Es gibt hier eine Ausführungsvorschrift, Frau Bentele: Beurlaubung, Befreiung, Schulversäumnis, Unterricht bei extremem Wetterlagen – passt ja zum Thema. Wenn Sie gerne nachlesen möchten, können Sie das tun. Hier ist eindeutig geregelt, was entschuldigt wird und was nicht. Ansonsten kann ich nur wiederholen: Irgendwann muss man auch mal stolz auf das sein, was man an Haltung in die Welt hineinträgt.
Es gibt nur zwei Zwischenfragen pro Redebeitrag. Das ist der CDU-Fraktion, glaube ich, bekannt. – Eine Zwischenintervention des Kollegen Hansel auf den Redebeitrag von Frau Bentele.
Nein! Das wissen Sie, Herr Kollege. – Dann nicht. Gut, dann rufe ich Herrn Fresdorf auf. – Dann hätten Sie eine Zwischenbemerkung vorher anmelden müssen. Das haben Sie aber nicht.
Ach, auf Frau Kittler wollen Sie reagieren. Entschuldigung. Auf Frau Kittler können Sie gern reagieren. – Bitte schön!
Jetzt haben Sie mich aber verwirrt, Herr Präsident! – Also, Frau Kittler! Ich rede tatsächlich vom ÖkoDschihad. Dieser Klimarettungswahn, den Sie da machen, das ist eine religiös motivierte Überhöhung dieser gesamten Geschichte. Das ist eine völlig irrationale Geschichte. Und hier wird ein Mädchen, ein junges Mädchen instrumentalisiert, medial gehypt. Sie wissen, wie mediale Konstruktionen laufen. Insofern ist die Verbindung die heilige Jungfrau des Öko-Dschihad, und Dschihad ist etwas wie heiliger Krieg, das kann man auch mit Kreuzzug übersetzen, überhaupt kein Problem. Meine Überzeugung ist, dass der Klimarettungswahn religiös aufgeladen worden ist. Es ist irrational, und es ist auch eine Art Kindesmissbrauch, was hier passiert mit diesem armen Mädchen.
[Steffen Zillich (LINKE): Hauptsache, der Vergleich ist eklig! – Torsten Schneider (SPD): Haben die heute alle was genommen?]
Es ist ja schön, dass Sie noch mal auf Ihre Verschwörungstheorien eingehen. Darüber kann ich jetzt auch nur noch müde lächeln. Und ich kann es bloß wiederholen: Offensichtlich, Sie haben ja Abitur, nehme ich mal an?
Supi! Habe ich in Berlin auch geschafft, stellen Sie sich vor! – Wollten Sie jetzt vielleicht eine Antwort hören? Das wäre vielleicht angebracht. Ich befürchte aber, dass Sie in Bayern dann vielleicht zu der anthropogenen Klimaveränderung in Klasse 11 Geographie irgendwie Fehlzeiten hatten oder Ähnliches, keine Ahnung. Auf jeden Fall können Sie da nicht zugehört haben, oder der Lehrer oder die Lehrerin hat Ihnen das nicht richtig vermittelt, keine Ahnung. Aber ansonsten – ich habe es vorhin schon gesagt: Sie bezweifeln doch, dass es überhaupt eine durch den Menschen gemachte Klimaveränderung gibt.
Da sage ich, mit Wissenschaft haben Sie nichts am Hut, nein! Und das Einzige, was Sie hier können, mit diesem komischen Antrag, ist, dass Sie Menschen disziplinieren wollen. Und es tut mir herzlich leid, wir haben ja nachher noch so einen komischen Antrag von Ihnen, das wird mit uns nicht stattfinden.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte teilt sich eigentlich in zwei Themenbereiche. Wir haben einmal den Antrag, über den man gar nicht viel reden muss. Und dann haben wir das ganze Thema um die Fridays-for-Future-Demonstrationen erlebt.
Zum Antrag selbst: Die Schulpflicht gilt in Deutschland, und in Berlin insbesondere auch. Wir haben hier kein Problem, dass wir die Normen ändern und verschärfen müssen, wir müssen sie einfach nur durchsetzen. Wir haben ein Vollzugsdefizit, wie in so vielen Sachen hier in dieser Stadt,
sei es Zweite-Spur-Parken zum Beispiel. Dieses Vollzugsdefizit zieht sich ein bisschen durch alle Themenbe
reiche, also auch beim Thema Schulpflicht. Das ist klar. Ich glaube nicht, dass wir da eine Verstärkung der Normen brauchen. Wir sollten die anwenden, die wir haben, und durchsetzen. Und darum brauchen wir Ihren Antrag auch nicht.
Lassen Sie mich noch drei, vier Punkte aufgreifen, die hier in der Diskussion gefallen sind: Demonstrationen als Akt des zivilen Ungehorsams. Das habe ich jetzt, glaube ich, drei Mal gehört. – Das ist ein verbrieftes Grundrecht, das hat nichts mit zivilem Ungehorsam zu tun,
ein verbrieftes Grundrecht, welches wir uns nicht herabwürdigen lassen sollten. Es ist wichtig, dass es gelebt wird. Das kann man übrigens auch, und dann ist es aus meiner Sicht noch viel wertvoller genutzt, in seiner Freizeit tun. Denn dann nimmt man die Zeit, die einem wirklich wichtig ist, dafür.
Ich bin sehr gespannt darauf, wie groß denn dieser Demonstrationszwang dann auch noch sein wird und wann die ersten Plakate kommen: „Atomkraft jetzt!“, weil die große Prophetin von Frau Göring-Eckhardt, die sie jetzt in diesen Stand erhoben hat – sie hat jetzt ja auch auf Facebook verkündet, dass Atomkraft eine Lösung der Klimaprobleme darstellen wird –,
da bin ich sehr gespannt, wann diese Prophetin von Frau Göring-Eckhardt erhört wird und wir die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland verkünden und den ersten Neubau hochmoderner Meiler, um die Stromversorgung sicherzustellen. Und dann freue ich mich, wenn Berliner Schülerinnen und Schüler dafür streiten und kämpfen werden.
Eine große Bitte hätte ich allerdings an euch, liebe Schülerinnen und Schüler. Wenn ihr demonstriert für eine Zukunft und für eine bessere Umwelt, dann seid doch so gut und nehmt euern Müll wieder mit nach Hause! –
Wenn man sich anschaut, wie danach die Plätze aussehen, an denen ihr langgezogen seid: Da liegt Plastik auf dem Boden, alles wird in die Gegend geschmissen. Also dann meint es doch bitte ernst, entsorgt den Müll selbst; vielleicht trennt ihr ihn sogar, dann tut ihr wirklich was für die Umwelt, ich denke, mehr als mit jeder Demonstration. Eine schöne Demonstrationszeit ist Samstagmorgen, 7 Uhr; kann ich euch nur empfehlen. Da sind die Straßen leer, da stört ihr niemanden, könnt aber eurer Meinung mit Nachdruck Ausdruck verleihen. „Aus den Betten für die Umwelt!“, könnt ihr rufen, „Kommt auf die Straße und macht mit!“. Das wäre auch eine schöne Zeit. Aber
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Seit einigen Monaten streiken Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland, nehmen ihre Zukunft in die eigenen Hände und engagieren sich außerhalb der Schule demokratisch. Sie haben sich einer weltweiten Bewegung von Schülerinnen und Schülern angeschlossen, die nicht mehr zusehen wollen, wie Erwachsene unsere Zukunft sehenden Auges gegen die Wand fahren. Dass sich Schülerinnen und Schüler zusammenschließen, organisieren und gemeinsam für ihre Anliegen eintreten, ist etwas, worüber wir uns in einer Demokratie nur freuen können. Doch statt einer inhaltlichen Diskussion über die Anliegen der Proteste der Schülerinnen und Schüler wird mit dem Verweis auf die Abwesenheit vom Schulunterricht versucht, das Engagement und die Anliegen der Schülerinnen und Schüler zu diskreditieren, eine Debatte, die an Überheblichkeit kaum zu übertreffen ist.
Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen – – Überhaupt keine Zwischenfragen? – Gut!
So diskutieren wir heute auf Antrag der AfD darüber, in den Ausführungsvorschriften über Beurlaubung und Befreiung vom Unterricht, kurz AV Schulbesuchspflicht, Punkt 1 darum zu ergänzen, dass Ansuchen um Freistellung vom Unterricht für politische Demonstrationen abzulehnen seien. Wenn die rechtliche Frage im Übrigen so eindeutig ist, wie sie von vielen in der AfD, CDU und FDP immer wieder öffentlich dargestellt wird, muss man sich natürlich schon fragen, wieso es dann überhaupt nötig sein soll, diese Ergänzung in die Ausführungsvorschriften hineinzuschreiben.
Viel wichtiger als dieser kleingeistige Vorschlag zur Änderung einer Verwaltungsvorschrift ist, diesen Einsatz der Schülerinnen und Schüler als Chance zu sehen, um Demokratie in der Schule positiv praktisch zu begleiten und zu erkennen, dass hier gerade eine Generation heranwächst, die in der Lage ist, für ihre Anliegen einzutre
Diesen starken Stimmen der Generation müssen wir zuhören, statt zu versuchen, sie mit Repression zu überziehen.
Dieses Vorgehen wäre nicht nur falsch, es wäre auch vollkommen sinnlos, weil diese Schülerinnen und Schüler verstanden haben, dass sie das Recht haben, sich auch andere Möglichkeiten und Beteiligungsformen zu suchen als die, die ihnen von den Erwachsenen zugestanden werden, die die Zukunft ihres Planeten herunterwirtschaften.
Ich bin es leid, es immer wieder zu predigen, aber ich stehe hier jedes Mal als jüngstes Mitglied dieses Hauses vor Ihnen. Ich habe dieselben Erfahrungen gemacht, wie viele junge Menschen sie gerade machen. Engagement wird entweder gehasst und man bekommt extra noch eins reingedrückt oder aber man wird tot gelobt, von oben herab, von den Erwachsenen, die sehr wohl wissen, dass sie immer noch die Regeln machen und keine ernsthafte Sorge haben, dass ein paar Schülerinnen und Schüler tatsächlich etwas ändern können. Diese Frustration und das Bewusstsein, dass tatsächlich kaum junge Menschen an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind, die unsere Zukunft gestalten, waren Gründe für mich, mich für meine Kandidatur zu entscheiden. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als zu sagen: Ja, verdammt! – Die jungen Leute fehlen, und sie fehlen auch in diesem Haus.