Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Das bedeutet für die AfD-Fraktion: Erst müssen wir einmal klären, was für ein Parlament wir hier in Berlin brauchen. Daraus leitet sich ab, wie viel Mittel man den einzelnen Abgeordneten und den Fraktionen zur Verfügung stellen muss, damit sie ihre Aufgabe zur Zufriedenheit der Bürger und zum Wohle der Stadt erfüllen können.

Sicherlich müssen wir in diesem Zusammenhang auch andere Großstädte in dieser Welt anschauen. Warum kommt der Stadtrat von New York mit 51 Abgeordneten aus, obwohl dort 35 Ausschüsse zu besetzen sind? Warum reichen in London 25 Abgeordnete, um die Angelegenheiten der Stadt zu regeln? Als AfD-Fraktion werden wir ein entsprechendes Gutachten über die richtige Größe des Parlaments in Auftrag geben.

[Torsten Schneider (SPD): Bei wem? – Steffen Zillich (LINKE): Beim AfD-Kontrollrat!]

Wir sind davon überzeugt, dass wir am Ende einer vernünftigen Reform nicht mehr Geld vom Steuerzahler brauchen, sondern weniger, ohne an guten Mitarbeitern zu sparen. Der Weg für uns in der AfD-Fraktion heißt: Das Parlament muss erst einmal schlanker werden. Und wir müssen darüber reden. Wir sind bereit darüber zu reden.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Wir brauchen eine breite öffentliche Diskussion über das, was das Abgeordnetenhaus von Berlin wirklich benötigt. Wir brauchen ein Konzept für ein schlankeres, aber gut arbeitendes Abgeordnetenhaus. Darüber wollen wir mit Ihnen beraten, aber nicht über Schnellschüsse.

[Beifall bei der AfD]

Die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin wird die Vorschläge der Mehrheit zur Erhöhung der Gelder für die Fraktionen und der Gehaltszahlungen für persönliche Mitarbeiter der Abgeordneten in der vorgesehenen Form nicht mittragen und ablehnen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD – Anja Kofbinger (GRÜNE): Aber das Geld werden Sie nehmen!]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Schneider das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will erst mal einen taktischen Fehler begehen: Nach Maßstab mancher – ich habe es nämlich in der Zeitung gelesen – machen sich vor allem die Grünen und die Linken die Taschen voll. Ich kann Ihnen erklären: Die SPD-Fraktion bekennt sich ausdrücklich zu diesem Gesetz. Wir lassen uns nicht spalten, wir waren sogar federführend bei diesen Vorschlägen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich habe ja gerade aufmerksam die Debatte verfolgt, und heute rede ich nicht über Populismus, auch wenn das eine oder andere Argument zum Untersuchungsausschuss der ruhigen, seriösen und auch anstrengenden Gewichtung

(Georg Pazderski)

von unseren Fraktionen und wohl auch bei der CDU nicht gerecht geworden ist. Aber eins haben Sie doch hier sehr bemüht: den Kontrollauftrag des Parlaments. Und jetzt haben Sie ein Dialektikproblem. Jetzt, wo es zum Schwur kommt, wo es zur Stärkung der parlamentarischen Demokratie kommt, da sagen Sie – und ob Sie da zickzack fahren, weiß ich noch nicht, das werden wir ja bei der Abstimmung erleben – – Wir verstehen diese Stärkung als Stärkung der parlamentarischen Demokratie.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Heiterkeit bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist ja lächerlich!]

Und dann habe ich auch in der Öffentlichkeit so einige Fakten wahrgenommen, die jetzt einem Faktencheck unterzogen werden: Pro Kopf hätten wir hier die meisten Abgeordneten. – Ich will mich dazu gar nicht äußern, ein bisschen Recherchearbeit überlasse ich dann und stelle anheim. Das ist unzutreffend.

[Georg Pazderski (AfD): Habe ich nicht gesagt!]

Ich habe auch Sie nicht adressiert. Nicht jedes Mal arbeite ich mich an Ihnen ab. Und wenn, dann gibt es richtig eins auf die Null.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zweiter Punkt: Ich habe gelesen, Abgeordnete – jedenfalls ist der Eindruck erweckt worden – haben ja so 11 500 Euro. – Da gibt es durchaus eine gewisse Erwartungshaltung, wie ich so an den Gesichtern sehe. Aber daran haben wir gar nichts geändert. Vielmehr bekennen wir uns zum Tarifrecht und schaffen endlich tarifgerechte Bezahlung für die Mitarbeiter.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und nun weiß ich ja nicht, wie Sie sich in der Fläche aufzustellen gedenken. Wir hatten diese Debatte schon mal, als wir von 580 auf 3 000 erhöht haben.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Reicht aber noch nicht!]

Wir sind der Auffassung, dass wir unseren Kontrollauftrag von über 120 000 Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern ohne die Eigenbetriebe und ohne die über 50 Unternehmensbeteiligungen mit acht wissenschaftlichen Referenten in der SPD-Fraktion nicht übergebührlich beanspruchen, wenn wir hier selbstbewusst sind und das auch in der Öffentlichkeit aushalten, was da polemisiert wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion Herr Kollege Melzer.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wir glauben, dass eine solche Debatte über Zuweisungen an Fraktionen, mehr Mittel für Mitarbeiter von Abgeordneten zwei Dinge nicht verträgt, nämlich, an die Adresse der AfD, Pauschalierungen und Schaum vor dem Mund und, an die Adresse der Koalition – wir haben es gerade gehört –, einen allzu verklärten Blick auf das, was man da selber eingebracht hat. Ich möchte mal bemühen, was wir vor einigen Jahren gemeinsam hier im Abgeordnetenhaus in der Parlamentsreform bei der Einrichtung von Wahlkreisbüros über Parteigrenzen hinweg auf den Weg gebracht haben. Da haben wir gesagt, es wäre sinnvoll, wenn die Abgeordneten vor Ort in ihren Wahlkreisen Büros eröffnen könnten für noch mehr Bürgernähe, für noch mehr Ansprechbarkeit, und diese müssten auch angemessen ausgestattet sein. Das war damals überparteilich, mehrfraktionell. Fast alle Fraktionen haben mitgemacht. Es war eine bürgernahe Lösung, sie war ausgewogen. Und all dies ist, wenn man heute den Antrag der Koalition aus SPD, Grünen und Linken liest, in Ihren jetzt vorgeschlagenen Änderungen eben nicht mehr der Fall. Die sind weder ausgewogen, noch sind sie bürgernah, und erst recht haben Sie sich nicht die Mühe gemacht, sie überparteilich im Konsens mit allen Fraktionen zu erarbeiten.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und deswegen fehlt dem ordentlichen Griff in den Steuersack auch die notwendige politische Sensibilität.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Aber ohne uns hätten Sie das nicht gebracht!]

Zurück zu den Wahlkreisbüros: Die Koalition hat vorgeschlagen, mehr Mittel für das Personal von Abgeordneten zur Verfügung zu stellen – ein Ansatz, dem die CDU durchaus nahetritt. Aber gleichzeitig die Anzahl von Mitarbeitern und damit die Öffnungszeiten von Büros zu begrenzen, zeigt eben auch: Hier ging es nur um eine Zahl und nicht um eine echte Lösung. Wir haben mit unserem Änderungsantrag einen konstruktiven Weg beschrieben und fordern Sie auf, diesen mitzugehen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Nun sagt die AfD, ohne sie hätte es diese Debatte nicht gegeben und wir würden Jein sagen. Das ist totaler Quatsch. Herr Pazderski, wären Sie im Hauptausschuss, dann hätten Sie es mitbekommen. Wir haben immer gesagt, wir verhalten uns erst nach Beratung in der Fraktion zu diesem Thema.

Wenn man dann liest beim Fraktionsgesetz, dass die Koalition sagt, ohne erkennbare Begründung, einfach als gegriffene Zahl: Wir wollen nicht mehr 27 000 Euro pro Abgeordneten als Fraktionsgeld bekommen, sondern zukünftig pro Jahr 49 000 Euro, in Summe für alle Fraktionen mehrere Millionen Euro mehr Ausgaben; nicht,

(Torsten Schneider)

weil es notwendig wäre, denn alle Fraktionen, die schon in diesem Hause waren, verfügen über ausreichend Rücklagen, sondern weil die eine Fraktion sagt: Wir haben vielleicht ein nicht ganz so tolles Wahlergebnis bekommen, fühlen uns aber immer noch als die Allergrößten und brauchen deswegen mehr, und eine andere Fraktion keinen Oppositionszuschlag mehr hat und auf einmal diesen fehlenden Oppositionszuschlag refinanzieren muss. Deswegen werden dann die Pro-Kopf-Abgaben aus dem Landeshaushalt in die Fraktionen verändert. Das ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg. Und deswegen sagt die CDU klar Nein zur Änderung des Fraktionsgesetzes. Die Finanzierung der Fraktionen ist auskömmlich und kann so bleiben, wie sie ist.

Deswegen ist es am Ende des Tages auch so, dass wir uns gefreut hätten, hätte Rot-Rot-Grün es geschafft und vermocht, gemeinsam mit allen Fraktionen nach einem vernünftigen, bürgernahen, überparteilichen Konsens zu suchen. Das war von Anfang an nicht so angelegt und von Anfang an nicht der Fall. Am Ende einer Diskussion sagen wir: Im Landesabgeordnetengesetz haben Sie eine richtige Initiative, die wir mit unserem Änderungsantrag verbessern wollen. Beim Fraktionsgesetz haben Sie klar über das Ziel hinausgeschossen und sind nur daran interessiert, das eigene Portemonnaie der Fraktion aufzubessern. Das sagen wir klar Nein und sind klar positioniert als CDU-Fraktion. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Die Linke jetzt Herr Zillich.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wohl leider so, dass man in purer Sachlichkeit über so ein Thema dann doch nicht wird reden können. Das ist nicht überraschend, aber trotzdem schade. Was machen wir hier? Wir haben erstens als Koalition, aber durchaus auch im Gespräch mit FDP und CDU gesagt: Wir wollen das Institut und die Ausstattung der Bürgerbüros überprüfen. Und da gab es eine ganze Reihe von Debatten aus allen Fraktionen, die sagen: Eins wäre doch sinnvoll, wenn man dieses Institut hat, nämlich dass man das so ausstattet, dass dort eine volle Stelle eingerichtet werden kann. Genau das tun wir jetzt.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Das halte ich für eine sinnvolle Stärkung genau dieser Bürgerbüros, und das vertreten wir auch. Und da waren wir auch immer noch d’accord mit FDP und CDU. Es gab dann einen Punkt, wo wir nicht mehr d’accord waren, und das war der Punkt an dieser Stelle, wo insbesondere die CDU gesagt hat: Na ja, die Mittelerhöhung ist ja in Ordnung, aber wir möchten gern, dass man – und das haben Sie ja eben offensiv als Lösung vertreten – das

beliebig aufteilen kann auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – Und da haben wir gesagt, im Übrigen in der Tradition schon der Einführung der Regulierung der Bürgerbüros, die seinerzeit überparteilich getragen worden sind: Nein, wir wollen hier nicht die Tür weiter aufmachen für eine weitere Zerstückelung in Minijobs, in Praktikumsverhältnisse u. Ä., sondern wir wollen sagen: Wir bleiben dabei, höchstens aufteilen auf drei Mitarbeiter.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und weil wir uns an dieser Stelle nicht einigen konnten, kommen wir jetzt zum zweiten Teil der ganzen Geschichte, wo wir gesagt haben: Wir sind hier in der Situation, wo dieses Parlament nicht überausgestattet ist – das kann man offensiv, glaube ich, vertreten –, wo wir Großes zu regeln haben in diesem Land und wo die Kontrolle der Verwaltung eine wichtige Aufgabe ist und wo wir deswegen insbesondere bei der personellen Ausstattung der Fraktionen hier auch einen weiteren Schritt machen im Sinne von Stärkung parlamentarischer Kontrolle. Auch da waren in den Gesprächen die Fraktionen von FDP und CDU noch weit mit dabei. Dieser Konsens wurde dann aufgekündigt, weil man beim ersten, nämlich dem Aufteilen auf viele Beschäftigungsverhältnisse, nicht mitgemacht hat. Na gut, okay. Die Situation müssen wir jetzt aushalten, und wir halten es auch aus, weil wir es für eine sinnvolle und berechtigte Regelung halten, die man auch offensiv vertreten kann. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Krestel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eigentlich eine gute Idee, die durch die Umsetzung durch die rot-rot-grüne Koalition mehr oder weniger diskreditiert wurde. Ich möchte da noch mal auf meinen Vorredner eingehen. Herr Zillich! Das ist letztlich so: Wenn Sie ein Wahlkreisbüro unterhalten in einem Wahlkreis wie meinem, da haben Sie heute nicht mehr so eine ganz normale Community von Wählern, da haben Sie quasi die deutschen Ureinwohner,

[Heiterkeit bei der AfD]

da haben Sie die russlanddeutschen Zuwanderer, die türkischen und die kurdischen Zuwanderer und so weiter, haste nich’ gesehen.