Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Herr Isenberg das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, das war blöd gelaufen zum Jahreswechsel, am Anfang des Jahres. Die Schließung der Station dort, der Kindernotfallversorgung war auch nicht abgestimmt, weder mit der Senatsgesundheitsverwaltung, soweit ich informiert bin, noch mit der Senatswissenschaftsverwaltung. Das war natürlich eine Situation, die in die Bevölkerung hineinplatzte. Das wollen wir nicht. Wir wollen Planbarkeit in der Versorgung der Kinder im Notfall haben.

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Diese Planbarkeit ist zunächst auch eine Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Kassenärztliche Vereinigung kommt aus meiner Sicht landesweit, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen, nicht ihrem Versorgungsauftrag nach. Ja, wir haben natürlich auch im Bereich der Kinderärzte einen Bereitschaftsdienst. Ja, wir haben auch an vier Standorten in Berlin mittwochs und freitags außerhalb der Sprechzeiten bis 22 Uhr Stützpunkte der KV, aber insgesamt muss man sagen: Wir fordern eine bessere Versorgung durch die Kassenärztliche Vereinigung ein. Das ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat einen Versorgungsauftrag, der sichergestellt werden muss. So geht das nicht weiter.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das bedeutet, auch bei der Finanzierung müssen wir mehr Fairness hinkriegen über die Frage, wie denn Notfallversorgung auch ausgestaltet wird, für die Kassenärzte auf der einen Seite und auch für die Kliniken auf der anderen Seite. Insofern bin ich sehr beruhigt, dass der Wissenschaftssenator, der Regierende Bürgermeister ganz klar gesagt hat, dass wir natürlich in der Region auch weiterhin eine bedarfsorientierte Versorgung gewährleisten wollen.

Wir reden hier auch nicht über einen Ansturm von Eltern mit ihren Kindern in die Notfallaufnahme. Wir reden davon, dass eine wichtige Versorgungsstruktur vorgehalten werden muss. Ca. zehn Kinder am Tag, das sind 3 600 Patientinnen und Patienten. Die sind wichtig. Und wir müssten auch schauen: Wie verhält sich die Versorgungslage in dieser Region gesamtstädtisch? Welche Wege mutet man Eltern in anderen Regionen zu? Was ist dort, und wie kann dort eine öffentliche Infrastruktur, die aus Steuermitteln bezahlt wird, geschaffen werden? Auch die nicht entnommenen Gewinne aus der Charité sind wichtige entgangene Gewinne für das Land, das heißt, wir leisten uns hier für eine Notfallversorgung Investitionen. Wir müssen gucken: Wir verhält sich das insgesamt in der Stadt? Was können wir verantworten? Wir wollen auch keine Region übervorteilen. Das muss ausgewogen sein.

Deswegen ist es gut, dass wir diesen Antrag vorgebracht bekommen haben. Wir werden diesen in aller Ruhe, ohne irgendwelchen Zeitdruck beraten, denn im Moment ist das Problem ja gelöst. Sie haben dort die Öffnung in dieser Notfallambulanz für Kinder. Die Menschen haben nichts Neues, mit dem sie konfrontiert sind. Und das ist gut. Stabilität in der Gesundheitsversorgung ist das Ziel der Gesundheitssenatorin und auch des Regierenden Bürgermeisters. Die Koalition trägt dieses vollumfänglich mit, und in den Beratungen im Ausschuss werden wir gemütlich, aber auch gründlich und ausdrücklich für die

Bürgerinnen und Bürger eine gute Lösung finden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Herr Mohr das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Berliner! Die CDU fordert eine uneingeschränkte Notfallversorgung für Kinder am Klinikum Benjamin Franklin, kurz: CBF. Ich fasse unsere Position dazu zu fortgeschrittener Stunde kurz: Wir werden diesen Antrag im Ausschuss sehr wohlwollend begleiten. Ich danke der CDU für den Hinweis, dass ein Universitätsklinikum und Maximalversorger wie das CBF gegenwärtig nur über eingeschränkte Öffnungszeiten verfügt. Auf der Webseite des CBF wird sogar ausdrücklich nur auf eine Rettungsstelle für Erwachsene hingewiesen. Das kann doch wohl nicht wahr sein!

Wenn die Charité schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Kinderklinik komplett ins Virchow-Klinikum verlagert, dann ist es auch aus unserer Sicht überlegenswert, dass wenigstens in der Rettungsstelle stets ein Kinderarzt verbleibt. Übrigens auch ein Testanruf beim CBF war mehr als ernüchternd. Wie kann das bei einem so großen Krankenhaus, das in diesem Jahr schließlich 50-jähriges Jubiläum feiern will, möglich sein? Der Verweis eines Kindes möglicherweise an das Virchow-Klinikum zum Beispiel im Berufsverkehr muss für die betroffenen Familien – und wir reden hier mitunter über Paniksituationen – ein absoluter Horror sein. Dieses gilt es, schlichtweg abzustellen. Jegliche Notfallversorgung, ob für Erwachsene oder für Kinder, soll und muss am CBF sichergestellt sein. Insoweit stimmen wir der CDU zu.

Nichtsdestotrotz möchte ich die Gelegenheit aber auch nutzen, kurz einen kleinen Appell an uns alle zu richten. Ich glaube, dass ich in diesem Hause der Einzige bin, der in den letzten Herbstferien zwei Wochen lang auf dem Rettungswagen der Berliner Feuerwehr mitgefahren ist und sich die Notfallrettung in der Praxis einmal länger angeschaut hat. Insofern weiß ich ein klein wenig, worüber ich spreche.

[Beifall bei der AfD]

Ich spreche hier über ständig überfüllte Notaufnahmen und einen überlasteten Rettungsdienst. Festzuhalten bleibt, die Rufnummer 112 ist keine Auskunft, sondern eine Notrufnummer, und die Rettungsstelle ist nicht der Hausarzt. Ich bitte, dass die Gesundheitssenatorin Kolat, gerne in Verbindung mit dem Innensenator Geisel, in einer breit angelegten Kampagne dies allen Berlinern

(Thomas Isenberg)

deutlich macht. Das könnte dann auch zu einer Entlastung der Rettungsstellen und des Rettungsdienstes führen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Herr Abgeordneter Dr. Albers. – Bitte schön!

[Senator Dr. Dirk Behrendt: Hol mal richtig aus!]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Da kann man gar nicht richtig ausholen. – Ich darf zunächst einmal daran erinnern, dass die Kinderklinik am Benjamin-Franklin-Klinikum 1996 unter Verantwortung eines Regierenden CDU-Bürgermeisters Diepgen geschlossen wurde – deswegen müssen Sie sich hier heute nicht hinstellen und Krokodilstränen heulen! Dabei musste nämlich damals schon jedem klar gewesen sein, dass das Betreiben einer solitären Kinderrettungsstelle ohne Kinderklinik im Hintergrund nicht unproblematisch sein würde, nicht nur, weil sie die aus der Rettungsstelle notwendigen stationären Aufnahmen der Kinder irgendwo kindgerecht unterbringen müssen, sondern auch, weil sie den fachärztlichen personellen Hintergrund einer funktionierenden Klinik brauchen, wenn sie eine Kinderrettungsstelle auf Dauer betreiben wollen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Im Grunde genommen bestärkt Ihr Engagement für den Fortbestand der Rettungsstelle dort den Eindruck, dass die KV ihrem Versorgungsauftrag auch in diesem Sektor wieder einmal nicht wirklich nachkommt.

[Beifall von Thomas Isenberg (SPD)]

Bedeutet Ihr Antrag nun, dass Sie mit mir der Meinung sind, dass der Monopolanspruch der Kassenärztlichen Vereinigungen auf die ambulante Versorgung endlich infrage zu stellen ist? – Dann auf in den Kampf! Gerne!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Notker Schweikhardt (GRÜNE)]

Die Auseinandersetzungen um die Kinderrettungsstelle reichen schon eine ganze Weile zurück, nicht erst seit einem Vierteljahr, Herr Grasse. Es gibt dazu bereits einen Beschluss der BVV Steglitz-Zehlendorf aus dem Februar 2014, sich für deren Erhalt einzusetzen. Und in dieser Zeit ist von Ihnen und Ihrer Fraktion überhaupt nichts in diese Richtung unternommen worden. Senatorin Scheeres war es, die damals als Aufsichtsratsvorsitzende der Charité reagiert und mit einem Veto gegen die lange vom Charité-Vorstand geplante Schließung agiert hatte. Eine Initiative von Ihnen kommt – wie immer – dann, wenn Rot-Rot an der Regierung ist. Fünf Jahre geschlafen,

dann aufgewacht, und nun kramen Sie Ihre alten Schubladen durch!

Die Charité begründet Ihre Schließungsabsicht zum einen mit Qualitätsansprüchen und zum anderen mit wirtschaftlichen Gründen. Das ist in der Tat ein grundsätzliches Problem. Ich gebe Ihnen aber recht, dass die medizinische Versorgung in der Fläche grundsätzlich auch dann zu garantieren ist, wenn sie sich wirtschaftlich nicht rechnet.

[Unruhe – Das Kleinkind einer Abgeordneten läuft durch den Plenarsaal. – Vereinzelter Beifall]

Sein Thema wird hier verhandelt!

Das passt zum Thema! Ganz genau!

[Anja Schillhaneck (GRÜNE): Entschuldigung!]

Ich gebe Ihnen aber recht, dass die medizinische Versorgung in der Fläche grundsätzlich auch dann zu garantieren ist, wenn sie sich wirtschaftlich nicht rechnet. Aber dann müssen Sie mir auch recht geben, dass es eben deshalb notwendig ist, die Krankenhausvergütung endlich grundsätzlich zu reformieren und um eine Vorhaltepauschale zu ergänzen, damit in solchen Fällen, in denen die Zahl der Patienten nicht ausreicht, die Kosten für die Vorhaltung zu tragen, die Krankenhäuser diese Kosten nicht aus eigenen Mitteln – sprich: über eine Quersubventionierung aus Kassengeldern, die sie für die Versorgung stationärer Patienten erhalten, also über eine Zweckentfremdung – generieren müssen.

Sie haben jetzt einen ganz besonderen Kompetenzbrocken zum Gesundheitsminister gemacht, und Herr Ludewig zieht in den Bundestag: Also, machen Sie was draus! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP spricht jetzt der Abgeordnete Herr Förster. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau – bitte!

(Herbert Mohr)

Frau Präsidentin! – Sehen Sie, so kann es gehen! Ich könnte jetzt sagen, ich wollte das gendern, aber ich war in Gedanken schon bei einem weiteren Tagesordnungspunkt. Egal! Ich wollte genau deswegen mit „Herr Präsident!“ anfangen, weil ich den Kollegen Schulze vermisse.

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Charité ist ja eigentlich ein Wissenschafts- und Forschungsthema, deswegen dachte ich, der Kollege Schulze redet, aber Sie haben es sich anders aufgeteilt.

[Zuruf von den GRÜNEN]

Gut! Aber Herr Albers verkauft sich auch gerne als Steglitz-Zehlendorfer, insofern ist das vielleicht auch der Anlass gewesen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der kommt aus Wannsee!]

Eben, deswegen! In der Tat: Viel Aufregung damals, Anfang Dezember 2017, nach Zeitungsartikeln, wo dann festgestellt wurde, dass der Campus Benjamin Franklin die Kindernotaufnahme nur montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr und Samstag und Sonntag von 11 bis 19 Uhr öffnen würde, und der Verweis auf Kinderarztpraxen in der Umgebung oder ein möglicher Shuttle zum VirchowKlinikum hilft natürlich nicht weiter. Das ist ganz klar. Das war damals eine völlig missglückte Kommunikation, und da erwarten wir, dass das künftig unterbleibt – gar keine Frage!

[Beifall bei der FDP]