Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil der Antrag selbst so dünn ist, dass er der dünnste Antrag von allen Anträgen ist, die ich hier im Antragsbuch gelesen habe, und da war das Niveau schon nicht hoch.

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit von Ronald Gläser (AfD)]

Und Frau Schmidt! Selbst mit Frosch im Hals hatten Sie in Ihrer Rede noch mehr Substanz geliefert als dieser Antrag! Und ich bin es leid, qualitativ schlechte Anträge auch noch irgendwie mit Murren durchzuwinken oder mich zu enthalten. Nein, schlechte Anträge, die so dünn formuliert sind wie dieser, gehören abgelehnt.

[Beifall bei der FDP – Steffen Zillich (LINKE): Das ewige Durchwinken!]

Denn wenn man die Antwort völlig schuldig bleibt, was man bei diesem Unternehmerinnentag und -preis ändern will, da steht fast nichts in diesem Antrag, wenn noch nicht einmal drinsteht, worin eigentlich die größten Mängel dieses Preises sind, dann ist dieser Antrag einfach mal eine Nullstelle.

[Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Und eine Nullstelle werde ich, werden wir mit Nein beantworten. Schlichtweg besser ist kein Antrag als ein solcher. Das schadet dann eher einem Unternehmerinnenpreis. Die Wirtschaftsverwaltung macht ihre Arbeit, was den Unternehmerinnenpreis und diesen Tag betrifft, und mit diesem Antrag sollte man die Zeit dieses Hauses nicht verschwenden. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 18/0978 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen FDP bei Enthaltung der AfD die Annahme. Wer dem Antrag nun zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die SPD-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das ist die FDP. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die AfDFraktion und ein fraktionsloser Abgeordneter. Der andere Fraktionslose hatte sich enthalten. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 37 F

Diskriminierung bekämpfen – „International Decade for People of African Descent (2015-2024)“ in Berlin umsetzen

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung vom 27. Juni 2018 Drucksache 18/1192

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0966

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und hier spricht der Abgeordnete Herr Walter. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Anwesende! In den vergangenen Wochen hat die Berliner Stadtgesellschaft wiederholt und auf eindringliche Weise gezeigt, dass sie nicht dazu bereit ist, Antisemitismus, Rassismus oder Diskriminierung zu dulden. „Berlin trägt Kippa“ oder die „Stoppt den Hass“Demonstration, bei der über 70 000 Berlinerinnen und Berliner auf den Straßen die Vielfalt feierten und verteidigten, sind beeindruckende Belege hierfür gewesen.

Die öffentlich bekannt gewordenen Übergriffe der vergangenen Wochen und Monate haben uns empört und betroffen gemacht. Sie haben aber unseren Blick auch für die sehr unterschiedlichen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung in unserer Stadt geweitet. Eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit erhielt in der Vergangenheit freilich zu wenig Aufmerksamkeit: der Rassismus gegen schwarze Menschen. Darum soll es hier und heute gehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christian Buchholz?

Nein! – Mit dem vorliegenden Antrag möchten die Koalitionsfraktionen antischwarzem Rassismus etwas entgegensetzen. Dabei greifen wir eine internationale Initiative auf: Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat die Jahre 2015 bis 2014 als internationale Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft ausgerufen. Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Diskriminierung von Menschen afrikanischer Herkunft bzw. von schwarzen

Menschen zu bekämpfen. Gleichberechtigte gesellschaftliche und politische Teilhabe soll endlich ermöglicht werden.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Geschichte und Kulturen von Menschen afrikanischer Herkunft sind zu würdigen. Und das aus einem einzigen Grund: Das Recht auf Nichtdiskriminierung und die Gleichheit vor dem Gesetz sind Grundprinzipien der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, sie gelten für alle Menschen und überall.

Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und

der LINKEN]

Dass dabei noch viel Arbeit vor uns liegt, hat vor einem Jahr eine Kommission des Hochkommissariats für Menschenrechte nach ihrem Deutschlandbesuch klargestellt. Deutschland muss die menschenrechtswidrige Praxis des Racial Profiling beenden. Deutschland muss Hasskriminalität gegen schwarze Menschen konsequenter verfolgen. Deutschland muss seine Kolonialgeschichte aufarbeiten, und Deutschland muss Chancengleichheit von schwarzen Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglichen, egal ob in der Politik, in der Verwaltung, im Gesundheitswesen, auf dem Arbeitsmarkt oder in der Schule. Es gibt also verdammt viel zu tun, und Berlin nimmt diesen Auftrag an – übrigens im Gegensatz zur Bundesregierung, die die Dekade bislang weitgehend ignoriert hat, und im Gegensatz auch zu anderen Bundesländern, denen es scheinbar an dem nötigen Problembewusstsein fehlt. Ich hoffe sehr, dass Berlin hier auch Vorreiter- und Vorbildfunktion übernehmen kann und das über Berlin hinaus ausstrahlt.

Für uns ist klar, dass wir den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus nur gemeinsam führen können. Der vorliegende Antrag will daher einen Prozess von unten mit der Zivilgesellschaft starten, um die Erfahrungen und die Forderungen der verschiedenen schwarzen Berlinerinnen und Berliner aufzugreifen, um Diskriminierung gerade auch intersektional zu erfassen und um gemeinsam Gegenstrategien zu entwickeln. Dabei müssen auch Privilegien, dabei müssen auch gesellschaftliche Machtstrukturen hinterfragt werden.

Als Anfang des Jahres Noah Becker die widerwärtige rassistische Beschimpfung durch den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Meier auf Twitter ertragen musste, diskutierte die weiße Mehrheitsgesellschaft für einen kurzen Moment über den tagtäglich vorkommenden Rassismus. Doch das genügt nicht. Vereinzelte Empörung reicht nicht mehr. Schweigen ist Gewalt.

Mit dem heutigen Beschluss wird sich Berlin auf die Ziele der Vereinten Nationen, zu Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung verpflichten. Das ist aber kein Anlass zum Feiern, sondern die Gleichbehandlung aller Berlinerinnen und Berliner sollte eigentlich eine

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Selbstverständlichkeit sein. Es wird Zeit für Gerechtigkeit. – Vielen Dank!

Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und

der LINKEN]

Für die CDU-Fraktion hat das Wort jetzt Frau Abgeordnete Seibeld. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute soll ein Antrag als Priorität behandelt werden, der nach Ansicht der Anmelder so prioritär ist, dass er erst sehr kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Dass die Dekade bereits im Jahr 2015 begann und im Jahr 2017 auch von der Bundesregierung aufgegriffen wurde, ist an den Anmeldern offenbar vorbeigegangen.

[Beifall und Heiterkeit von Bernd Schlömer (FDP)]

Davon unabhängig fordert der Antrag den Senat auf, unter Einbeziehung von Akteuren der Zivil- und der Stadtgesellschaft Maßnahmen zur Umsetzung der internationalen Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft zu entwickeln und diese dann umzusetzen. Wer genau die Akteure der Zivil- und der Stadtgesellschaft sein sollen und welche besondere Expertise diese dazu befähigen soll, bei der Umsetzung des Antrags behilflich zu sein, bleibt allerdings das Geheimnis der Antragsteller.

In der Begründung zum Antrag findet sich der Hinweis darauf, dass sich die Antragsteller bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt hätten, sich an der Umsetzung der sogenannten Dekade zu beteiligen. Konkret heißt es hierzu auf Seite 112 des Koalitionsvertrages:

Berlin beteiligt sich in Kooperation mit den Selbstorganisationen an der UN-Dekade „People of African Decent“ und wird in diesem Zusammenhang Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die Diskriminierung schwarzer Deutscher zu erfassen.

Ein Blick in Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes wie auch ein Blick in die Verfassung von Berlin zeigt, dass hier eine falsche, wenn nicht sogar eine verfassungswidrige Schwerpunktsetzung vorliegt.

Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der neu geschaffenen und bei der Justizverwaltung angesiedelten Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung. Man kann angesichts des Antrags nur den Eindruck gewinnen, dass das Vertrauen in die eigens geschaffene Stelle nicht großgeschrieben wird und offensichtlich die Sorge besteht, dass die Stelle den an sie gestellten Anforderungen und Aufgabenbereichen nicht gerecht wird.

Gleichwohl sind die Ziele des Antrags, Maßnahmen gegen Rassismus und Antidiskriminismus zu ergreifen, grundsätzlich zu unterstützen. Angesichts der gerade in Berlin herrschenden unerträglichen Situation, dass nahezu täglich neue Vorfälle von Antisemitismus an Schulen und im öffentlichen Raum bekannt werden, scheint der Antrag allerdings auf eine zu einseitige Schwerpunktsetzung zu setzen. Deswegen werden wir uns auch in der Abstimmung enthalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Dr. Kitschun. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Menschen afrikanischer Herkunft gehören zu Berlin, und das schon seit vielen Generationen. Dennoch sind diese Menschen bis heute besonders häufig Diskriminierungen und Rassismus ausgesetzt. Wir setzen uns als Koalition dafür ein, dass sich das ändert.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Perspektive und die Erfahrungen von schwarzen Menschen müssen mehr Beachtung finden, und ihr Schutz vor Diskriminierung muss nachhaltig verbessert werden. Heute bekräftigen wir mit diesem Antrag, dass Berlin sich engagiert an der Umsetzung der Internationalen UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft beteiligt. Zentral sind dabei das Sichtbarmachen und die Erfassung von antischwarzem Rassismus und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen. In die Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung – Frau Seibeld – haben wir als Koalition großes Vertrauen und wissen, dass hier gute und wichtige Arbeit geleistet wird. Und in der Tat: Die Landesstelle hat bereits einen breiten Konsultationsprozess begonnen, dessen Ergebnisse wir hier im Haus beraten werden.

Unabdingbare Voraussetzungen für das Gelingen aller Aktivitäten zur UN-Dekade sind die Mitwirkung und Einbeziehung von Selbstorganisationen und Akteurinnen und Akteuren der Community. Das ist deshalb wichtig, weil viel zu lange über diese Menschen geredet worden ist. Darum gilt, jetzt sichtbar zu machen, welche Sichten es gibt. Es geht um Multiperspektivität, und es geht darum, dass sichtbar und beachtet wird, wie Geschichte, Diskriminierung auf Menschen wirkt und sie selbst empowert werden, sich hier aktiv einzubringen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]