Protokoll der Sitzung vom 15.08.2019

Lokalpresse zu lesen, dass die Sozialdemokratie mit der Bauverhinderungspolitik der Bausenatorin unzufrieden ist. Hier können Sie nun Zeugnis ablegen über die Ernsthaftigkeit Ihrer damals geäußerten Kritik. Und der Herr Regierende Bürgermeister, der natürlich auch nicht da ist: Trauen Sie sich, helfen Sie mit, die Stadt und ihre Wohnungssuchenden vor den Machenschaften der Frau Lompscher zu schützen! – Danke!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 10

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 (Haushaltsgesetz 2020/2021 – HG 20/21)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2020

Erste Lesung

in Verbindung mit

lfd. Nr. 8:

Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Haushaltsplan von Berlin für das Haushaltsjahr 2019 (Nachtragshaushaltsgesetz 2019 – NHG 19)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2018

Erste Lesung

in Verbindung mit

lfd. Nr. 9:

Haushaltsbegleitgesetz zum Nachtragshaushaltsgesetz 2019 und zum Haushaltsgesetz 2020/2021

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2019

Erste Lesung

in Verbindung mit

lfd. Nr. 11:

Gesetz zur Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in Berliner Landesrecht

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/2021

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung zu den Gesetzesvorlagen. Ich habe die Gesetzesvorlage Drucksache 18/2020 mit dem Haushaltsgesetz 2020/2021 vorab federführend an den Hauptausschuss und mitberatend in Bezug auf die Einzelpläne bzw. einzelne Kapitel an die entsprechenden Fachausschüsse überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu feststellen. Die Fachausschüsse haben bereits teilweise mit den Haushaltsberatungen begonnen. Zunächst werden die Gesetzesvorlagen durch den Senat begründet. Das Wort hat der Herr Finanzsenator. – Bitte sehr, Herr Dr. Kollatz!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist ein großes Paket, meine Leute haben nachgezählt, von ca. 4 000 Seiten. Es umfasst den Haushaltsentwurf für 2020, den Haushaltsentwurf für 2021, den Nachtragshaushalt für 2019, das Haushaltsbegleitgesetz, das Gesetz zur Einführung der Schuldenbremse in Berlin, die Finanzplanung und die Prognose des Jahresabschlusses 2019, an denen wir mit einem großen Team in der Senatsverwaltung für Finanzen ein gutes halbes Jahr gearbeitet haben. Dafür möchte ich mich bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken und auch ankündigen, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten zur Verfügung stehen, gemeinsam mit Ihnen hier im Abgeordnetenhaus die Haushaltsberatungen zu einem guten Ergebnis zu führen.

Es gibt wichtige Dinge, die gar nicht so groß im Haushalt stehen, aber große Auswirkungen haben. Da vorhin in einer anderen Debatte schon über die Funktion von Bürgschaften gesprochen worden ist – wir werden in der Laufzeit dieses jetzt angekündigten Haushalts aus der ehemaligen Bad Bank des Landes Berlin, die aus dem Krater der Bankgesellschaft hervorging, nach mehr als 15 Jahren Arbeit halbwegs gut herauskommen. Und das führt dazu, dass über 3 Milliarden Euro Bürgschaften zurückgegeben werden können. Die werden, wenn Sie so wollen, dem Parlament zurückgegeben und natürlich, viel wichtiger noch, den Bürgerinnen und Bürgern in Berlin. Das heißt, diese Bürgschaften bestehen dann nicht mehr, und das ist ein großer Erfolg.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Als Zweites: Die Grundnachricht des laufenden Haushalts 2019, und das ist ein Riesenerfolg, ist, dass das Land Berlin nach harten Jahren der Konsolidierung auf

(Andreas Wild)

einem Weg der Normalität ist. Wir erwarten für dieses Jahr, für das achte Jahr in Folge, einen positiven Jahresabschluss. Wir gehen davon aus, dass der Jahresüberschuss gut 1,3 Milliarden Euro betragen wird. Wir gehen davon aus, dass dazu beiträgt, dass die Zinszahlungen wieder etwas niedriger ausfallen als gedacht. Wir gehen von 1,2 Milliarden Euro Zinsen aus. Seit Anfang des Jahres haben sich die Zinsen noch mal vom Trend her nach unten entwickelt. Das war eine vom Mainstream nicht erwartete Entwicklung, aber ich erinnere mich noch daran, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass wir bei gut 2 Milliarden Euro Zinsausgaben waren. Das hilft uns also.

Das Haushaltsvolumen 2019 liegt auch durch gestiegene Einnahmen erstmals über 30 Milliarden Euro. Das hilft uns auch. Die Transferausgaben insbesondere der Bezirke steigen langsamer. Dort wirkt sich positiv die niedrigere Arbeitslosigkeit aus. Die Vereinbarungen mit dem Bund, die insbesondere der Regierende Bürgermeister verhandelt hat, helfen uns dabei auch, die Flüchtlingskosten niedriger ausfallen zu lassen, als sie ursprünglich vorgesehen waren. Alles in allem führt das dazu, dass wir 600 Millionen Euro für 2020 und 700 Millionen Euro für 2021 in Form von Rücklagen oder rücklagenähnlichen Konstruktionen zur Verfügung stellen können.

Damit ist auch klar, dass ein Thema, das heute Morgen schon angesprochen wurde, auf jeden Fall mit voller Kraft weitergefahren werden kann, weil es ungefähr dem Volumen entspricht, dass wir investiv im Rahmen der Schulbauoffensive ausgeben wollen, nämlich 600 Millionen Euro im Jahr 2020 und 700 Millionen Euro im Jahr 2021. Es sind gigantische Beträge. Deswegen lade ich auch dazu ein, sich sehr viel entschlossener damit zu befassen, was dort alles stattfindet, gerne auch, was man besser machen kann, bitte aber darum, mit der Diskussion aufzuhören, was alles nicht stattfindet. Denn das ist nun tatsächlich Vergangenheit.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Damit komme ich zum dritten Punkt. Der Doppelhaushalt 2020 und 2021 hat, wenn Sie so wollen, drei große Überschriften. Das eine ist, dass wir von einem verstetigten Einwohnerwachstum in Berlin ausgehen. Der Weg in die Städte ist durchaus nach allem, was wir wissen, der beherrschende Trend des 21. Jahrhunderts. Er kann auch nicht gesundgebetet werden, manchmal mit etwas mehr fremdenfeindlichen Formulierungen, als mir lieb wäre, er kann auch nicht abgeschafft werden dadurch, dass man die Augen fest zudrückt und sagt: Die Leute sollen vielleicht nicht kommen, oder sich nur im Umland ansiedeln, sondern wir werden es erleben. Es ist auch wichtig, dass wir dem Rechnung tragen. Nur, wenn wir die Ansiedlungen in Berlin hinbekommen, erhalten wir auch auf lange Sicht die Einnahmen, die wir brauchen. Es hat sich gerade in den letzten Jahren gezeigt. In der jetzigen Amtsperiode dieses Hohen Hauses ist eine Stadt wie Marburg in

Berlin dazugekommen. Ich glaube, es ist wichtig, es uns auch klarzumachen. Es spricht vieles dafür, dass es auch in den Folgejahren so weitergeht.

Die zweite große Überschrift für den Doppelhaushalt ist: das Jahrzehnt der Investitionen. Über den Schulbau habe ich schon gesprochen. Es ist aber natürlich nicht nur der Schulbau, es geht auch um das Thema Wohnen, das Thema Infrastrukturen und noch vieles andere. Aber das sind vielleicht die wichtigsten Elemente.

Die dritte große Überschrift ist das Thema des Aufholens in der Besoldung zum Durchschnitt der Bundesländer sowie tarifvertraglich eine deutlich bessere Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst, und wo Sie auch wissen, dass ich über bundesweite Funktionen dort in diesem Thema die Ehre hatte, eine zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. Dort sind wir weit gekommen und viel weiter, als viele am Anfang dieser Wahlperiode geglaubt haben.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das vierte Thema ist, dass der Senat mit Einnahmen von 63,4 Milliarden Euro für zwei Jahre plant. So viel gab es noch nie. Um auch hier die Verhältnisse deutlich zu machen: Das ist nicht etwa ein Inflationseffekt, sondern ist im Wesentlichen ein Effekt der Stärkung der Wirtschaft und auch der Zahl der Einwohner. Im entsprechenden Doppelhaushalt 2010/2011 haben wir von einem Volumen von 41 Milliarden Euro gesprochen. Das sind heute über 20 Milliarden Euro mehr. Damals ist es mit dem Schönheitsfehler erfolgt, dass die Ausgaben rund 2,5 Milliarden Euro über den Einnahmen lagen und somit die Verschuldung zunahm. Diese Schulden sind auch ein Problem, mit dem wir uns heute herumschlagen. Ich finde aber, dass ein Teil des Erfolgs heute ist, dass keine Neuverschuldung 2020 und 2021 erfolgen wird.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Danke für den Beifall! – Der Haushalt ist ein ehrgeiziger und offensiver Entwurf. Er sieht für 2020 ein Gesamtvolumen von 31 Milliarden Euro und für 2021 ein Gesamtvolumen von 32,3 Milliarden Euro vor. Das ist jeweils ein Wachstum um eine Milliarde Euro pro Jahr gegenüber dem Wert von heute. Das zeigt deutliche Steigerungsraten.

Damit komme ich zum fünften Punkt, der Ausfinanzierung politischer Entscheidungen, etwa die Anpassung der Beamtenbezüge an den Durchschnitt der Bundesländer, die Schulbauoffensive, das Schülerticket. Das führt zu einer Steigerung der Ausgaben um 3,2 Prozent bzw. 4,6 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr. Der Haushalt stemmt diese politisch gewollten und für die Entwicklung der Stadt auch notwendigen Wachstumsschritte in voller Höhe. Gleichzeitig schafft er dies, ohne

(Senator Dr. Matthias Kollatz)

sich strukturell neu zu verschulden. Das ist auch richtig. Da spielt das Wort strukturell noch einmal eine wichtige Rolle, denn es handelt sich um den ersten Haushalt in der Ära der Schuldenbremse. Es gibt einen neuen Länderfinanzausgleich, der gleichzeitig mit der Schuldenbremse zu bewältigen ist. Der Solidarpakt läuft gleichzeitig mit der Einführung der Schuldenbremse aus. All das ist bewältigt in diesem Doppelhaushalt.

Ich erinnere mich auch noch an die Diskussionen, die hier im Haus geführt worden sind, wo es eine Sorge gab, was passiert, wenn der Solidarpakt ausläuft. All das ist gelöst worden unter anderem durch die Verhandlungen um den Länderfinanzausgleich, aber im Kern über einen Aufholweg- und Wachstumsprozess von uns in Berlin. Die Verwaltung hat einen Teil beigetragen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Berlin haben einen wichtigen Teil dazu beigetragen, und auch die Unternehmen in Berlin haben dazu einen Beitrag geleistet, sonst wäre all das nicht möglich gewesen.

Die neue einzuhaltende Zielgröße in der Schuldenbremse ist jetzt die strukturelle Nettokreditaufnahme. Leitlinie für die Aufstellung der Finanzplanung bis 2023 muss deswegen sein, dass es strukturelle Aufwüchse bei den Ausgaben nur bei strukturellen Mehreinahmen geben kann. Damit bleibt es auch bei dem Zweiklang aus Konsolidieren und Investieren. Wir werden sehen, welche Wachstumsraten dann möglich sind. Aber nach allem, was wir wissen, können wir zuversichtlich sein, dass es Wachstums- und nicht Schrumpfungsraten sind.

Damit komme ich zum sechsten Punkt, der Investitionswende, die durchaus auch zu den Zielen gehört hat, als ich angefangen habe. Als ich gesagt habe, ich nehme den Auftrag von Michael Müller an, habe ich mich sehr dafür ausgesprochen, dass wir von etwas, was man vielleicht nur als Konsolidieren bezeichnen kann, gehen auf etwas, was wir als Investiveren und Konsolidieren bezeichnen können.

Die Investitionswende, die wir im Land Berlin vorgenommen haben, erreicht mit 5,3 Millionen Euro für beide Haushaltsjahre zusammen einen neuen Wert, der auch in der Vergangenheit für nicht möglich gehalten worden ist. Dazu kommen auch noch die Ausgaben aus dem Sondervermögen Infrastruktur für die wachsende Stadt. Wir schätzen in der Senatsfinanzverwaltung, dass es noch einmal weitere 800 Millionen Euro in beiden Jahren sind. Wir werden in den beiden Jahren zusammen etwa Investitionsmittel von 6 Milliarden Euro zur Verfügung haben. Nur damit es noch mal gesagt wird: 2014, als ich hier anfing, waren es 1,4 Milliarden Euro in einem Jahr. Sie sehen daran, das ist eine fast revolutionäre Entwicklung.

Um den Schulbau weiter hochzufahren, darauf habe ich schon hingewiesen, werden über einen Nachtrag zum laufenden Haushalt Mittel aus dem erwarteten Über