetzen will, habe ich auch das Gefühl, das es damit ein bisschen überlastet wird.

[Beifall bei der FDP]

Die geforderte Ansprechperson in der Senatsverwaltung muss also auf jeden Fall eine Servicefunktion und keine steuernde haben, und, wie gesagt, das war in der Anhörung bei allen klar.

Weitere Bedenken sind auch durch die Anhörung gekommen, dass es durchaus auch Interessenskonflikte zwischen den Beteiligten gibt, die hier mit dem Antrag noch offenbleiben. Da wurde gesagt, der Antrag ziele besonders auf modernere Formen des Urban Gardenings,

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

und das Kleingartenwesen habe Befürchtungen, vernachlässigt zu werden. Wenn dann z. B. gefordert wird, dass Gemeinschaftsgärten pachtfrei sein sollen, aber Kleingärten eben nicht, ist das absolut unausgewogen. Wenn, wie in meinem Bezirk am Westkreuz, aktiv Kleingärten durch Gemeinschaftsgärten ersetzt werden sollen, ist das auch ein massiver Interessenskonflikt, den man regeln muss.

Natürlich muss die bewährte Arbeit der Kleingärtner ausreichend gewürdigt und fair und gleichberechtigt mit den anderen Formen des Gärtnerns in der Stadt behandelt werden.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Altug?

Ja, gerne! – Bitte!

Vielen Dank, Herr Schmidt! – Ich frage mich, ob Sie überhaupt den Antrag gelesen haben.

[Lachen bei der FDP]

Was Sie gerade sagen, steht nicht im Antrag. Deshalb ist meine Ja/Nein-Frage: Haben Sie den Antrag gelesen? – Danke schön!

Ich habe mir angewöhnt, Anträge zu lesen, über die ich rede. Und weil ich ihn gelesen habe, sage ich: Dieser Antrag deckt diese Dinge nicht ab.

[Beifall bei der FDP]

Wir hatten eine Anhörung, und ich habe auch das Protokoll zu der Anhörung gelesen – wir hatten nämlich ein sehr interessantes Wortprotokoll. Es kamen eine ganze

(Marion Platta)

Menge Bemerkungen von den beiden Anzuhörenden, gerade von der Kleingärtnerseite, dass sie die Befürchtung haben, dass sie da etwas überrollt werden. Und diese Befürchtung nehme ich gerne auf. Dazu machen wir Anhörungen im Ausschuss. Wir sehen allen Grund, das Gärtnern in der Stadt zu fördern, befürworten das auch, aber aufgrund der Bedenken, die in der Anhörung hochkamen, werden wir uns dieses Mal nur zu einer Enthaltung durchringen können. Wir werden natürlich interessiert verfolgen, wie das jetzt tatsächlich umgesetzt wird, und hoffen auch, dass sich unsere Befürchtungen nicht bewahrheiten. Aber, wie gesagt, eine ganze Reihe von Themen muss da noch gelöst werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 18/0633 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung AfD und FDP – die Annahme mit Änderungen. Wer dem Antrag mit den Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 18/0798 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei AfD, FDP und den beiden fraktionslosen Kollegen! Damit ist der Antrag angenommen.

Die lfd. Nrn. 17 bis 19 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 20 war Priorität der Fraktion Die Linke unter der lfd. Nr. 3.3.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 21:

Berliner ÖPNV-Netz zielgerichtet ausbauen und an den Wohnungsneubau anschließen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 18. Januar 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 14. Februar 2018 Drucksache 18/0833

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0546

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. Eine Beratung ist nicht vorgesehen.