Protokoll der Sitzung vom 02.04.2020

Auch die Kommunikation zwischen Lehrern und Elternhaus muss verbessert werden, keine Frage. Die AfDFraktion hatte bereits zuvor einen durchdachten Antrag eingebracht: das elektronische Klassenbuch nach estnischem Vorbild. Das war allerdings noch vor Ihrer Zeit als Bildungspolitiker, deswegen ist Ihnen das wahrscheinlich nicht präsent. Aber als einen kleinen Hinweis eines alten Hasen zu einem – Karl May hätte gesagt – Greenhorn.

[Lachen bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sind Sie der alte Hase?]

Ja, nach dreieinhalb Jahren. Nicht so alt wie Sie, Herr Albers.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Schon in Ordnung, Herr Kerker!]

Dann bleibt noch die beiläufig erhobene Forderung, Schülerinnen und Schüler und pädagogisches Personal mit digitalen Endgeräten auszustatten. Lehrer benutzen derzeit in der Regel private Geräte. Das geht auch aus der Antwort auf eine meiner Schriftlichen Anfragen hervor. Sie haben das jetzt hier wieder vollmundig gefordert. Ich meine, wenn das von der linken Seite kommt, wundert mich das nicht, aber dass das sozialistische Denken mittlerweile auch in der CDU so verankert ist. Haben Sie einmal durchgerechnet, was das kosten würde?

[Sven Heinemann (SPD): Der Osterhase! –

Zuruf von Regina Kittler (LINKE) –

Leider haben Sie in Ihrem Antrag nicht ein Wort dazu verlauten lassen, und auch in Ihrer Rede nicht. Kurzum: Das wirkt wirklich wie ein Potpourri an zu viel Blauäugigkeit, und wir werden diesem Antrag so in der Form nicht zustimmen können, auch wenn die Marschrichtung vielleicht positiv sein mag, aber wir werden uns der Stimme enthalten.

[Beifall bei der AfD – Oh! von der LINKEN –– Carsten Schatz (LINKE): Alter Hase! – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Abgeordnete Klein das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin investiert wie schon lange nicht mehr, und das galt vor dieser heutigen Parlamentssitzung, und das

(Franz Kerker)

gilt auch noch danach. In unserer Aktuellen Stunde heute Vormittag konnten wir zu einem Teilaspekt schon eine Menge Sachliches hören. Die CDU legt nun kurzfristig einen Maßnahmenkatalog für die Ferienzeit vor, immerhin noch zwei Tage vor den Ferien. Ein Punkt vorneweg, bevor ich zu Ihren Maßnahmen komme: Ich lese deutlich aus Ihrem Antrag heraus, da geht es mir so ähnlich wie Frau Czyborra, Sie glauben, dass alle in den Bezirksverwaltungen jetzt faul herumsitzen und nicht wissen, was sie tun sollen. Sie glauben, dass die Bezirksämter Ihren Antrag brauchen, damit sie endlich wissen, was sie tun sollen. Ich finde das etwas frech, auch Ihren eigenen CDU-Stadträtinnen und -Stadträten und -Bezirksbürgermeisterinnen und -Bezirksbürgermeistern gegenüber.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Was steht denn in Ihrem Antrag? – Sie wollen, dass geplante Sanierungsmaßnahmen in Schulen vorgezogen werden, jetzt, wo die Schulen in den Ferien weitestgehend leer sind. Was glauben Sie denn, wann Sanierungsmaßnahmen stattfinden? – Richtig, in den Ferien, weil da die Gebäude weitestgehend leerstehen. Das ist nichts Neues. Ich dachte mir aber, okay, ich nehme die CDU ernst wie des Öfteren oder wie fast immer. Herr Goiny, der nicht da ist, könnte das bestätigen.

[Christian Goiny (CDU): Vielen Dank!]

Ach doch! Hallo! Ich habe Sie eben noch gesucht. – Ich frage nun einfach einmal in ein paar Bezirken herum. Es kann ja sein, dass etwas anderes dabei herumkommt. Natürlich habe ich auch in Lichtenberg gefragt, aber nicht nur dort, und die Antwort war: Das machen wir doch längst. Dafür brauchen wir diesen Antrag nicht. – Das hörte ich von Verantwortlichen unterschiedlicher Couleur, von SPD, Grüne, Linke und auch CDU. Die Bezirke sagen auch, dass ihre Maßnahmen umfangreicher sind, als dass acht Werktage in den Ferien für die Umsetzung ausreichen könnten, zumal in der Regel auch die Baufirmen in dieser Ferienzeit nur in geringerer Besetzung zur Verfügung stehen. Die Bezirke meldeten mir ebenso, dass sie alle Maßnahmen in den Ferien natürlich fortführen werden, und ja, wo es möglich ist, ziehen sie auch Bauabschnitte vor, so z. B. in der Schule am Rathaus in Lichtenberg. Es werden sogar die Aufzüge fertiggestellt, obwohl der TÜV zurzeit keine Prüfungen mehr durchführt. Also es bleibt dabei, es wird gemacht. Es bedarf Ihres Antrages nicht.

Was steht noch drin? – Sie wollen die freihändigen Vergabe erhöhen. Wohin sagen Sie nicht. Die freihändige Vergabe ist bereits jetzt unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Da fragte auch ich einige Bezirksämter, und raten Sie einmal, was sie gesagt haben: Das machen wir doch schon längst. Dazu brauchen wir den Antrag nicht. – Die Bezirke sind in Sachen Vergabe für die Sanierung von Schulen sehr fit, was sie auch bei der Umsetzung der Schulbauoffensive zeigen. Beim dritten Punkt – Breitband an Schulen – sind wir uns einig. Das wollen wir

auch. Da sind viele Gelder für 2020 und 2021 eingestellt. Ich hoffe, das wird auch mal was. Was die Lehrerinnen und Lehrer zurzeit mit einem Breitbandanschluss in der Schule anfangen sollen, wenn sie zu Hause sitzen, das erschließt sich mir nicht ganz.

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrager des Abgeordneten Scholtysek von der AfD zulassen.

Nein, danke. – Es bleibt dabei, es wird gemacht, und dafür brauchen wir den Antrag nicht.

Der vierte Punkte: Ja, ich denke funktionierende Seifenspender sind eine gute Idee. Ich glaube, die gibt es noch nicht überall. Und funktionierende Sanitäreinrichtungen finde ich auch wichtig, doch vor allem, wenn die Schulen besucht werden, und nicht nur, wenn sie leer sind. Dazu passt wieder die Aussage der Bezirke: Alle Maßnahmen, die jetzt umsetzbar sind, werden erledigt. – Dazu braucht es diesen Antrag nicht. Deshalb werden wir den Antrag auch ablehnen, nicht aus Prinzip, sondern weil er für uns überflüssig ist. Ich finde konstruktive Mitarbeit der Opposition total super, bloß dann hätte Herr Dregger heute Vormittag eine andere Rede halten müssen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Zur Digitalisierungsoffensive hat Frau Czyborra schon eine ganze Menge gesagt. Frau Remlinger wird nachher auch noch mal darauf eingehen. Deswegen werde ich es jetzt hierbei belassen und danke.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion hat dann Herr Kollege Czaja das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Krisensituationen als Chancen nutzen – so verstehe ich ein Stück weit die Initiative der CDU-Fraktion, Chancen nutzen, insbesondere wenn es in den Berliner Schulen, nicht an allen, aber doch an einigen, Baufreiheit gäbe, um dort die Schulsanierung voranzubringen und vor allem die Zeit zu nutzen, in der die Schulen dringend auf Vordermann gebracht werden können. Dieses Anliegen ist richtig. Das unterstützen wir zuallererst.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

(Hendrikje Klein)

Es ist eben auch wichtig, wenn man sich inhaltlich damit beschäftigt, auch noch mal darüber nachzudenken: Was ist jetzt das Entscheidende? Eine europaweite Ausschreibung im Rahmen einer Vergabe bringt uns in diesen Zeiten recht wenig, insbesondere wenn es darum geht, an dieser Stelle europaweit leisten zu können. Das wird in den nächsten Wochen schwierig werden. Von daher ist es außerordentlich wichtig, dass wir genau über das reden, was jetzt notwendig wäre, über die Frage von Volumen und die Frage von freihändigen Vergaben, damit wir tatsächlich die Zeit nutzen können. Das kommt mir in Ihrem Antrag ein bisschen zu kurz. Ich glaube aber, dass Sie ein Stück weit in diese Richtung wollen, denn am Ende geht es darum, genau diese Chance zu nutzen, und das würde dazu führen, dass wir die Vergaben in dieser Stadt vereinfachen, die Kriterien anpassen gemäß der Situation und damit drittens dafür sorgen, an dieser Stelle schnellstmöglich die Schulinfrastruktur und die Schulbauoffensive in Berlin voranzubringen. Volle Unterstützung!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich habe mich allerdings gefragt – die CDU ist noch irritiert über die Unterstützung, ich merke das am Applaus –:

[Dirk Stettner (CDU): Ja!]

Wieso steht eigentlich in der Überschrift „Osterferien nutzen, jetzt investieren, regionale Handwerksbetriebe durch Aufträge in den Schulen und Kitas unterstützen“, wenn der Großteil des Antrages eigentlich ein digitaler Schwerpunkt ist, wenn es im Wesentlichen darum geht, die Digitalisierung in den Schulen voranzutreiben? Auch ein wichtiges Thema, auch das richtige Anliegen! Ich glaube, wir müssen uns gerade in diesen Tagen mit dieser Frage auseinandersetzen. Die Lehrerinnen und Lehrer in unserer Stadt machen das Unmögliche möglich. Mit den wenigen Mitteln, die im Rahmen der Digitalisierung zur Verfügung stehen, probieren sie, ein Minimalmaß oder ein Maß an schulischem Unterricht aufrechtzuerhalten und damit dafür zu sorgen, dass überhaupt noch Lehr- und Lerninhalte vermittelt werden. Dafür ein großes Dankeschön, dass das gelingt! Das ist keine leichte Aufgabe.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Was wir uns bildungspolitisch fragen müssen, unter Überlegung der Frage, die Sie aufmachen, was an Digitalisierung alles passieren muss, da will ich gar nicht auf andere Bundesländer gucken, die an der einen oder anderen Stelle, wie Nordrhein-Westfalen zum Beispiel, wesentlich weiter sind, wenn es um die Frage geht. Das ist eine Aufgabe, die auch die Bildungssenatorin in den nächsten Monaten im Rahmen der Kultusministerkonferenz im Austausch mit den anderen Ministern der Länder eruieren muss, nach Best-Practice-Modellen zu suchen.

Wir müssen uns auch die Frage stellen, wenn wir jedem Kind, jedem Schüler in unserer Stadt die Möglichkeit geben wollen, digital zu lernen, ob wir dafür tatsächlich die digitalen Voraussetzungen haben.

Das sind zum einen die Infrastrukturvoraussetzungen in den Berliner Schulen. Das sind aber auch die Endgeräte und die Voraussetzungen zu Hause. Da muss man sich eben die Frage für die Zeit nach dieser Krise stellen: Wie wichtig ist es uns, dass jedes Kind in jeder Schule über ein eigenes Endgerät und über ein Tablet verfügt, um damit digitales Lernen auch zu erlernen, und dass das im normalen Modus auch eine größere Rolle in den Berliner Schulen findet? Da würden wir gerne hinkommen, als Schlussfolgerung, auch aus dem, was sich derzeit hier im Umgang mit der Digitalisierung und dem Homeschooling abzeichnet.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb sind das zwei große Aufgaben, die Sie in einem Antrag zusammengeschrieben haben. Wir hätten das eher in zwei Offensiven gesehen. Sie haben sich dafür entschieden. Nichtsdestotrotz kann man diesen Antrag in beiden Punkten unterstützen, was wir auch machen werden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen macht sich Frau Remlinger bereit. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Stettner! Ihr Bemühen um Konstruktivität hat mich jetzt fast ein bisschen aus dem Konzept gebracht, denn als ich den Antrag las, dachte ich, wenn ich nicht so ein höflicher Mensch wäre, würde ich denken: Was für ein hirnverbrannter Antrag!

[Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Aber da ich ein höflicher Mensch bin, sage ich: Er ist herzlos, und er ist inhuman.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Er offenbart offenbar einen der Schäden, die die Digitalisierung offensichtlich bei uns allen hinterlässt, nämlich das Denken, alles sei einfach nur auf Knopfdruck hier und jetzt verfügbar, alles ist Maschine, wir fahren einfach rauf, wir fahren runter, wir haben die Dinge theoretisch auf dem Schirm und alles, was sonst noch an digitalen Metaphern unterwegs ist. Im Verschwinden begriffen scheint aber das Gefühl für die analoge Welt, für physische Anstrengungen, praktische Limitierungen, dass hinter allem und jedem ein oder mehrere Menschen stehen müssen, dass ein Mensch etwas tut, arbeitet, aufbe

(Sebastian Czaja)

reitet, ins Laufen bringt, am Funktionieren hält. Die Inhumanität unserer Zeit zeigt sich für mich daran, dass man immer dann, wenn etwas nicht funktioniert, die Menschen, die dafür verantwortlich sind, offensichtlich für dämlich hält.

Anders gesagt, Herr Stettner: Was glauben Sie eigentlich, was die Verwaltung mit fertigen Bauaufträgen macht, in der Schublade lassen, sie künstlich zurückhalten? Was glauben Sie, was die Firmen bei Schulsanierungen machen? Haben Sie noch nie mit einem Bauleiter gesprochen, welche Klimmzüge die Firmen machen, um in den Ferien zu sanieren, weil sie genau wissen, wie schwierig es ist, im Vollbetrieb eine Schule zu sanieren? Lieber Herr Stettner! Wollen Sie wirklich den Firmen und den Verwaltungen gerade jetzt das Doppelte abfordern, wo sie nur bei halber Kraft fahren können und anwesend sind?

Und die Digitalisierung – nichts von dem, was Sie hier fordern, lieber Herr Stettner, ist nicht schon auf dem Weg. Ja, manches hätte schneller gehen können. Aber was wir im Moment lernen, in der Hoffnung, dass die Krise den Blick schärft, ist, dass, um zum Beispiel beim Breitband schneller zu sein, jemand da wäre, der dieses Behördenzuständigkeitswirrwarr durchschaut und gegebenenfalls reformiert – oder die Gesetze, wie Frau Czyborra gesagt hat, aber dafür reichen offensichtlich auch nicht die Osterferien.