Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Dann darf ich die Liste der ersten acht Kollegen, die sich eingedrückt haben, verlesen. Es führt der Abgeordnete Ubbelohde, gefolgt von Herrn Wild, Herrn Vallendar, Herrn Hansel, Herrn Ziller, der Kollegin DemirbükenWegner, Herrn Standfuß und Herrn Dr. Bronson. – Es beginnt der Abgeordnete Ubbelohde. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Wie beurteilt der Senat das politische Klima und die Demokratie in dieser Stadt, wenn eine Bundestagsabgeordnete eine öffentliche Diskussionsveranstaltung an der Freien Universität zum Thema Klimawandel und Gender besuchen möchte, diese Veranstaltung dann vor Ort zunächst als nichtöffentlich erklärt und anschließend wegen dieses Besuches eines Volksvertreters abgesagt wird?

[Joschka Langenbrinck (SPD): Wieder ein Heulsusentum hier!]

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ich habe den Vorfall nicht im Detail verfolgt, sondern jetzt auch die Berichterstattung gesehen. Da können wir gerne noch einmal nachhaken. Aber in aller Regel ist es so, dass die Universitäten das in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie mit diesen Veranstaltungen umgehen und wen sie da zulassen in den Räumen, zu welchen Themen. Wir können jedoch nachhaken, ob im Verfahren etwas nicht ordnungsgemäß verlaufen ist. Im Detail kann ich es Ihnen nicht beantworten.

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Ubbelohde. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Bürgermeister! Wie stellen Sie als politisch Verantwortlicher für diese Stadt denn sicher, dass wieder ein freies akademisches Klima herrscht und ein doch offensichtlich vorherrschendes linkes Meinungsdiktat – insbesondere an den Universitäten, aber nicht nur dort, sondern auch im öffentlichen Raum – wieder neutralisiert wird?

[Lachen bei der SPD, der LINKEN und

den GRÜNEN –

(Burkard Dregger)

Heulsuse! –

Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass in Berlin genau das Gegenteil der Fall ist, dass es überhaupt kein Meinungsdiktat gibt,

[Lachen und Zuruf von Franz Kerker (AfD): Nein, überhaupt nicht!]

sondern ganz im Gegenteil eine sehr freie und offene Universitäts- und Wissenschaftslandschaft. Und Sie wissen auch, dass das einer der Erfolgsfaktoren für die Ansiedelungserfolge der letzten Jahre, insbesondere der letzten Monate, ist, dass Stiftungen, Institute, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu uns kommen, gerade weil sie hier ungehindert lehren, forschen und arbeiten können. Das Gleiche trifft auf die Studierenden zu: 200 000 Studierende kommen aus der ganzen Welt nach Berlin, weil es eben nicht diese Eingriffe und Diktate gibt,

[Franz Kerker (AfD): Nein!

Weil es kostenfrei ist – deswegen!

von denen Sie sprechen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Joschka Langenbrinck (SPD): Selektive Wahrnehmung! – Weitere Zurufe]

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Hansel. – Bitte schön!

Herr Regierender Bürgermeister! Ich glaube, der Kollege Ubbelohde hat am Anfang nicht um eine Bewertung gefragt, was Sie davon halten, was die Universität gemacht hat, sondern wie Sie persönlich dazu stehen in Bezug auf die Stimmung in dieser Stadt, das politische Klima, wenn so etwas vorkommt – darum geht es.

[Zurufe von der SPD und der LINKEN]

Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ich habe gerade etwas dazu gesagt, dass ich das politische Klima anders einschätze. Aber ich sage gerne noch einmal im Grundsatz, jenseits der Situation an der Freien Universität, die ich, wie gesagt, im Detail nicht beurteilen kann, dass ich immer für eine freie und offene Diskussion wie auch für eine gewaltfreie Auseinandersetzung bin. Das empfinde ich als eine Selbstverständlichkeit in unserer Demokratie.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Man muss auch Meinungsunterschiede zulassen. Man darf allerdings auch Meinungsunterschiede deutlich machen. Auch das gehört mit dazu in der Auseinandersetzung. Aber soweit wir eine demokratische und gewaltfreie Auseinandersetzung haben, muss man bei allen Unterschieden genau diese zulassen und ertragen.

[Joschka Langenbrinck (SPD): Fällt ihnen nicht so leicht!]

Die nächste Frage geht an den Abgeordneten Wild. – Bitte schön!

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Auf einer Informationsveranstaltung gestern im Bürgersaal Zehlendorf ließ der Pressesprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten Sascha Langenbach meine Wortmeldung von der informellen Rednerliste streichen und wies seine Mitarbeiterin mit dem Mikrofon an, mich nicht zu Wort kommen zu lassen. Schließlich drängte er mich physisch vom Mikrofon weg. Umstehende bezeichneten seinen Auftritt als typisch für Schlägertypen.

[Daniel Wesener (GRÜNE): Frage!]

Deckt der Senat dieses Vorgehen des Pressesprechers des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten?

Herr Staatssekretär Tietze – bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Was hat gestern stattgefunden? – Gestern hat eine Bürgerveranstaltung stattgefunden, organisiert vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf. Bei dieser Veranstaltung haben, glaube ich, 300 bis 400 Bürgerinnen und Bürger in einer emotional sehr erhitzten Debatte die Pläne des Senats zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf einer Grünanlage diskutiert, erörtert. Meines Erachtens war es eine von Fachlichkeit, aber natürlich auch – wie bei solchen Debatten üblich – von Emotionalität geprägte

Debatte. Natürlich hat es am Ende der Veranstaltung kurz vor neun eine Diskussion darüber gegeben, wer das letzte Rednerinnen- bzw. Rednerrecht hat. Im Verlauf dieser Debatte haben sich unter anderem auch Verordnete der AfD-Fraktion, Abgeordnete aus der FDP und von der Linken zur Debatte gemeldet, aber genauso viele Bürgerinnen und Bürger. An dieser Stelle hat am Ende der Debatte Herr Langenbach zumindest die Veranstalterin darauf hingewiesen, dass es sich bei Herrn Wild um jemanden handelt, der mit polarisierenden, rassistischen, xenophoben Äußerungen aufgefallen ist,

[Beifall bei der LINKEN]

und hat daher dem Bezirksamt den Rat gegeben, das bei der Weitergabe des Mikrofons zu berücksichtigen. Ich habe im Nachhinein mit der Bürgermeisterin kurz den Vorfall ausgewertet. Ich selbst saß auf dem Podium und konnte daher aus dem direkten Gemenge und der Lage nicht viel vernehmen. Ich glaube aber, dass ein Hinweis an den Veranstalter gerechtfertigt war. Inwieweit es weitere Tumulte oder anderes gegeben hat, mag ich aus der Ferne nicht erörtern. Vielleicht sollte man das gegebenenfalls mit den Leuten vor Ort diskutieren und nicht hier zum Bestandteil einer Fragestunde machen. Mir ist wichtig, für Aufklärung vor Ort zu sorgen. Den Vorgang habe ich gestern noch mit Herrn Pressesprecher Langenbach persönlich ausgewertet. Ich habe ihn auch gebeten, noch mal mit dem Bezirk, mit der Veranstalterin Rücksprache zu halten, um Missverständnisse, die eventuell entstanden sind, auszuräumen. Ich glaube, dass es dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten an dieser Stelle geziemt, auf eventuell polarisierende Äußerungen, gerade am Ende einer Veranstaltung, hinzuweisen oder, wie es bei anderen Veranstaltungen teilweise geschieht, darauf hinzuwirken, dass solche sensiblen Veranstaltungen nicht von Rassismus und Xenophobie geprägt werden.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich glaube, das ist für uns eine zentrale Herausforderung.

[Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Es ist das Hausrecht, und man muss sich immer darauf einigen, wie man damit umgeht. Wir haben hier eine sehr emotionale Debatte, und ich kann über einzelne Handlungsstränge, weil ich sie aus der Ferne verfolgt habe, aus dem Kontext heraus nichts sagen. – Vielen Dank!

[Beifall von Bettina König (SPD) und Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Dann hat der Abgeordnete Wild eine Nachfrage – Bitte schön!

Herr Staatssekretär Tietze! Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie meine Schilderung bestätigt haben. Wie passt das zu dem kürzlich geäußerten Satz der Bundeskanzlerin, es gebe keine Meinungsfreiheit zum Nulltarif?

[Carsten Schatz (LINKE): Häh?]

Herr Staatssekretär!

Ich mag an der Stelle Äußerungen einer Bundeskanzlerin nicht bewerten. Ich möchte mich noch mal darauf beziehen: Es war Schluss der Veranstaltung oder fünf Minuten vor Schluss. Es ging darum, wer die Möglichkeit bekommt, eventuell noch einen Redebeitrag einzubringen. Es war eine offene Veranstaltung, mit drei offenen Mikrofonen, moderiert von einem unabhängigen, freiberuflichen Moderator, organisiert vom Bezirksamt SteglitzZehlendorf. Und an dieser Stelle hatte jede und jeder sein Recht, auch unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit. Ich möchte noch einmal betonen, dass Verordnete und Politiker der CDU, der AfD, der SPD, der Grünen und der Linken genauso wie die Bürgerinnen und Bürger ihr Mitwirkungsrecht in dieser Veranstaltung in Anspruch nehmen konnten.

Aber eine Veranstaltung ist um 21 Uhr auch mal beendet, und dann muss man sagen: Jetzt ist Schluss! – Genau das ist passiert. An dieser Stelle haben viele ihre Redemöglichkeit nicht wahrnehmen können, weil eine Veranstaltung nach zwei Stunden auch mal zu Ende ist. Das bitte ich, an dieser Stelle zu respektieren.

[Andreas Wild (fraktionslos): Ach so! Ich dachte, das war Willkür!]

Vielen Dank, Herr Staatssekretär! – Dann geht die weitere Nachfrage an den Abgeordneten Christian Buchholz. – Bitte schön!

Ich habe eine Nachfrage zu dem Thema. Ich habe auch schon mehrere Eröffnungen von MUFs besucht. Dabei habe ich auch Staatssekretär Tietze getroffen, der sich immer betont höflich und korrekt verhalten hat. Da kann man nichts anderes sagen – ein ausdrückliches Lob! Aber der Kollege Langenbach ist auch mir im November 2017 durch übergriffiges Verhalten sehr negativ aufgefallen.