Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

[Marcel Luthe (FDP): Meines leuchtet noch!]

Die Regie funktioniert nun. Wunderbar. – Inwieweit Sie meinen Redebeitrag als dumm bewerten, ist Ihre eigene Sache. Das möchte ich nicht weiter bewerten. Meine Frage geht aber in dieselbe Richtung wie die des Kollegen Luthe. Wie schätzen Sie meine Bewertung ein, dass es einen eklatanten Unterschied zwischen Befragung des BKA, den Flächenländern und den Stadtstaaten gibt und dass hier Berlin eventuell sogar eine Besonderheit als Hauptstadt hat mit den besonderen Aufgaben auch der Hauptstadtaufgaben, der Hauptstadtregion, der Metropolenregion, und dass es unter diesem Aspekt einen Zweck hat, explizit auf die Besonderheit Berlins im Rahmen einer Dunkelfeldstudie einzugehen, wie von uns im Ausschuss begründet?

[Steffen Zillich (LINKE): Konntest du das mitschreiben? Ich konnte ihm nicht folgen! – Georg Pazderski (AfD): Das ist aber ein intellektuelles Problem!]

Dann nehmen wir noch Herrn Mohr.

[Zuruf von der AfD: Herrn Vallendar! Da musst du mal in den Innenausschuss kommen!]

Ach so, Herr Gläser!

[Marc Vallendar (AfD): Nein, Herr Vallendar auf dem Platz von Herrn Gläser!]

Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Kollege Lux! Sie hatten im Innenausschuss zur häuslichen Gewalt die Thematik steigender Fallzahlen angesprochen, dass man davon ausgehen kann, dass die Anzeigebereitschaft höher sei. Damit habe ich Sie schon konfrontiert und gefragt, wie Sie darauf kommen, dass die Anzeigebereitschaft höher ist, da Sie keine Studie nennen konnten.

[Zuruf: Frage!]

Wieso lehnen Sie diese Studie ab, wenn Sie gerade in diesem Bereich mehr Erkenntnisse erlangen könnten? Das verstehe ich nicht.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Oh Gott! Da muss er bei Null anfangen! – Frank-Christian Hansel (AfD): Alles gut, ganz ruhig, Frau Kofbinger!]

Vielen Dank, liebe Kollegen, für die Zwischenfragen! Zunächst komme ich zu der Frage des Kollegen Luthe. Das Sicherheitsbarometer, geführt beim BKA, ist natürlich eine Verbundstudie, die unter dem Dach des BKA, aber unter Beteiligung der Bundesländer geführt wird, aber auch von wissenschaftlichen Instituten, unter anderem auch von dem Max-Planck-Institut und von anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Sie können davon ausgehen, dass die Kompetenz beim BKA eine relativ hohe ist. Ich empfehle den Viktimisierungssurvey 2012 – entschuldigen Sie bitte das englische Wort – mit 218 Seiten. Es bietet durchaus eine Reihe von Auskünften, bei der ich bei aller Wertschätzung unserem Parlament und der Senatsverwaltung für Inneres gegenüber davon ausgehe, dass wir dort ein hohes Niveau an Fragen haben, aber auch an Effektivität, wie dort über Tausende von Bürgerinnen zu allen Deliktsfeldern und den von mir genannten anderen sozialen Bereichen, zu Fragen der Kriminalitätsfurcht, zu Fragen des individuellen Standes, befragt werden. Der Bericht ist durchaus – damit gehe ich über auf die Fragen zu Herrn Woldeit – vergleichbar, natürlich von Berlin aus eher mit anderen Großstädten. Diese Verbundstudie hat ein sehr viel höheres Maß an Qualität und auch an Aussagekraft, um die Sicherheitslage in Deutschland zu bewerten. Dass Sie diese nicht einmal im Ansatz würdigen und sagen, wir müssten hier in der Lage nur

eine Dunkelfeldstudie für Berlin haben, zeigt doch, wie verkürzt – ich habe vorhin gesagt: wie dünn, nicht wie dumm – Ihre Argumente waren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Herr Kollege Vallendar! Sie haben mich hier mit der Frage nach der häuslichen Gewalt und einer gestiegenen Anzeigebereitschaft konfrontiert. Nach Ihrer Aussage brauchte man bei den gleichen Personen jedes Jahr die gleichen Fragen, „Zeigen Sie jetzt häusliche Gewalt an oder nicht?“ Ich weiß nicht, ob Sie das in dem Antrag wollen oder nicht. Das wäre dann auch zu viel des Guten, wenn man mit einer großen Anzahl von Leuten, es sind mehrere Tausend Fälle von häuslicher Gewalt, eine Studie mehrmals durchführen würde und die Personen nach der Anzeigebereitschaft befragte.

Fakt ist, dass die Polizei und auch die Sicherheitspolitik auf eine Anzeigebereitschaft angewiesen sind und wir alles tun sollten, um diese Anzeigebereitschaft allerdings in einem rechtmäßigen Maß auch zu erhöhen, sonst können wir Kriminalität nicht effektiv bekämpfen. Dazu ist Ihre Dunkelfeldstudie insofern schon erledigt, weil sie im Bereich des Bundeskriminalamts auf einem sehr hohen professionellen Niveau durchgeführt wird. Ich empfehle Ihnen dazu einfach noch einmal, den von mir zitierten Survey auch zu lesen. Sie werden feststellen, dass am Ende nicht viel von dem Antrag übrig bleibt, wie Sie ihn einfordern.

Ich wäre auch bereit, Ihrem Antrag zu einer Mehrheit zu verhelfen. Aber dafür sollten Sie sich erst einmal alle entschuldigen für diese maßlose, unverschämte und üble Rede des Kollegen Curio, der hier nicht nur dem Regierenden Bürgermeister Relativierung von Terror vorgeworfen hat, sondern letztlich auch jedem muslimischen Mitbürger und jeder muslimischen Mitbürgerin und diesem Land. Sie zerstören all das wieder, was Sie meinen, mit einer Dunkelfeldstudie aufzubauen. Damit führen Sie die Spaltung der Gesellschaft fort, schüren Gewalt, Hass, Kriminalität. Sie merken es jeden Tag daran, dass die Hemmungen immer niedriger werden, dass die Hemmschwelle sinkt, insbesondere muslimische Mitbürgerinnen anzugreifen. Was Sie mit einer Dunkelfeldstudie wieder wettmachen wollen, ist im Ergebnis gar nichts. Im Gegenteil! Sie machen sich die Hände schmutzig, indem Sie eine falsche Politik, eine hasserfüllte Politik, die auch zu Gewalt führen kann, hier durch scheinbar sachliche Beiträge unterstützen wollen.

Herr Woldeit! Weil ich Ihre Sache verfolge und mich mit Ihren Argumenten auseinandersetze, kann ich am Ende auch nur sagen, dass man den Gesamtzusammenhang sehen muss. Ich bin mir sicher, dass Sie ihn auch sehen. Aber Sie sollten auch Konsequenzen prüfen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Anja Kofbinger (GRÜNE): Sehr gut!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0013-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDUFraktion, die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion ist der Antrag damit abgelehnt.

Dann kommen wir zu dem Antrag Drucksache 18/0013. Dazu empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDUFraktion, die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion ist der Antrag damit auch abgelehnt.

Die Tagesordnungspunkte 12 und 13 stehen auf der Konsensliste.

Wir kommen nun zu

lfd. Nr. 14:

Berlin wird Fairtrade-Town

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe vom 6. März 2017 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 15. März 2017 Drucksache 18/0225

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0077

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. – Eine Beratung ist nicht vorgesehen.

Zu dem Antrag Drucksache 18/0077 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen AfD und FDP bei Enthaltung CDU – die Annahme mit geändertem Berichtsdatum „30. Juni 2017“. Wer dem Antrag mit dem geänderten Berichtsdatum „30. Juni 2017“ gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe Drucksache 18/0225 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie die Linksfraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion der AfD ist der Antrag damit angenommen.

(Benedikt Lux)

Dann komme ich zur

lfd. Nr. 15:

Berlin wird Becherheld – mit dem Berliner Mehrwegbecher Müll reduzieren

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 2. März 2017 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 15. März 2017 Drucksache 18/0226

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0078

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. – In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und hier die Kollegin Platta. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute die dritte Rede von mir! Als ich auf der Tagesordnung gelesen habe, dass das Thema heute noch zur Debatte steht, habe ich gedacht: Alles schön! Dann können wir ja schnell dazu kommen, dass wir Berliner Becher in der Stadt einführen können! – Aber nein, ganz so schnell geht es nicht, weil wir erst mal einen sehr klaren Auftrag des Parlaments an die Senatsverwaltung gegeben haben, ein Konzept zu erstellen und letztendlich dieses Konzept auch zu entwickeln, mit Handels- und Umweltverbänden gemeinsam. Wir haben das Glück, dann noch mal über diesen Becher reden zu können, wenn der erste Bericht vorliegt. Im Sommer, denke ich, werden wir die Möglichkeit haben, einen spannenden Bericht zu hören, der nach über zwei Jahren Vorarbeit mit den Gremien nun ganz schnell mit zwei Monaten Beratung im Parlament auf den Weg gebracht wird.

Klasse an der ganzen Situation finde ich, dass wir es hier im Parlament schnell über die Bühne gezogen haben und nicht noch ewig lange vorher in Ausschüssen mit Anhörungen und Ähnlichem hantieren mussten. Das ist das Ergebnis unserer Vorarbeit, aber letztendlich auch ein Ausdruck des festen Willens, hier voranzukommen und auch etwas gegen die Abfallflut in der Stadt zu tun. Deshalb möchte ich meine Rede an dieser Stelle auch nicht weiter ausdehnen. Ich denke, wir können an dem Thema getrost im Sommer weiterarbeiten. – Vielen Dank und bis dann!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Ülker Radziwill (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Freymark das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Das Thema war nun mehrmals Gegenstand nicht nur im Plenum, auch im Ausschuss, bei Kongressen, Veranstaltungen etc.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Dementsprechend müssen wir es nicht in die Länge ziehen. Trotzdem will ich sagen: Die CDU-Fraktion hat deutlich gemacht, dass sie auch diesen Antrag der Koalition in dem Bereich unterstützen wird,

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

weil es ein Thema ist, das wir selbst mit auf den Weg gebracht, selbst mit diskutiert haben, wo wir selbst nach Wegen, nach Optionen gesucht haben, wo wir auch schon viele Diskussionsprozesse miteinander durchgemacht haben. Ich will darauf verweisen, weil die Erwartungshaltung in der Stadtgesellschaft mit so einem Antrag vielleicht explosionsartig groß werden kann. Wir wissen alle, dass es einen Paradigmenwechsel in der Stadt geben müsste, weg von der Bequemlichkeit hin zur Verantwortung. Und dieser Schritt wird nicht von heute auf morgen umgesetzt oder mit einem Mehrwegbecher mit nettem Berlin-Motiv, sondern da wird ein bisschen mehr notwendig sein.

Wir werden auch über die BSR sprechen müssen, über Unterflurbehälter, damit mehr Kapazität da ist. Wir werden über Behälter mit Presse reden müssen. Modellartig wird in anderen Bundesländern schon versucht zu sagen: Wenn ich da einen Pappbecher reinschmeiße, dann wird er wenigstens zusammengepresst. – Das ist nicht sonderlich ökologisch, weil der Inhalt von den fast 23 000 Papierkörben in der Stadt – bis auf ein Nokia 3210 vielleicht, das mal in so einem Abfallbehälter landet – zu 100 Prozent in Ruhleben verbrannt wird und dementsprechend unweigerlich dem Recyclingprozess verloren gegangen ist. – Ich erinnere an die Glasdebatte; damit passiert dann dasselbe. – Das ist nicht gut, und deswegen müssen wir schauen, wie wir diesen Paradigmenwechsel hinbekommen. Es darf auch nicht Umerziehung heißen.

Da will ich noch mal den Bogen schlagen zu den anderen beiden Oppositionsfraktionen, AfD und FDP, die mit großer Vehemenz nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen dagegen agiert haben: Ich glaube, die Sorge ist unberechtigt. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir hier Signale setzen. Das ist mit diesem Antrag passiert. Deswegen finden wir ihn auch gut.

Eine Bitte hätte ich aber an die Koalitionsfraktionen: Bitte tun Sie uns den Gefallen, und gründen Sie nicht noch eine Mehrwegbecheragentur oder Ähnliches!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]