Protokoll der Sitzung vom 29.11.2018

Für die Fraktion der FDP hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Fresdorf. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie zu Beginn meiner Rede mich auch in den Reigen derer einreihen, die sich bei den Trägern der Volksinitiative bedanken. Auch ich bedanke mich herzlich im Namen meiner Fraktion für Ihr ehrenamtliches Engagement! Es ist sehr beeindruckend, was Sie in Ihrer Freizeit geleistet haben. Im Ausschuss haben Sie uns ein fast hundertseitiges Papier vorgelegt, welches Sie selbst erarbeitet haben. Dafür haben Sie unseren Respekt verdient, und ich danke Ihnen ganz herzlich dafür!

[Beifall bei der FDP, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Wir sind allerdings unterschiedlicher Auffassung darüber, wie wir mit dem Schulbau umgehen sollen. Ich denke, die Ziele der Volksinitiative sind nicht die Ziele meiner Fraktion. Sie haben große Sorge, dass die Schulsanierung und der Schulneubau von einer Gesellschaft vorgenommen werden, die dem Land Berlin gehört. Wir haben Ihnen bereits im Jahr 2017 unseren Schulbau-Turbo vorgestellt,

[Regina Kittler (LINKE): Ja, ja!]

wo wir gesagt haben, wir möchten, dass das Land eine landeseigene Schulinfrastrukturgesellschaft gründet, die Schulbau und Schulsanierung betreiben soll und durch Aufnahme von Drittmitteln befähigt sein soll, diesen immensen Berg an Kosten zu stemmen. Denn – machen wir uns einmal ehrlich: In Ihren Papieren, liebe Kollegin

nen und Kollegen der Linkskoalition in diesem Hause, schreiben Sie immer noch von 5,5 Milliarden Euro Volumen.

[Steffen Zillich (LINKE): Mindestens!]

Das ist aber die Summe – ja, mindestens! Jetzt reden wir mal über die richtigen Zahlen! –, das ist die Summe, die wir vom Gebäudescan haben.

[Regina Kittler (LINKE): Richtig! – Steffen Zillich (LINKE): Ja!]

Wenn wir die normale Baukostensteigerung der letzten Jahre seit Beginn des Gebäudescans dazurechnen, kommen wir auf mindestens 7,7 Milliarden Euro.

[Steffen Zillich (LINKE): Das gilt für alle Baumaßnahmen!]

Sie arbeiten die ganze Zeit mit Taschenspielertricks

[Steffen Zillich (LINKE): Quatsch!]

und reden von falschen Summen.

[Regina Kittler (LINKE): Ist ja Blödsinn!]

Machen Sie sich ehrlich! Streichen Sie 5,5 Milliarden Euro aus Ihrem Wortschatz! Reden wir über den enormen Haushaltstitel von 7,7 Milliarden Euro Infrastrukturschulden, die dieses Land aufgehäuft hat!

[Steffen Zillich (LINKE): Haben wir doch gesagt!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Otto?

Nein, danke! – Nun fordert die Volksinitiative, die Bezirke sollen das stemmen. Wir als Freie Demokraten sind große Freunde von Subsidiarität und denken, die kleinste Verwaltungseinheit sollte dies tun, wenn sie dazu denn in der Lage wäre. Ich habe Sie im Ausschuss während der Anhörung gefragt: Wann denken Sie, dass die Bezirke in der Lage wären, dieses Volumen alleine zu stemmen? – Darauf bekam ich keine Antwort. Ich fragte Sie noch einmal, ob Sie mir sagen können, wann aus Ihrer Sicht die Bezirke in der Lage wären, dieses Volumen wirklich alleine zu stemmen. Auch diese Frage blieb unbeantwortet, denn Sie wissen es selbst: Es ist nicht absehbar, dass die Bezirke in den nächsten Jahren in dem Maße Personal aufbauen können, dass wir dieses Volumen von mindestens 7,7 Milliarden Euro in Berlin investiert bekommen, um unsere Schulen wieder so zu herzurichten, wie unsere Schülerinnen und Schüler es verdient haben – zu Orten des Lernens.

[Beifall bei der FDP – Regina Kittler (LINKE): Wir schaffen das! – Zurufe von Florian Kluckert (FDP) und Stefan Franz Kerker (AfD)]

(Marianne Burkert-Eulitz)

Wir haben Ihnen mit unserem Schulbau-Turbo die Schulinfrastrukturgesellschaft vorgeschlagen. Damit könnte man eine Sorge gleich wegräumen – das Thema Gewinninteresse, Gewinnorientierung einer Gesellschaft. Denn auch wenn sie in Landesbesitz ist, muss die HOWOGE natürlich gewinnorientiert arbeiten; dazu ist sie verpflichtet. Wenn ich aber eine eigene Gesellschaft gründe, die allein den Sinn und Zweck der Sanierung und des Neubaus hat, dann ist das nicht der Fall. Damit hätten Sie dieses Einfalltor schließen können.

Wir merken aber, dass Sie uns in unseren Bestrebungen immer näherkommen.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Auch durch die von Ihnen heute eingebrachte Drucksache 18/1498 machen Sie einen großen Schritt auf uns zu, was wir anerkennend zur Kenntnis nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen!

[Beifall bei der FDP – Lachen bei Steffen Zillich (LINKE) – Steffen Zillich (LINKE): Geschenkt!]

Daher werden wir den Änderungsantrag annehmen, auch wenn wir im Ergebnis nicht komplett bei Ihnen sind und uns bei dieser Beschlussempfehlung letztlich enthalten werden. Aber wir sehen: Sie gehen den Schritt schon einmal in die richtige Richtung, aber nicht komplett. Da schlägt es sich noch nicht ganz nieder, dass wir Sie beraten, aber auch das werden wir hinbekommen.

[Florian Kluckert (FDP): Dauert noch zwei Jahre!]

Wir freuen uns, wenn unsere Kinder wieder an Orten lernen und unsere Lehrerinnen und Lehrer lehren, die den Respekt gegenüber unseren Kindern und unseren Lehrerinnen und Lehrern ausdrücken und in einem ordentlichen Zustand sind. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Polizeischüler! Heute ist ein denkwürdiger Tag.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Heute beschließt dieses Parlament die Privatisierung eines großen Teils unserer Schulen. Rot-Rot-Grün vergeht sich an dem Wertvollsten, was Berlin besitzt: an seiner Jugend. Die Folgen dieses Tages werden noch in

33 Jahren zu spüren sein, wenn unsere Urenkel in Schulen gehen, die das Land Berlin im Jahre 2018 privaten Teuer-Baumeistern geschenkt hat.

Wir wollen der HOWOGE sanierungsbedürftige Schulen und Baugrundstücke für 1,7 Milliarden Euro verkaufen; allerdings stunden wir dem Käufer den Kaufpreis. Die HOWOGE zahlt keinen Pfennig, kann aber die 1,7 Milliarden über 33 Jahre abschreiben. Das Land Berlin mietet dann die Schulen wieder zurück; Kostenmiete, so heißt es, sei zu zahlen. Die HOWOGE wird einen Generalunternehmer beauftragen. Dieser und seine Subunternehmer können erhebliche Gewinne „aufkalkulieren“. Das alles wird in die Kosten einfließen. Wer zahlt? – Der Berliner Bürger. Jeder vernünftige Mensch versteht, dass eine solche Konstruktion niemals billiger sein kann, als wenn man selber baute.

Bauskandale haben in Berlin seit den Siebzigerjahren Tradition: Garski, Antes, Landowsky, Strieder, Hillenberg – das sind Namen, die sich mit Berliner Verfilzungen und absurden Konstruktionen ins Gedächtnis drängen. Sie sind die Ursache für eine Pro-Kopf-Verschuldung von 16 500 Euro pro Bürger! Es muss Schluss sein mit der Verschwendung, die Berliner arm und sexy macht! Wir opfern unsere Schulen auf dem Altar der Schuldenbremse und stürzen uns mit Jubeln der Linken, Grünen und Sozialdemokraten in eine PricewaterhouseCoopers-Idee. Wir verschenken unsere Schulen, um sie für 25 oder 33 Jahre zurückzumieten. So lange, glaubt unser Finanzsenator, halten sie.

Vor 100 Jahren baute man nachhaltig, damit Gebäude so lange halten. Warum baut man heute nicht mehr für die Ewigkeit?

[Steffen Zillich (LINKE): Ist doch wurst!]

Wir machen das, da ein Darlehen, das die HOWOGE zum Schulbau aufnehmen muss, nach Logik der deutschen Schuldenbremse nicht zu den Berliner Schulden zählt – ein einfacher Taschenspielertrick zur Vortäuschung der schwarzen Null, eine plumpe Umgehung der Schuldenbremse. Auch wenn der Herr Finanzsenator hofft, den Bund „behumpsen“ zu können, gab er bei der Hauptausschusssitzung am 7. November zu, dass er nicht weiß, ob Eurostat – das Kontrollorgan der EU – diese Schuldenverschiebung in ein landeseigenes Privatunternehmen gestattet. Aber Vertrag ist Vertrag.

[Steffen Zillich (LINKE): Ja!]

Wenn sich später herausstellen sollte, dass die Schuldenverschiebung von Eurostat nicht akzeptiert wird, müssen wir unsere Schulen für Jahrzehnte zurückmieten. Und schon nach fünf Jahren müssen wir alle Instandhaltungskosten übernehmen.

[Steffen Zillich (LINKE): Hä?]

Welcher Privatmann würde solch ein Geschäft eingehen?

(Paul Fresdorf)

[Lachen von Steffen Zillich (LINKE)]

Wir Berliner werden mit den Kostenmieten für unsere Schulen das Mehrfache von dem bezahlen müssen, was wir bezahlt hätten, wenn wir selber bauten. Ein kluger Schachzug von PricewaterhouseCoopers! Da wird der Beratungsbedarf für die Zukunft gesichert sein. – Ach! Da haben Sie ja auch einmal gearbeitet, Herr Senator! – Vor unseren Augen geschieht gerade ein Steuerverschwendungsskandal –

Kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede, Herr Abgeordneter!

Einen Satz noch! – Vor unseren Augen geschieht gerade ein Steuerverschwendungsskandal, welcher der Teilprivatisierung und dem späteren Rückkauf der Wasserbetriebe hinsichtlich der Größenordnung gleichkommt. Heute ist ein historisches Datum. – Sie, meine Damen und Herren, haben es in der Hand!

[Pfui! von der SPD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Der ist einfach bescheuert!]