Noch einmal: Schön finde ich es nicht. Mir wäre es lieber gewesen, das wäre ganz selbstverständlich geregelt worden. Es gab einen Einzelfall – so entstehen ja Regelungsbedarfe –, in dem uns die Kommune gesagt hat: „Ihr müsst etwas tun.“ Dann mussten wir uns damit beschäftigen. Jetzt haben wir unterschiedliche Standpunkte.
Der politische Wille ist klar: Wir wollen ein klares Signal für Integration und gegen integrationsfeindliche Symbole in unseren Kindergärten setzen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grüne Haltung zum Kopftuchverbot hat sich – auch wenn wir einen Änderungsantrag eingebracht hatten, der im Sozialausschuss abgelehnt wurde – nicht verändert. Unsere Haltung unterscheidet sich immer noch fundamental von der Haltung von CDU und FDP/DVP sowie auch gravierend von dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion.
Die Regierungsfraktionen sehen in ihrem Gesetzentwurf wie auch schon im Schulgesetz ein generelles Verbot vor, was dazu führt, dass zum Beispiel 30 Erzieherinnen in Stuttgart, die bisher problemlos gearbeitet haben, gekündigt werden muss, wenn sie bei ihrer Arbeit weiterhin ihr Kopftuch tragen wollen.
Dies soll geschehen, ohne dass es irgendwelche Schwierigkeiten oder Differenzen im Vorfeld gab. Im Gegenteil, solche Erzieherinnen sind für den Integrationsprozess und für eine Erziehung hin zur Toleranz geradezu wichtig.
Wir halten die Radikallösung der CDU und der FDP/DVP auch für verfassungswidrig – ebenso wie das Kopftuchverbot im Schulgesetz. Nach unserer Rechtsauffassung wird, Herr Kollege Kleinmann, die Religionsfreiheit der kopftuchtragenden Muslima in verfassungswidriger Weise zurückgedrängt, und das in Fällen, in denen die Frauen nicht missionieren oder provozieren, sondern ordentliche Arbeit leisten.
(Heiterkeit – Unruhe – Abg. Rüeck CDU: Frau Lösch, sind Sie der Meinung, dass Kopftücher nur noch auf ärztliche Anordnung getragen werden dür- fen? – Abg. Drexler SPD: Der eine trägt eine Hals- krause, der andere ein Kopftuch! – Abg. Wieser CDU: Frau Kollegin, das ziehen Sie bitte zurück!)
Frau Kollegin Lösch, ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen. In Ihrem Gesetzentwurf steht, dass die Kopftuchträgerin anzuhören ist. Gestern haben wir von Ihrem Fraktionsvorsitzenden gehört, dass es keine Gesinnungsanhörung geben darf. In Ihrem Antrag steht aber, sie sei anzuhören. Welche Fragen gedenken Sie denn einer Kopftuchträgerin zu stellen, wenn Sie sie anhören?
Kollege Hoffmann, wenn es zu einer Anhörung kommt, dann hat es im Vorfeld Schwierigkeiten gegeben, das heißt, da haben sich Eltern oder Kinder beschwert. Dann liegen Vorfälle vor, und genau zu diesen Vorfällen erfolgen dann Anhörungen. Das hat nichts mit Fragen nach der Gesinnung, zum Beispiel nach der Einstellung zur Homosexualität, zu tun, sondern da gibt es ganz konkrete Vorfälle im Kindergarten oder in der Schule.
(Abg. Kübler CDU: Mit was hat das zu tun? – Abg. Zimmermann CDU: Aber das hat doch nichts mit dem Kopftuch zu tun!)
Da gibt es ganz konkrete Vorkommnisse, und diese Vorkommnisse werden diskutiert. Das ist wirklich etwas ganz anderes.
Aber das ist auch kein Gegenargument; das ist eher ein Totschlagargument. Denn wenn wir in Baden-Württemberg nur das machen würden, was woanders schon praktiziert wird,
Zunächst ist anzuerkennen, dass die SPD in Bezug auf die Praktikabilität einer Einzelfallprüfung offenbar gelernt hat. Beim Schulgesetz waren Sie ja noch anderer Meinung,
Wenn es damit nichts zu tun hat, dann verstehe ich nicht, warum. – Aber jetzt legen Sie selbst diese Konstruktion zugrunde.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP zu Abg. Drexler SPD: Das ist völlig identisch! – Gegenruf des Abg. Drex- ler SPD: Das ist doch ein anderer Träger! Red doch nicht daher!)
Ihre Begründung, die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verlange dies, halten wir für falsch. Die Selbstverwaltungsgarantie gilt im Verhältnis der Gebietskörperschaften untereinander. Sie führt jedoch nicht zu anderen Abwägungen im Verhältnis zur kopftuchtragenden Grundrechtsträgerin.
Auch im SPD-Entwurf, Kollege Birzele, wird der Religionsfreiheit der kopftuchtragenden Erzieherin nicht in verfassungsrechtlich gebotener Weise Rechnung getragen.