Protokoll der Sitzung vom 05.11.2020

Im Übrigen begrüße ich die Initiative von Bundesrat und Bundestag zur steuerlichen Abzugsfähigkeit, was das Homeoffice betrifft. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Frau Abgeordnete, Sie kennen die Regelung hier im Haus zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Ich rufe Sie zur Ordnung. – Für die AfD-Fraktion hat das Wort Herr Abgeordneter Gläser.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gestern mit einem Mitarbeiter eines Berliner Bezirksamts gesprochen. Er arbeitet in einer Abteilung, die auch schon elektronische Akten hat, also nicht die E-Akte, auf die wir alle warten, aber Daten, die digitalisiert werden und auf die man theoretisch von zu Hause zugreifen könnte. Leider funktioniert das nicht ganz so. Zum einen sind diese Akten nicht immer ganz vollständig, und wenn eine Akte nicht vollständig ist, dann kann man von zu Hause nicht darauf zugreifen. Außerdem gibt es diesen ominösen VPN-Tunnel. Damit wird der Zugang von einem anderen Ort auf die Dienstsachen ermöglicht. Da gibt es Kapazitätsbegrenzungen. Deswegen klappt das nicht immer. Deswegen – das ist das Ergebnis – sind in der Abteilung von diesem Mitarbeiter des Bezirksamts viel weniger Leute im Homeoffice, als es sein könnten und

wollten. Das ist schade, denn wenn das mit der Pandemiesituation so weitergeht, dann wäre es gut, wenn mehr Leute im Homeoffice, in Heimarbeit arbeiten könnten. Das wünschen auch wir uns, und auch wir wissen, dass das nicht alles auf Knopfdruck geht. Aber der Senat muss hier seine Anstrengungen verstärken. Offenbar haben Sie da seit März wertvolle Monate verstreichen lassen.

[Beifall bei der AfD]

Immerhin ist auf der Habenseite eine Ausweitung dieser Kapazitäten, dieser VPN-Tunnel zu verzeichnen. Wir haben erfahren, dass das langsam in den Bezirken ankommt. Und es gibt diese Bootsticks, mit denen Mitarbeiter von ihren mobilen Endgeräten von zu Hause auf Daten zugreifen können, die sie dienstlich brauchen. Das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung, aber es reicht noch nicht aus.

Frau Remlinger hat gesagt, die Opposition dürfe das nicht als unnötig und als „schlimm genug, dass wir das jetzt brauchen“ bezeichnen. Das ist aber leider so. Das ist nur ein Schaufensterantrag, den Sie hier vorgelegt haben. Da stehen größtenteils Dinge drin, die eigentlich schon längst hätten passieren müssen oder die zumindest auf dem Weg sein müssten und es leider nicht sind.

[Beifall bei der AfD]

Ich frage mich, was Sie uns damit sagen wollen. Wollen Sie, dass es alles noch viel schneller läuft? – Ja, okay, da gehen wir mit. Wollen Sie noch mehr Druck auf den Senat ausüben? – Ja, dafür sind wir auch. Aber wir vermissen leider in einigen Punkten, dass Sie auch sagen, wie das bewerkstelligt werden soll.

Im Einzelnen: In den Punkten 3 und 4 Ihrer Forderungsliste sind Punkte drin, die bedeuten, dass Sie mehr Geld und mehr Personal brauchen – mehr Geld für neue Rechner und mehr Personal z. B. für die Datenverkabelung –, das Sie nicht einfach bekommen. Da müssen Sie den Berlinern reinen Wein einschenken, dass das nicht so einfach funktioniert.

Beim Thema Datenverkabelung – darüber haben wir erst am Montag im Datenschutzausschuss gesprochen – ist für uns noch ein zweiter Aspekt wichtig: Neben der Verkabelung von Behörden muss die auch bei den Schulen vorangetrieben werden.

[Beifall bei der AfD]

Offenbar sind die unteren Institutionen nicht in der Lage, das so zu bewerkstelligen, wie sie sollten. Deswegen wünschen wir uns da eine zentrale Stelle, die das vorantreibt, weil die Behörden selbst oder die Schulen damit offenbar überfordert sind.

Bei Punkt 8 wecken Sie die unrealistische Erwartung, die E-Akte könnte im Rahmen der Pandemiebekämpfung noch irgendwie eine Rolle spielen. Sie wissen ganz genau, dass die Datenschutz- und Mitbestimmungsregeln

(Franziska Becker)

hier im Land verhindern, dass das so schnell eingeführt werden kann. Das wird zwei, drei Jahre und vielleicht noch länger dauern, nachdem die Ausschreibung jetzt gekippt ist, und bis dahin ist das Coronavirus hoffentlich endlich besiegt.

Abschließend möchte ich noch sagen: Grundsätzlich sollten Sie solche Sachen auch immer als Chance begreifen, Prozesse und Verordnungen zu optimieren. Je einfache Gesetze sind, desto besser lassen sie sich in die digitale Welt integrieren. Deutschland ist hoffnungslos überreguliert. Wir brauchen vielleicht ein paar Gesetze weniger, und wenn dieser ganze Prozess dazu beiträgt, dann wäre es gut. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Herr Abgeordneter Schlüsselburg. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Zur Transparenz gehört dazu, dass ich jetzt hier den Kollegen Schulze vertrete, der aus nachvollziehbaren Gründen nicht hier sein kann. Ich versuche, das so gut wie möglich zu machen, auch wenn Sie mir hoffentlich nachsehen, dass mir über Nacht kein Vollbart gewachsen ist und ich mich auch nicht habe durchringen können, meinen Kopf zu rasieren.

[Paul Fresdorf (FDP): Da hätte man was kombinieren können!]

Aber das ist nicht mein geistiges Eigentum, sondern seins.

Die Pandemie unterzieht unsere öffentliche Infrastruktur einem Stresstest unbekannten Ausmaßes. Das haben wir im März gemerkt, als die Schulen und die Kitas geschlossen wurden und die Unternehmen und Behörden ihre Mitarbeiter angewiesen haben, so weit wie möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Die Priorisierung des Homeofficeausbaus, Herr Lenz, ist der entscheidende Mosaikstein dieses Antrags. Na klar haben wir ein bisschen länger an dem gesessen, aber die Pandemie kam, und sie macht deutlich, wie sehr wir hier priorisieren müssen. Da kann das Parlament Druck machen und mit einem jährlichen Bericht den Druck im Kessel erhöhen. Das ist übrigens völlig richtig so.

[Beifall bei der LINKEN]

Bis zum März waren Senat und Bezirke vor allem damit beschäftigt, die unterlassenen Investitionen der letzten Jahre bei unserer IT-Ausstattung aufzuholen. Herr Lenz, da habe ich wieder Regierungsamnesie bei Ihnen mitbekommen, denn auch Sie haben in Ihren fünf Jahren nur unzulässig Investitionen in diesen Bereich reingebuttert.

Also stellen Sie sich hier nicht hin und machen sich frei von jeglicher Verantwortung!

Jetzt ging es darum, Behörden am Laufen zu halten, obwohl der Großteil der Beschäftigten nicht am Arbeitsplatz sein konnte. Ja, die Pandemie wirkt auch in Berlin als Digitalisierungsbeschleuniger und legt gleichzeitig die Defizite unserer Infrastruktur schonungslos offen. Es fehlte an mobilen Geräten, an sicheren Zugängen zu Servern, an Videokonferenztechnik und an digitalen Tools zum gemeinsamen Arbeiten. Die Unzufriedenheit war verständlicherweise groß – sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern, die auf Bescheide und Genehmigungen warten mussten, aber vor allem bei unseren engagierten Beschäftigten in der Verwaltung selbst. Viele haben sich zunächst mit privaten Geräten und Anschlüssen beholfen, was allerdings Probleme mit dem Arbeitsschutz und dem Datenschutz aufwirft. Das gehört dazu. – Senat und Bezirke haben schnell reagiert und oft unkonventionelle Wege gefunden. Es wurden kurzfristig Tausende von Laptops angeschafft, obwohl der Markt leer war. Bootsticks ermöglichten vielen auch auf privaten Geräten ein sicheres Arbeiten von zu Hause, und da die sicheren VPN-Tunnel beim ITDZ nicht ausreichten – das ist immer noch so –, wurden kurzfristig und temporär teure Zugänge eines privaten Dienstleisters dazugekauft. Nicht zuletzt mussten kurzfristig datenschutzkonforme Lösungen für Video- und Telefonkonferenzen gefunden werden. Auch das ist keine Kleinigkeit.

Wir stehen heute nach acht Monaten noch nicht da, wo wir beim mobilen Arbeiten hinwollen, das ist richtig. Die Richtung stimmt aber, und das sollte man nicht kleinreden.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Wir können nicht abschätzen, was uns die Zukunft mit Corona bringt. Was wir wissen, ist, dass wir unsere Verwaltung pandemiefest machen müssen, nicht mehr mit Provisorien, sondern mit der Möglichkeit zum Homeoffice als Standard.

Der mobile PC, ein Laptop mit Dockingstation, wird zum Standard in der Berliner Verwaltung werden müssen. Ein Gerät soll dann an verschiedenen Arbeitsstätten, auch im Büro, ausreichen – und in den kommenden vier Jahren werden alle Computer in Berlin mobil sein. Wir werden an der Strategie festhalten, das ITDZ als zentralen Dienstleister des Landes mit der Beschaffung und Administration des Berlin-PCs als Standardarbeitsplatz zu betrauen. Nur wenn die Administration dezentralisiert nach aktuellen Standards funktioniert, können auch Sicherheit, Funktionsfähigkeit und Datenschutz gewährleistet werden. Das Gegenbeispiel hat uns das Kammergericht geliefert: In einer Feuerwehraktion hat das ITDZ beim Kammergericht ein komplett neues Netzwerk aus dem Boden gestampft und es so wieder arbeitsfähig gemacht. Dabei geht es auch um die Gewährleistung des Grundrechts des

(Ronald Gläser)

Justizschutzes, der Inanspruchnahme des gesetzlichen Richters. Danke für diesen Einsatz, der hoffentlich allen eine Lehre für die Zukunft war!

Aber auch Videokonferenzen gehören zu einer pandemiefesten Verwaltung. Lange wurde mit der Datenschutzbeauftragten nach einer Lösung gesucht, die sicher und vor allem datenschutzgerecht arbeitet. Immer wieder beschweren sich jetzt Beschäftigte aus Hauptverwaltungen und Bezirksverwaltungen bei uns, dass gefundene Lösungen nicht funktionieren. Wir haben das Thema bereits mehrfach im KTDat-Ausschuss adressiert, die IKTSteuerung hat allerdings weniger die Videokonferenzplattform als vielmehr die höchst unterschiedlichen Voraussetzungen bei Netzzugang und Hardware in den verschiedenen Häusern als Ursache ausgemacht. Dem gehen wir weiter nach.

Elektronische Aktenführung und digitale Geschäftsprozesse gehören ebenfalls zur pandemiefesten Verwaltung. Beides ist beschleunigt und mit auskömmlicher Finanzierung anzugehen. Daher zum Schluss ein Appell an uns alle: Sparen wir nicht am Rückgrat eines funktionierenden Gemeinwesens, sondern machen wir die Verwaltung und die Stadt Berlin pandemiefest! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Bisschen lustlos das Geklatsche da drüben!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat das Wort Herr Abgeordneter Wieberneit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich vertrete heute einen Kollegen von uns, Bernd Schlömer. – Auf diesem Wege: Alles Gute! Auch allen weiteren Kollegen wünsche ich in dem Fall das Negative, in Form des Testergebnisses.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Der vorliegende Antrag der rot-rot-grünen Koalition kommt im Grunde einfach nur zu spät. Er ist zu unverbindlich formuliert, ignoriert aktuelle Herausforderungen an Infrastruktur, Organisation und Technik. Er thematisiert Sachverhalte, die ohnehin schon im E-GovernmentGesetz erfolglos platziert wurden, verkennt die tatsächlichen Arbeitsweisen des 21. Jahrhunderts, nennt keine konkreten Fristen und Meilensteine und setzt auch keine konkreten Ziele und zu verfolgende Prioritäten. Er führt keine Mengengerüste sowie den erforderlichen Ressourcenbedarf auf und adressiert keine personale Durchführungsverantwortung. Er ignoriert zudem die Bedeutung

von Führungskultur und klammert zu viele Landesbeschäftigte einfach aus, die von diesem Paket nicht profitieren können. – Das sind elf Bewertungen zu diesen elf Forderungen. So einfach geht das, aber so einfach kommen Sie dann eben doch nicht davon.

[Beifall bei der FDP]

Ich setze noch eins obendrauf: Mit keiner Silbe sprechen Sie von Mitarbeiterorientierung.

[Paul Fresdorf (FDP): Eine Schande!]

Es fehlt eigentlich nur noch, dass Sie den äußerst unglücklichen Versuch von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil letztendlich kopieren, das Homeoffice gesetzlich im Landesrecht regulieren zu wollen. Von entsprechend gleichlautenden Planungen raten wir bereits jetzt schon dringend ab.

[Beifall bei der FDP]

Acht Monate nach Beginn der jetzigen Ausnahmesituation und der damit einhergehenden Umsetzung von Pandemieplänen in der Berliner Verwaltung legen sie – tatsächlich erst heute – einen Antrag vor, der das Ziel verfolgt, strukturellen und technischen Defiziten digitalen Arbeitens in der Berliner Verwaltung nun, ab heute, zu begegnen. 20 Prozent der Beschäftigten sind vor Ort im Dienst, 80 Prozent sollen zu Hause sein – das sieht der Pandemieplan vor. Acht Monate brauchen Sie, um hier tätig zu werden. Das ist erheblich zu lang.

[Beifall bei der FDP]

Acht Monate nach Beginn der jetzigen Ausnahmesituation schauen wir auf den Mittelabfluss bei dem Ausbau von Berliner Landesnetzen. Veranschlagt waren

11 Millionen Euro für dieses Jahr. Der aktuelle Mittelabfluss in das Programm nach aktuellen Informationen: null Euro.