Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

[Stefanie Fuchs (LINKE): Das macht der Rettungsassi übrigens auch! – Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Diese Wertschätzung, diese Anerkennung jenen Menschen zu geben, ihnen zu zeigen, dass das Gemeinwesen, die Stadt, die Fraktionen, die Parteien, die Landesregierung für sie da sind, darum geht es.

[Zuruf von der LINKEN]

Es geht nicht um die Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs oder darum, dass Kitaerzieher frei fahren können. – Wenn Sie das wollen, machen Sie es! Sie sind die Regierung.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Sie hätten es im Haushalt verankern können, haben es aber nicht gemacht; es gehört auch nicht zu diesem Antrag. Es geht um die Wertschätzung der Menschen, der Angehörigen der Bundeswehr, der Soldaten hier in Berlin und Brandenburg – um nicht mehr und nicht weniger.

[Beifall bei der CDU – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Sie machen Lobbypolitik!]

Ich nehme auch Bezug auf die Rede des verehrten Abgeordneten Schopf im Vergleich zur Rede des Kollegen Ronneburg.

[Torsten Schneider (SPD): Das geht nicht in einer Kurzintervention! – Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie war ausgewogen und stellt das dar, was in dieser Koalition aus SPD, Linken und Grünen möglich ist. Das haben wir hier sehr gut verstanden. – Ich hoffe, dass die Position des vergleichsweise sehr moderat klingenden Herrn Schopf sich in dieser Koalition durchsetzen wird, Herr Ronneburg! Denken Sie immer daran: Ihre sozialistischen Programminhalte einer Partei, die aus Mitgliedern besteht, die der alten DDR noch heute sehr nahestehen,

[Tobias Schulze (LINKE): Total lustig!]

die den Militarismus, die Mauertoten zu verantworten und Menschen unterdrückt hat – aus dieser Tradition kommt Ihre Partei –; dass Sie jetzt kommen und die Bundeswehr in einem freiheitlichen, demokratischen Gemeinwesen und die Menschen derart stigmatisieren, das ist nicht in Ordnung.

[Beifall bei der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Herr Abgeordneter Ronneburg! Sie haben die Möglichkeit der Erwiderung.

[Zurufe von der CDU: Jetzt folgt die Entschuldigung! – Jetzt wird er sich entschuldigen!]

Meine Herren! Geben Sie ihm wenigstens die Chance zur Erwiderung! Ich würde auch gern verstehen, was er sagt.

Ich reagiere gerne auf das, was Herr Friederici gerade gesagt hat. Zum einen weise ich zurück, dass ich hier Angehörige der Bundeswehr – so hat es Herr Friederici verstanden – beleidigt habe.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Vielmehr habe ich offensichtlich eine Wunde bei der CDU getroffen, die sehr schmerzt.

[Karsten Woldeit (AfD): Auf Kosten der Bundeswehr!]

Das kann ich auch absolut nachvollziehen. Wenn es um den Umgang mit der Bundeswehr, mit den Soldatinnen und Soldaten geht, gehört es im Übrigen auch dazu, dass wir viele Soldatinnen und Soldaten in der Partei Die Linke haben. Ich selbst habe in meinem Bezirksverband allein drei junge Genossinnen und Genossen,

[Heiko Melzer (CDU): Pfui!]

die bei der Bundeswehr waren. Ja, sie sind interessanterweise bei der Linken gelandet. Da können Sie sich fragen, warum – weil sie durchaus Dinge bei der Bundeswehr bemängeln. Es ist ein Teil des grundsätzlichen gesellschaftlichen Problems, dass man solche wie die von mir erwähnten Probleme offenbar gar nicht ansprechen kann bei Ihnen, weil Sie dann polemisch werden, weil Sie dann versuchen, jemanden im Grunde genommen als Vaterlandsverräter zu bezichtigen. Das zeigt doch, wie dünn Ihre Argumentation ist, und auf welch dünnem Eis Sie sich als CDU-Fraktion bewegen, wenn es um die Rechte der Soldatinnen und Soldaten geht.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das schmerzt sie sehr; ich kann das verstehen. Ich kann das verstehen, wenn man immer wieder Berichte hört von

Veteranen, die in Afghanistan oder auf dem Balkan eingesetzt waren, und die in die Mühlen der Bürokratie geraten. Da hat Ihre Partei nicht wirklich gut agiert in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich der Frage, wie es mit der Bundeswehr weiter vorangeht und wie den Soldatinnen und Soldaten gegenüber Wertschätzung gewährleistet wird. Das war doch himmelschreiend, und es hat auch jeder erkannt, dass Ihre neue Verteidigungsministerin, Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer, schnell etwas liefern musste. Sie versuchen jetzt, irgendwie auf diesen Zug aufzuspringen, ohne nach links und rechts zu gucken und zu schauen, was Sie grundsätzlich und strukturell an der Bundeswehr verändern müssten und wie Sie es schaffen könnten, eine einsatzfähige Bundeswehr zu gewährleisten, in der die Soldatinnen und Soldaten nicht anderthalb Jahr auf neue Stiefel warten müssen. – Das war das, was ich mit meiner Rede deutlich machen wollte – dass Sie hier versuchen, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, ganz nach dem Motto „Hier im Himmel ist Jahrmarkt; wir tun alles für die Bundeswehr“, und dabei die grundsätzlichen Probleme dieser Bundeswehr überhaupt nicht angepackt werden. Deswegen ist der Antrag, den Sie uns heute vorgelegt haben, nur peinlich. Sie haben nämlich keine Antworten auf die Probleme.

Da sollten Sie sich die Positionierung der Linken im Bundestag noch einmal etwas genauer angucken und sie mit Ihrer Parteivorsitzenden Frau Kramp-Karrenbauer noch einmal ins Gebet nehmen und ihr gegenüber deutlich machen, dass, wenn es eine Freifahrtregelung im ÖPNV für die Bundeswehrsoldaten geben soll, sie gefälligst mit allen Länderchefs und allen Verkehrsverbünden zu reden hat; dann kann das etwas werden. – Das habe ich im ersten Teil meiner Rede gesagt, dass Sie das machen sollten. Sie sollten diese Forderung noch einmal deutlicher adressieren an Ihre Kolleginnen und Kollegen, sodass diese einmal aufwachen und sehen, was sie für Beschlüsse fassen, und dass sie da konsequent sein müssen, und nicht mit solchen Schnellschüssen mal eben Schlagzeilen produzieren. Das kommt bei den Soldatinnen und Soldaten sicher gar nicht gut an. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Jetzt hat für die Fraktion der FDP das Wort der Abgeordnete Schlömer. – Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktive Soldatinnen und Soldaten können mit Beginn des kommenden Jahres privat die Züge der Deutschen Bahn im Fernverkehr kostenfrei nutzen, sofern sie Uniform tragen, ihren Truppenausweis mitführen und über eine kostenfreie Bahnfahrkarte für die zweite Klasse verfügen, die sie mittels eines digitalen

Zugangscodes in einem eigens für die Bundeswehr bereitgestellten Buchungssystem der Deutschen Bahn gebucht haben. – Dieses Modell möchte die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin auf den ÖPNV in Berlin im Grundsatz übertragen. Während der Vorschlag der CDU für den Fernverkehr sicherlich sehr großen Sinn macht und ungeteilt von der FDP bundesweit unterstützt wird, weil die Bundeswehr eine Pendlerarmee ist, Dienstort und Heimatort anders als bei vielen anderen Berufsgruppen im Regelfall weit auseinanderliegen und Wertschätzung und Erleichterungen dementsprechend angeraten sind, stellt sich die Sachlage für einen Stadtstaat, für den ÖPNV ganz anders dar.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Tobias Schulze (LINKE)]

Wir beabsichtigen daher, den Antrag in der vorliegenden Form zunächst abzulehnen. Zu den Gründen führe ich gerne aus: Erstens bedeutet der Antrag nichts anderes als den Einstieg in den entgeltfreien, oftmals kostenlos bezeichneten öffentlichen Personennahverkehr, den wir insgesamt sehr skeptisch sehen. Der Einstieg in den entgeltfreien ÖPNV wird gemeinhin zu bestimmten Zeiten, für bestimmte Personenkreise, bestimmte Personen oder mit bestimmten Verkehrsmitteln realisiert. Nichts anderes fordern Sie hier für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.

Zweitens: Warum eigentlich Soldatinnen und Soldaten? Warum nicht Pflegekräfte, Krankenschwestern, das Technische Hilfswerk, die freiwillige Feuerwehr oder Ehrenamtliche? Das fordern Sie doch auch seit vielen Jahren in der CDU-Fraktion über ihre Abgeordnete Demirbüken-Wegener.

[Beifall bei der FDP und der LINKEN – Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

All diese Gruppen, die sehr viel für Berlin leisten, betrachten Sie gar nicht. Die sind Ihnen keine Wertschätzung wert.

[Burkard Dregger (CDU): Wie kommen Sie darauf?]

Drittens: Die kostenfreie BVG-Karte stellt für Soldatinnen und Soldaten einen geldwerten Vorteil dar, der versteuert werden muss. Hierüber verlieren Sie kein Wort. Die Rahmenbedingungen hierfür lassen Sie völlig außer Acht. Gegenwärtig besteht überhaupt keine rechtssichere Lösung für die kostenfreie Nutzung des ÖPNV.

Viertens: Die Haushaltsbestimmungen im Bund und in den Ländern führen aus, dass für Dienstreisen und Dienstgänge immer das Verkehrsmittel zu nutzen ist, das die wirtschaftlichste Form darstellt. Stehen entgeltfreie Beförderungsmöglichkeiten zur Verfügung, sind diese zwingend zu nutzen. Haben Sie das bei Ihrem Antrag bedacht? Ich zeichne folgendes Szenario: Stabsoffiziere aus dem Bundesministerium der Verteidigung mit Anspruch auf Beförderung durch den BW-Fuhrparkservice fahren künftig mit dem Bus, statt schnell von der

(Kristian Ronneburg)

Stauffenbergstraße mit Elektroautos in den Bundestag zu gelangen, einmal in riesigem Bogen um den Tiergarten, weil keine direkte Busverbindung besteht. Das Offizierkorps wird es Ihnen danken. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN hat jetzt Herr Abgeordneter Moritz das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Freie Fahrt für Bundeswehrsoldatinnen und Bundeswehrsoldaten – kann man machen, wenn es der Bund bezahlt. Bei unseren kostenfreien Beförderungen, z. B. beim Schülerticket, gleicht das Land Berlin die Mindereinnahmen aus. Ähnlich sieht es beim Azubiticket aus. Warum Berlin bzw. die Verkehrsunternehmen die kostenlose Beförderung von Bundeswehrsoldatinnen und Bundeswehrsoldaten finanzieren sollten, leuchtet nicht ganz ein. Die Freifahrt von Angehörigen der Polizei und Feuerwehr in Uniform wird mit der Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Fahrgäste begründet. Auch uniformierte Ordnungsamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeiter dürfen frei fahren. Letztere allerdings nur in der BVG.

In allen Fällen haben die zuständigen Behörden mit den Verkehrsunternehmen über Freifahrten verhandelt. Das war übrigens auch bei den Feldjägern so, die auch frei fahren können. Da hat die zuständige Behörde mit den Unternehmen verhandelt. Warum jetzt der Senat und nicht die Bundeswehr die Verhandlungen führen soll, leuchtet nicht ein. In dem Zuge könnte dann auch über den Ausgleich der Mindereinnahmen verhandelt werden. Die CDU führt in ihrer Begründung auf, dass es 13 000 Bundeswehrkräfte betreffen würde. Das wäre eine Steigerung bei den Personen, die frei fahren können, um 50 Prozent. Das ist schon ganz erheblich.

Ja, Sie haben recht: Denjenigen, die täglich für Demokratie, Sicherheit und Freiheit einstehen, gebührt unsere Wertschätzung. Das trifft aber auf weit mehr Menschen zu, die sich täglich für unsere Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, ein friedliches Miteinander und gegenseitige Unterstützung im Ehrenamt engagieren.

[Zuruf von der AfD: Die AfD!]

Auch denen gebührt unsere Wertschätzung. Aber denen wollen Sie keine freie Fahrt im ÖPNV einräumen. Warum nicht? Ich glaube, schon aus Gerechtigkeitsgründen sollte keine weitere Einzelgruppe freie Fahrt im ÖPNV ohne einen Ausgleich für die Verkehrsunternehmen bekommen.

[Marc Vallendar (AfD): Die riskieren ja nur ihr Leben!]

Wir sehen ja aktuell, wie die Verkehrsunternehmen mit steigenden Personalausgaben zu kämpfen haben. Nach Ihren Vorstellungen müssten dann im Zweifel die normalen ÖPNV-Kundinnen und -Kunden die Defizite ausgleichen. Das wollen wir ausdrücklich nicht. Wir Bündnisgrünen wollen eine solidarische Umlagefinanzierung für den ÖPNV, wobei alle Berlinerinnen und Berliner einzahlen und alle gleichzeitig Nutznießer des ÖPNV sind. Bis dahin wird es noch ein Stück Weg sein, aber wir arbeiten daran.

Aktuell gibt es gute Angebote, die auch die Bundeswehr nutzen könnte. Die Berliner Behörden und Firmen nutzen es. Es werden auch immer mehr. Ich kann nur wärmstens das neue Jobticket empfehlen. Wenn Wohnsitz und Kaserne in Berlin/Brandenburg liegen, kann das ja funktionieren.