Zu Ihrem Antrag: Sie sprechen in der Begründung in einem Satz die unklare finanzielle Situation der Flughafengesellschaft an. Ich weiß nicht, was an der finanziellen Situation der Flughafengesellschaft unklar ist. Wir alle wissen: Gesamtkosten über 6 Milliarden Euro. Wir alle wissen: Die Aufsichtsgremien und die Gesellschafter der Flughafengesellschaft haben 2009 und 2016 Kreditentscheidungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro – Mittel vom Kreditmarkt – plus einem Gesellschafterdarlehen von über 1 Milliarde Euro mitgetragen. Wer also die Flughafengesellschaft sozusagen gewollt in die Verschuldung treibt und in der jetzigen Situation, wo die Umsätze der Flughafengesellschaft coronabedingt um 90 Prozent eingebrochen sind, so tut, als wenn das Problem vom Himmel gefallen wäre, der lebt nicht in dieser Stadt, und der macht auch keine verantwortliche Politik. Auch das fällt auf Sie zurück, und das spricht auch nicht dafür, dass Sie regierungsfähig sind.
Wenn Sie von Haushaltsrisiken reden, ja, dann stelle ich gerne mal die Frage zurück: Was passiert denn, wenn Verbindlichkeiten nicht bedient werden, zumal wenn die Kredite durch die Gesellschafterin garantiert, also verbürgt sind? – Dann werden die sofort fällig. Was sind denn das für Haushaltsrisiken!
Und dann werfen Sie auch noch Zahlen durcheinander, und das finde ich dann schon ziemlich peinlich. Einmal reden Sie von 100 Millionen Euro, dann von
samtfinanzbedarf in diesem Jahr beträgt durch die weggebrochenen Umsätze 300 Millionen Euro; das wissen wir seit März. Das ist nichts Neues. Wir haben im ersten Nachtragshaushalt 100 Millionen Euro eingestellt, damit wir unseren Anteil daran tragen können. Das erklärt die beiden Summen. Die kann man nicht zusammenrechnen; die 100 Millionen Euro sind Teil der 300 Millionen Euro.
Lassen Sie mich auch noch mal deutlich sagen, weil es nicht im Antrag steht, Sie es aber in Ihrer Rede wieder angesprochen haben: Einer Privatisierung und sei es nur einer Teilprivatisierung dieser Flughafengesellschaft will ich für Die Linke eine deutliche Absage erteilen. Das ist die alte Methode – die Verluste sozialisieren und die Gewinne privatisieren.
Dann fordern Sie in Ihrem Antrag, und das finde ich auch ziemlich absurd, einen externen Wirtschaftsprüfer. Wirklich jetzt? Einen externen Wirtschaftsprüfer?
Nach der Corporate Governance der Berliner Beteiligung muss die Wirtschaftsprüfung alle zehn Jahre gewechselt werden. Erst 2017 ist die Wirtschaftsprüfung bei der Flughafengesellschaft zu Ernst & Young gewechselt. Finden Sie, Ernst & Young ist nicht unabhängig? – Ich finde schon.
Wenn Sie aber schon meinen, sie wäre nicht unabhängig, will ich Ihnen gerne noch einen weiteren Grund nennen, weshalb ich das ziemlich absurd finde. Die Flughafengesellschaft und namentlich der Vorsitzende der Geschäftsführung Lütke Daldrup wurde wegen Bilanzierungsverstößen angezeigt, und es gab staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Cottbus. Am 31.07.2020 wurde entschieden, dass keine Ermittlungen aufgenommen werden, weil keine Verdachtsmomente vorliegen. Nun, glaube ich, gibt es nichts Unabhängigeres als die Staatsanwaltschaft.
Und wenn die das so festgestellt hat, dann frage ich mich: Wo ist die Rechtsstaatspartei CDU und ihr Verständnis von Rechtsstaatlichkeit?
Um ein weiteres Argument noch einmal starkzumachen: Wenn es nach dieser Seite des Hauses gegangen wäre, würden auf dem Schuldenberg der Flughafengesellschaft
mindestens noch mal 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro oben draufliegen, die wir für die Offenhaltung von Tegel auch noch mal hätten draufpacken müssen.
Auch dazu haben Sie hier keine Antwort gegeben, deshalb sind Ihre Ausführungen nicht glaubwürdig. – Vielen Dank!
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe: Herr Abgeordneter Schatz! Einem Senator a. D. in Ausführung seines Amtes zu viel Alkohol zu unterstellen, weise ich zurück.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schatz! Sie haben das Zahlendurcheinander des Kollegen Gräff sortiert, Sie haben aber nicht in Abrede gestellt, dass eine Notwendigkeit von 1,5 Milliarden Euro an Investitionen besteht. Davon haben Sie sich nicht distanziert. Stattdessen haben Sie noch einmal sehr deutlich klargestellt, was aus Ihrer Sicht coronabedingt zum Fehlbedarf geführt hat, und was aus dem operativen Geschäft, dem Wirtschaften der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg zu den entsprechenden Fehlentscheidungen bzw. den Defiziten geführt hat.
Ich finde, es ist richtig, den Unterschied zu machen zwischen dem, was coronabedingt ist, und dem, was operativ ansteht. Aber das ist nur der Anfang. Und deshalb ist es wichtig, dass es einen Impuls gibt, über die komplette Transparenz einmal nachzudenken – nein, die komplette Transparenz sogar herzustellen. Es ist unsere Pflicht gegenüber den Steuerzahlern in unserer Stadt, diese Transparenz herzustellen, weil dort am Ende der Stadt, in Schönefeld, steht ein Fass ohne Boden, was am Ende des Tages durch jeden einzelnen in dieser Stadt mit zu finanzieren ist, und da hat auch jeder ein Recht auf Klarheit. Und diese Klarheit haben wir als Parlament herzustellen.
Und wenn seit Wochen, seit Monaten, der Eindruck in dieser Stadt da ist, dass der Pleitegeier über der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg kreist, dann haben wir eine Verantwortung, diese Klarheit herzustellen. Wir haben eine Verantwortung, wenn im Sonderausschuss in Brandenburg oder im Deutschen Bundestag mittlerweile von gleichen Zügen wie von Wirecard gesprochen wird.
Wir haben vor allen Dingen eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und allen Unternehmen, die am Flughafen BER tätig sind und möglicherweise zukünftig auf ihren Rechnungen sitzen bleiben, weil diese Gesellschaft nicht mehr zahlungsfähig scheint.
Dafür müssen wir miteinander ringen und Lösung finden. Das ist kein Unsinn. Die reale Gefahr besteht im Augenblick. Und wenn selbst Ihr Koalitionspartner, wie Herr Stroedter im Ausschuss – in dem von Ihnen gerade selbst zitierten Ausschuss, dem Beteiligungsausschuss –, zu der Erkenntnis kommt, dass das, was Herr Lütke Daldrup ausgeführt hat, nicht nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage der Zahlen – sinngemäß Jörg Stroedter – er heute die Darstellung der Bilanzierung vorgenommen hat, dann finde ich es nur richtig, dass wir endlich anfangen, uns die Akten auch im Untersuchungsausschuss vorlegen zu lassen und diesen Zeitraum umfassend betrachten, denn diese Zahlen brauchen wir dringend. Die brauchen wir mehr als dringend.
Denn es bleibt eben der fade Beigeschmack, dass an dieser Stelle die Zahlen nicht hinreichend transparent auf den Tisch legen.
Und wenn wir hier vor wenigen Wochen über die Frage schon einmal gesprochen haben im Rahmen einer Aktuellen Stunde, dann doch deshalb, weil vor wenigen Wochen ein externes Gutachten vorlag, was bereits darauf hingewiesen hat, dass es mögliche Risiken in der Bilanzierung gibt. Bis heute haben wir Unklarheiten in der Bilanzierung und müssen deshalb genau diese Transparenz herstellen.
Bis heute ist nicht geklärt, wie Entgelte berechnet sind, bis heute ist nicht geklärt, wie sie mit den Entgelten am Flughafen BER umgehen, und bis heute gibt es im Übrigen keine Perspektive über den Tag 31. Oktober hinaus, wenn wir über das Ausbauprogramm und den Masterplan 2040 sprechen. Der Flughafen ist und bleibt ein Fass ohne Boden, und deshalb braucht es dringend Transparenz.
Und, Herr Stroedter – das was jetzt wichtig ist, das hat die CDU zu Recht im Punkt 1 ihres Antrages aufgeführt. Beim Punkt 2, wo sie schreibt:
die beihilferechtlichen Zulässigkeit finanzieller Unterstützung durch das Land Berlin als Mitgesellschaft nach Inbetriebnahme des Flughafenunternehmen BER
sind jetzt schon sicherzustellen – da habe ich so ein bisschen meine Zweifel, ob das jetzt das Richtige ist, ob uns das nicht in einer Situation führt, wo ich den Eindruck gewonnen habe, dass beim Schreiben des Antrages, wo Christian Gräff ihn geschrieben hat, im Hintergrund so ein bisschen das alte Logo von Berlin Hyp geblinkt hat, dass wir in Richtung eines zweiten Bankenskandals hier in der Stadt laufen. Einfach mal die Blaupause zu nehmen und den Freifahrtschein und den Blankoscheck auszureichen, das können wir nicht mehr beim BER.
Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, an dieser Stelle darüber nachzudenken: Mit welchen Lösungen, mit welchen Konzepten kann jetzt das, was in den nächsten Jahrzehnten für unsere Stadt von großer Relevanz ist, am Ende des Tages funktionieren, nämlich die Sicherung eines bestehenden Luftverkehrssystems, die Sicherung des Flughafen BERs ohne Zubringerflüge? Ich hätte gerne Zubringerflüge am BER, denn ansonsten funktioniert er schlecht.