Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

[Heiterkeit – Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Betrachten wir die gegenwärtige Situation in Berlin im Bereich von Wissenschaft und Forschung und gerade auch in der Tierforschung: Das Stichwort Charité 3R sei genannt. Wir hatten dazu ja auch eine sehr qualifizierte Anhörung beantragt, die auch noch mal einige Erkenntnisse gebracht hat. Gerade Charité 3R ist ein gutes Beispiel dafür, dass dort weitgehend auf Alternativen in der Tiermedizin gesetzt wird, wo es vernünftig und vertretbar ist. Wir sind aber eben auch noch nicht so weit, dass wir

die exakten Ergebnisse 100 Prozent verlässlich mit Alternativen überall bekommen.

[Daniel Buchholz (SPD): Reduzieren!]

Ich sage an der Stelle auch: Solange man nicht 100 Prozent verlässliche Alternativen hat, ehe man dann die Medikament an Menschen ausprobiert – wenn es also keine Alternativen gibt –, muss man eben auch mal mit Tierversuchen leben. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Das darf man an der Stelle nicht unterschlagen.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Efler?

Bitte, Herr Dr. Efler, Sie haben das Wort!

Vielen Dank erst mal, dass Sie die Frage zulassen im Unterschied zu Herrn Grasse!

Das mache ich immer.

Ja, dass schätze ich wirklich sehr. Aber noch besser wäre, wenn Sie unsere Anträge gelesen hätten.

Das habe ich.

Dann verstehe ich aber nicht – und jetzt kommt die Frage –, warum Sie immer wieder betonen oder suggerieren, wir würden alle Tierversuche von heute auf morgen ersetzen wollen. Wo steht das in den Anträgen drin, dass wir das vorhaben? Wo steht das?

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Die Anträge habe ich sehr wohl gelesen. Hätte ich sie nicht gelesen, hätten wir auch keine Änderungsanträge gestellt. Änderungsanträge bedingen ja, dass man die Anträge gelesen hat. Insofern ist das dann hoffentlich

auch ein Stück weit nachvollziehbar. In den Änderungsanträgen kommt ja auch zum Vorschein, dass bestimmte Dinge aus unserer Sicht zu weitgehend formuliert sind. Gerade wenn man hier von Vorrednern hört, es würde wild auf Affen eingespritzt, fragt man sich, welcher verantwortliche Wissenschaftler wohl wild herumspritzt. Vielleicht geschieht das in Ihrer Fantasie.

[Heiterkeit]

Aber ansonsten sind das Leute, die auch sehr wohl das Tierwohl im Blick haben und nicht einfach darüber hinweggehen, wie man in diesem Bereich in einen verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren kommen kann.

[Beifall bei der FDP]

Letztendlich war die Debatte auch im Ausschuss davon geprägt, dass man zum Beispiel bei der Ausbildung von Veterinärmedizinern und Ähnlichem den Studenten ihren Willen dahingehend lassen kann, dass sie sagen können: Wir wollen keine Tierversuche, wir wollen das nicht erleben. – Da habe ich darauf hingewiesen: Dann haben sie in dem Fall ihren Beruf verfehlt. Auch ein Arzt oder jemand, der Arzt werden will, kann nicht sagen: Ich will in meinem Leben nie eine Leiche sehen. – Jeder Mediziner wird irgendwann mal mit Obduktionen und mit dem Tod konfrontiert werden, und wer das nicht verkraftet und nicht will, kann diesen Beruf dann eben nicht ausüben. Das geht einfach nicht.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Deswegen will ich auch sagen, dass gerade ein Großteil von Tierversuchen im Bereich der Verhaltensforschung stattfindet, im Bereich von kognitiven Fähigkeiten. Darauf hat die Anzuhörende der Freien Universität auch hingewiesen, und ich sage es noch mal: Wenn ein Affe mit Bällen jongliert, wird ihm kein unfassbares Leid angetan, sondern das sind Tierversuche, die eben auch stattfinden, womit aber keine körperlichen Schmerzen verbunden sind. Aber die wollen Sie trotzdem entsprechend einschränken. Wir wollten diese Sachen jedoch ausdrücklich ausgenommen haben, und darauf haben Sie nicht reagiert.

Im Ergebnis bleibt es eben dann auch nur bei einer Enthaltung. Aber eine Enthaltung ist immer noch konstruktiver als Ihre permanente Ablehnung unserer Anträge. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 18/1312 – Tierversuche reduzieren I – empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen – die Annahme mit geänder

tem Berichtsdatum „30. September 2019“. Wer dem Antrag mit geändertem Berichtsdatum „30. September 2019“ gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/1871 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Das sind alle anderen, auch der fraktionslos Abgeordnete. Damit ist der Antrag so angenommen.

Zu dem Antrag auf Drucksache 18/1313 – Tierversuche reduzieren II – empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen – die Annahme mit Änderung. Wer dem Antrag mit Änderung gemäß Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/1872 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind wiederum die Koalitionsfraktionen. Wer lehnt diesen Antrag ab? – Wer enthält sich der Stimme? – Das sind alle anderen Fraktionen und der fraktionslos Abgeordnete. Damit ist auch dieser Antrag so angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 50 A

Kampf gegen Antisemitismus gezielt und konsequent umsetzen – al-Quds-Tag verurteilen!

Dringlicher Antrag der AfD-Fraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 18/1923

Hierzu Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 18/1923-1.

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Es hat das Wort der Abgeordnete Dr. Bronson. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jedes Jahr um diese Zeit gibt es immer wieder die leidige Diskussion um den al-Quds-Marsch. Die Hintergründe sind allen bekannt. In der Stadt der Wannseekonferenz von 1942 findet alljährlich die größte antisemitische Veranstaltung Deutschlands statt. 2018 haben nach Polizeiangaben 1 600 Menschen an dem Marsch über den Kurfürstendamm teilgenommen. Dieser Termin zieht Extremisten eines breiten Spektrums aus dem In- und Ausland an. Auch der Verfassungsschutz schaut sich das an. Wie in jedem Jahr wird auch am Samstag in neun Tagen wieder zur Vernichtung des jüdischen Staates aufgerufen, und antisemitische Terrororganisationen wie Hisbollah werden verherrlicht.

Die Anmelder sind immer haarscharf am Rand des formal Zulässigen, wie es jedes Jahr in den offiziellen Erklärungen heißt. Man verfügt eben über genügend Geld, um

(Stefan Förster)

sich versierte Anwälte leisten zu können, die sich diesen Drahtseilakt ausdenken. Verbieten lässt sich dieser Marsch offenbar nicht, ohne mit den Grundrechten auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit massiv in Konflikt zu geraten. Es ist leider auch noch nie von behördlicher Seite versucht worden, diesen kriminellen Aufmarsch, denn was anderes ist es nicht, gerichtlich zu verbieten.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wahrscheinlich fürchtet man nicht zu Unrecht, dass durch einen gerichtlichen Erfolg die Antisemiten ungeahnten Auftrieb erhalten würden. Plötzlich wäre der alQuds-Marsch gerichtlich abgesegnet. Man stelle sich die Reaktion der Weltpresse vor: German courts allow for demonstration demanding to destruction of Israel. – Das kann sich der Berliner Senat nicht leisten. Man kann sich scheinbar auch sonst nicht viel leisten, denn eine unzweideutige Verurteilung des Marsches ist auch im letzten Jahr angstvoll unterblieben.

[Anne Helm (LINKE): Quatsch! Das ist doch nicht richtig!]

Warum eigentlich? Nur weil der Antrag von der AfD gekommen ist?

[Anne Helm (LINKE): Sie haben doch unseren Antrag zitiert!]

Auf meine Anfrage an den Senat, Drucksache 18/18685, wird eingeräumt, dass dem Bezirksamt CharlottenburgWilmersdorf, wie in jedem Jahr auch in diesem Jahr der unrühmliche Gastgeber dieser Veranstaltung, keine Präventionsmaßnahmen bekannt sind, die sich auf den alQuds-Marsch beziehen. Zumindest will das Bezirksamt am 1. Juni die Flagge Israels vor dem Rathaus hissen und damit guten Willen zeigen.

[Beifall bei der AfD]

Ganz anders der Bundestag: Dort hatte man vor wenigen Tagen ein wichtiges innenpolitisches Zeichen gesetzt gegen den von der unkritisch-propalästinensischen BDS – Boycott, Divestment and Sanctions – verbreiteten Antisemitismus. Und man hatte die BDS klar und deutlich verurteilt.

[Beifall bei der AfD]

Der Botschafter Israels in Deutschland, Jeremy Issacharoff, lobte diese Entscheidung des Bundestages. Deutschland ist damit europaweit der erste Staat, der diesen Schritt unternimmt und den BDS-Projekten keine weitere finanzielle Unterstützung zukommen lassen will. Wenn es der Bundestag geschafft hat, der BDS den Geldhahn zuzudrehen, dann sollte es das Abgeordnetenhaus wenigstens in diesem Jahr schaffen, sich deutlich gegen den al-Quds-Marsch auszusprechen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]