Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Dagegen müssen wir mit der letzten Konsequenz kämpfen. Antisemitismus hat keinen Platz in dieser Stadt, und es gibt hier keinen Rabatt für Menschen, die sich auf Verfolgung im südöstlichen Mittelmeer berufen. Der Schutz des Staates Israel und der Schutz der jüdischen Menschen hier in Deutschland, speziell in der Hauptstadt Berlin, sind für die Freien Demokraten – und ich hoffe für jeden Demokraten in diesem Land – nicht verhandelbar. – Danke!

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Für den Senat spricht nun Herr Senator Dr. Behrendt. – Bitte, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Bei dem ein oder anderen Redebeitrag habe ich mich an die Worte des Regierenden Bürgermeisters von heute früh erinnert gefühlt, als es um das Schlechtreden der Verwaltung ging. Ein bisschen habe ich das auch bei den Redebeiträgen jetzt wiedergefunden, als es um das Schlechtreden der zuständigen Berliner Justiz ging. Das riecht ein bisschen nach Justizpopulismus, und das ist nicht konstruktiv, sondern das ist vor allem auf Erregung und Delegitimierung bedacht. In diese Kategorie fällt auch die folgende Geschichte: Es ist die Geschichte eines Mannes, der behauptet, in Berlin müssten Mieterinnen und Mieter jahrelang auf eine Gerichtsentscheidung warten. Als verantwortlicher Senator möchte ich heute hier feststellen: Das ist unzutreffend. Tatsächlich dauerten Wohnungsmietsachen vor dem Berliner Amtsgerichten im Jahr 2018 durchschnittlich viereinhalb Monate. Man könnte nun sagen: Sei‘s drum! – Das Problem ist jedoch: Dieser Quatsch kann ernsthafte Folgen haben. Wenn z. B. Mieterinnen und Mieter solche Geschichten glauben, könnten sie von Klagen absehen, nach dem Motto: Wenn es so lange dauert, dann klage ich lieber nicht. – Deshalb möchte ich an der Stelle ganz klar sagen: Justizpopulismus schadet dem Rechtsstaat.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Seibeld?

Vorläufig keine Zwischenfragen! – Justizpopulismus schadet vor allem denjenigen, die jeden Tag mit großem

Engagement dafür sorgen, dass die Berliner Justiz funktioniert. Es schadet denjenigen, die dafür sorgen, dass die Berliner Justiz gut funktioniert. Und das sind die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, die Mitarbeitenden auf den Geschäftsstellen, die Kolleginnen und Kollegen in den Justizvollzugsanstalten, um nur einige zu nennen. Kurz, um diese rund 12 000 Kolleginnen und Kollegen der Berliner Justiz, die jeden Tag mit ihrer Leistung und ihrem großen Engagement dafür sorgen, dass wir alle auf unseren Rechtsstaat stolz sein können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Holger Krestel (FDP)]

Denken wir beispielsweise an die Kolleginnen und Kollegen, die dafür sorgen, dass das Amtsgericht Tiergarten in Strafsachen zu den schnellsten Gerichten in der gesamten Bundesrepublik zählt. Selbstverständlich benötigen all die Kolleginnen und Kollegen die bestmöglichen Voraussetzungen dafür, dass die Berliner Justiz auch weiterhin gut funktioniert. Und diese Voraussetzungen sind: Wir brauchen mehr Geld, mehr Platz und mehr Personal. Mehr Geld, mehr Platz und mehr Personal, das waren die Leitlinien der vergangenen zwei Jahre, und das werden die Leitlinien der zukünftigen zwei Jahre sein. Allein in den vergangenen zwei Jahren haben in der Berliner Justiz 155 neue Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte begonnen. Weitere Richterinnen werden wir im Januar einstellen. Insgesamt haben wir derzeit 217 Proberichterinnen und Proberichter in der Berliner Justiz beschäftigt. Das ist unser Nachwuchs. Auch beim allgemeinen Vollzugsdienst in den Justizvollzugsanstalten konnten wir in den letzten Jahren breit einstellen. Aktuell befinden sich hier 310 Anwärterinnen und Anwärter in der Ausbildung.

Kommen wir zum Platz.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Krestel?

Krestel, bitte!

Herr Senator! Wie stehen Sie denn, wenn wir jetzt mal den Nachwuchs betrachten, zum Teil der sehr erfahrenen, auch lebensälteren Richter, die interessiert wären, ihre Arbeitszeit zu verlängern? Meine Fraktion hat vor längerer Zeit bereits den Antrag eingebracht, dies zu ermöglichen. Es wäre doch schön, wenn der Senat sich dazu

entschließen könnte, diese Lebens- und Berufserfahrung weiterhin zu nutzen. Das wäre jetzt meine Frage. Danke!

Ich danke Ihnen, Herr Krestel, für diese Frage. Ich kann sie zurückführen, denn der Senat macht nicht die Gesetze. Wir haben Gesetze, in denen die Altersgrenze steht. Von daher stelle ich anheim, darüber irgendwie ins Gespräch zu gehen. Sie haben es ja beantragt. Überzeugen Sie die anderen Fraktionen, und dann können Sie den Beschluss fassen. Das entscheidet nicht der Senator für Justiz; Rechtsstaat 2.0. Es bleibt auch dabei, dass das Parlament die Gesetze macht.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich komme zurück zum Platz. Wir haben in diesem Jahr erfreulicherweise erheblichen Platzzuwachs zu verzeichnen gehabt, nämlich das Hochhaus am Kleistpark, 10 000 Quadratmeter Fläche, Platz für rund 300 Mitarbeitende. Ich rede vom Kathreiner-Haus am Kleistpark. Wir werden es noch sanieren müssen und es dann in den nächsten Jahren für die Berliner Justiz beziehen können. Mit diesem Umzug des Verwaltungsgerichts aus Moabit an den Kleistpark haben wir dann das zentrale, drängende Raumproblem, das wir haben am Justizcampus Moabit, gelöst. Wo wir gerade beim Thema Platz sind: Vor wenigen Wochen wurden der Berliner Staatsanwaltschaft, die auch sehr eng sitzt, für neue Büroräume am Saatwinkler Damm die Schlüssel übergeben. Das ist das ehemalige Air-Berlin-Gebäude.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vallendar?

Jetzt würde ich gerne mal im Zusammenhang ein bisschen ausführen. Danke! – Platz, Geld, Personal, das waren, wie gesagt, die Leitlinien der letzten zwei Jahre. Ich habe Ihnen das versprochen. Ich werde dafür sorgen, die Berliner Justiz zukunftsfähig zu machen. Und mit dem neuen Haushalt, so wir ihn heute beschließen, 20/21 können wir das Wachstum der Justiz fortsetzen, mehr noch, mit diesem Haushalt setzen wir neue Maßstäbe für die Berliner Justiz.

Deutschland zählt 100 Milliardäre. Zugegebenermaßen stehe ich Milliardären aus Prinzip eher skeptisch gegenüber. Und doch freut es mich sehr, dass ab dem kommen

den Jahr eine weitere Milliardärin in Deutschland existieren wird, und das ist die Berliner Justitia.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Erstmals stellen wir für die Berliner Justiz 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Mit diesem Geld werden wir den Aufbau der Berliner Justiz in großen Schritten weiter vorantreiben. Mit diesem Geld stocken wir das Personal weiter auf. Kurzum, dieses Geld investieren wir in die Zukunft der Berliner Justiz.

Wie sieht es konkret aus? Das Geld ist beispielsweise für die Sanierung der Gerichtsgebäude und Gebäude der Strafverfolgungsbehörden vorgesehen. Hier wurden die Mittel verdreifacht. Auch die Gelder für die Sanierung der Justizvollzugsanstalten werden deutlich erhöht. Und ich bin sehr froh, dass es erstmalig gelungen ist, in die Investitionsplanung des Landes Berlin die Häuser II in Tegel und in Moabit hineinzubekommen, bekanntlich Gebäude, Gemäuer muss man ja sagen, aus dem vorvorletzten Jahrhundert, dringend sanierungsbedürftig.

Wir befinden uns, was das Personal angeht, in einer ausgesprochen guten Ausgangslage. Frau Vandrey hat darauf hingewiesen. Wir finden sehr hoch qualifizierte junge Juristinnen und Juristen für die Berliner Justiz. Wir können noch einmal eine Schüppe drauflegen. Insgesamt gibt es 286 zusätzliche Stellen mit diesem Doppelhaushalt für die Berliner Justiz. Damit stärken wir die Justiz personell so deutlich wie seit Jahrzehnten nicht. Also mehr Geld, mehr Platz, mehr Personal – dafür steht dieser Justizhaushalt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Kurz noch zu den anderen Themen: Landwirtschaftspolitik, Ernährungspolitik ist angesprochen worden. Leider wird das immer in ein Gegensatzverhältnis gebracht, als wenn das der Justiz etwas wegnähme. Ich sage Ihnen heute: Man kann das eine tun und muss das andere nicht lassen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und genau das ist auch mein Ziel: mehr saisonale, mehr regionale, mehr biologische Lebensmittel für Berlin.

Angesprochen worden ist das: Wir brauchen mehr Luft für die Projekte im Bereich der Demokratieförderung. Wir leben in bewegten Zeiten. Von daher ist es gut und richtig, dass die Koalitionsfraktionen da noch mal eine Schüppe draufgepackt haben. Wir wollen unsere Demokratie verteidigen gegen die Angriffe, die es nun mal gibt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mehr AfD wagen!]

Wir wollen auch den Rechtsstaat verteidigen, und dafür ist dieser Haushalt eine gute Grundlage. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Holger Krestel)

Vielen Dank! Ich verweise noch mal auf die Geschäftsordnung. Zwischenbemerkungen sind nur möglich für Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Das haben wir auch für die Regularien des heutigen Tages nicht verändert. Daran will ich noch mal erinnert haben.

Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt liegen nicht vor.

Wir kommen zu

lfd. Nr. g):

Einzelplan: 07 Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

Ich verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummer 35 bis 49 auf Drucksache 18/2400.

In der ersten Runde geht es im Schwerpunkt um die Verkehrspolitik. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Abgeordnete Schopf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die größte Herausforderung, vor der wir heute alle miteinander stehen, ist der Klimaschutz. Insgesamt verfolgen wir mit dem Einzelplan 07 eine stringente Umwelt-, Verkehrs- und Klimapolitik für unsere Stadt. Wir haben beispielsweise die Finanzmittel für die Stiftung Naturschutz erhöht, die Ansätze für die Umrüstung von Fahrgastschiffen verdoppelt, wir verstetigen die Mittel für die Stadtbaumkampagne, setzen den Ausbau der Trinkwasserbrunnen und Wasserständer mit zusätzlichen Mitteln fort und initiieren ein Pilotprojekt zur Begrünung und zum Anbringen von Solarzellen auf Haltestellendächern. Wir stärken den ÖPNV und holen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene. Wir haben zudem den Finanzrahmen für den Fahrradverkehr auf hohem Niveau fortgeschrieben, die Haushaltsansätze für die Verkehrs- und Schulwegsicherheit erhöht sowie die Finanzmittel für den Fußverkehr gestärkt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und die größte Steigerung findet sich dabei im Verkehrsbereich wieder. Die vorgesehenen Finanzmittel dienen vor allem der Umsetzung der Angebotsverbesserungen und Mehrleistungen, die im Nahverkehrsplan dargestellt sind. Hierzu zählen zum einen Taktverdichtungen, die Rundumerneuerung der BVG-Flotte, die Ausweitung des Straßenbahnnetzes, die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur sowie das Verkehrsinfrastrukturprojekt i2030. Wir achten darauf, die Bedürfnisse aller Berlinerinnen und Berliner, ob im Zentrum oder den Außenbezirken, in Einklang zu bringen, denn Menschen haben ein Recht auf Mobilität.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns als Koalition vorgenommen, den Anforderungen an eine gleichberechtigte, moderne, klimaverträgliche und zukunftsorientierte Mobilitätspolitik gerecht zu werden. Aber wer die Lippen spitzt, der muss auch pfeifen. Worte sind schnell gesprochen, jedoch müssen diesen Taten folgen. Wer auf der einen Seite fordert, dass die Berlinerinnen und Berliner ihre Autos abschaffen, der muss auf der anderen Seite für Alternativen sorgen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Der wichtigste Hebel für weniger Individualverkehr ist daher ein gut ausgebauter ÖPNV,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]