Protokoll der Sitzung vom 19.11.2020

[Gongzeichen]

Ich gehe davon aus, dass alle von ihrem Recht der Anmeldung Gebrauch gemacht haben und stoppe die Anmeldung.

[Gongzeichen]

Ich verlese die ersten Namen: Herr Friederici,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Herr Hansel, Herr Daniel Buchholz, Herr Dr. Juhnke, Herr Christian Buchholz, Frau Demirbüken-Wegner, Herr Lindemann, Herr Wild, Frau Platta, Herr Standfuß. Schauen wir, wie weit wir kommen. – Herr Friederici hat als Erster das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welches erste Fazit zieht der Berliner Senat rund drei Wochen nach Eröffnung des Flughafens BER für den Luftverkehrsstandort Berlin für die Erreichbarkeit des Flughafens, insbesondere des öffentlichen Nahverkehrs, des Privatverkehrs und vor allen Dingen nach dem

verkorksten Gründen dieses neuen Taxitarifes mit dem Landkreis Dahme-Spreewald?

Für den Senat hat das Wort Herr Senator Kollatz. – Bitte!

Das ist eine Frage, die geht ein bisschen an zwei Senatsmitglieder. Ich werde versuchen, darauf zu antworten. – Zum einen ist es so, dass die Inbetriebnahme des Flughafens reibungslos geklappt hat.

[Heiko Melzer (CDU): Immer schon!]

Das ist, glaube ich, etwas, was viele hier im Abgeordnetenhaus nicht vermutet hätten.

[Paul Fresdorf (FDP): Wir freuen uns drüber!]

Das ist eine gute Nachricht für Berlin. Das ist eine gute Nachricht für die Region. Der Flughafen leidet, wie alle Flughäfen in Deutschland und auch weltweit, unter einer sehr geringen Fluggastzahl. Das heißt, um mal die Dimension zu nennen: Wir sind ungefähr bei 10 Prozent des Vorjahresverkehres. Das heißt also, wenn Sie es in einem Satz zusammenfassen wollen: Bis zur Eröffnung des Flughafens hatten wir Probleme, die keine anderen hatten, nämlich in der Fertigstellung des Flughafens. Das hat auch viele Anstrengungen gekostet. Jetzt haben wir Probleme, die alle haben, und das ist, glaube ich, auch wichtig. Das heißt, diese niedrige Inanspruchnahme haben alle Flughäfen, und das stellt sie auch vor richtig gravierende Probleme.

Umgekehrt bedeutet das, dass bei der verkehrlichen Erreichbarkeit im Sinne der reibungslosen Inbetriebnahme, alles gut gelaufen ist. Das bedeutet aber eben auch: Man muss wissen, mit einer sehr geringen Fluggastzahl. Da hat auch die Verlegung von Tegel an den neuen Standort, also gemischt, Schönefeld und BER oder BER 1 und BER 5 auch reibungslos und gut geklappt. Auch das ist nicht von allen vermutet worden. Wie Sie auch wissen, der Bund fliegt mit seinen Regierungsmaschinen reibungslos von dort.

Die verkehrliche Erreichbarkeit von all diesen Gruppen ist gut gegeben. Zu dem Thema Taxi hat es bereits in der letzten Sitzung eine Frage an die Verkehrssenatorin gegeben. Da ist es so, der jetzt erreichte Stand stellt aus Sicht des Landes Berlin, das hat die Kollegin bereits dargestellt, nicht ein Endergebnis dar, sondern das zum gegenwärtigen Zeitpunkt Erreichbare und Mögliche. Es wird Bemühungen geben, weiter zu verhandeln.

[Heiko Melzer (CDU): Haben Sie die Frage noch im Kopf?]

Was aber allen klar sein sollte: Dieser Flughafen, und das ist ein Fortschritt, ist schienengebunden durch den ÖPNV

erreichbar. Das heißt, die übergroße Mehrzahl der Fluggäste wird auch in Zukunft über den schienengebundenen Verkehr an diesen Flughafen kommen. Und das ist ein Fortschritt.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Herr Friederici! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage, bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Danke, Herr Senator! Ja, in der Tat, das ist ein guter Fortschritt, Letzteres, die Erreichbarkeit.

Zweitens habe ich jetzt aber noch eine Nachfrage zum Taxitarif. Sie sprachen an, dass es quasi ein lebender Prozess ist. Die Frage lautet: Wann werden wir denn zu besseren Ergebnissen für das Berliner Taxigewerbe kommen, auch in Hinblick auf das zu erwartende Mehr an Passagieren in den nächsten Monaten und Jahren, wenn die Coronapandemie vorbei ist,

[Heiko Melzer (CDU): Das kann der Finanzsenator nicht beantworten!]

in Hinblick auf die Fragestellung, ob denn maximal 600 Berliner Taxis pro Tag ausreichen werden, um die Fluggäste zum und vom BER zu transportieren?

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Günther – bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Friederici! Wir haben darüber schon im Ausschuss ausführlich informiert. Es ist so, dass diese 600 Taxis natürlich nur so lange auf diesen Deckel determiniert sind, bis Brandenburg und Berlin sehen, dass deutlich mehr Fluggäste da sind und eine Aufstockung vonnöten ist. Diese Aufstockung findet dann in dem Verhältnis statt, dass man sagt, eins zu eins Brandenburger und Berliner Taxis werden dann bis 1 100 aufgestockt, und wenn dieses Potenzial auch ausgeschöpft wird, dann werden wir verhandeln, wie es dann weitergeht. Aber augenblicklich, zumindest nach meinem Begriff, scheinen diese 600 Taxis nicht ausgelastet zu sein, so gering ist augenblicklich der Flugbetrieb. Insofern sind wir noch weit davon entfernt.

(Oliver Friederici)

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Otto. – Bitte schön!

Die Eingangsfrage war ja: Was bedeutet die Eröffnung des Flughafens für uns?

[Heiko Melzer (CDU): Stimmt nicht! War nicht die Eingangsfrage!]

Da ist natürlich die Taxigeschichte sehr wichtig für die CDU. Uns beschäftigt eher die Finanzfrage. Herr Senator! Vielleicht können Sie dazu noch mal drei Sätze sagen, wie Sie die Bereitschaft der Partner, Bund und Brandenburg, auf der einen Seite einschätzen und auf der anderen Seite die Möglichkeiten bei EU, Notifizierungsverfahren oder dergleichen, dass der Flughafen dauerhaft im dreistelligen Millionenbereich alimentiert werden muss, vielleicht die nächsten fünf Jahre,

[Sibylle Meister (FDP): Ich würde eher sagen, die nächsten zehn Jahre!]

wie sehen Sie das?

[Paul Fresdorf (FDP): Wer solche Freunde hat!]

Herr Senator Kollatz, Sie haben das Wort – bitte!

Danke schön! – Alles hängt jetzt erst einmal davon ab, wie rasch es gelingen wird, aus der Coronakrise herauszukommen. Dabei ist es so, dass sich sehr vieles kurzfristig ändert. Wenn es rasch gelingt, das ist vorhin schon in einem Redebeitrag angedeutet worden, zu Impfstoffen zu kommen, wird es wahrscheinlich rasch eine Erholung geben.

Grundsätzlich gibt es schon noch viele offene Fragen zwischen uns auf der nationalen Ebene und auf der regionalen Ebene und der EU-Kommission, über den Rahmen, in dem die Unterstützung der Flughafengesellschaft ablaufen kann. Die Hierarchie ist so, dass es auf der EUEbene quasi einen Beschluss gab, in meinen Worten etwas salopp ausgedrückt, mit dem Sommer 2020 ist die Coronakrise vorbei. Wir wissen nun, dass das nicht der Fall ist. Insofern sind bestimmte mögliche Ausgleichszahlungen von der EU erst einmal auf diesen Zeitraum limitiert worden. Es ist ganz offensichtlich, dass das nicht ausreicht. Über dieses Thema muss weiter verhandelt werden und wird auch weiter verhandelt. In der Zwischenzeit leisten wir, mit Unterstützung des Parlaments, die coronabedingten Unterstützungszahlungen, nur um die geht es, an den Flughafen in der Form von Gesellschafterdarlehen, die eine marktkonforme Vergütung

haben, um beihilferechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Aber das kann keine dauerhafte Lösung sein.

Die Flughafengesellschaft hat zunächst einmal im frühen Herbst ein Management Case vorgeschlagen. Sie legt jetzt etwas präzisiertere Berechnungen vor. Nach diesen Berechnungen wird es länger dauern, bis der Flugverkehr coronabedingt seine Ausgangslage erreicht. Das ist jetzt, glaube ich, wichtig: Der Flughafen kann und muss und wird auch profitabel im operativen Betrieb sein können, wenn er keine Wahnsinnszuwächse hat. Er wird aber nicht profitabel oder auch operativ in schwarzen Zahlen fliegen können bei der dramatischen Unterauslastung, die wir zurzeit sehen. Insofern ist es so, wir werden mit dem Bund und auch der EU darüber reden, was die Maßnahmen sind, und wir werden das Parlament auch immer darüber informieren, was coronabedingt ist und was nicht, und nur für die coronabedingten Maßnahmen wird es einen Ausgleich geben. Den sollte es allerdings auch geben.

Die Dimensionen für dieses Jahr haben wir ja präzisiert. Wir haben im entsprechenden Ausschuss des Parlaments auch deutlich gemacht, wenn diese Mittel nicht vollständig gebraucht werden sollten, dass sie dann mit Mitteln, die 2021 für Coronaausgleich gebraucht werden, verrechnet würden. Das werden wir wissen, sobald die Flughafengesellschaft die Jahresabschlussrechnung vorgelegt hat. Ähnlich werden wir auch für das Folgejahr verfahren.

Ich rechne damit, dass wir in der Größenordnung, die in der Öffentlichkeit diskutiert wird, wenn sich die Lage nicht deutlich nach oben verbessert, einen Unterstützungsbedarf coronabedingt in 2021 von 500 Millionen bis 550 Millionen Euro haben. Da würde es dann so sein, dass der Anteil des Landes Berlin bei 37 Prozent liegt. Der Wunsch, den der Finanzsenator hat, ist, dass es dort möglichst rasch zu einer Erholung kommt, weil der Bedarf dann niedriger ausfällt.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an Herrn Abgeordneten Hansel. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Einer aktuellen Kantar-Umfrage zufolge ist die Mehrheit der Deutschen dafür, dass Restaurants und Kultureinrichtungen wieder öffnen dürfen. Ich glaube, die Mehrheit der Deutschen sieht das eingedenk der Notwendigkeit des Investitionsschutzes so. Wann wird der Senat diesen Wunsch der Menschen in bürgerfreundliche Politik umsetzen?

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Pop. – Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Diesen Wunsch teilen wir sicher alle: dass wir irgendwann wieder gemeinsam in die Gastronomie gehen können, dass wir gemeinsam in kleineren und größeren Gruppen Freizeit genießen können, dass wir wieder gesellig sein können, dass wir das tun, was uns auch ausmacht als soziale Wesen, miteinander unterwegs zu sein, sich miteinander zu unterhalten und Spaß zu haben. Aber wir wissen alle, dass das unter den Bedingungen der Pandemie und gerade jetzt in der zweiten Welle schlicht nicht möglich ist. Das erkläre ja nicht nur ich, sondern das erklären die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin seit geraumer Zeit. Wir erleben seit ungefähr Ende August, Anfang September einen drastischen Anstieg der Infektionszahlen. Die Inzidenzzahlen nicht nur für Berlin, sondern bundesweit und in anderen europäischen Ländern sind Ihnen ja bekannt.

Wir haben es in den letzten Wochen immerhin geschafft, dass eine gewisse Stabilisierung auf einem hohen Niveau der Infektionszahlen durch den zweiten Teillockdown erfolgt ist. Das ist zumindest ein erster Teilerfolg, den wir hier sehen, und das ist eben mit den Maßnahmen gelungen, die wir miteinander auf Bundesebene beschlossen und hier in Berlin umgesetzt haben. Klar ist, dass wir einerseits mit der Strategie „Hammer and Dance“, die wir schon seit Frühjahr verfolgen, vorgehen. Auf der anderen Seite gibt es einen breiten politischen Konsens, dass es schützenswerte Bereiche wie die Kitas und die Schulen gibt, dass wir der Bildungsverpflichtung nachkommen und dass wir Kinder und Jugendliche möglichst lange in diesem vertrauten Raum behalten wollen. Gleichzeitig wollen wir den Eltern ermöglichen, weiterhin an der Arbeitswelt teilzunehmen, weil die Kinder eine Betreuung haben. Wenn man aber einen breiten Konsens über die Entscheidung, diese Bereiche zu schützen, hat, dann ist es völlig klar, dass sich die anderen Lebensbereiche einschränken müssen – so weh und leid es uns auch allen tut. Das ist der Weg, den wir hier miteinander gehen.

Und ich sage auch: Je erfolgreicher wir damit in der Eindämmung sind – eben nicht nur die Zahlen zu stabilisieren, sondern sie in den nächsten Wochen wieder nach unten zu bekommen, denn der eigentliche Erfolg ist ja, dass die Infektionszahlen wieder nach unten gehen –, desto mehr werden wieder maßvolle Lockerungen, wie wir sie aus dem Frühjahr kennen, möglich sein. Wir arbeiten genau an diesen beiden Dingen: Zum einen arbeiten wir daran, die Infektionszahlen nicht nur auf dieser Höhe zu stabilisieren, sondern sie wieder nach unten zu bekommen. Und andererseits bereiten wir wieder mögliche Lockerungen vor. Wir alle hoffen, dass das möglich

schnell geht, aber das hängt eben von den Infektionszahlen ab. Ich muss es Ihnen nicht noch einmal explizit sagen: Wir sehen aber eben auch, dass die hohen Infektionszahlen der letzten Wochen vor allem zu einem geführt haben, nämlich dazu, dass wir die höchsten Todesfallzahlen aufgrund von Corona in den letzten Tagen zu beklagen hatten und dass die Intensivbettenauslastung inzwischen eine kritische Marke erreicht, nicht nur in Berlin, sondern überall. Das ist die Situation, vor der wir zurzeit stehen. Insofern werden wir diese beiden Wege, die ich gerade beschrieben habe, in den kommenden Wochen verfolgen.

Herr Hansel, Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage. – Bitte schön!