Protokoll der Sitzung vom 14.05.2020

der Abteilungsleiter –

im Falle, dass die Nichteignung einer Schülerin bzw. eines Schülers für den (ggfs. speziellen) gymnasialen Bildungsgang nicht sicher festgestellt wird, eine großzügige Anwendung

der entsprechenden Vorschriften.

Im letzten Fall bitte ich um eine eingehende Information und Beratung der Eltern über die Konsequenzen …

Wir Grünen fordern die Senatsverwaltung und die zuständige Senatorin auf, ihre Versprechen einzuhalten und das Probejahr in das nächste Schuljahr zu verlegen. Frau Scheeres hat klar gesagt, dass kein Kind in seiner Bildungsbiographie durch die Coronakrise benachteiligt werden darf. Die Kinder haben es nicht zu verantworten, dass sie nicht zur Schule gehen konnten. Eine erfolgreiche Mitarbeit für diese Kinder muss in der 6. und in der 8. Jahrgangsstufe ermöglicht werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Für die Fraktion der FDP hat das Wort der Abgeordnete Fresdorf. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag zeigt eines auf, nämlich wie inkonsistent die Bildungspolitik der Koalition ist.

[Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Da klatscht noch nicht mal die FDP!]

Frau Kittler! Sie nehme ich ausdrücklich aus, denn Sie haben sich sehr konsequent gegen die Durchführung der Abiturprüfungen ausgesprochen. Das wäre die Konsequenz gewesen, wenn wir das wirklich komplett auf einer Linie durchziehen würden. Ich habe nicht vernommen, dass Frau Scheeres große Schlachten im Kreise der KMK geschlagen hätte, um hier eine Anpassung an das europäische Umland durchzuführen, denn auch in Frankreich, Spanien und in Großbritannien werden die Abiturprüfungen nicht durchgeführt. Das wurde nicht getan. Man hat sich dafür entschieden, die Abiturprüfungen abzunehmen. Das kann man durchaus gutheißen, denn diese Prüfungen sind wichtig, gerade wenn es darum geht, dass sie als Bildungsabschluss in anderen Bundesländern anerkannt werden.

Jetzt kommen wir zum nächsten Schritt, zum mittleren Schulabschluss. Da machen wir jetzt eine Präsentationsprüfung, und das war es dann auch schon. Wie fühlen sich die Schülerinnen und Schüler, die diesen mittleren Schulabschluss zweiter Klasse bekommen? – Die wissen, dass wir alle Anstrengungen unternommen haben, das Abitur durchzuführen, dass man das im Gesetz noch begründet. Da steht: Wichtig ist die Durchführung der Abiturprüfungen. Die dürfen nicht gefährdet werden, vor allem nicht durch den MSA. – Was ist das für ein Bild, das Sie den jungen Menschen mitgeben? – Euer Bildungsabschluss ist uns nicht so wichtig. Das ist der, für den wir verantwortlich sind, daran können wir herumdoktern, und das machen wir jetzt auch, den setzen wir ab. Das machen wir alles auf Sparflamme. Uns war nur wichtig, dass die Abiturienten ihr Abitur machen. Mittlerer Schulabschluss ist sowieso irgendwie lapidar. – Das ist ein Bild, das Sie in dieser Stadt nicht vermitteln dürfen.

[Beifall von Bernd Schlömer (FDP) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Danke, Bernd Schlömer, für diesen tosenden Applaus!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Ganz im Ernst: So kann man nicht mit jungen Menschen umgehen. Ich denke, wir sollten in Berlin keinen Bildungsabschluss zweiter Klasse produzieren, wobei – falsch! Das machen wir ja schon. Wir sollten das aber nicht noch mal downgraden. Das ist ein großer Fehler, den wir den jungen Menschen auf ihrem weiteren Bildungsweg mitgeben.

(Marianne Burkert-Eulitz)

Ich höre jetzt immer, wir haben nur 70 Prozent der Lehrerschaft in den Schulen, die anderen gehören zu den Risikogruppen. Ja, das ist richtig. Risikogruppe heißt aber nicht: arbeitsunfähig. Korrekturarbeiten kann ich auch von zu Hause aus vornehmen. Sich darauf zurückzuziehen und zu sagen, das sind alles Risikogruppen, die machen nichts, das geht nicht. Die sind verpflichtet, Arbeitsleistungen zu erbringen, und wenn sie das nicht in der Schule machen, dann bitte zu Hause. Dadurch könnten wir auch den mittleren Schulabschluss abnehmen. Ich finde, das sind alles vorgeschobene Argumente, die Sie gebracht haben. Wir tun den jungen Menschen in dieser Stadt damit nichts Gutes. Ich bin der Meinung, wir hätten die Prüfungen durchführen müssen, um ihnen eine Wertschätzung für ihre Bildungsleistung auf ihren weiteren Lebensweg mitgeben zu können.

[Beifall von Stefan Förster (FDP), Bernd Schlömer (FDP) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Kittler?

Wie immer mit großem Vergnügen!

Bitte, Frau Kittler, Sie haben das Wort!

Ist mir vom Landesschülerausschuss falsch berichtet worden, dass auch Sie sich für die Aussetzung der Prüfungen ausgesprochen haben?

Nein, Ihnen ist richtig berichtet worden, dass ich gesagt habe, dass man das tun sollte, wenn es bundesweit so gemacht wird. Dafür habe ich mich ausgesprochen. Es gab aber keine bundeseinheitliche Regelung beim MSA. Wenn ich eine Prüfung durchführe, muss ich die andere auch durchführen. Das ist genau das, was ich Ihnen gerade vorgetragen habe. Wenn, dann muss ich das konsistent machen: Wenn ich das Abitur durchführe, dann auch den MSA. Wenn ich das Abitur nicht durchführe, dann kann ich auch darüber nachdenken, den MSA nicht durchzuführen. Ich darf aber nicht die Schüler unterschiedlich behandeln, nur weil sie einen anderen Bildungsweg eingeschlagen haben. Das finde ich falsch. Das ist auch kein gutes Bild, das wir da als Politik abgeben.

[Beifall von Bernd Schlömer (FDP), Dr. Hugh Bronson (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Darum denke ich, dass wir im Ausschuss noch einmal darüber diskutieren werden. Ich weiß, dass es im Haus eine Mehrheit dafür gibt, das Gesetz zu unterstützen. Wir werden es nicht mittragen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall von Bernd Schlömer (FDP), Dr. Hugh Bronson (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt zwei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Schulschließungen waren in Gänze falsch. Gleichwohl, wir lernen fürs Leben, nicht für die Schule – diese Weisheit ist alt, und trotzdem lernt kaum ein Schüler ohne Druck. Ohne Klassenarbeiten, Zeugnisse und Versetzungsanforderungen lernt kaum ein Mensch. Das ist schade, ist aber so. Deshalb müssen Prüfungen sein. Prüfungen müssen Wissen und Können abfragen. Schriftliche Examina haben den Vorteil, schwarz auf weiß zu zeigen, was ein Prüfling weiß und was er nicht weiß. Wenn man sich bei einer mündlichen Prüfung durch Abschweifungen retten will, kann der Prüfer nachfragen. Anders bei einer Präsentation – bei Präsentationen kommt es viel darauf an, ob der Vater oder die Mutter gut mit Power-Point-Präsentationen umgehen kann. Bei Präsentationen werden kein Wissen und keine Fakten geprüft, unser Leben besteht aber aus Fakten.

[Lachen bei und Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN Unser Leben besteht aus Radmuttern anziehen, die sich nicht lösen. Wenn man Adern in einer Verteilung an- klemmt, sollten diese keinen Schwelbrand verursachen. Und wenn Sie eine Brücke konstruieren, sollte die nicht zusammenbrechen. Wir haben die Zeit, unsere jungen Leute zu einem ordentlichen Abschluss zu führen. Das muss auch für den Realschulabschluss gelten, den Sie zum mittleren Schulabschluss degradiert haben. Wer bei Schlechtleistungen nicht an Prüfungen scheitert, der scheitert später im Leben an seinen Schlechtleistungen. [Zuruf von der LINKEN: So ein Quatsch!]

Ziel kann nicht sein, die Schlechtleistung zu kaschieren. Ziel kann nur sein, die Schlechtleistung zu einer guten oder zumindest befriedigenden Leistung zu bringen. Gegebenenfalls muss ein Jahr wiederholt werden.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ich glaube auch!]

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Deutschen mehr Kinder brauchen. – Danke schön!

(Paul Fresdorf)

[Heiterkeit bei der AfD – Tommy Tabor (AfD): Déjà-vu!]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Gesetz zur Senkung der Altersgrenze bei Bürgerdeputierten

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2677

Erste Lesung

Ich öffne die erste Lesung der Gesetzesvorlage. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Es hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Kahlefeld. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In einem politischen, wenn auch nicht in einem juristischen Zusammenhang mit diesem Antrag steht die alte grüne Forderung, das Wahlalter in Berlin auf 16 Jahre abzusenken. Wir wollen, dass Menschen ab 16 Jahren an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus teilnehmen können.

[Zuruf von Tommy Tabor (AfD)]

Die Brandenburgerinnen und Brandenburger, die Bremerinnen und Bremer, Hamburgerin und Hamburger und die Einwohnerinnen und Einwohner Schleswig-Holsteins haben den 16-Jährigen in ihren Ländern dieses Recht schon gegeben.

[Zuruf von Franz Kerker (AfD)]

Ich verstehe nicht, warum in Berlin dieses Misstrauen bisher in der Politik überwiegt, dass man mit 16 nicht über die Zusammensetzung dieses Hauses mitbestimmen könnte.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Politik entscheidet ganz wesentlich mit über die Zukunft dieser Stadt, und junge Menschen sind ganz und gar auf die Zukunft ausgerichtet. Ihren klaren Blick und eine Vertretung ihrer Interessen brauchen wir, um eine gute Politik machen zu können. An den Zukunftsfragen unserer Bezirke, unseres Landes und unseres Globus sollen und müssen junge Menschen beteiligt werden. Fridays for Future führt uns das Freitag für Freitag immer wieder mit

Power vor Augen. Und sie schaffen es sogar unter Coronabedingungen mit ihrer infektionssicheren und super bildhaften Aktion vor dem Reichstag am 24. April. By the Way, wer diszipliniert und solidarisch, denn darum geht es beim Infektionsschutz, in der Öffentlichkeit eine Riesendemo mit 10 000 Plakaten, die international in die Presse kommen, wie zum fünften globalen Klimastreik am 24. April auf die Beine stellen kann, hat jedes Recht, politisch beteiligt zu werden.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass wir es begrüßen, wenn ab der nächsten Legislatur, das ist wichtig, Personen ab 16 Jahren in den bezirklichen Ausschüssen als Bürgerdeputierte aktiv werden können. Bürgerdeputierte sind – so wird das in § 20 des Bezirksverwaltungsgesetzes formuliert – sachkundige Bürgerinnen und Bürger mit dem Recht, im Ausschuss nicht nur mitzudiskutieren, sondern auch mit abzustimmen. Damit bekommen junge Menschen eine weitere konkrete Mitbestimmungsmöglichkeit in der Bezirkspolitik. Das aktive Wahlrecht haben sie schon seit 2005.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich daran erinnern, dass seit 2010, also seitdem wir in Berlin ein Partizipations- und Integrationsgesetz haben, auch Menschen ohne deutschen Pass Bürgerdeputierte sein können. Wir öffnen also konsequent unsere politischen Strukturen, um mehr Partizipation und mehr Mitsprache für die Berlinerinnen und Berliner zu ermöglichen.