Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Freymark das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das ist ein interessantes Thema auch in der Auswahl für die erste Lesung. Normalerweise haben wir so etwas im Fachausschuss und in der zweiten Lesung, um vielleicht auch schon der Senatorin die Gelegenheit zu geben, sich dazu mal zu äußern.

Ich habe mir erlaubt, das Thema mal zu googeln. Dann trifft man immer: Steigen Sie bitte auf den ÖPNV um, denn dort gibt es keine Feinstaubbelastung. – Offensichtlich gibt es aber Berechnungen – sei es in Toronto, London oder Stuttgart –, wonach Feinstaub eben auch im U-Bahnbereich eine Rolle spielt. Deswegen kann ich nachvollziehen, dass die AfD-Fraktion bei dem Thema mal ein bisschen in die Tiefe gehen will. Wobei ich glaube, Herr Scholtysek – das habe ich herausgehört –, dass es auch eine kleine Retourkutsche ist. Aus Ihrer Sicht macht Frau Günther zu viel gegen die Autofahrer. Also haben Sie sich überlegt: Dann zeigen wir Frau Günther mal, was der ÖPNV an Nachteilen mit sich bringen könnte.

(Frank Scholtysek)

[Frank Scholtysek (AfD): Gleichberechtigung für Auto-und U-Bahnfahrer!]

Ich glaube – da wird es auch große Einigkeit geben –, dass im ÖPNV nicht die große Feinstaubbombe auf uns wartet. Aber nichtsdestotrotz, glaube ich, ist es für einen Fachausschuss mehr als geeignet, mal darüber zu sprechen. Liebe Frau Senatorin! Was passiert dort? Gibt es tatsächlich eine Überschreitung der Grenzwerte? Wir hatten aus dem Jahr 2007 von der Kollegin Hämmerling von den Grünen mal eine Notiz, wonach sie auch mal das Thema aufgegriffen und nachgefragt hat. Mittlerweile gibt es etwas andere Richtwerte, an denen wir uns orientieren sollten. Deswegen finde ich, dass wir dieses Thema gemeinsam diskutieren sollten.

Frau Senatorin Günther! Vielleicht nehmen Sie einfach aus der Debatte mit: Wenn man den Eindruck vermittelt, so stark gegen Autofahrer zu sein – ich unterstelle, dass Sie das gar nicht sind, aber in den Diskussionen entsteht leider der Eindruck –, dann wird auf der anderen Seite vielleicht der Reflex ausgelöst, den ÖPNV negativ darzustellen.

Also wir messen in Berlin so vieles: die Beliebtheit unserer Senatorinnen, unseres Bürgermeisters, die Frage, wer wird nächster Kanzler und so weiter. Dann sollte doch auch die Möglichkeit bestehen, vielleicht mal zu messen: Gibt es Feinstaubprobleme, gibt es etwas, was wir tun können? Der Einbau von Klimaanlagen oder anderen Ventilatorenmöglichkeiten kann ja dazu beitragen, vielleicht den Feinstaub zu reduzieren. Was wir wissen, ist, Feinstaub hat auf lange Sicht negative gesundheitliche Wirkungen. Das können und wollen wir in keinem Bereich akzeptieren. Und wenn es da also ein Thema gibt, dann würde ich mich freuen, wenn wir im Fachausschuss entsprechend in die Diskussion kommen. Dazu dient der Antrag, zu mehr erst mal nicht. Alles Weitere im Fachausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Für die Fraktion Die Linke hat Dr. Albers das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Die AfD sorgt sich nun um die Luft in unseren U-Bahn-Schächten. Das verwundert den geneigten Betrachter, denn bisher war Ihnen jedenfalls die überirdische Schadstoffbelastung immer schnurzegal und jedwede Emission von was auch immer völlig schnuppe. Sie wettern gegen die Umweltzone in der Stadt, kriegen bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen Schaum vor dem Mund und schreien bei jedem umweltpolitischen Antrag der Koalition Zeter und Mordio. Das hatten wir gerade

bei der Blauen Plakette. Und jetzt plötzlich entdecken Sie hier Schadstoffe unterirdisch. Das lässt dann schon Zweifel an der Ernsthaftigkeit solcher Anträge aufkommen, zumal bei Ihnen nirgendwo ein umweltpolitisches Konzept und eine entsprechende Antragsstrategie erkennbar ist. Ich weiß nicht, wo Sie den Antrag abgekupfert haben, aus Ihrem Berliner Wahlprogramm, immerhin 38 Seiten stark, ist er nicht abgeleitet. Da kommt das Thema überhaupt nicht vor. Da fordern Sie unter dem Stichwort Umwelt Akku-Laubsauger, mehr Handrechen und – man höre – die Wiederbelebung kleinbäuerlicher Strukturen für Berlin auf Seite 36. Also harken wir diesen Antrag hier ganz in Ruhe ab und sehen mal, wie Sie uns den im Ausschuss dann weiter begründen wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fand das Thema erst mal klasse. Mich hat es dazu gebracht, mal darüber nachzudenken. Ich hatte bisher darüber so nicht nachgedacht, und ich war auch sehr überrascht, als ich die dort zitierten Anfragen gelesen habe, dass eben gar nicht gemessen wird und dass durchaus der Verdacht besteht, dass in den unterirdischen Bahnhöfen der U- und S-Bahnen die Grenzwerte überschritten werden und die Gesundheit der Passagiere gefährdet wird. Insofern ist das Thema durchaus ernsthaft, ich würde das auch nicht wie Daniel Buchholz als reines Ablenkungsmanöver sehen.

Trotzdem muss man dann darüber nachdenken, wenn man diesen Antrag konsequent zu Ende denkt, was das eigentlich bedeutet, nachdem wir heute über Fahrverbote auf Straßen diskutiert haben. Ich möchte auf gar keinen Fall einen Mechanismus einführen, mit dem wir Fahrverbote für U-Bahnen dann nachher noch festlegen. Das sollten wir auf jeden Fall vermeiden.

Wenn man sich den Antrag genauer ansieht und sagt, man möchte das Thema konstruktiv umsetzen, dann sind da schon noch eine ganze Menge knifflige Fragen zu lösen, die in dem Antrag noch nicht so richtig behandelt werden. Das Erste ist, was gelten denn da für Grenzwerte: die für Innenräume, die für Arbeitsplätze, wahrscheinlich nicht die für Außenluft in Straßenräumen, die auf ganz anderer Basis basieren. Da muss man erst mal überlegen, wo nimmt man die her. Da muss man überlegen, wie sieht denn die Messvorschrift dazu eigentlich aus. Auch nicht die von den Straßenräumen, denn die vier Meter hoch angebrachten Stationen, die 270 Grad freie Zuführung von Luft haben, wird es in der U-Bahn nicht geben.

(Danny Freymark)

Ich möchte auch noch mal darauf hinweisen, dass der formale Weg, den Sie da vorschlagen, so nicht funktioniert. Das Erste ist, Verordnungen sind ein reines Handeln der Exekutive, das ist kein parlamentarischer Vorgang. Das macht die Regierung leider unter sich selbst aus, das erleben wir hier auch immer wieder. Wir kommen also bei parlamentarischen Anträgen auch im Bundesrat nicht weiter, wenn wir Verordnungen über Anträge ändern wollen. Die konkret erwähnte Stelle in dem Antrag, die habe ich mir auch noch mal angeguckt: Anlage 3A, 2. Punkt zur 39. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes, die regelt explizit, wo überall nicht gemessen werden soll. Das ist auf jeden Fall die falsche Stelle, um festzulegen, wo man zusätzlich messen soll. Sie müssten sich das noch mal genauer angucken. Ich habe nicht genau verstanden, wo das dazwischenpasst.

Also zusammengefasst: Das Anliegen ist auf jeden Fall gerechtfertigt. Wir müssen schon überlegen, wie wir dafür sorgen, dass gesunde Luft auch in U-BahnStationen und in unterirdischen S-Bahn-Stationen ist. Es ist auch richtig, dass es auf die Tagesordnung kommt.

[Beifall bei der FDP]

So, wie es jetzt in dem Antrag steht, wird das Vorgehen nicht funktionieren. Man wird aber an dem Thema arbeiten müssen. Das Thema ist wirklich eine Diskussion wert. Ich denke, wir werden es mit den anderen Fraktionen zusammen tun, auch mit Ihnen, und mal überlegen, was man da machen kann, was dann auch tatsächlich umsetzbar ist. Aber den Anstoß gegeben zu haben, das halte ich erst mal für eine gute Idee.

[Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Und dann müssen wir das jetzt eben noch so weit führen, dass es tatsächlich auch anfassbar umgesetzt werden kann. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Für die Grünen hat der Kollege Moritz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich versuche, es mal ganz sachlich abzuhandeln. – Die AfD versucht hier im Antrag, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, denn die 39. Bundesimmissionsschutzverordnung dient der Umsetzung europäischer Richtlinien zur Luftreinhaltung. Mit diesen Richtlinien strebt die EU Emissionsreduzierung der Luftschadstoffe und Qualitätsverbesserung der Außenluft zum Schutz der Gesundheit und Umwelt an. Es geht also in der Verordnung um die Außenluft und nicht um die Luftqualität in Innenräumen. Die Luftqualität in U-Bahnhöfen hängt sicherlich auch durch den Luftaustausch durch Schächte und Eingänge mit der Luftqua

lität auf der Straße oben zusammen. Wenn die Luft auf der Straße belastet ist, wird die Luft im U-Bahnhof nicht besser sein. Daher resultieren vielleicht auch die Messergebnisse der DEKRA in Stuttgart, denn Stuttgart gilt ja auch nicht unbedingt als Luftkurort. Aber die Luft in nicht oberirdischen Stationen, wie es im Antrag heißt, kann nicht direkt mit der Außenluft verglichen werden. Daher können die Grenzwerte der 39. BImSchV in U-Bahnhöfen auch nicht angewendet werden. Denn die Größenverhältnisse und Zusammensetzung des Feinstaubs unterscheiden sich schon von der Außenluft. Die Abriebpartikel des Schienenverkehrs sind deutlich größer als die im Straßenverkehr und haben daher auch ein anderes Verhalten. Aber trotzdem gibt es hier, wenn man den U-Bahnhof als Arbeitsplatz sieht, natürlich auch Regelungen für die Luftqualität.

Sie haben ja vorhin schon auf die Kleine Anfrage meiner ehemaligen Fraktionskollegin Claudia Hämmerling hingewiesen, die genau zu dem Thema eine Anfrage gestellt hatte. In der Antwort steht, dass die Berufsgenossenschaft Bahnen explizit den U-Bahnhof Zoologischer Garten ausgewählt und da Feinstaubmessungen durchgeführt hat. Und die hat eben diese Grenzwerte für Feinstäube nach technischen Regeln der Gefahrstoffe TRGS 900 genau auf die Arbeitsplätze angewendet. Und da waren die gemessenen Ergebnisse sehr weit von den Grenzwerten entfernt. Die Grenzwerte sind 2014 noch mal verschärft worden. Und auch von da sind die gemessenen Werte sehr weit entfernt und unterschritten.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Scholtysek von der AfD?

Herr Moritz! Sie wissen aber schon, dass es nicht um die Festlegung von Grenzwerten in Arbeitsstätten geht, sondern es geht um die Festlegung oder die Betrachtung der Luftbelastung für den Fahrgast in den U-Bahnstationen. Es geht nicht um die Belastung des dort arbeitenden Personals. Da sind natürlich ganz andere Grenzwerte, das ist mir bekannt. Aber, wie gesagt, Frage ist: Sie haben den Antrag schon richtig gelesen und verstanden, dass es tatsächlich nicht um die Grenzwerte für Arbeitsplätze geht, sondern um die Messung der Luftwerte und die Beurteilung für die Gesundheit der Fahrgäste?

Ja. Deswegen habe ich auch gesagt, dass die 39. BImSchV hier nicht anzuwenden ist, weil es da um die Außenluft geht und nicht um die Innenluft im

(Henner Schmidt)

U-Bahnhof. Und normalerweise hält man sich auf dem U-Bahnhof als Fahrgast nicht allzu lange auf. Wenn die U-Bahnen fahren, hält man sich da nicht lange auf.

Also kurz zusammengefasst: Die technischen Regeln für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz werden in Tunneln der BVG eingehalten. Eine Überschreitung der Grenzwerte ist nicht gegeben. Die Fahrgäste halten sich eben nur kurze Zeit in den Tunneln auf. Wir können aber gerne im Ausschuss ausgiebig über das Thema diskutieren. Also da gibt es keine Handlungsnotwendigkeit aus meiner Sicht, aber wir können ja gerne darüber diskutieren. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 23 bis 26 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 27 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 4.6. Der Tagesordnungspunkt 28 war Priorität der Fraktion der SPD unter Nummer 4.4. Tagesordnungspunkt 29 steht wiederum auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 30:

a) Tierversuche reduzieren I

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1312

b) Tierversuche reduzieren II

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1313

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Dr. Taschner hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jährlich werden in Berlin Hunderttausende Tiere bei Tierversuchen verbraucht. Ja, ich spreche explizit von Tierverbrauch anstatt von Tiermodell oder Tierexperiment, denn diese Begriffe verharmlosen doch eigentlich nur die grausame Tatsache, dass für die allermeisten dieser Tiere – seien es nun Mäuse, Katzen, Hunde, Kaninchen – diese Experimente am Schluss eben mit

dem Tod enden. Deswegen müssen wir weg von sinnlosen und überflüssigen Tierversuchen.

Rot-Rot-Grün hat sich deshalb auf die Fahne geschrieben, dass wir die Alternativen dazu fördern wollen. Wir wollen eben weg von Tierversuchen, diese sukzessive reduzieren, bis wir sie hoffentlich bald gar nicht mehr brauchen. Wenn wir in Berlin also ein Hotspot für die Exzellenzforschung und für mutige Alternativforschung sein wollen, dann müssen wir eben auch eine Basis schaffen, in der eine Generation an Forschenden reift, die den Tierversuch eben nicht als Goldstandard betrachtet, sondern beherzt neue Wege geht. Dieser Weg ist dann sicherlich tierversuchsfrei.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Dazu gehört, dass wir in einer kommenden Novellierung des Hochschulgesetzes die tierversuchsfreie Lehre stärken sollten. Andere Bundesländer sind uns da weit voraus. Aber wenn derselbe Studiengang an einer Berliner Uni oder an einer Uni an einem anderen Standort in Deutschland eben auch ohne Tierversuche auskommt, dann sollte das doch eigentlich auch an allen anderen Unis in Berlin möglich sein. Dass dieses tierversuchsfreie Studium geht, zeigen bereits zahlreiche Universitäten. Tiere müssen dort nicht extra zum Zweck für Lehre und Forschung getötet werden. Sollte es dennoch unbedingt notwendiges Studium an einem Tier geben, auch hier kann man Alternativen finden. Kooperationen mit Tierkrematorien z. B. oder Tierärzten sind hier ein gangbarer Weg. Eine sinnlose Tiertötung für das Studium hat zumindest in meinem Berlin in Zukunft nichts mehr zu suchen.