Protokoll der Sitzung vom 05.11.2020

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Luthe nach § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest können wir feststellen, dass diese Debatte von allen Seiten und gerade auch von dieser des Hauses, sehr kreativ geführt wird. Wir haben bisher eine Menge Märchen gehört, gerade auch von Ihnen, Herr Kollege Lux!

[Beifall bei der AfD]

Wenn Sie behaupten, diese Koalition würde nicht direkt und indirekt durch finanzielle Mittel leider Gottes – ob durch Unfähigkeit oder durch planvolle Tätigkeit, lassen wir mal, weil wir es nicht beurteilen können, offenstehen – islamistische und terroristische Strukturen fördern, dann ist das schlichtweg unwahr. Ich verweise auf meine parlamentarischen Anfragen genau zu diesem Thema, zur Finanzierung von Organisationen, die Hamas und Hisbollah nahestehen, durch insbesondere die Senatsverwaltung für Kultur und die Senatsverwaltung für Bildung.

[Zuruf von der AfD: Hört, hört!]

Wir haben gleichzeitig auch ein riesiges Problem damit, dass Sie – damals der berühmte Einzelfall – eine 44Quadratmeter-Wohnung für 6 000 Euro anmieten, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Dieser Einzelfall, bei dem sich eine Person bereichern konnte, hat sich ja ein bisschen multipliziert, wie wir mittlerweile wissen. Es gibt knapp 800 dieser Einzelfälle, dabei teilweise Einzelfälle aus dem Bereich der organisierten Kriminalität arabischstämmiger Gruppierungen, der sogenannten Clans, die dort aus dem Landeshaushalt finanziert werden, genauso wie eben halt Moscheevereine, die solche Unterkünfte betreiben. Das ist die Tatsache, das ist die Realität Ihres Umgangs mit diesen islamistischen Strukturen und der Förderung.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kurt Wansner (CDU) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Zu dem, was Sie unternommen haben und was Sie anderen, die keine Mehrheit in diesem Hause haben, vorwerfen, nicht unternommen zu haben: Nehmen wir den Bereich der Terrorabwehr. Wir haben vor zwei Jahren, von mir aufgebracht, das Thema behandelt, wie wir eigentlich mit einem terroristischen Angriff, wie er jetzt in Wien geschehen ist, umgehen können und welche Möglichkeiten wir haben, durch unsere MEK einzugreifen. Die Antwort war damals klar: Wir haben keine Möglichkeiten, weil wir gar nicht das entsprechende Training anbieten können. Wir haben auch nicht die Waffen, die dafür notwendig sind. Wir haben nicht die Grundlage für einen

(Benedikt Lux)

finalen Rettungsschuss, den Sie abgelehnt haben und wo Sie angekündigt haben, einen eigenen Vorschlag zu machen, der bis heute nicht da ist.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von der LINKEN]

Sie haben keine Ahnung von dem Thema HawalaBanking. Sie wissen nicht, wie Terror in dieser Stadt finanziert wird. Sie wissen auch nichts darüber, wie Sie denn tatsächlich erneute Anschläge wie am Breitscheidplatz verhindern wollen – Stichwort: Bauliche Barrieren auf öffentlichen Plätzen. Es gab einen Vorschlag, den ich damals vorgelegt habe. Sie haben erklärt, Sie wollen einen eigenen Vorschlag vorlegen, Herr Kollege Zimmermann. Sie haben aber nie einen Vorschlag vorgelegt. Die Ankündigung war: Im Sommer. Ich frage Sie, in welchem? 2022, 2023, wann? – Es wird nichts passieren. Sie warten im Moment einfach ab und schwingen genau diese Sonntagsreden, von denen der Kollege Dregger zu Recht gebeten hat, dass wir sie unterlassen.

Insofern möchte ich abschließend noch eines sagen: „Jede Abschiebung ist eine zu viel“, kam hier aus der Linksfraktion.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Penn?

Bitte!

Bitte!

Herr Kollege Luthe, vielen Dank! Wie bewerten Sie es denn, dass auf Seite 31 des Wahlprogramms der Grünen für die Legislaturperiode 2016 bis 2021 steht, dass der Berliner Verfassungsschutz nicht mehr zeitgemäß ist und mittelfristig abgeschafft gehört? – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE): Bravo!]

Lieber Kollege Penn! Ich gehe davon aus, dass, wenn wir nicht dem Kollegen Lux hier Lügen unterstellen wollen, wir davon ausgehen müssen, dass es so gemeint ist, dass er sich eine neue, stärkere Struktur unter anderem Namen wünscht, die aber genau das macht, Islamismus zu bekämpfen. Ansonsten würde er tatsächlich, wenn er nur

den Verfassungsschutz abschaffen will, die Bekämpfung von Islamismus in dieser Stadt schwächen.

Insoweit kommen wir noch einmal zu dem Abschluss: Jede Abschiebung sei eine zu viel, kam hier aus dem Haus, von den Linken. Ich halte diese Auffassung für vollständig falsch, wie uns auch der Anschlag von der A 100 beispielsweise gezeigt hat. Der Attentäter hatte zwar keinen Identitätsnachweis, er konnte aber sehr wohl in aller Ruhe ohne Identitätsnachweis in Berlin seinen Führerschein machen. Er hat die Fahrprüfung hier abgelegt und konnte sich von der Unterstützung, die er hier als Flüchtling bekommen hat, ein Auto kaufen. Das ist bemerkenswert. Insofern glaube ich, dass es in der Tat im Bereich der Terrorabwehr viel nachzuholen gibt in dieser Stadt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat des Weiteren der fraktionslose Abgeordnete Wild nach § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt auch hier bis zu 3 Minuten. – Sie haben das Wort.

[Zuruf von der SPD: Maske auf! Gilt auch für Sie!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Migration selbst ist die humanitäre Katastrophe. Sie führt Menschen in Gesellschaften, deren Gesetze sie nicht verstehen und zu deren Kultur sie nicht passen. Stattdessen landen sie in Parallelgesellschaften, in denen nichts besser ist als in ihrer Heimat. Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht Kalkutta, der wird selbst zu Kalkutta.

[Zuruf von Franziska Becker (SPD)]

Nur Veränderungen in den Heimatländern kann Migration überflüssig machen. Lediglich wenigen jungen muslimischen Männern gelingt es, in Berlin in der deutschen Arbeitswelt auf Augenhöhe anzukommen. Allein anhand der Schulabschlüsse ist klar, dass es für viele nur auf dem Hilfsarbeiterarbeitsmarkt Aufgaben geben wird. Aus dem Erkennen der Unerreichbarkeit einer Emanzipation in Deutschland ergibt sich eine Gefahr in der Heilssuche in der Religion. Muslimische Frauen haben es da etwas leichter. Zum einen sind ihre schulischen Leistungen besser, zum anderen bietet ihnen eine Zukunft als Mutter auch ohne Erwerbstätigkeit eine soziale Anerkennung. Junge muslimische Männer werden auf sinnstiftende Angebote aus der Moschee eingehen.

(Marcel Luthe)

Claudia Dantschke von der Beratungsstelle Hayat sagt im „Tagesspiegel“, die Jugendlichen suchten jemand, der sie wahrnehme, der sie ernst nehme, der ihnen Lebensperspektiven böte. Die Jugendlichen seien nicht auf der Suche nach dem Islam, sie seien auf der Suche nach Orientierung. – Das ist eine typisch sozialarbeiterische Fehleinschätzung, da das eigene Wertesystem auf die muslimischen Jugendlichen übertragen wird. Natürlich sind sie auf der Suche nach dem Islam, denn Religion steht für Lebenssinn. Wenn Jugendliche aus dem muslimischen Kulturraum auf der Suche nach Sinn sind, werden sie den nicht im westlichen Laizismus finden, sondern im Koran. Wenn wir ehrlich wären, müssten wir diesen Jugendlichen sagen: Ihr könnt euer Heil im Islam suchen, aber dann ist eure Zukunft in islamischen Ländern besser als in Deutschland. Der Westen wird sich in den nächsten Jahren immer deutlicher vom Islam distanzieren, zunächst vom politischen Islam. Aber sind die Jugendlichen, die den tschetschenischen Mörder von Samuel Paty bei Instagram verehren, politisch?

Es ist der Islam selbst, der durch seine Schrift eine Inkompatibilität mit den christlichen geprägten Kulturen Europas hat, eine Schrift, die zur Tötung Ungläubiger aufruft, besonders wenn diese Allah lästern. Das mag in den islamischen Ländern für Ruhe sorgen, bei uns sorgt es für Unruhe. Zweifellos ist der Koran mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Wie viele Berliner Opfer braucht es, bis der Senat in dieser Stadt gegensteuert? – Gegensteuern heißt, wie in Israel, nach innen wehrhaft werden, gegensteuern heißt die Beförderung von Remigration, und gegensteuern heißt, der Neuköllner Karl-Marx-Straße den Namen Samuel Patys, dem grausam geköpften Lehrer, zu geben.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zurufe: Maske auf!]

Für den Senat spricht Herr Senator Geisel. – Bitte schön, Herr Senator!

[Zuruf: Maske auf!]

Herr Wild! Ich erteile Ihnen jetzt einen Ordnungsruf dafür, dass Sie wiederholt ohne Maske in diesem Haus unterwegs sind.

[Allgemeiner Beifall – Andreas Wild (fraktionslos) tritt an das Pult der Präsidentin.]

Sie brauchen mir jetzt gar nichts einzureichen. Im Übrigen haben Sie immer noch keine Maske auf. Das können Sie gern der Verwaltung einreichen.

[Hakan Taş (LINKE): Da kann er gleich ausgeschlossen werden!]

Bei dem Ordnungsruf jetzt bleibt es. – Vielen Dank! – Herr Senator! Jetzt haben Sie wirklich das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind tief betroffen vom Terrorakt in Wien, der unschuldige Opfer mitten aus dem Leben gerissen und unser Nachbarland schwer getroffen hat. Mit großem Respekt anerkennen wir auch die Arbeit der österreichischen Sicherheits- und Rettungskräfte, die unter Einsatz ihres Lebens die Gefahr gebannt und die Verletzten versorgt haben.

Islamisten wollen kein friedliches Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen und Religionen. Islamisten wollen Ausgrenzung und Ablehnung. Diese Saat ist bei der AfD offenbar aufgegangen. Genauso wie Sie wollen islamistische Extremisten keine politisch anständige, sachliche Debatte über die Situation, über Probleme und Lösungen in unserem Land. Sie wollen Streit, Hetze, Unversöhnlichkeit und Unruhe.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Diesen Gefallen werden wir ihnen aber nicht tun, schon gar nicht in einer Zeit, die von uns allen bereits vieles abverlangt, eine Zeit, in der Menschen um ihre Gesundheit und ihr wirtschaftliches Überleben bangen, eine Zeit, in die jetzt auch wieder der Terror zurückgekehrt ist.

Es ist wichtig, diese Debatte nicht den Extremisten zu überlassen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Deswegen haben wir sie eingebracht und nicht die Grünen!]

Diese Debatte berührt die Haltung zu unserem Leben, das wir in Europa seit vielen Jahrzehnten in Frieden und Freiheit führen, ein Leben, das für viele Menschen auf der Welt Europa zu einem Ort der Sehnsucht macht und damit auch zu einem Ziel von Flucht und Migration. Wir müssen offen darüber reden, was das alles für unsere Gesellschaft bedeutet, im Guten wie auch im Negativen. Deshalb müssen wir offen darüber reden, was in den letzten Tagen und Wochen wieder für uns schmerzhaft sichtbar geworden ist: der islamistische Terror, die Morde in Frankreich, Dresden, in Wien, mutmaßlich verübt von Menschen, die hier Zuflucht gefunden haben, aber die auch hier geboren wurden. Wir reden über die Taten von Menschen, die vorgeben, diese abscheulichen Verbrechen im Namen eines Gottes zu verüben.

Der Tod all dieser Menschen darf nicht folgenlos bleiben. Nur, wie sehen die Folgen aus? – Bei der Strafverfolgung ist das ganz einfach, größter Verfolgungsdruck und harte Strafen. Es sind die einzigen Mittel, die angesichts dieser

(Andreas Wild)

Taten angemessen sind. Aber gleichzeitig müssen wir uns immer wieder neue Gedanken machen, wie wir unser Zusammenleben in einer Gesellschaft organisieren, die immer heterogener wird, wie wir mit den Wiedersprüchen umgehen, mit den Gegensätzen, mit den Konflikten und zwar friedlich. Dabei dürfen wir nicht unsere Werte wie Freiheit, Toleranz und das klare Bekenntnis zu einer Gesellschaft der Vielfalt über Bord werfen. Das gilt für uns alle. Es ist nicht nur die eigene Vielfalt gemeint, die eigene Kultur oder die eigene Religion. Unsere Stärke muss das gleichberechtigte und friedliche Miteinander sein. Unsere Stärke muss das Respektieren von anderen Lebensentwürfen sein, von anderen Meinungen, von anderen Haltungen. Unsere Stärke besteht darin, dass wir die Fähigkeit entwickeln, Brücken zu schlagen, über bestehende Unterschiede hinweg, und nicht die Gräben immer nur tiefer zu graben. Was ganz sicher nicht unsere Stärke sein darf, ist, andere Menschen verächtlich zu machen, sie im schlimmsten Fall anzugreifen, weder im Namen irgendeiner Religion noch im Namen irgendeiner politischen Überzeugung.

Ich denke, dass es wichtig ist, die Dinge beim Namen zu nennen. Ein Islamist ist ein Islamist, und wenn er tötet, ist er ein Mörder, unabhängig von seiner Motivation. Aber nicht jeder, der an Allah glaubt, ist auch ein Islamist. Im Gegenteil: Seit langer Zeit sind in unserem Land, in unserer Stadt Zehntausende friedliebende Muslime daheim, und sie bereichern unser Berlin. Es ist inzwischen auch ihre Stadt, in der ersten, in der zweiten, in der dritten, in der vierten Generation. Es ist mir wichtig, diese Wahrheit immer wieder auszusprechen, weil Populisten immer wieder diese Gleichsetzung suggerieren und damit Menschen ausgrenzen, Angst und Unfrieden schaffen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Marc Vallendar (AfD): Doch wird man seine Religion kritisieren dürfen!]

Den Schwarz-Weiß-Malern sage ich ganz ausdrücklich: Wir wollen keine Islamisten bei uns.