Protokoll der Sitzung vom 18.10.2018

[Georg Pazderski (AfD): Ha, ha! Mit Millionen gesponsert!]

Sie weist die Bundesregierung schon seit mehr als drei Jahren auf diesen Betrug hin. Reaktion: Fehlanzeige.

[Kurt Wansner (CDU): Werden die nicht aus Japan bezahlt?]

Ganz anders dagegen in den USA, wo VW und Co. zu Nachrüstungen, Fahrzeugrücknahmen, Entschädigungen und zu Strafen in Milliardenhöhe verurteilt worden sind.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Da gab es keinen Aufschrei wegen Nachrüstung auf Kosten der Hersteller. Wo nicht nachgerüstet werden konnte, wurden die Fahrzeuge zurückgenommen. Es gab auch keinen Aufschrei: Gefährdung von Arbeitsplätzen. – Denn wer gefährdet tatsächlich die Arbeitsplätze? – Nicht der Umwelt-, Gesundheits- oder Verbraucherschutz, sondern die Bosse der Konzerne, die mit überholter Technik weiter gut verdienen wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Trotz dieser Kosten in den USA haben die Autokonzerne wieder Rekordgewinne erzielt.

In Deutschland soll das aber alles nicht gelten, da gehen die Maßnahmen, die in den USA umgesetzt werden,

nicht. Das ist eigentlich der dritte Skandal. Hier wird nachgewiesenermaßen Betrug und Rechtsbruch geduldet, ja schlimmer noch, hier wird noch mit einem staatlich hofierten Umtauschprogramm für Extragewinne gesorgt. Die betrogenen Dieselfahrer und -fahrerinnen sollen dafür noch einmal tief ins Portemonnaie greifen und die Lager der Autohändler leeren, um womöglich wieder einen manipulierten Diesel zu erhalten. Konjunkturprogramm für die Autoindustrie als Dank für Lug und Trug. Herzlichen Glückwunsch, liebe CDU!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Der Bundesverkehrsminister, ob der alte oder neue, ist nicht gewillt, für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen. Stattdessen sucht er lieber den Schulterschluss mit den Bossen der Autokonzerne. Da muss es auch nicht wundern, wenn dem Kraftfahrtbundesamt vollkommenes Versagen im Dieselskandal attestiert wird. Die Bundesregierung lässt die betroffenen Straßenanlieger, die betroffenen Autofahrer und Autofahrerinnen und die Städte im Regen stehen. Daran ändert auch das jüngste Dieselpaket des Bundes nichts. Das ist ein Paket ohne Nutzen. Noch schlimmer, es ist Politikversagen in ganz großem Stil. Anstatt Betrüger zu belohnen, sollte die Bundesregierung endlich handeln. Herr Dregger! Wer betrügt, der gehört ins Gefängnis, zumindest bestraft. Das ist die richtige Lösung

[Burkard Dregger (CDU): Repressionen!]

und nicht dem Senat Fehlhandeln oder Untätigkeit vorzuwerfen, wofür er gar nicht zuständig ist. Für viele betroffene Städte und auch für Berlin gilt dieses Paket der Bundesregierung überhaupt nicht.

Nicht von der Bundesregierung, die hier auf ganzer Linie versagt, sondern von den Städten wird nun die Lösung der Probleme erwartet. Für saubere Luft wird in rund 60 Städten in Deutschland geklagt. Etliche Städte sind schon zur Verhängung von Fahrverboten verurteilt worden. Obwohl die Städte nicht die notwendigen Instrumente zur Lösung der Probleme haben, stehen sie nun in der Pflicht, für saubere Luft zu sorgen. Sie versuchen, mit vielerlei Maßnahmen das Problem in den Griff zu bekommen. Auch Berlin hat ein eigenes Maßnahmenpaket geschnürt. Zuallererst möchte ich den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag nennen, mit dem umfangreichen Förderprogramm für den Umweltverbund, also die Förderung von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr. Weiter gehört zum Maßnahmenpaket die Nachrüstung der BVG-Busse. Da sind auch nicht mehr allzu viele überhaupt nachzurüsten, weitere Busse werden natürlich mit Euro-6-Norm beschafft oder als E-Busse. Langfristig soll der Fuhrpark elektrisch sein. Das wird aber nicht so schnell gehen, Herr Dregger. Da ist auch die Industrie gefragt, denn die Produkte gibt es in dem Umfang noch gar nicht. Aber diese Dinge werden erst längerfristig wirken.

Maßnahmen zur Verflüssigung des Verkehrs, kurz Tempo 30 genannt, sind eingeführt worden, und sie sorgen auch für bessere Luft, und zwar sofort.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Allerdings können sie nicht die hohen Grenzwertüberschreitungen eindämmen. Deshalb ist auch der Tempo30-Versuch nicht gescheitert, wie in dem Antrag von CDU und FDP behauptet wird.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Doch!]

Insgesamt wirken unsere Maßnahmen. Das hat auch das Berliner Verwaltungsgericht anerkannt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Nein!]

Trotzdem müssen wir in elf Abschnitten Fahrverbote verhängen, weitere sind zu prüfen. Vielleicht auch noch einmal zu den Streckenlängen: An 3,5 Kilometern Straße müssen Fahrverbote erlassen werden, von 60 Kilometern, wo die NOx-Grenzwerte überschritten worden sind. Also unsere Maßnahmen wirken.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Was Berlin und die anderen Städte zur wirklichen Lösung des Problems brauchen, haben wir schon des Öfteren besprochen und auch noch mal in unserem Antrag und in der Beschlussempfehlung zusammengefasst. Wir brauchen eine Hardwarenachrüstung auf Kosten der Autohersteller. Die neuen Wagen müssen die Emissionsgrenzwerte endlich einhalten, sonst sind sie in ein paar Jahren auch von Fahrverboten betroffen. Und wir brauchen zur Einhaltung der Fahrverbote und zur Kontrolle die Blaue Plakette. Uns ist der Gesundheitsschutz, wie gesagt, sehr wichtig. Deswegen – und auch, weil die Problemlagen auf der Straße bekannt sind – sollten wir kein Rechtsmittel mehr einlegen gegen das Urteil, sondern wir sollten dieses Urteil anerkennen und endlich im Interesse der Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner handeln.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr viele Menschen sind empört. Sehr viele Menschen sind betroffen von diesen Fahrverboten. Deshalb reden wir heute darüber. Fahrverbote treffen Pendler, Handwerker, Gewerbetreibende, und sie treffen auch Menschen mit niedrigem Einkommen, die sich dann neue

(Harald Moritz)

Autos anschaffen müssten und sich das aber nicht leisten können. Es ist auch eine soziale Frage.

[Beifall bei der FDP]

Fahrverbote sind ein sehr weitreichender Eingriff für die betroffenen Menschen. Sie kommen einer Teilenteignung gleich. Deshalb möchte ich auch am Anfang erst mal die Gesamtperspektive zurechtrücken. Die Grenzwerte werden ja nicht überschritten, weil die Luft immer schlechter wird, sondern die Grenzwerte werden überschritten, weil sie herabgesetzt wurden.

[Sebastian Czaja (FDP): Richtig!]

Wir haben sinkende Stickoxidbelastungen in dieser Stadt. Das reicht noch nicht, die Absenkung müsste schneller gehen, aber es ist erst einmal so, dass wir derzeit die niedrigsten Stichoxidbelastungen seit Jahrzehnten haben.

[Beifall bei der FDP]

Hinzu kommt, dass man auch mal die Art und Weise, wie gemessen wird, was dann in das Gerichtsurteil eingeht, genauer angucken muss. Sowohl die offiziellen Messstellen als auch die des RBB haben teilweise sehr seltsame Standorte.

[Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Am Kurt-Schumacher-Damm hat der RBB an der Startbahn von Tegel gemessen. An der Reinhardtstraße, wo jetzt ein Fahrverbot ist, bin ich der Meinung, dass dort an der Brücke auch die Schiffsemissionen mitgemessen worden sind. Man kann Flugzeug- und Schiffsemissionen nicht vermeiden, indem man Fahrverbote für Autos erlässt.

[Beifall bei der FDP]

Die Messwerte müssen richtig gemessen werden, bevor daraus so drastische Konsequenzen gezogen werden.

Man sollte auch – bei aller berechtigten Sorge um die Gesundheit – nicht in Panik verfallen. In München, Stuttgart, Frankfurt und Köln sind die Messwerte dramatisch höher als in Berlin. Wir haben in Berlin keine flächendeckenden massiven Grenzwertüberschreitungen. Berlin steht eben deutlich besser da als andere Großstädte, und deshalb muss man sich hier nicht auf komplette Innenstädte konzentrieren, sondern auf die wenigen Hotspots mit besonderen Belastungen, anstatt flächendeckend die Stadt absperren zu wollen.

[Beifall bei der FDP]

Das Wichtigste ist und bleibt aber, Fahrverbote, wo immer möglich, zu verhindern, und sie dort, wo sie gerichtlich angeordnet wurden, auf das absolute Minimum zu beschränken.

Deshalb sind wir Freien Demokraten auch gegen die Blaue Plakette. Sie ist ein Schnellschuss, der nur dazu dient, Fahrverbote leicht und einfach durchzusetzen. Wir

Freien Demokraten wollen keine Fahrverbote. Deshalb wollen wir auch keine Blaue Plakette.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen stattdessen innovative, weniger restriktive, weniger eingreifende Maßnahmen, um die Luftverschmutzung tatsächlich nachhaltig zu reduzieren.

Es wurde heute schon sehr viel zur Automobilindustrie gesagt. Natürlich ist es empörend, dass dort kriminelle Dinge passiert sind. Das muss man auch kriminell nennen. Da passiert aber durchaus auch bei uns etwas. Auch bei uns sind jetzt Verantwortliche in Untersuchungshaft, und in anderen Ländern wurden Milliardengeldstrafen verhängt. Das ist auch richtig so. Natürlich müssen die Autoindustrieunternehmen auch manipulierte Fahrzeuge auf eigene Kosten umtauschen oder nachrüsten. Das ist ganz normaler Verbraucherschutz. Wenn das Produkt nicht kann, was es verspricht, muss der Hersteller haften.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Heiko Melzer (CDU) – Harald Moritz (GRÜNE): Genau!]