Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Diese Bibliothek ist kein Neubau.

[Regina Kittler (LINKE): Warum ist das kein Neubau? Das ist doch Quatsch!]

Der Wikipedia-Artikel wurde hier schon ein paar Mal wiedergegeben. Es ist vielmehr eine Zusammenlegung von zwei Bibliotheken. Und genau das ist das Problem. Wir können nicht einfach sagen: Wir bauen irgendwann in fünf Jahren. Die Stadtbibliothek und die AmerikaGedenkbibliothek platzen im Moment aus allen Nähten,

(Regina Kittler)

weil sie für viel weniger Besucher konzipiert wurden, als mittlerweile hingehen. Deswegen brauchen wir einen Neubau. Da bin ich voll bei Ihnen. Es ist eine Zumutung für die Besucher. Man kann sich vorstellen, wie es in den Lesesälen, Toiletten usw. aussieht, wenn 4 000 Leute in einer Bibliothek sind, die für 500 gebaut wurde. Es ist auch eine Zumutung für die Mitarbeiter. Und es ist ein Skandal für den kulturellen Bestand, den wir dort haben, denn die Lagerflächen sind teilweise so schlecht, dass die Bücher nicht mehr für die Ewigkeit zur Verfügung stehen. Die Keller sind teilweise feucht und die Lagerflächen schlecht.

[Regina Kittler (LINKE): Woher haben Sie das denn, dass die Bücher verrotten?]

Viele wissen es gar nicht, aber von jedem Buch, das in Berlin von Verlagen veröffentlicht wird, geht ein Exemplar an diese Bibliothek. Damit ist diese Bibliothek eine der größten Deutschlands, ich glaube sogar, es ist die größte.

Was an der Sache so wichtig ist: Die Zentral- und Landesbibliothek bildet ein gutes Bindeglied zwischen den bezirklichen Bibliotheken und den Universitätsbibliotheken. Das bietet einer breiten Schicht die Möglichkeit, sich zu bilden. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg. Sie können noch so viel Geld in soziale Projekte stecken: Wenn Sie die Leute aus ärmeren Verhältnissen holen wollen, dann sorgen Sie dafür, dass sie eine gute Bildung bekommen, denn Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg und zu einem selbstbestimmten Leben.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hugh Bronson (AfD)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegen Kittler?

Bitte schön!

Können Sie mir bitte sagen, von wem Sie die Information haben, die Bücher in diesen Teilen der Zentral- und Landesbibliothek seien nicht sicher verwahrt und würden verrotten? Woher haben Sie das? Das würde mich sehr interessieren.

Das kann ich Ihnen sagen: Ich habe das von einer Bibliothekarin. Sie hat mir gesagt, die Gemäuer seien teilweise

so feucht, dass die Bücher dort auf lange Sicht nicht verweilen sollten. Wir können uns davon aber auch gerne gemeinsam ein Bild vor Ort machen. Ich bin mir sicher, dass ich diesbezüglich in meiner Aussage bestätigt werde.

[Beifall bei der FDP]

Weil die Zentral- und Landesbibliothek für breite Schichten wichtig ist, ist es auch wichtig, dass der Standort für alle gut erreichbar ist. Deswegen spricht sich die FDP schon seit langer Zeit für einen Neubau am Blücherplatz aus, wo die Amerika-Gedenkbibliothek war. Das kann man – erstens – gut mit der BVG erreichen, man kommt auch einigermaßen gut mit dem Auto hin, und es wird – zweitens – auch Zeit, dass die Gegend rund um das Hallesche Tor aufgewertet wird. Das sind wir den Anwohnern ein bisschen schuldig. Dort sieht es wirklich nicht schön aus. Wir können nicht alle kulturellen Einrichtungen in Mitte zentrieren und die restlichen Bezirke vergessen. Daher unsere volle Unterstützung dieses Antrags! Legen Sie endlich los! Beenden Sie die Findungsphase, und bauen Sie endlich! Bauen war heute ein großes Thema. Bauen Sie eine Bibliothek, bauen Sie Wohnungen, aber fangen Sie damit an!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Wesener das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Lieber Herr Juhnke! Ich muss gestehen: Ich habe mich selten über einen CDU-Antrag so gefreut wie über diesen.

[Beifall von Mario Czaja (CDU)]

Wobei ich das ausdrücklich auf den Antragstext beziehe und über die etwas krawallige Begründung und Ihren polemischen Redebeitrag lieber den Mantel des Schweigens breite.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Torsten Hofer (SPD)]

Ich habe mich als Kulturpolitiker gefreut, denn aus diesem Antrag ist meines Erachtens schon ein ehrliches Bemühen um die Zentral- und Landesbibliothek herauszulesen. Ich habe mich auch als Grüner und Mitglied dieser Koalition gefreut, denn, lieber Herr Juhnke, wenn Sie nach anderthalb Jahren zu dem Ergebnis kommen, zu dem wir in unserem Koalitionsvertrag gekommen sind, dann freut uns das natürlich.

Frau Kittler hat die einschlägige Passage schon zitiert. Sie haben sie ja offensichtlich nicht gefunden. Ich kann bestätigen, dass es dort schwarz auf weiß steht. Und es wird noch besser, Herr Juhnke, weil der amtierende Kultur

(Florian Kluckert)

senator am 2. Oktober im „Tagesspiegel“ nicht nur bestätigt hat, dass wir bis zum Ende der Legislatur eine solche Standortentscheidung fällen wollen, sondern er hat gesagt, dass das möglicherweise sogar bis Ende dieses Kalenderjahres erfolgen kann. Das begrüßen wir.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN– Beifall von Torsten Hofer (SPD)]

Es ist schon viel gesagt worden. Natürlich wurde von den Kulturpolitikern schon erwähnt, dass die Berliner Bibliotheken die meistbesuchten Kultureinrichtungen der Stadt sind. Ich will hinzufügen: Sie sind – wenn man die Schulen und Universitäten beiseitelässt – auch die meistbesuchten Bildungseinrichtungen. Natürlich handelt es sich längst nicht mehr um Buchausleihstationen, sondern Bibliotheken sind tragende Säulen der kulturellen Bildung und damit ein elementarer Bestandteil der öffentlichen Grundversorgung. Darüber herrscht Konsens wie auch hinsichtlich der besonderen Rolle der Zentral- und Landesbibliothek für den Verbund der öffentlichen Bibliotheken.

Und ja, hier muss etwas passieren. Auf der einen Seite haben wir die steigenden Nutzerzahlen, aber auch steigende Anforderungen, und auf der anderen Seite haben wir eine dramatische räumliche und technische Situation im Hinblick auf die Kapazitäten. – Herr Juhnke! Ich würde noch einmal mit Herrn Heller sprechen: Meines Wissens ist es nicht das Sechs- bis Achtfache in Bezug auf die ursprünglich geplanten 500 Besucherinnen und Besuchern täglich, das in der AGB ein- und ausgeht, sondern allein an Samstagen sind es wohl im Durchschnitt 4 300 Besucherinnen und Besucher. Jenseits der Kapazitätsfrage ist eine Zusammenführung der Standorte auch bibliotheksfachlich überfällig.

Was ist der Stand der Dinge? – Die Debatte über den möglichen Standort verfolgt uns seit Jahren. Ideen gab und gibt es viele, ebenso wie Versprechen der Politik. Zurzeit erwarten wir mit Spannung das Ergebnis eines Testats, das die Kulturverwaltung auf der Grundlage des erwähnten Wirtschaftlichkeitsgutachtens in Auftrag gegeben hat. Es geht also voran. Im besten Fall behält der Kultursenator recht, und wir können auf dieser Grundlage schon in diesem Jahr eine Standortentscheidung herbeiführen. Nach allem, was wir wissen, gibt es auch in meiner Fraktion eine klare Präferenz. Das wäre in der Tat der Standort der AGB am Blücherplatz.

[Torsten Schneider (SPD): Was?]

Es handelt sich um einen etablierten Standort. Er ist verkehrlich gut angebunden, Herr Schneider. Es gab dort bereits ein öffentliches Beteiligungsverfahren – das Stichwort Partizipation ist bereits gefallen –, und auf der Grundlage dieses Beteiligungsverfahrens hat sich auch die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain

Kreuzberg bereits für einen Erweiterungsbau ausgesprochen. Last but not least: Eine Erweiterung dürfte auch

günstiger sein als ein kompletter Neubau. Warten wir die Ergebnisse der Untersuchung ab!

Herr Juhnke! Ich habe allerdings auch drei Kritikpunkte an Ihrem Antrag. Erstens: Was heißt es eigentlich genau, wenn die CDU schreibt, dass die Standortentscheidung – Zitat – „umgehend“ erfolgen muss, weil es – Zitat – „höchste Zeit“ ist. In Ihrer Regierungszeit hat „umgehend“ und „höchste Zeit“ nämlich faktisch bedeutet, dass fünf Jahre nichts passiert ist. Ich würde Sie deswegen einladen, dass wir das gemeinsam noch etwas präzisieren.

Zweitens: Es wird nicht reichen, ein einzelnes Gebäude zu bauen. Wir brauchen eine Debatte über die Zukunft der Bibliothekslandschaft in Berlin insgesamt und die Rolle der ZLB in derselben. Wir müssen über die Auswirkungen von Medienwandel und Digitalisierung, neue Nutzerverhalten und Bedarfe reden und was daraus folgt. Sprich: Der Bau einer modernen ZLB muss durch einen modernen Bibliotheksentwicklungsplan unterlegt sein. Und hier – Herr Juhnke, sehen Sie mir das nach – erscheint uns Ihr Antrag etwas denkfaul bzw. zu kurz gesprungen.

[Zuruf von der CDU: Na, na, na!]

Drittens zügiger Baubeginn: Was heißt das? – Vielleicht mal ein Blick in die Investitionsplanung: Hier werden Gesamtkosten in Höhe von 360 Millionen Euro für einen solchen Neubau oder Ergänzungsbau veranschlagt. Im Jahr 2021 sind dort ganze 1 000 Euro als Platzhalter eingestellt. – Herr Juhnke! Das war schon zu Ihrer Regierungszeit der Fall, und deshalb: Ja, wir brauchen eine Standortentscheidung. Wir brauchen aber auch eine seriöse haushaltspolitische Debatte, wie wir zunächst die Planung und später dann auch den Bau finanzieren können, denn leere politische Versprechen gab es in den letzten Jahren zugunsten der ZLB wahrlich genug.

Fazit: Gut Gemeintes kann noch besser gemacht werden. Auch ich freue mich auf die Beratung im Kulturausschuss! – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. –

[Torsten Schneider (SPD): Was ist mit dem Hauptausschuss?]

Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Zu dem Tagesordnungspunkt 3.6 ist seitens der Fraktion Die Linke keine Priorität angemeldet worden.

(Daniel Wesener)

[Zuruf von der AfD: Ganz schwach!]

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 4:

Zwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 19. März 2018 Drucksache 18/0977