nicht verzichten können. Gerade die aktuelle Pandemie zeigt, wie wichtig Forschung ist und wie wichtig Forschung in Berlin ist. Insofern, Herr Kollege Taschner, stimme ich Ihnen nicht ganz zu, dass die Wissenschaft hier zurückstehen muss, denn das, was wir mit diesem Gesetz machen, ist meines Erachtens ein vernünftiger Ausgleich, und zwar zwischen dem Tierschutz auf der einen Seite und der notwendigen Forschung und Wissenschaft auf der anderen Seite.
Uns war wichtig, dass die Genehmigung von Tierversuchen nicht mit einer Anfechtungsklage angefochten werden kann, sondern mit einer Feststellungsklage, und wir haben im parlamentarischen Verfahren noch mal die Akteneinsichtsrechte gestärkt und festgeschrieben, dass die Behörden diese innerhalb einer bestimmten Frist gewähren müssen und dann die entsprechenden Stellungnahmen durch die Tierschutzorganisationen auch innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt.
Die Grünen haben ja gestern eine einsame Pressemitteilung herausgeschickt, in der stand: Tierschutzverbandsklagerecht ist das wichtigste Projekt in der Sache –, und sie haben sich darüber gefreut, dass es heute im Parlament ist. Die Freude teile ich mit Ihnen, Herr Kollege Taschner, aber ich glaube nicht, dass es das wichtigste Projekt im Bereich Tierschutz ist, denn wenn man sich den Koalitionsvertrag anschaut, sind dort mehrere Bereiche aufgeführt. Ein Tierschutzbeirat ist eingerichtet worden, der Tierschutzbeauftragte ist bereits hauptamtlich besetzt, und wir haben auch die Finanzierung des Tierheims Berlin gegen die Widerstände der Verwaltung durchgesetzt. Es ist noch einiges offen: Pferdekutschenverbot, Handel mit exotischen Tieren auf Tierbörsen, Katzenschutzverordnung – das alles liegt noch bei der Justizverwaltung und beim Tierschutzsenator. Ich wollte gerade etwas sagen, was mir möglicherweise falsch ausgelegt wird. Ich wollte sagen „Schweinesenator“, weil Sie sich ja auch für Schweine so sehr einsetzen, Herr Senator!
Da ist noch ein Jahr Zeit, ein bisschen nachzubearbeiten. Auf jeden Fall ist dieses Verbandsklagerecht für Tierschutz ein guter Schritt im Bereich Tierschutz. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt grundsätzlich die
Einführung eines Verbandsklagerechts im Bereich des Tierschutzes. Auch der vorliegende Entwurf scheint uns zustimmungsfähig. Bei der Einführung von Verbandsklagerechten sollte aber stets mit Augenmaß operiert werden, denn der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Popularklagen zu vermeiden sind, erfüllt grundsätzlich zwei wichtige Funktionen. Erstens soll nur der klagen, der auch in eigenen Rechten verletzt ist, und zweitens vermindert es das Verfahrensaufkommen an den Verwaltungsgerichten und schont auch die Ressourcen von Behörden, die sich gegen Klagen verteidigen müssen. Wir sind also grundsätzlich kritisch gegenüber der Einführung von Verbandsklagen. Teilweise wird mit diesem neuen Gesetzesinstitut auch viel Missbrauch betrieben. So gibt es Verbände, die vor allem Geld mit Klagen in fremdem Namen verdienen wollen und nebenbei noch staatliche Fördergelder abgreifen wollen. Die Deutsche Umwelthilfe ist ein solches Negativbeispiel aus jüngster Zeit – ebenso wie die neu eingeführte Verbandsklage im Landesantidiskriminierungsgesetz.
Wo kann die Verbandsklage Sinn machen? – Nun, überall dort, wo die Behörden alleine nicht in der Lage sind, einen vollumfänglichen Überblick über Verstöße zu haben. Tierschutzvereine zeichnen sich durch das hohe individuelle Engagement ihrer Mitglieder aus, die sich das Wohl der Tiere auf ihre Fahnen geschrieben haben. Auch wenn manche teilweise über das Ziel hinausschießen, so sind sie meist als Erste und bestens darüber informiert, wo bei der Haltung von Tieren Probleme auftreten. Bisher konnten sie auch schon Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei den Veterinärämtern melden. Wenn diese jedoch nicht handelten, gab es keine Möglichkeit, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies ändert sich nun. Auch wenn manche Tierschutzverbände sich vermutlich mehr als nur eine Feststellungsklagemöglichkeit erhofft haben, kann der vorliegende Entwurf als ein Fortschritt in diesem Bereich bezeichnet werden, denn nun kann wenigstens gerichtsfest festgestellt werden, dass die zuständigen Behörden zu Unrecht nicht eingeschritten sind. Das eröffnet quasi eine neue Kontroll- und Überprüfungsebene.
Die Politik hingegen darf jetzt nicht die Füße hochlegen. Die Wirksamkeit des Gesetzes ist fortlaufend zu überprüfen, auch ist der zusätzliche Bedarf an Personal und Ressourcen bei den Veterinärämtern umgehend zu überprüfen, denn gerade die Veterinärämter fühlen sich von dem Gesetz nicht zu Unrecht unter politischen und rechtlichen Druck gesetzt. Sie leisten schon jetzt mit ihren wenigen Ressourcen Übermenschliches. Die Politik darf diesen Bereich also nicht vernachlässigen. Der Optimalfall wäre es, wenn Verbandsklagen von privaten Tierschutzverbänden gar nicht erforderlich wären, weil der Staat seiner Schutzfunktion, die sich aus der Staatszielbestimmung in Artikel 20a Grundgesetz ergibt, uneingeschränkt nachkommen würde. – Vielen herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Tierschützerinnen und Tierschützer! Das ist ein guter Tag für Berlin, denn nach Aussage eines Vertreters einer großen deutschen Tierrechtsorganisation beschließen wir heute das bundesweit fortschrittlichste Tierschutzverbandsklagegesetz.
Auch wenn das Gesetz sicher nicht perfekt ist – dazu komme ich noch –, setzen wir damit Maßstäbe. Tierschutz wird leichter und besser einklagbar. Ich will jetzt noch kurz auf die Rede meines Kollegen Freymark eingehen, denn ich muss sagen, dass ich eine solche Wende in der politischen Positionierung einer Fraktion in den gesamten vier Jahren, die ich diesem Haus angehöre, noch nicht erlebt habe. Von richtig guter und toller Unterstützung in der ersten Lesung durch Frau Vogel, die mir gerade aufrichtig leidtut, zu frontaler und schwach begründeter Ablehnung in der zweiten Lesung! Wer ernsthaft meint, mit Hinweis auf die hohe Mitgliederzahl von Tierschutzorganisationen und die möglichen personellen Mängel in der Verwaltung zu sagen: Wir brauchen kein Tierschutzverbandsklagerecht –, hat wirklich nichts verstanden.
Denn es gibt eben ein strukturelles Ungleichgewicht. Tiere und Tierschutzorganisationen können nicht die Verletzung des Tierschutzrechts einklagen. Sie sind dazu nicht befugt. Da können Sie doch Hunderttausende Personalstellen schaffen, dieses strukturelle Ungleichgewicht wird einfach nicht verändert, Herr Freymark! Ihre umweltpolitische Glaubwürdigkeit hat mit dieser Rede schwer gelitten.
Ich möchte jetzt nicht noch mal das Gesetz vorstellen. Das hat Herr Senator Behrendt, dem ich insgesamt für das ganze Projekt, für das Vorantreiben und für die guten Nerven, die ein Senator auch haben muss, danken möchte, bereits gut gemacht. Aber ich möchte die Änderungen, die wir hier vorgeschlagen haben, kurz begründen.
Zum einen haben wir die Möglichkeit der Stellungnahme von Tierschutzorganisationen verbessert. Bisher gab es drei Wochen Zeit, aber keine Frist, bis zu der eine mögliche Akteneinsicht gewährt werden musste. So hätte es
sein können, dass die Akteneinsicht erst kurz vor Ablauf der Dreiwochenfrist gewährt wird. Jetzt haben wir eine Zweiwochenfrist, innerhalb der diese Akteneinsicht abgewickelt werden muss, und dann kann man die Stellungnahme abgeben. Also statt einmal drei Wochen jetzt zweimal zwei Wochen! Das bedeutet weniger Stress für Verwaltungen und Tierschutzverbände.
Der zweite Punkt ist sowohl symbolisch wie auch juristisch wichtig. Tierschutzverbandsklagen beziehen sich ja immer auf die Verletzung bestimmter Rechtsnormen, die im Gesetz aufgeführt sind. Ausgerechnet der Artikel 20a Grundgesetz fehlte bisher im Gesetzentwurf – das Staatsziel, Grundgesetz. Dies haben wir jetzt korrigiert, und dadurch kann jetzt auch die Verletzung des Verfassungsgebotes Tierschutz, das für die Auslegung einfachen Rechts von zentraler Bedeutung ist, eingeklagt werden. Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt.
Ein klein wenig Wasser muss ich dann aber doch noch in den Wein schütten. Kollege Taschner hat auch darauf hingewiesen, dass man sich durchaus noch mehr hätte vorstellen können. Das sehen wir ganz genauso. Wir haben einen Katalog von Änderungen vorgeschlagen, davon sind aber letztlich nur zwei übernommen worden. Das ist – muss man klar sagen – letztlich an der SPD gescheitert, die im Grunde zu keinen größeren Änderungen bereit war.
Insbesondere bedaure ich, dass es nicht gelungen ist, von dem wirklichen Unsinn, den wir im Gesetzentwurf leider immer noch haben, wegzukommen, dass man nämlich erst, nachdem eine Tierversuchsgenehmigung erteilt worden ist, Stellung nehmen kann. Also Bürgerbeteiligung funktioniert nach meiner Lesart immer so, dass man das macht, noch bevor eine Entscheidung getroffen wird. Hier ist es genau andersherum. Es wird eine Entscheidung getroffen, und hinterher kann man dann daran herummäkeln. Das macht keinen Sinn. Das haben wir jetzt so drin. Leider standen wir mit der Forderung, das zu ändern, am Ende alleine da. Das ändert aber nichts daran, dass wir trotzdem ein gutes Gesetz hinbekommen haben was hoffentlich Maßstäbe setzen wird. Ich bin jetzt sehr gespannt auf die praktischen Erfahrungen. Herr Behrendt, Sie werden jetzt ja als nächsten Schritt mit der Anerkennung von Tierschutzorganisationen zu tun haben, und da würde ich sagen: Im Zweifelsfall, natürlich entlang der Kriterien im Gesetz, für den Tierschutz! – Ich glaube schon, dass wir hiermit einen großen Schritt nach vorne machen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wissen, dass die FDP-Fraktion grundsätzlich kritisch zu Verbandsklagerechten steht,
weil diese oft Dinge komplizieren, weil sie ein Eigenleben entwickeln und oft dem Anliegen, um das es geht, nicht wirklich weiterhelfen. Wir haben zusätzlich an diesem konkreten Entwurf, der hier vorliegt, Kritik geäußert, insbesondere an der extrem weit gefassten und sehr unpräzisen Definition der klageberechtigten Verbände – wer da alles klagen darf.
Sie haben es ja erwähnt: Sie sind hier nicht der große Vorreiter. Es gibt acht Ländergesetze, die das schon ausformuliert haben. Wir haben genau die Formulierung, die auch viele rot-grüne Landesregierungen in diese Gesetze geschrieben haben, hier im Ausschuss eingebracht. Sie haben das abgelehnt. Ich verstehe das nicht, warum Sie eine bewährte Regelung, die alle anderen Länder haben, nicht übernommen haben. Sie erschweren damit das Verbandsklagerecht, und Sie bringen damit vielleicht Verbände ins Spiel, die gar nicht die Kapazitäten und die Kompetenz haben, auch wirklich klagen zu können.
Hinzu kommt natürlich noch das Problem, das von Anfang an auch in der ersten Lesung da war: die Bedenken der Veterinärämter, die Angst haben, überlastet zu werden. Wenn das Gesetz beschlossen wird, sind der Senat und die Bezirke in der Pflicht, die Veterinärämter besser auszustatten. Natürlich kommen auf die dann eine ganze Menge zusätzlicher Aufgaben zu.
Es gibt andererseits aber auch ernsthafte Gründe, das vorliegende Gesetz nicht abzulehnen, zum einen das Thema, das schon mehrere Redner erwähnt haben – dass es tatsächlich ja hier ein anderes Verhältnis ist als sonst, dass es gar keine menschlichen Betroffenen gibt und die Tiere nicht klagen können. Und natürlich, Herr Freymark: Wenn Sie noch nie irgendwelche Beispiele gehört haben, dann frage ich mich schon, wo Sie eigentlich waren. Es gibt eine ganze Menge an Bescheiden der Behörden Berlins im Tierbereich, bei denen es vielleicht sinnvoll wäre zu klagen, und gerade im Bereich Tierzucht hat es tatsächlich auch schwarze Schafe gegeben, wo so eine Klageberechtigung auch Sinn hat.
Was auch unseren Widerstand aufgelöst hat, ist, dass der Gesetzentwurf jetzt sowohl für die Wissenschaft als auch aus Sicht der betroffenen Industrien so verändert worden ist, dass er für diese noch tragbar ist. Und genau das, was Herr Taschner gesagt hat, was er sich alles gewünscht hätte, was da drinstünde – das sind genau die Punkte, derentwegen wir so etwas ablehnen würden. Es ist gut,
dass Sie tatsächlich eine Balance gefunden haben, und weil Sie diese Balance gefunden haben, hat die FDPFraktion sich entschlossen, anders als im Ausschuss, heute mit Enthaltung zu stimmen. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu der Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/2229 empfiehlt gemäß Drucksache 18/2903 der Fachausschuss die Annahme und der Hauptausschuss die Annahme mit Änderungen. Ich lasse abstimmen unter Zugrundelegung der Be- schlussempfehlung des Hauptausschusses. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen CDU und FDP sowie bei Enthaltung der AfD – die Annahme mit Änderungen. Wer die Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/2229 entsprechend der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses auf Drucksache 18/2903 mit Änderungen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die AfD und die Abgeordnete Vogel von der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CDU-Fraktion. Enthaltungen? – FDP-Fraktion. Wenn ich richtig sehe, gibt es im Moment keinen anwesenden fraktionslosen Abgeordneten im Raum. Damit ist das Gesetz so beschlossen.
Frau Abgeordnete Vogel möchte ihr Abstimmungsverhalten erläutern und hat dafür gemäß § 72 Satz 4 unserer Geschäftsordnung um die Erteilung des Wortes gebeten. Ihre Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Bitte schön, Frau Kollegin Vogel!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe heute für das Gesetz zur Einführung des Tierschutzverbandsklagerechts gestimmt, anders als meine Fraktion, und ich möchte mein Abstimmungsverhalten gerne kurz begründen.
Ich finde, dieses neue Gesetz – auch mit den eingearbeiteten Änderungen – ist richtig und wichtig, und es war eigentlich schon lange überfällig. Ehrlich gesagt hatte ich zwischenzeitlich Bedenken, dass dieses Gesetz den gleichen erfolglosen Weg nehmen würde wie das von der Koalition so vielfach angekündigte Paritätsgesetz. Diese Bedenken sind heute vom Tisch.
Der Tierschutz ist im Grundgesetz und auch in der Berliner Verfassung verankert, wir haben das jetzt hier schon mehrfach gehört. Wenn dagegen verstoßen wird, dann wurde es bisher schwierig in Berlin. Tiere können nun einmal nicht klagen; die Veterinärämter sind meist schlecht aufgestellt und häufig überlastet. Mit dem vor
liegenden Gesetz können nun anerkannte Tierschutzorganisationen die Interessen der Tiere vertreten, und sie können auch an den tierschutzrelevanten Verfahren teilnehmen. Viele andere Bundesländer haben das Tierschutzverbandsklagerecht schon vor Jahren eingeführt. Die immer wieder avisierte Klageflut blieb überall aus, und genauso wird es vermutlich auch in Berlin sein.