Protokoll der Sitzung vom 19.11.2020

Herr Schrader! Sie haben das Wort – bitte schön!

Herr Stettner! Ich teile Ihr Anliegen, dass Lehrkräfte in dieser Frage unterstützt werden müssen. In Ihrem Antrag steht geschrieben, dass die Stelle, die Sie schaffen wollen, eine erste Ansprechpartnerin sein soll bei extremistischen Äußerungen aus der Schülerschaft. – Jetzt könnte man Ihren Extremismusbegriff zugrunde legen, dem zufolge schon eine Aussage wie „System Change not Climate Change“ extremistisch ist. Wie soll das dann laufen? Soll dann eine Lehrkraft, wenn eine Schülerin oder ein Schüler „System Change not Climate Change“ sagt, bei dieser Stelle anrufen? – Dann, glaube ich, würde das Telefon täglich mehrmals klingeln.

[Paul Fresdorf (FDP): Man kann das Thema ernst nehmen, oder man kann sich darüber lustig machen!]

Das halte ich für eine sehr interessante, aber dem Thema nicht entsprechende Nachfrage.

[Beifall bei der AfD, der CDU und der FDP]

Wir diskutieren ansonsten fachlich immer sehr gern, aber in Situationen wie denen, dass Lehrer geköpft werden und unsere Lehrerinnen und Pädagogen zu Recht Sorge haben, das mit solchen Fragen zu verbinden, das passt einfach nicht, lieber Kollege! Das ist nicht die Aufgabe.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ich gehe nicht davon aus, dass die Pädagogen bei dieser Notfallstelle anrufen werden, wenn jemand etwas sagt, was ihnen politisch nicht passt; für so kleinkariert halte ich unsere Pädagogen nicht. Wenn das doch der Fall

wäre, dann haben wir hier eine Stelle, die alle Ressourcen verknüpfen und feststellen kann, ob es eine Notwendigkeit gibt, dort hinzufahren. Ich glaube, in dem von Ihnen beschriebenen Fall würde kein Team rausfahren, um das Problem zu lösen.

Genau aus diesem Grund schlagen wir eine Notfallstelle gegen Extremismus an Schulen vor, die erreichbar ist, immer erreichbar, einsatzbereit, speziell geschult im Umgang mit gewaltbereiten Extremisten und deren Umfeld, kompetent die Gefahr einzuschätzen und die richtigen Ressourcen für die richtige Anwendung einzusetzen. Sicherheit in unseren Schulen ist die Aufgabe des Staates. Bisher haben wir keine durchgehend erreichbare Notfallstelle für unsere Schulen. Deswegen, sehr geehrte Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

lassen Sie uns gemeinsam einen weiteren Baustein zur Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegen gewaltbereite Extremisten hinzufügen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Lasić.

Lieber Herr Stettner! Das letzte Mal, als ich geschaut habe, waren auch Kolleginnen im Raum, und nicht nur Kollegen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen Trick gelernt, seitdem ich im Parlament bin: Ich vergleiche immer, ob der Titel eines Antrags zu dessen Inhalt passt.

[Paul Fresdorf (FDP): Da sind Sie nicht oft erfolgreich! – Zuruf von der AfD]

Gelegentlich – das ist hier der Fall – haben der Inhalt und der Titel wenig gemeinsam. Der Titel unterstellt durch das durchaus schwergewichtige Wort „Extremismusbekämpfung“ zwei Dinge. Erstens wird unterstellt, dass in unserem System etwas fehlt, und dass wir uns doch bitte endlich diesem bisher so unterdrückten Thema stellen müssen. Zweitens wird suggeriert, dass in dem Antrag die ultimative Lösung für das Problem steckt. So weit, so rhetorisch hübsch. Im Antrag selbst steht jedoch eine Hotlinenummer, nicht mehr und nicht weniger. Nicht einmal Sie, liebe CDU, glauben daran, dass eine 24/7Hotline das ultimative Mittel zur Extremismusbekämpfung an der Schule ist. Also warum ziehen Sie jetzt diese Nummer aus dem Hut? Kann es sein, dass Ihnen nichts Besseres einfällt? Kann es sein, dass die Lösungen nun

(Dirk Stettner)

mal kompliziert sind? Kann es sein, dass die Systeme, die etabliert sind, funktionieren, und Sie wissen gar nicht, wie Sie das Thema jetzt öffentlichkeitswirksam hochziehen sollen, weil alles, was Sie sinnvollerweise fordern könnten, schon entweder da oder auf dem Weg ist? Ich tippe auf das Letztere.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Jedenfalls bedanke ich mich ganz herzlich für diese fünf Minuten, in denen ich das System der Gewaltprävention und den Umgang mit Krisensituationen an Schulen vorstellen darf. Erste zentrale Frage für den Fall der Eskalation ist: Haben wir klare Systeme, sodass jede Schule weiß, wie sie in Krisensituationen vorgehen muss? – Die Antwort ist ganz eindeutig Ja.

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Das zentrale Instrument ist der Notfallordner. In diesem Notfallordner steht haargenau durchbuchstabiert, was in welcher Situation zu tun ist. Eine haargenaue Gebrauchsanweisung für Schulen! Der Notfallordner gibt den Schulen einen klaren Rahmen und Rückhalt. Zur Aufarbeitung konkreter Vorfälle gehören auch die Krisenteams. Sie erinnern sich, wir haben diese Verpflichtung im Schulgesetz verankert. Sie waren dabei. Diese Krisenteams haben sich in der Praxis als Schlüsselstelle zur Bewertung von Vorfällen bewährt, um zu entscheiden, in welche Richtung es gehen muss. Das Zusammenspiel zwischen Notfallordner und Krisenteams ermöglicht es den Schulen, ad hoc und situationsscharf zu entscheiden, welche Maßnahmen die richtigen für eine Situation sind. Das Spektrum reicht dann von einer internen Klärung der Konflikte bis zur Einbeziehung der Polizei und Schulaufsicht, abhängig von der Schwere des Grades.

Aber natürlich wollen wir alle ein System, in dem die Anzahl der Vorfälle möglichst minimal ist. Also bleibt, ob Sie es hören wollen oder nicht, die Prävention das entscheidende Instrument. Da haben wir in den letzten Jahren ein starkes System aufgebaut. Bald soll jede Schule eigene Sozialarbeiter haben. Wir haben ein gefestigtes System der SIBUZ. Die Landeskommission gegen Gewalt setzt mit dem Programm gegen Gewalt an Schulen einen starken Rahmen für ressortübergreifende präventive Arbeit. Ein großer Teil der Mittel im Bonusprogramm und Verfügungsfonds fließt in Projekte der präventiven Arbeit. Wir nehmen bei straffällig gewordenen Jugendlichen vor allem die Eltern in den Blick. Die Liste lässt sich immer so weiter fortführen.

Wichtiger als meine Aufzählung des guten Zusammenspiels zwischen Prävention und Krisenintervention ist aber folgende Frage: Hat das System am Beispiel, das wir heute diskutieren, versagt? – Die Antwort ist Nein. An diesem und vielen anderen Beispielen im System lässt sich zeigen, dass die Notfallpläne der Schulen greifen und eine immer höhere Klarheit herrscht, wie in solchen Situationen zu verfahren ist und hier auch verfahren wurde. Aber die Aufklärungsarbeit in den Schulen selbst bleibt

ein unendlich schwieriger Seilakt zwischen klarer Benennung der roten Linien, die in einer demokratischen Gesellschaft niemand überschreiten darf, und einer menschlichen Annäherung an das jeweilige Individuum, das Kind und den Jugendlichen, denn das eigene, im sozialen Umfeld erlernte Gedankenkonstrukt verändert sich nur, wenn jemand, dem ich vertraue, mir Alternativen aufzeigt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stettner?

Nein! Ich möchte jetzt meinen letzten Satz formulieren. – Wissen Sie, was null hilft, Herr Stettner? – Anträge, die den Anschein erwecken, sie würden die Lösung bringen, in denen aber nichts als heiße Luft steht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von Burkard Dregger (CDU) und Daniel Wesener (GRÜNE)]

Meine Herren und Damen! Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Herr Kerker für die AfD. Wenn Sie die Auseinandersetzung fortsetzen wollen, bitte gerne außerhalb, aber nicht hier drin! – Herr Kerker! Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Die heutige Priorität der CDU fordert die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle Extremismusbekämpfung an Schulen. Werter Herr Kollege Stettner! Mal Hand aufs Herz, Sie waren offenbar in den letzten Tagen auf der Webseite der AfDFraktion,

[Zuruf: Oh mein Gott! – Lachen bei der SPD]

denn wir haben bereits in der letzten Woche unser Meldeportal neutrale Schule um genau diesen Aspekt erweitert.

[Beifall bei der AfD]

Seit einigen Tagen können uns Eltern, Lehrer und Schüler von Drogen und extremistischen Tendenzen berichten. Nutzen Sie die Chance!

Dieses Phänomen ist allerdings nicht neu, anders als Sie es in Ihrem Antrag formulieren. Schon bei dem sogenannten Ehrenmord an Hatun Sürücü durch ihre Brüder vor über zehn Jahren berichteten mir befreundete Lehrer von der erschreckend hohen Zustimmung muslimischer Schüler zu dieser Straftat. Bei einigen Fraktionen hier im

(Dr. Maja Lasić)

Haus gibt es vereinzelte Fälle von Covid-19-Erkrankungen. Wir wünschen den Kollegen natürlich gute Besserung.

Bei der CDU stellt man mittlerweile fest, dass es auch dort eine Form von Politschizophrenie gibt. Ausgerechnet Ihre Partei, die seit 2015 Hunderttausende junge Männer aus muslimisch-konservativen Ländern nach Deutschland geholt hat, erkennt plötzlich: Houston, wir haben ein Problem, oder besser gesagt: Berlin, wir haben ein Problem.

[Beifall bei der AfD]

Ihre Asylpolitik auf der Bundesebene war in den letzten Jahren eine einzige Katastrophe. Sie haben den muslimischen Terror damit quasi importiert. Der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz wird in den nächsten Tagen wieder errichtet werden. Er wirkt seit den letzten Jahren eigentlich nur noch wie ein israelisch-palästinensischer Grenzübergang und weniger wie ein Weihnachtsmarkt, wenn man sich die ganzen Sicherheitsvorkehrungen anschaut.

[Zuruf von Christian Hochgrebe (SPD)]

Also hören Sie auf, an den Symptomen herumzudoktern, sondern packen Sie das Übel an der Wurzel! Keine weitere illegale Einwanderung von Muslimen nach Deutschland sowie konsequente Abschiebung, das wäre mal ein wirksames Mittel.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo!]

Mit diesem Antrag belegen Sie einmal mehr, dass die CDU unter Angela Merkel zu einer Pseudorechtsstaatspartei verkommen ist, aber wahrscheinlich ist das die neue CDU-Taktik: rechts blinken und links abbiegen. Offenbar wollen Sie Ihren künftigen grünen Koalitionspartner nicht verärgern, schließlich ist ja Ihr Spitzenkandidat Kai Wegner schon hartnäckig damit beschäftigt, Frau Jarasch schöne Augen zu machen.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Das, liebe Berlinerinnen und Berliner, sollten Sie sich für das kommende Wahljahr unbedingt merken: Mit dieser CDU wird es in Sachen innere Sicherheit keine Verbesserung geben. Wählen Sie das Original, wählen Sie die Alternative für Deutschland!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Lachen bei den GRÜNEN – Zuruf von Tobias Schulze (LINKE) – Anne Helm (LINKE): Hier wird ja mal wieder die parlamentarische Debatte missbraucht!]

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Frau Abgeordnete Kittler. – Bitte schön!