Weshalb geben die Autoren der Intersexualität einen so großen Raum? Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in einer Kindertagesstätte ein betroffenes Kind befindet, ist verschwindend gering. Am Ende führt die Broschüre viele Adressen mit „Trans“, „Queer“ und „Inter“ im Namen auf, aber nicht die Spezialsprechstunde der Berliner Charité zum Thema Intersexualität. Bei allen Fragen der geeigneten Methoden in der Erziehung und Pädagogik sollten wir uns jedoch darüber im Klaren sein, dass wir unsere Kinder am besten dadurch unterstützen, indem wir Ihnen eine Kultur der Offenheit, eine Kultur der Wertschätzung vermitteln, die weder Minderheiten ausgrenzt, noch die Mehrheit zum Problem erklärt.
Mit dieser Handreichung wollen wir dazu beitragen, Sie als Fachkräfte der frühen Bildung umfassend sachlich zu informieren und Ihnen Empfehlungen für ein inklusives pädagogisches Handeln im Umgang mit Geschlechtervielfalt und Familienvielfalt an die Hand zu geben. Dabei ist uns wichtig, diese Themen immer im weiten Horizont der Menschenrechte – und hier insbesondere der Kinderrechte – zu vermitteln. Inklusion, Teilhabe … und Barrierenabbau haben viel mit der Vielfalt der Geschlechter und der Familienformen zu tun. Wir möchten Sie dabei unterstützen, sich als pädagogische Fachkraft, als Team, als Einrichtung der frühkindlichen Bildung im Rahmen der Inklusionspädagogik mit Themen wie geschlechtlicher und sexueller Vielfalt zu beschäftigen.
Das schreiben Stephanie Nordt und Thomas Kugler von der Bildungsinitiative Queerformat in ihrem Vorwort zur hier besprochenen Broschüre.
Wir lernen also erstens: Die Broschüre richtet sich an Fachkräfte der frühen Bildung und nicht an die Berliner Kitakinder, denen bei aller frühkindlichen Bildung das Durcharbeiten einer 140-seitigen Broschüre sicher schwerfiele.
Sie soll zweitens helfen, Fragen zu beantworten, Fragen, die Kinder stellen, die in der bunten und weltoffenen Stadt Berlin aufwachsen. In der Tat, Herr Simon, Kinder beschäftigen sich nicht mit dem Thema Transsexualität. Aber Kinder haben Fragen, wenn sie transsexuelle Menschen auf der Straße sehen und mit dieser Realität konfrontiert werden. Sie bekommen nämlich mit, dass ein Kind plötzlich bei zwei Vätern aufwächst, ein anderes nur mit einer Mutter oder dem Vater, und dass ein anderer Vater plötzlich eine Mutter ist.
Wenn Sie alle drei hier auf der rechten Seite, bevor Sie Ihre merkwürdigen Anträge geschrieben haben, einmal die Broschüre durchgeblättert hätten, hätten Sie auch den Beitrag von Fee von Radetzky, der stellvertretenden Leiterin der Kita am Teltower Damm – Steglitz-Zehlendorf übrigens – gesehen, die beschreibt, wie im Kitaalltag mit dem „schlimmen“ Medienkoffer gearbeitet wurde. Sie hätten die rührenden Zeichnungen der Kinder zu einem der Lieblingsbücher aus dem Koffer – „Der Hase mit der roten Nase“ – gesehen, ein Buch, das sich übrigens mit dem Anderssein beschäftigt. Ihnen hätte ich bis vor Kur
zem noch zugetraut, dass Sie ein bisschen ins Nachdenken gekommen wären. Der teuren Fraktion hier rechtsaußen bedeutet das sicher nichts. Wer die Gesellschaft spalten will, wer dazu Angst verbreiten will und muss, weil sonst das eigene Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert, wird „Ideologie“ rufen und „Gender-Gaga“ und „Frühsexualisierung“, der wird Geld von russischen Tycoonen annehmen, solche Faltblätter drucken, Lügen verbreiten, Hass, Homo- und Transfeindlichkeit in die Gesellschaft tragen.
Wenn Sie damit nichts zu tun haben wollen, dann helfen Sie im Sinne von Magnus Hirschfeld, dessen 150. Geburtstag wir dieser Tage begangen haben, mit, die Botschaft zu verbreiten, die übrigens Mrs. Doubtfire am Ende des gleichnamigen Films an die kleine Kathy, die um Rat fragte. Mit Ihrer Erlaubnis – ich zitiere:
Doch wenn es Liebe gibt, ist das etwas, das verbindet, und du wirst für immer eine Familie in deinem Herzen tragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Broschüre mag vielleicht ganz unschuldig als Handreichung für Kitapädagogen daherkommen, doch eine kurze Recherche führt über den wissenschaftlichen Beirat von Queerformat Prof. Timmermans, Mitautor von „Sexualpädagogik der Vielfalt“, zur Gesellschaft für Sexualpädagogik und weiter zur emanzipatorischen Sexualpädagogik von Kentler. Das ist der Kriminelle, der Berliner Kinder an bekennende Päderasten vermittelt hat.
Aus diesem ideologischen Dunstkreis kommt nun eine Broschüre daher, die massiv in Elternrechte eingreifen will. Ich betone: eingreifen! Auf Seite 14 wird gefordert – ich zitiere:
Themen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt aktiv in die frühkindliche pädagogische Arbeit einzubringen.
Klingt das nach einer simplen Handreichung bei Problemstellungen? – Nein, das ist die Durchsetzung von
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Dem Gutachten von Prof. Winterhoff zufolge verbietet dies dem Staat, Kinder in jedweder Form zu indoktrinieren. Ein freiheitlich-demokratischer Staat darf seinen Bürgern nicht vorschreiben, was sie wertzuschätzen haben. Genau das versucht diese Broschüre. Sie gibt vor, welche Einstellung zu verschiedenen Lebensmodellen die richtige ist. Distanz oder Raum für Kritik lässt sie nicht zu. Der Staat hat sich an sein Neutralitätsgebot zu halten. Trotz gemeinsamer Erziehungsaufgaben von Staat und Eltern liegt im Bereich der Sexualerziehung der Vorrang beim elterlichen Erziehungsrecht. Das gilt ganz besonders für unsere Kleinsten. Kindeswohl steht für uns an erster Stelle, nicht die Klientelpolitik linksgrüner Fantasten! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es ist viel durcheinandergeraten in der Debatte um die Handreichung für pädagogische Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung. Ich bin meiner Vorrednerin und meinem Vorredner von SPD und der Linken sehr dankbar, dass sie schon viel klarstellen konnten. Wir klären da sehr gerne auf. Angereichert mit den entsprechenden Buzzwords der Skandalisierung, haben Sie, liebe CDU-Fraktion, die Handreichung an den Boulevard vertickt, und plötzlich war von der „SexBroschüre“ die Rede, von sexuellen Spielarten, die angeblich im Auftrag des Senats kleinen Kindern erklärt werden sollten, und von der vermeintlich drohenden Frühsexualisierung in den Kitas. Diese Skandalstrategie ist in der Tat aufgegangen. Das hat man gerade eben gesehen. Da werden Beatrix von Storch und ihre Freunde zu Hause ein Sektchen aufgemacht und mit all den sogenannten besorgten Eltern und ihrer Homo- und Transfeindlichkeit auf Sie angestoßen haben, liebe CDU. Wohl bekomm’s vom rechten Rand!
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Stefan Franz Kerker (AfD): Haben Sie mal eine andere Floskel?]
Auch wenn es die liebe CDU enttäuschen mag, man kann es nicht oft genug wiederholen, auch nach dem letzten Redebeitrag: Es geht in dieser Broschüre gar nicht um Sex. Mit dieser Broschüre wird auf den Wunsch vieler Erzieher/-innen und Pädagoginnen und Pädagogen reagiert, in den alltäglichen Fragen von Geschlechterrollen, in Fragen von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt eine pädagogische Unterstützung zu erhalten, und zwar so, wie sie hier vorliegt: professionell und auf dem aktuellsten pädagogischen Stand.
Mal abgesehen davon, dass es so klingt, als ob genau diese Fragen etwas Schlechtes oder Schmutziges seien, es scheinbar doch irgendwie nicht normal ist, wenn Männer Männer oder Frauen Frauen lieben, und man das Ganze vor Kindern verbergen müsse, ist genau das Gegenteil richtig: Eben gerade weil in unserer vielfältigen Stadtgesellschaft auch Fragen von unterschiedlichen Familienformen und Geschlechterrollen, von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Kitas auftauchen, ja notwendigerweise auftauchen müssen, ist es wichtig und richtig, wenn unsere Erzieher/-innen adäquat pädagogisch ausgerüstet sind. Vielfalt ist normal, auch in der Kita.
Dass diese Handreichung eine gute Sache ist, finden nicht nur wir, das findet auch die GEW, das findet der Landeselternausschuss der Berliner Kindertagesstätten, der LSVD, der Paritätische Wohlfahrtsverband und auch die Lesben und Schwulen in der Union.
Es war längst überfällig, dem Fachpersonal Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen, die sie im Umgang mit diesen Themen unterstützen.
Es ist traurig, dass die CDU-Fraktion den bisherigen Konsens aufgekündigt hat, die Maßnahmenpakete und Projekte der Initiative Sexuelle Vielfalt zu unterstützen.