Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Vielen Dank! – Sie stimmen uns also zu, dass die Aussagen von Frau Chebli strafrechtlich nicht relevant sind, anders als Ihre, obwohl Sie die Tweets gerade verglichen haben. Können Sie mir denn sagen, was die Höchststrafe ist, die Sie gerade erwähnt haben, auf die Straftat, die Sie begangen haben?

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

(Ronald Gläser)

Mit Höchststrafe – das war jetzt zugespitzt – meinte ich die möglicherweise drohende Abwahl als Vorsitzender dieses Parlamentsausschusses. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Sie noch ganz andere Sachen mit mir vorhaben. Haben Sie nicht auch mal reingerufen, der würde ins Gefängnis gehören?

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Daniel Buchholz (SPD): Herr Gläser! Wenn Sie Anstand hätten, würden Sie zurücktreten!]

Das würde Ihnen gefallen!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Ich lasse mir doch von Ihnen den Schneid nicht abkaufen!

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Lassen Sie uns weiter ganz ruhig über den Bericht reden, ja! Wir sind doch hier wegen des Datenschutzberichts von Frau Smoltczyk, und der enthält ein langes Kapitel über das Thema biometrische Gesichtserkennung am Südkreuz.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie steht denn die AfD dazu?]

Klar, das ist ein Bundesprojekt, und theoretisch geht das uns oder die Landesregierung nicht wirklich etwas an. Und doch, muss ich sagen, hätte ich mir gewünscht, dass der Senat einmal Stellung zu diesem Projekt nimmt. Ich hätte mich gefreut, etwas über seine Meinung zu hören, denn es ist eine Sache, die viele Berliner betrifft und über die die ganze Stadt spricht.

Oder ein anderer Kracher aus diesem Bericht, das mit den Ferienwohnungen: Wo haben Sie geschlafen? Wann sind Sie wo gewesen? Zeigen Sie mir Ihre Tankrechnung! Wo haben Sie gegessen? – Das sind alles Fragen, mit denen sich Berliner jetzt auseinandersetzen müssen, die das böse Verbrechen begehen, eine Wohnung zu besitzen, von dem irgendein Bezirksamt meint, sie würden sie vielleicht als Ferienwohnung missbrauchen.

Diese exzessive Datenerhebung zeigt, dass bestimmte Berliner Behörden den Datenschutz missachten und auf den Bürgerrechten der Berliner herumtrampeln. Die Berliner AfD lehnt ein solches Spitzel- und Überwachungssystem ab, gerade nachdem wir vom Regierenden Bürgermeister was von Freiheit und Liberalität und Offenheit gehört haben. Das ist SED und nicht SPD! Das hat mit Freiheit nichts zu tun. Das ist eine Ferienwohnung-Stasi, die Sie hier errichten, die wir nicht wollen!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Die Ausführungen des Senats waren an dieser Stelle, wie immer, wenn es für Sie peinlich wird, ziemlich dürftig. Auch in anderen Bereichen stellt die Beauftragte für

Datenschutz und Informationsfreiheit dem Senat ein jämmerliches Zeugnis aus, sei es, dass es um die ITSicherheitsstandards in den Bezirken geht. Das konnte vom Senat ein Stück weit ausgeräumt werden, Sabine Smentek würde sich darum kümmern. Aber zum Beispiel beim der Grün Berlin GmbH ist es möglich, mit elektronischen Karten jahrelang rückwirkend Nutzerprofile der Kunden zu erstellen. Dazu habe ich keine Stellungnahme des Senats gelesen. Da sehen Sie offenbar auch keinen Handlungsbedarf.

Erlauben Sie mir am Ende eine Anmerkung zum Thema digitales Servicekonto: Das ist eine gute Idee, die wir unterstützen. Es muss aber sichergestellt sein, dass in der Verwaltung nicht jeder Beamte auf sämtliche Daten zugreifen darf, sondern dass er die jeweiligen Daten nur bekommen kann, wenn er mit einer bestimmten Angelegenheit befasst ist. Die AfD unterstützt die entsprechenden Bemühungen der Datenschutzbeauftragten in dieser Hinsicht.

Schließlich zeigt der Bericht, dass der Senat keinen großen Wert auf die Informationsfreiheit legt. Maja Smoltczyk weist auf folgende Gesetzeslücke hin: Staatseigene Firmen wie eine GmbH sind nicht vom Informationsfreiheitsgesetz erfasst, das heißt, wenn Bürger, Journalisten oder gar Abgeordnete etwas über die BIM erfahren wollen, bekommen sie keine Auskunft. Dieses Gesetz muss dringend überarbeitet werden. Der Auskunftsanspruch muss auf Firmen ausgeweitet werden. Die Ausführungen des Senats dazu sind nicht überzeugend.

Abschließend möchte ich noch etwas sagen: Frau Smoltczyk hat gerade vorgeschlagen, dass wir zu den weltweiten Monopolisten in den sozialen Netzwerken Alternativen brauchen. Damit hat sie mir und meiner Fraktion aus der Seele gesprochen. Nichts ist wichtiger als echter Wettbewerb im Bereich der sozialen Netzwerke. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Ziller das Wort.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich glaube, wir sollten zurück zum Bericht zum Thema Datenschutz kommen. Als Erstes möchte ich mich ganz herzlich bei Frau Smoltczyk, ihrem Team und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit der letzten Jahre und für den Berichtszeitraum bedanken. Ich denke, das hat Berlin weitergebracht und dem Datenschutz enorm geholfen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich will mit einem oder zwei Beispielen anfangen, die schon genannt wurden. Deswegen werde ich es nicht ganz so ausführlich machen. Zur Debatte zur Einführung des Servicekontos als auch zur Frage der Umsetzung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung: Die Umsetzung in den Bezirken hat gezeigt, wie wichtig das Zusammenspiel ist, dass eine Behörde erst einmal sagt: Ich habe diese Anwendung, ich will das genauso machen –, und dass dann ihr neutraler Blick aus Datenschutzsicht noch einmal draufguckt und sagt: Mensch, mach das lieber so. Dann kommen wir zusammen und finden einen vernünftigen Weg. – Ich glaube, genau dieser unabhängige Blick auf die Prozesse, auf die Gestaltung von Berliner Onlineangeboten oder der Arbeit der Berliner Verwaltung ist das, was Berlin voranbringt. Insofern vielen Dank, dass Sie sich in all diese Prozesse eingemischt haben. Ich glaube, Ihr beharrliches Reingehen in die Prozesse hat das am Ende besser gemacht und hat uns Berlinerinnen und Berlinern bezüglich des Datenschutzes vorangebracht.

Ich glaube, was die Frage von Videoüberwachung angeht, sollten alle im Rahmen der Debatte um das Volksbegehren oder die Videoüberwachung grundsätzlich den Bericht noch einmal ganz genau lesen. Da sind ein paar Arbeitsaufträge sowohl zur BVG als auch zur S-Bahn drin. Ich finde das Bild, das da vermittelt wird, sehr deutlich: Videoüberwachung kann man machen, man braucht aber einen Anlass, eine Begründung, man braucht eine Datenschutzfolgenabschätzung. Einfach so zu sagen, wir überwachen flächendeckend Sachen, wie zum Beispiel im Bericht beschrieben, in der S-Bahn, das ist es nicht. Es braucht eine Begründung. Man muss sich darüber Gedanken machen, und dann mag das im Einzelfall sinnvoll sein, aber nicht grundsätzlich und flächendeckend. Insofern gibt der Bericht uns allen noch einmal Arbeitsaufträge. Das sollten wir im Blick behalten und sehen, was im Folgebericht herauskommt, da sollten wir auf jeden Fall dranbleiben.

Und, das gilt nicht nur für uns als Landesparlament, wir müssen die Fähigkeit, die Funktion von biometrischer und automatischer Videoüberwachung, Videoerkennung im Blick behalten und das auch unter ethischen Gesichtspunkten gemeinsam diskutieren, wie wir damit umgehen. Die Technik wird irgendwann in der Lage sein, automatisch Personen genau zu erkennen und wo sich jemand lang bewegt. Wie wollen wir damit umgehen? – Das ist keine Aufgabe, die wir in Berlin lösen, aber ich glaube, wir sollten als Politikerinnen und Politiker, als Gesellschaft auch in Berlin darüber reden, wie wir damit umgehen wollen, was es für Möglichkeiten gibt, dem im Zweifel entgegenzutreten. Das ist eine Aufgabe für die nächsten Jahre.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Bernd Schlömer (FDP)]

Dann möchte ich auch noch einmal etwas kritisch und auch in unsere Richtung und in Richtung Senat ein paar Arbeitsaufträge aus dem Bericht mitnehmen und annehmen, die da drinstehen. Jemand hat es vorhin gesagt: Das ist der letzte alte Bericht. Ich wünsche mir, dass ab dem nächsten Bericht auch der Umgang des Senats mit einem Datenschutzbericht an manchen Stellen anders wird. Es gibt Bereiche, wo Probleme benannt werden, wo der Senat nicht einmal Stellung nimmt. Ich will als Beispiel nennen die Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst, die Frage, wie der Senat mit Gesundheitsdaten umgeht. Ich glaube, wir können solche Punkte nicht immer wieder von Bericht zu Bericht erwähnen, ohne dass sich etwas tut.

Ein zweiter Punkt ist die Kommunikation zwischen Schulen und Schulamt. Wir haben das im Ausschuss besprochen. Es muss irgendwann aufhören, dass die Berliner Verwaltung, die irgendwann ins digitale Zeitalter will, es nicht schafft, zwischen Schule und Schulamt verschlüsselt zu kommunizieren. Das muss aufhören. Ich hoffe, im nächsten Bericht steht etwas anderes, aber auch als Arbeitsauftrag. Da haben wir nachzuarbeiten, und, ehrlich gesagt, erwarte ich für den nächsten Bericht und zur nächsten Stellungnahme des Senats, dass dann zu dem Bericht auch geschrieben wird: Okay, wir haben das Problem erkannt. Wir nehmen die Aufgabe an. Vielleicht schaffen wir nicht alles sofort, aber wir werden das sozusagen dann auch angehen und lösen.

Zum Abschluss noch einmal ein Punkt der Arbeit der Datenschutzbeauftragten, der vielleicht ein bisschen in der bisherigen Debatte heruntergefallen ist, aber mindestens genauso wichtig ist: Es ist anzunehmen, dass Datenschutz auch ein Bildungsauftrag ist, also sprich, dass die Datenschutzbeauftragte in Schulen geht und mit Kindern und Jugendlichen den Umgang mit persönlichen Daten diskutiert und im Grundschulalter aufklärt. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe und eine ganz wichtige Sache für unsere Jugend. Vielen Dank dafür!

Als letzten Punkt, den ich benennen möchte: Auch die Start-up-Sprechstunde ist nicht zu unterschätzen, gerade für kleine und mittlere Unternehmen bei der Umstellung mit der EU-Datenschutzgrundverordnung. Ohne die Datenschutzbeauftragte, behaupte ich, wären viele junge und kleine Unternehmen in Berlin ziemlich verzweifelt. Insofern ist Ihre Arbeit Gold wert für Berlin im Zweifel, weil es Berliner Unternehmen hier hält und ihnen die Möglichkeit gibt, auch unter den neuen Regeln in Berlin weiterzuarbeiten. – Dafür herzlichen Dank, und ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Schlömer das Wort.

Vielleicht einmal ganz zu Beginn außerhalb meines Sprechtextes: Die Angelegenheit Ausschussvorsitz werden wir nach demokratischem Verfahren ganz kühl und sachlich im Ausschuss regeln. Ich werde dazu hier nichts weiter sagen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Och, schade!]

Ja, so ist das Leben.

Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der regelmäßige Bericht der Beauftragten für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit zeigt uns jedes Jahr eine beeindruckende Bandbreite der relevanten Themen und eine Bandbreite von inhaltlichen Handlungsfeldern im Feld des Datenschutzes. Sie reichen von Detailfragen im Bereich der Informationssicherheit über Bewertungen und Stellungnahmen zu internationalen Aktivitäten bis hin zu wichtigen Vernetzungen und der Gremienarbeit. Haben Sie herzlichen Dank dafür, Frau Smoltczyk! Ihnen ganz persönlich, aber auch ganz besonders Ihren zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Jahr auch angewachsen sind, und ganz besonders – Herr Kohlmeier hat es gesagt – auch für Ihre Öffentlichkeitsarbeit, die Bürgerinnen und Bürger werden sehr verlässlich informiert.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wir haben in diesem Jahr schon sehr viel und intensiv zum Datenschutz gesprochen, und ich möchte deshalb ein wenig in die Zukunft schauen anhand Ihrer Hinweise und Berichte des in Rede stehenden Berichtsjahres. Sie sprechen die digitale Verwaltung an. Wir wollen nicht aufgeben, daran zu glauben, dass gerade hier an der einen oder anderen Stelle etwas Positives passieren wird, wenn auch mit zunehmendem Zweifel. Das endlose leere Versprechen auf verbesserten Service und breiten Onlinezugang muss ein Ende haben. Wir brauchen Umsetzungserfolge und keine strategischen Planungen bei der digitalen Verwaltung. Verwaltungsdigitalisierung, Onlinezugang und Servicekonto funktionieren allerdings nur, wenn es mit dem Datenschutz auch passt. Nutzungstransparenz und Kontrollmöglichkeiten für jeden einzelnen Bürger sind obligatorisch. Wir wollen sehen, wer unsere Daten und Informationen nutzt, klar und transparent, auch gerade bei der Weitergabe von Meldedaten und gerade angesichts der Inanspruchnahme von künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung. Once-only- und One-StopShop-Strategien werden nur dann funktionieren und vor allen Dingen akzeptiert werden, wenn wir unsere Daten und Informationen selbstbestimmt kontrollieren können.

Ein zweiter Aspekt: der Umgang mit Gesundheitsdaten. Der öffentliche Gesundheitsschutz und der behördliche Gesundheitsdatenschutz sind in Berlin noch stark ausbaufähig. Die Charité ist wegen unzureichendem ITSicherheitskonzept eine jahrelange Dauerbaustelle. Die Bezirke, wie ich gelesen habe, allerdings auch seit vielen Jahren. Behördlicher Gesundheitsdatenschutz, der Umgang mit arbeitsmedizinischen Unterlagen und intimen Gesundheitsinformationen auch innerhalb von Behörden, immer wieder und gerade auch jetzt beklagt.

[Marcel Luthe (FDP): Gerade bei der Polizei!]

Die Digitalisierung von Gesundheitsdienstleistungen, neue E-Health-Systeme, bei denen relevante Daten gesammelt und nutzbar gemacht werden, bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten für uns, allerdings nur bei dezentraler Speicherung und der Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften und der Verfügungsgewalt einer jeweiligen Bürgerin und eines jeweiligen Bürgers in dieser Stadt. Das Land Berlin und seine Behörden müssen die Hoheit des Einzelnen, sei es Bürger oder sei es Beschäftigter, über seine Daten stets gewährleisten.

[Beifall bei der FDP]

Die Mahnungen der Datenschutzbeauftragten sind hier berechtigt und regelmäßig auch erwünscht und erbeten.

Über Informationsfreiheit möchte ich abschließend reden. Ich zitiere aus dem Bericht:

Je mehr staatliche Informationen aktiv zur Verfügung gestellt werden, desto eher werden Menschen in die Lage versetzt, Falschmeldungen von richtigen Nachrichten zu unterscheiden.

Die Bekämpfung von Fake-News, von Gerüchten und falschen Informationen ist zunehmend eine prioritäre Aufgabe auch von politischen Parteien. Wir Freien Demokraten setzen daher auf eine konsequente Open-Data- und Open-Government-Strategie. Wir begrüßen es und wir würden es begrüßen, wenn nicht unternehmensbezogene oder nicht personenbezogene Daten und Informationen der Berliner Behörden aktiv in maschinenlesbarer Form veröffentlicht und frei zugänglich gemacht würden. Eine solche Offenlegung führt zu mehr Transparenz, zu einer größeren Möglichkeit der öffentlichen Teilhabe, denn nur wenn selbstbestimmte und freie Bürgerinnen und Bürger informiert sind, können sie an der öffentlichen Diskussion, können sie an der Demokratie teilnehmen. Stärken wir die Informationsfreiheit und formulieren ein Transparenzgesetz, so wie es die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland auch im Bericht fordert! – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild nach § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die

Redezeit hierfür beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort, bitte schön!