Zu diesem Tagesordnungspunkt ist die namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich bitte den Saaldienst, die vorgesehenen Tische aufzustellen, und ich bitte die Beisitzerinnen und Beisitzer des Präsidiums nach vorn. Eine namentliche Abstimmung ist mit Namensaufruf durchzuführen – nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung. Ich bitte den Kollegen Lenz als Mitglied des Präsidiums, die Namen der Abgeordneten aufzurufen.
Die Stimmkarten werden Ihnen durch die Präsidiumsmitglieder ausgegeben. Ich darf darauf hinweisen, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach dem Namensaufruf möglich ist. Nur so ist ein reibungsloser und geordneter Wahlgang möglich. Sie finden Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind, und zwar eine Urne für die JaStimmen, eine Urne für die Nein-Stimmen und eine Urne für die Enthaltungen sowie für die nicht mehr benötigten restlichen Karten und Umschläge. – Ich bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Hatten alle anwesenden Mitglieder des Hauses die Möglichkeit abzustimmen? – Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung wird die Sitzung unterbrochen.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne wieder die Sitzung und gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Drucksache 18/0097 bekannt. Abgegebene Stimmen:148. Mit Ja stimmten 36, mit Nein 112. Keine Enthaltung! Der Antrag Drucksache 18/0097 ist abgelehnt.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0211
Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. – Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. Nach der Abstimmung über den Änderungsantrag werde ich die Abstimmung über den Gesetzesantrag jedoch getrennt nach den drei Artikeln sowie Überschrift und Einleitung durchführen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch. – Ich rufe also zur Beratung auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 3 – Drucksache 18/0211.
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. – Herr Kollege Zillich, bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hätte ja alles so schön sein können, wenn es nur die AfD nicht gäbe.
Da legen die Fraktionen von SPD, Linken und Grünen dem Abgeordnetenhaus im Schnellverfahren und ohne ausführliche Aussprache ein neues Gesetz vor, dessen Titel ebenso sperrig wie irreführend ist: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin“.
Hinter diesem Beispiel für bürgerferne Bürokratie verbirgt sich nichts anderes als ein ziemlich unverfrorenes Programm zur Erhöhung der Mittel für Abgeordnete, Mitarbeiter und Fraktionen im Abgeordnetenhaus Berlin. Es geht um rund 5,3 Millionen Euro im Jahr. Das ist in einer Stadt kein Pappenstiel, in einer Stadt, die 59 Milliarden Euro Schulden zu verkraften hat, die immer noch keine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufgenommen hat und die sich jeden siebten Euro im Haushalt von Bayern, Baden-Württembergern und Hessen bezahlen lässt,
letztes Jahr allein 3,919 Milliarden Euro. 5,3 Millionen Euro, das bedeutet bei 160 Abgeordneten, dass ab sofort jeder Abgeordnete den Steuerzahler mindestens 33 000 Euro pro Kopf und Jahr mehr kostet. Allein dieser Zuwachs ist mehr, als vielen Polizisten und Erzieherinnen in Kitas im ganzen Jahr zur Verfügung steht. Es drängt sich stattdessen der Eindruck auf, dass die Regierungsfraktionen nach der altbekannten Formel für Bürgerverdruss handeln: Grausamkeiten und Zumutungen gegenüber den Wählern begeht man am besten am Anfang einer Legislaturperiode. Dann sind sie vergessen, wenn es in den nächsten Wahlkampf geht.
Eigentlich sollte man meinen, dass ein solches Vorgehen der Regierungsparteien auf den heftigen Widerstand der gesamten Opposition trifft. Aber wer glaubt, dass sich CDU und FDP in dieser Debatte als Schützer der Bürgerinteressen präsentieren, der hat sich getäuscht. Die FPD, die sich doch gerne als Anwalt der Steuerzahler darstellt, eiert rum. Bei der CDU hat es für ein kräftiges Jein gereicht.
Irgendwie ist man dafür, aber doch auch nicht so richtig. Da kann ich nur sagen: Gut, dass es die AfD gibt.
Und schon dadurch, dass sich Berlin statt der vorgesehenen 130 Abgeordneten gleich 160 Mandatsträger leistet, fließen rund 850 000 Euro zusätzlich Jahr für Jahr in die Fraktionskassen.
2,1 Millionen Euro soll das Abgeordnetenhaus – und das heißt natürlich der Steuerzahler – mehr für die persönlichen Mitarbeiter der Abgeordneten ausgeben, eine Steigerung von 36 Prozent! 3,2 Millionen Euro mehr sollen die Fraktionen erhalten. Das ergibt sich daraus, dass die Fraktionen künftig über 20 000 Euro mehr als bisher pro Abgeordnetem erhalten sollen. Das ist sogar ein Zuwachs von 68 Prozent. Dass mit den vorgesehenen Änderungen gleichzeitig der Anteil des Oppositionszuschlags am Budget der Fraktionen von CDU, AfD und FDP absinken wird – bei uns immerhin von 18 auf 13,6 Prozent, also um ein Viertel –, sei nur am Rande erwähnt. Das ist wohl ein von den Regierungsparteien gewünschter Nebeneffekt.
Aber brauchen die Fraktionen im Abgeordnetenhaus wirklich mehr Geld? Diese Frage darf man sich schon stellen. Der Bund der Steuerzahler stellt fest, dass die Fraktionen im Abgeordnetenhaus bereits jetzt deutlich überfinanziert sind. Zum 31. Dezember 2015, also zufällig vor Beginn des Wahljahrs 2016, befanden sich nicht weniger als 2,1 Millionen Euro Rücklagen auf den Konten der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und Linken, also 2,1 Millionen Euro, die man augenscheinlich nicht in der Lage war, sinnvoll auszugeben. Es wäre einmal in
teressant zu wissen, ob diese Gelder am Ende der Legislaturperiode wieder an das Parlament zurückgeflossen sind. Allzu groß kann vor knapp einem Jahr die finanzielle Not der Fraktionen nicht gewesen sein. Warum, frage ich, ist das jetzt anders? Wofür sollen die Gelder ausgegeben werden: noch mehr Mitarbeiter, noch höher bezahlte Mitarbeiter, mehr gut dotierte Beraterverträge, mehr und üppigere Fraktionszulagen, von denen wir in der AfD-Fraktion übrigens Abstand genommen haben?
Da darf man schon die Frage stellen: Was hat das alles mit den Problemen Berlins und seiner Bürger zu tun, mit heruntergekommenen Schulen, unterbezahlten Polizisten, maroder Infrastruktur, Wohnungsnot und verwahrlosten Plätzen? – Für die AfD-Fraktion kann ich hier klipp und klar feststellen: Unsere Fraktion leidet genauso wie die anderen Fraktionen nicht unter Armut. Wir brauchen nicht noch mehr Geld aus dem Portemonnaie der Steuerzahler.
denn aus Ihrer Sicht ist es offenbar schon Populismus, wenn man sich nicht immer wieder großzügig aus dem Portemonnaie der Bürger bedienen möchte, sondern in guter preußischer Tradition Augenmaß und Kostenbewusstsein von sich selbst und anderen verlangt.
Wenn wir wollen, dass ein Parlament seine Aufgaben für Berlin mit der gebotenen Verantwortung und Sorgfalt wahrnimmt, dann muss es vernünftig ausgestattet sein. Fraktionen wie Abgeordnete brauchen gute Mitarbeiter, und gute Mitarbeiter kosten Geld.
Doch die Größe und Funktionsweise des Abgeordnetenhauses gehören endlich auf den Prüfstand. Wir brauchen ein kleineres Parlament mit höchstens 100, besser weniger Abgeordneten, die dann aber Vollzeitparlamentarier sein müssen.
Das bedeutet für die AfD-Fraktion: Erst müssen wir einmal klären, was für ein Parlament wir hier in Berlin brauchen. Daraus leitet sich ab, wie viel Mittel man den einzelnen Abgeordneten und den Fraktionen zur Verfügung stellen muss, damit sie ihre Aufgabe zur Zufriedenheit der Bürger und zum Wohle der Stadt erfüllen können.