[Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Bravo!]
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Ludwig. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Prioritäten zu setzen ist eine gute Sache. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Die Priorität, die Sie heute setzen, ist tatsächlich ein Witz, und zwar ein schlechter. Das reicht nicht mal für den Karneval.
Dabei sind die Mitgliederzahlen der Berliner Sportvereine auf absolutem Rekordniveau und steigen weiter. Erst vor zwei Wochen hat der Landessportbund die neuen Rekordzahlen veröffentlicht. Rund 660 000 Berlinerinnen und Berliner sind Mitglied in einem Sportverein. Das sind über 100 000 mehr als noch vor zehn Jahren. Das ist deshalb so, weil der Landessportbund bereits genau das macht, was Sie fordern – gezielt für den Sport in Berlin werben. Ihr Antrag ist daher nicht nur überflüssig, sondern auch ein Affront gegenüber der guten Arbeit des Landessportbundes.
Sie setzen die falschen Prioritäten, und das schon lange. Schon in der letzten Legislatur haben Sie es verpasst, die Vergabe von Sportflächen in den Bezirken transparenter zu gestalten, damit mehr Vereine die vorhandenen Sportflächen effektiver nutzen können. Unseren entsprechenden Antrag haben Sie damals abgelehnt, und auch heute sind Sie anscheinend nicht weiter. Hätten Sie im Sportausschuss besser zugehört, wüssten Sie, welche Priorität man setzen muss, um den Sport in Berlin zu fördern. Wir müssen es den Vereinen ermöglichen, wieder alle Mitgliederanfragen bedienen zu können.
Daher werden wir als Koalition dafür sorgen, dass die Sportflächenvergabe künftig transparenter gestaltet wird. Die Digitalisierung dieses Prozesses hat der Senat gerade vor zwei Tagen beschlossen. Damit hat er einen ersten wichtigen Schritt gemacht, die Auslastung der vorhandenen Flächen deutlich zu steigern und den Vereinen so die Möglichkeit zu geben, weiter zu wachsen. Sie wollen die Probleme mit Werbeplakaten zukleistern. Wir lösen sie, denn das ist unsere Priorität. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Sport empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten vom 7. Mai 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 9. Mai 2018 Drucksache 18/1042
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0869
Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt nun die Fraktion Die Linke. – Frau Abgeordnete Kittler! Sie haben das Wort, bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Spekulationstsunami rast durch Berlin. Mit unserem Beschluss heute entreißen wir ihm in der historischen Mitte unserer Stadt ein großes und geschichtsträchtiges Areal, sichern es als Kulturraum, geben es kreativen Menschen zur Nutzung. Das ist eine großartige Nachricht für die Kulturszene in unserer Stadt.
Im August 2017 – es ist also noch kein Jahr her – lud die Koalition der freien Szene zur öffentlichen Podiumsdiskussion in der Alten Münze ein. Hier wurde die Idee geboren, mit einem Antrag den Ort für Kultur zu sichern und zu entwickeln. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, mit welchem Geld und wie und wann die dafür notwendige Sanierung stattfinden kann. Mittlerweile gibt es den rot-rot-grünen 35-Millionen-Euro-Senatsbeschluss vom 30. Januar dieses Jahres.
Heute können wir als Abgeordnete noch eins draufsetzen, indem wir klären, wie dieser Kulturraum gestaltet werden soll. Ja, wir schieben hier kein fertiges Konzept rüber, das alle gefälligst zu schlucken haben. Nein, wir wollen definitiv die Beteiligung derer, die diesen Kulturraum in der Stadtmitte brauchen, auch weil sie an anderen Orten vertrieben wurden oder davon bedroht sind oder bisher noch den Ort nirgendwo haben.
Wir wollen also ein Nutzungskonzept gemeinsam mit der AG Alte Münze der Koalition der freien Szene, der IG Jazz, der Kultur- und Kreativszene, mit denen, die schon da sind, und denen, die hinzukommen wollen, mit dem Senat, der BIM, dem Bezirksamt Mitte, dem Landesdenkmalamt, mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums und auch gern mit Vertreterinnen und Vertretern des Deutschen Bundestages erarbeiten.
Nun mag Herr Kluckert von der FDP ja sagen, das wäre konzeptlos. Ich sage, das ist Beteiligung. Es kann ein Herr Dr. Juhnke meinen, wir sollten mutig sein – Sie merken schon, ich beziehe mich auf Ihre Äußerung in der ersten Lesung – und die Beteiligung auf die Sparte Musik einschränken.
Da meine ich, all das, was bei der Entwicklung des Konzeptes Beteiligung einschränkt und Ergebnisse vorschreibt, braucht keinen Mut. Mut braucht es, sich erstmalig in Berlin einer solchen Aufgabe von Beteiligung für die Entwicklung eines Kultur- und Kreativortes zu stellen. Vorgestern lud der Architekturpreis Berlin e. V. in Kooperation u. a. mit der BIM zu einer Besichtigung der Alten Münze ein, bei der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BIM den Planungsstand vorstellten. Sie stellten Nutzungsmöglichkeiten auf der Grundlage von Machbarkeitsstudien in Absprache mit dem Bezirksamt Mitte und ersten Beratungen zum Denkmalschutz vor. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudien sollten nun aber auch schnell nicht nur uns im Parlament, sondern natürlich auch den zu Beteiligenden vorgelegt werden, damit auch auf dieser Basis das Nutzungskonzept entwickelt werden kann. Einseitige Entwicklungen anderer Konzepte sollten eingestellt werden. Sie kosten meines Erachtens nur unnötig Geld und Energie.
das schon mit der AG Alte Münze zusammenarbeitet und u. a. auch an der Vorbereitung einer Ausstellung des kulturgeschichtlichen Raumes arbeitet. Die BIM stellte am Dienstag das Palais Schwerin, das sich im Eigentum des Bundes befindet, als Potenzialimmobilie dar und dass es hier auch Verhandlungen mit der BImA zu einem Erwerb durch das Land gibt. Auch über Vorschläge zu einem Ergänzungsbau auf dem Hof wurde berichtet. Egal wie das ausgeht, es bewegt sich bereits viel in der und rund um die Alte Münze.
Sicher wird auch Klaus Lederer bei einem der nächsten Treffen mit Monika Grütters über das Projekt reden, was uns alle nicht davon abhalten sollte, auch mit unseren jeweiligen Fraktionen Kontakt aufzunehmen, um klar zu sagen, dass wir vom Bundestag die Bereitschaft brauchen, dem Land Berlin ein Mitspracherecht zur Verwendung der noch verbliebenen 12 Millionen Euro einzuräumen – eine halbe Million ist nämlich schon für eine
Machbarkeitsstudie für Till Brönner draufgegangen – und um auf 4 bis 5 Millionen Euro laufende Betriebskosten aufmerksam zu machen, die unser Kulturetat nun wahrlich nicht mehr hergäbe. Es wird schon eine große Aufgabe werden, ein Nutzungskonzept zu finden, das die laufenden Kosten im zuvor sanierten Areal deckt.
Ich danke zum Schluss all denen, die in den letzten Jahren die Alte Münze kulturell und kreativ am Leben erhalten haben und die bereit sind, sich gemeinsam mit uns und dem Senat auf den Entwicklungsweg eines Kultur- und Kreativstandortes zu machen. Sowohl der Weg als auch das Ergebnis können beispielhaft für andere Standorte in der Stadt sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht Einigkeit, die Alte Münze soll ein Kulturstandort werden. Das ist erfreulich. Aufgrund unserer marktwirtschaftlich verfassten Wirtschaftsordnung, die zurzeit außerordentlich erfolgreich läuft, sprudeln die Steuereinnahmen, und der viel gescholtene Kapitalismus finanziert hier über die SIWANA-Mittel einen Kulturstandort. Das ist doch erfreulich.
35 Millionen aus dem Steuersäckel stehen zur Verfügung. Wir freuen uns, dass hier eine Leuchtturmimmobilie dafür genutzt werden kann. Dazu gibt es ja einen Antrag im Hause. Der hat auch weitere interessante und gute Facetten, z. B. dass dort dargelegt ist, dass es sich hier um einen einmaligen Zuschuss handeln soll. 35 Millionen für die Umbauten, bestimmte Anpassungen des Geländes, darüber hinaus für die künftigen Jahre aber nichts. Daran werden wir Sie auch messen, darauf werden gucken, ob es tatsächlich gelingt, ein Nutzungskonzept zu finden, das ohne weitere Gelder auskommt, das nicht zu einer institutionellen Förderung führt, die dann jedes Jahr weitere XBeträge verschlingt.
Das ist nämlich ein Unterschied, einmal das Geld – 35 Millionen – locker zu machen, aber dann regelmäßig jährlich etwas zu finanzieren. Von daher finden wir auch diesen Aspekt Ihres Antrages gut.
Was wir nicht gut finden – da hat Frau Kittler schon auf die Beratung im Ausschuss hingewiesen –, ist diese vage Nutzungsidee. Gerade wenn man zurzeit auch über einen
Umbau, eine Renovierung und notwendige Anpassung des Gebäudes nachdenkt, dann sollte man vielleicht eine Idee haben, was man damit machen möchte. Das kann ja sicherlich nicht schaden. Von daher ist es auch keine Einschränkung – wie haben Sie das genannt, Vorlage eines fertigen Konzeptes? Mitnichten! –, wenn wir als Änderungsantrag eingebracht haben, dass wir den Senat auffordern, die Alte Münze zu einem Musik- und Kreativstandort weiterzuentwickeln. Das ist eine Weichenstellung, eine Richtungsvorgabe. Ich glaube, Kulturpolitik steht das gut an, wenn man tatsächlich auch mal eine Idee entwickelt und sagt, wohin die Reise gehen soll. Das ist weder eine Einschränkung noch das Einräumen irgendwelcher Denkverbote noch das Verhindern verschiedener Konzepte, denn es gibt ja viele Konzepte, die vorliegen. Wir hätten uns gewünscht, dass man diesen Mut gehabt hätte, an der Stelle als Kulturpolitik eine Idee und eine Priorität vorzugeben.
Gleichwohl unterstützen wir den Antrag unterm Strich, weil wir uns die grundsätzliche Ausrichtung eines Kulturstandortes an dieser Stelle sehr gut vorstellen können und hoffen, dass wir gemeinsam etwas Gutes daraus machen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Alte Münze, über die wir heute erneut sprechen, ist eines der letzten großen Industriedenkmale im Herzen Berlins, für das noch kein Nutzungskonzept beschlossen worden ist. Der vorliegende Antrag soll diesen Standort als Kulturstandort definieren und sichern, denn es handelt sich um einen architektonisch wie stadtgeschichtlich bedeutenden Standort und zugleich um eine Immobilie, die enorme Potenziale für Kultur und Kreativwirtschaft bietet.
Nach dem dritten Kreativwirtschaftsbericht fallen rund 28 000 Unternehmen, also knapp 20 Prozent aller Unternehmen Berlins, in den Bereich Kultur und Kreativwirtschaft. Dem Bericht zufolge erwirtschafteten diese Unternehmen einen Umsatz von über 16 Milliarden Euro und stellen fast 200 000 Beschäftigte. Und 78 Prozent der kreativen Unternehmen befinden sich innerhalb des S-Bahnrings. Die Kreativwirtschaft ist auf zentrale Standorte angewiesen, was selbstverständlich nicht im Widerspruch zur kulturellen Stärkung der Außenbezirke steht. Aber die zentral gelegene Alte Münze bietet sehr viele Möglichkeiten gerade auch für musikalische Nutzungen, zumal Probleme mit dem Lärmschutz an dieser Stelle leicht lösbar sein sollten. Selbstverständlich geht es