Das heißt eben auch, in den Planungs- und Genehmigungsvorhaben hier in Berlin, die die Bezirke zu bearbeiten haben, die das Land Berlin zu bearbeiten hat, muss das verpflichtend berücksichtigt werden, wenn dort etwas ist. Wir stehen für Wohnungsbau in der Stadt, wir stehen für Verdichtung, aber es muss auch heißen, wenn dort
jemand einen Wohnkomplex anbauen will, dann muss er vorher fragen, ob es dort vielleicht einen Club gibt. Vielleicht kann man ja auch mal vorher Schallschutzfenster einbauen. Natürlich, Kollege Kössler hat es angesprochen, wir haben als erste Landesregierung, Rot-Rot-Grün, hier einen Lärmschutzfonds speziell für Clubs aufgesetzt, wodurch sie Geld zur Verfügung bekommen, um die bestehenden baulichen Anlagen nach außen besser zu schützen, damit der Lärm nicht so an die Umgebung abgegeben wird.
Natürlich geht es auch darum, dass wir ein Zeichen setzen wollen, dass wir an die Zukunft der Clubs glauben. Wir wissen, dass die aktuelle Situation wirklich fast verheerend ist. Für uns heißt das auch, dabei sind wir gerade, zu überlegen, wie wir das machen können, eine Gesetzesinitiative, um die vielen Grauflächen, Betonflächen in Berlin, die vielleicht manchmal offiziell Grünflächen heißen, aber das kann eine Fläche unter einer Autobahn und an vielen anderen Stellen sein, die bisher völlig untergenutzt werden, dass wir sagen: Diese Grauflächen machen wir zu Tanz- und Eventflächen. Da müssen wir mal ans Grünanlagengesetz herangehen, denn über OpenAir-Veranstaltungen werden wir ab 2021 im Frühjahr, vor allem im Sommer, eine Alternative zu dem schaffen, was in geschlossenen Clubs momentan eben nicht möglich ist, wo wir alle hoffen, dass mit Schnelltests etwas kommt, mit den großen Coronaimpfungen. Aber wir alle wissen, das ist noch ein Stück weit Zukunftsmusik. Deswegen hoffe ich sehr, dass wir da weiterkommen.
Ich hoffe auf Unterstützung. Ich freue mich sehr, dass dieser Antrag, der hier von SPD, Linken und Grünen eingebracht wurde, auch von der CDU unterstützt wird. Das zeigt, dass Sie da mitdenken und auch den Anspruch haben, die Clubkultur in Berlin zu erhalten. Ich glaube, wir zeigen hier sehr deutlich als Land Berlin, die Clubs in Berlin, die Livemusikspielstätten sind ein echter Mehrwert. Sie sind Freiräume, sie sind kulturelle Schätze dieser Stadt. Wir wollen sie nicht bloß wahren, wir wollen sie sichern, wir wollen sie ausbauen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kössler hat ja emotional sehr mitreißend den Antrag begründet.
Die Argumente, die er angebracht hat, sind nicht falsch. Ich kann sie alle nachvollziehen. Wir haben auch Verständnis für die Notlage gerade der Clubs. Wir wissen, die Clubs sind die Stätten hier in Berlin, die als letzte wieder aufmachen. Das ist bedauerlich. Sie haben natürlich auch recht, dass das ein bisschen ein Brandbeschleuniger ist. So weit, so gut. Ob dieser Antrag, Clubs als Kulturstätten anzuerkennen, da Abhilfe schafft, ist für mich fraglich.
Der Einfluss einiger Vertreter von CDU und SPD bei ihren Kollegen im Bundestag scheint nicht so groß zu sein. Eine im Bauausschuss des Bundestages vorgestellte Gesetzesnovelle des Bundeskabinetts bringt diesbezüglich keine Änderung des Baurechts. Selbst wenn die Baunutzungsverordnung dahin gehend geändert würde, dass Clubs als Anlagen für kulturelle Zwecke neu eingeordnet werden, müssten die Baubehörden den Störungsgrad solcher Kulturstätten nach § 15 werten und letztendlich deren Unzulässigkeit in Wohn- oder Mischgebieten feststellen. Eine Baubehörde wird das niemals allein und auch nicht befriedigend lösen können. Es ist vielmehr ein ordnungspolitisches, ein ordnungsbehördliches, ein gewerberechtliches und nicht zuletzt polizeirechtliches Themenfeld. Die Problematik kann man eben nicht dadurch lösen, dass man Clubs zu Kulturstätten umdeklariert. Das ist Etikettenschwindel.
Gleichwohl lässt sich insgesamt schwer ermessen, wie viel Kultur die Betreiber in ihre Clubs einfließen lassen.
Wer soll aber bei der großen Zahl der Clubs hier gerade in Berlin die kulturelle Zuordnung fortlaufend kontrollieren und rechtfertigen? Was ist mit der alteingesessenen Kneipe, die in ist und sich hin zu einem Club verändert hat? Das nennt man schleichende Nutzungsänderung.
Der wesentliche Aspekt bleibt aber der Lärmpegel. Baubehörden in Berlin anzuweisen, die Genehmigung von Clubs künftig an den Kriterien für Kulturstätten zu orientieren, das wird nicht funktionieren. Die Koalition und die CDU haben doch Stadträte in den einzelnen Bezirken.
Die Problematik der Clubs ist weniger ihre technische Ausstattung und die Lautstärke im Raum, sondern das Geschehen im Freien. Außerhalb des eigentlichen Objekts wirkt der Zu- und Abgangsverkehr störend. Gäste, die vor der Tür warten, erzeugen allzu oft Lärm. Die Umgebung ist schutzwürdig, insbesondere wenn dort gewohnt und somit nachts geschlafen wird. Das von Ihnen empfohlene Agent-of-Change-Prinzip lehnt die AfD ab. Wir brauchen eine Lösung, die nicht nur dem Fortbestand der Clubs gerecht wird, sondern auch den legitimen Bedürfnissen von Anwohnern und den Erfordernissen einer dynamischen Stadtentwicklung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen, Clubgänger und Nichtclubgänger! Der Antrag hat ja eine längere Geschichte und auch Vorgeschichte. Letztere ist hier beschrieben worden. Seit Jahren ist in Berlin, aber nicht nur in Berlin, ein Clubsterben zu beobachten. Grund war nicht das Ausbleiben der Besucher oder gar die Schließung aufgrund einer staatlichen Verordnung wegen einer Pandemie, sondern die eigentliche Ursache war der sich permanent aufheizende Immobilienmarkt in dieser Stadt wie auch in anderen und die Verdrängung der Clubs aus den angestammten Orten. Clubleben und Clubkultur – das ist hier schon ganz oft betont worden – sind in den letzten Jahrzehnten ein Motor für den Aufstieg Berlins gewesen, aber die Clubs wurden gleichzeitig dessen Opfer. Das ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Der wird in der Fachwissenschaft in der Regel Gentrifizierung genannt. Mit dem Verwertungsdruck ist eben auch ein Verdichtungsdruck verbunden. So kommt es zu Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Grundstücksbesitzern. Selbst wenn der Clubbesitzer Eigentümer seines Gebäudes ist, kommt er unter Druck, weil die anderen Grundstückseigentümer ihn unter bestimmten Umständen von seinem Standort verdrängen können. Eigentum schützt hier gar nicht.
Wir haben ein stadtentwicklungspolitisches Problem, und dem muss sich die Politik stellen. Das machen wir mit dem Antrag, der vielfältige Probleme aufgreift. Ich gehe vor allen Dingen auf den einen Punkt ein, der die Stadtentwicklungspolitik betrifft. Wenn man davon ausgeht, dass die Clubs zu Berlin gehören, dann müssen die Clubs auch in allen Teilen der Stadt möglich sein. Das entbindet sie nicht, wie mein Vorredner meinte, von der Verpflichtung einer guten Nachbarschaft, aber, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, dann dürfen sie aus unseren Nachbarschaften auch nicht ausgeschlossen sein, weil sie
da als Vergnügungsstätten angeblich nicht hingehören. Das ist das eigentliche Problem. Es geht also nicht darum, irgendwelche Sondersituationen für Clubs zu schaffen, sondern sie müssen gleichberechtigt mit anderen Kulturstätten sein. Es gibt hier kein Kultursiegel, wer Kultur ist und wer nicht. Das ist nicht die Intention des Antrags, und das wollen wir sicher auch nicht erreichen. Wir entscheiden auch nicht darüber, ob irgendein Theater oder ein Konzertsaal Kultur ist oder nicht. Ich glaube, man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, dass, wie mein Vorredner sagte, bestimmte Veranstaltungsstätten ein Kultursiegel bekommen und dann als Kulturstätten gelten. Das ist nicht das Ziel.
Ziel ist, die Nutzungsmischung einer gemischten Großstadt wie Berlin mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts adäquater steuern zu können, als dies gegenwärtig möglich ist. Dabei ist die typisierende Gebiets- und Vorhabenbetrachtung den sich verändernden gesellschaftlichen Arbeits- und Lebensweisen anzupassen und eine Einzelfallbetrachtung der tatsächlichen Nachbarschafts- und Gebietsverträglichkeit von Nutzungen bei der planungsrechtlichen Beurteilung eines Vorhabens zu ermöglichen.
Das ist die entscheidende Passage. Das klingt jetzt sehr bürokratisch, ist vermutlich auch nicht von dem durchschnittlichen Clubbesucher als besonderer Groove zu empfinden, der ihn in Schwingung versetzen könnte, aber der Baurechtler würde bei diesem Satz vielleicht in Schwingung oder auch in Widerstand kommen, denn das ist die Abkehr von der typisierenden Betrachtung und deren Ergänzung durch Einzelfallbetrachtung. Es geht eben nicht darum, ob der Club aufgrund einer baurechtlichen Einordnung dort sein kann, sondern um die tatsächlichen Nutzungskonflikte. Wenn die tatsächlichen Nutzungskonflikte gelöst werden können, dann kann ein Club in diesem Gebiet seinen Veranstaltungsbetrieb machen. Das ist der entscheidende Punkt. Wir weisen also nicht die Baubehörden an, gegen Baugesetze zu verstoßen, sondern es geht darum, dass wir eine Einzelfallbetrachtung vornehmen und den Schutzzweck der Norm erfüllen. Das heißt, der Schutzzweck der Norm der typisierenden Betrachtung ist es, Nutzungskonflikte zu vermeiden. Und wenn man die ausschließen kann, dann ist an allen Orten dieser Stadt Clubkultur möglich. Es geht also um die Anerkennung der Clubs und Livemusikstätten als Teil der Kultur. Das bedeutet eben auch, dass sie an allen Orten möglich sind, wenn sie sich mit ihren Nachbarschaften vertragen.
Was als Kulturreinrichtung gilt und was nicht, werden wir hier nicht entscheiden. Es geht einfach darum, dass alle Kultur gleichberechtigt ist. Das ist der entscheidende Grund, warum wir diesen Antrag eingebracht haben. Er dient auch ein bisschen als Wegweisung, wie wir zukünf
tig mit Kultur in der Stadt umgehen wollen. Wir sagen eindeutig: Zu dieser Kultur gehören Opernhäuser, Theater, Konzertsäle, aber auch Clubs und Livemusikstätten. Das ist der eigentliche Inhalt unseres Antrags. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ganz ehrlich sagen: Als ich heute Morgen bei meinem Frühstücksei darüber nachgedacht habe, was ich zu diesem Thema Neues erzählen kann, ist mir wenig eingefallen, denn wir haben erst vor Kurzem hier in diesem Haus, genau an dieser Stelle ausführlich über den Antrag beraten. Dann haben wir uns noch ausführlicher im Ausschuss mit den Fachsprechern dazu ausgetauscht. Und jetzt bringen Sie diesen Antrag hier ein drittes Mal ein. Wir sind ja bei den Prioritäten, und da wundere ich mich schon ein bisschen. Für mich hätten gerade ganz andere Sachen Priorität in dieser Stadt. In den Seniorenheimen haben wir massive Coronaausbrüche. Es sterben dort Menschen. Darüber hätte man hier mal als Priorität sprechen können und nicht über Feiern und Partymachen. Ich finde, das ist nicht wirklich angemessen in der jetzigen Situation.
Aber kommen wir mal zu dem Antrag direkt: Die Clubkultur in Berlin ist für mich auch eine Kultur, aber es ist für mich nicht nur eine Clubkultur, denn ich finde, Berlin hat auch eine hervorragende Ausgehkultur. Das, was Sie immer als Verdrängung bezeichnen, ärgert mich ganz besonders. Das ist so ein typisches Berliner Phänomen, habe ich das Gefühl: Man zieht in diese Stadt, man zieht irgendwohin, wo möglichst viele Bars und Restaurants um einen herum sind, weil man es toll, hip und quirlig findet, dann kommen die Kinder, dann wird sich über die Lautstärke der Bars und Restaurants unten erst beschwert, und dann wird sich so lange in einer Bürgerinitiative engagiert, bis die Bars und Restaurants zumachen.
Das, was Sie hier mit der Verdrängung der Clubs ansprechen, unterstützen wir auch als FDP. Bei dem Heranrücken von neuen Bauvorhaben an Anlagen kultureller Zwecke wie Clubs usw. soll sichergestellt werden, dass es einen Bestandsschutz gibt. Ich finde, das kann man unterstützen. Das sehe ich genauso. Allerdings muss ich
Ihnen auch sagen: Nur die Clubkultur zu behalten, wie sie ist, hätte nicht das Clubleben in Berlin ausgemacht, wie wir es haben, denn das Clubleben in Berlin lebt von Veränderung. Es lebt davon, dass mal ein neuer Club aufmacht und ein alter Club zumacht. Das ist völlig normal. Das ist auch das, was hier eine gute Clubkultur ausgemacht hat. Ich finde, die Verdrängung ist nicht immer nur schlecht.
Das Problem ist allerdings, dass die Clubs für uns nicht nur Kulturreinrichtungen sind, sondern auch Wirtschaftsunternehmen. Was hier Rot-Rot-Grün macht, ist ein massiver Eingriff in diese Wirtschaftsunternehmen, der auch Schaden verursachen kann. Das möchte ich Ihnen an einem konkreten Beispiel benennen: Sie sagen eigentlich gar nicht, was Clubs sind, die Sie fördern möchten.
Sie wollen nicht die breite Clublandschaft fördern, sondern Sie sagen: Wenn ein Club z. B. einen besonderen musikästhetischen Anspruch erfüllt, dann ist er zu fördern. – Ich bin mir ganz sicher, dass mein musikästhetischer Anspruch bestimmt ein anderer ist als der von Herrn Dr. Nelken und auch der von Herrn Goiny. Da frage ich mich: Wer soll das denn am Ende entscheiden? Wenn Sie jetzt die Clubs fördern, die Sie fördern möchten – – Ich habe so das Gefühl, es soll in eine bestimmte Richtung gehen. Die Clubs sollen ja auch Angebote machen. Sie sollen ein Leitbild für eine diskriminierungskritische Clubkultur entwickeln. Sie müssen ein Beschwerdemanagement einrichten usw. und so fort.
Genau, am besten einen Beauftragten! – Und diese Clubs wollen Sie dann auch finanziell unterstützen. Was ist denn mit den anderen Clubs, die das nicht wollen, die sagen: Mein Programm besteht darin, dass ich mein Publikum so zusammenstelle, wie ich das hier habe, und ich spiele die Musik, die ich möchte, und nicht die, die die linke Seite dieses Hauses als besonders musikästhetisch betrachtet? Dann machen Sie mit den Fördergeldern diesen Wirtschaftsunternehmen Konkurrenz, und das ist auf gar keinen Fall eine Sache, die wir als FDP unterstützen werden.