Frau Kollegin Lösch, ist Ihnen bekannt, dass der auch von Ihnen zu Rate gezogene Verfassungsexperte Professor Jestaedt unseren Gesetzentwurf für verfassungsrechtlich zulässig und den Erlaubnisvorbehalt sogar für verfassungsrechtlich geboten hält?
(Abg. Wieser CDU: Ist das eine Verfassungsnorm? – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Ach, Herr Wie- ser!)
Lieber Kollege Birzele, wir sind genauso, wie Professor Jestaedt sich bei unserer Anhörung ausgesprochen hat, der Auffassung, dass die Kommune das Kopftuchtragen erlauben muss.
In einem Fall, in dem die Neutralitätspflicht nicht verletzt wird, ist das Ermessen der Kommune auf null reduziert – so Professor Jestaedt von der Universität Erlangen.
Die Fraktion GRÜNE steht dazu, grundsätzlich das Tragen eines Kopftuchs für erlaubt zu halten – eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt –, und deshalb lehnen wir das generelle Verbotsgesetz der CDU und der FDP/DVP ab, aber auch den Gesetzentwurf der SPD, die sich für ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt ausgesprochen hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke den Regierungsfraktionen auch in diesem Fall, dass sie einen sehr eindeutigen Gesetzentwurf vorlegen, der politische, religiöse und weltanschauliche Bekundungen in Form des Tragens eines Kopftuchs an Kindergärten gänzlich untersagt.
Wir haben mittlerweile die Situation, dass es in einem Einzelfall, in Ebersbach, einen gerichtlichen Vergleich gab. Aber wir müssen damit rechnen, dass ähnliche Konfliktfälle, die vor Ort einfach nicht lösbar sind, auftreten. Deswegen ist eine gesetzliche Regelung erforderlich.
Die Landesregierung möchte insbesondere das Kopftuch, das als mehrdeutiges Symbol wahrgenommen wird, im Kindergartenbereich untersagen. Wir möchten unsere Kindergartenkinder nicht mit dem Kopftuch konfrontiert sehen, das auch als ein politisches Symbol des islamischen Funda
mentalismus gesehen wird, das die Abgrenzung zu Werten der westlichen Gesellschaft, wie die individuelle Selbstbestimmung und insbesondere die Emanzipation der Frau, ausdrückt.
Wir haben in diesem Fall, meine Damen und Herren, die gleiche Argumentationslage wie bei der Novellierung des Schulgesetzes. Wir haben die gleiche Ausgangslage gehabt, wobei damals im Schulausschuss eine Anhörung mit denselben Rechtsexperten stattgefunden hat.
Es verwundert natürlich nicht, dass Professor Mahrenholz, Professor Böckenförde und Professor Jestaedt, die sich bereits gegen den Gesetzentwurf zur Novellierung des Schulgesetzes ausgesprochen haben, jetzt als Kronzeugen der Opposition eingeladen werden. Das liegt natürlich nahe. Es darf aber gleichzeitig nicht überraschen, dass sich dieselben Experten auch gegen den vorliegenden Gesetzentwurf der CDU und der FDP/DVP aussprechen. Das darf uns aber, meine Damen und Herren, in der Bewertung nicht verunsichern.
Wir haben – das ist für uns eine politische Entscheidung – im Grunde einen entscheidenden Dissenspunkt mit der SPD-Fraktion in der Frage, ob wir einen Erlaubnisvorbehalt im Gesetz vorsehen wollen. Die SPD-Fraktion – das hat der Kollege Schebesta bei seiner Rede in der ersten Runde sehr eindrucksvoll dargestellt – hatte sich beim Schulgesetz eindeutig gegen einen solchen Erlaubnisvorbehalt ausgesprochen. Diesmal soll nach Ansicht der SPD-Fraktion ein solcher gelten. Ich hoffe nicht, dass wir in eine Situation geraten, dass vor Ort Kindergärten, Erzieherinnen, der Kindergartenträger und die Eltern vor einer gewaltigen Konfliktsituation stehen, die sie in diesem Fall nur schwerlich lösen können. Deswegen sind wir, wenn wir eine gesetzliche Regelung in die Wege leiten wollen, auch verpflichtet, eine klare Regelung zu treffen. Insofern interpretiere ich auch die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände, die lauten: Wenn es denn zu einer Regelung kommt, dann, Landesregierung und Gesetzgeber, seid bitte konsequent und schafft eine eindeutige Rechtslage, die man vor Ort auch konsequent umsetzen kann.
(Abg. Wieser CDU: Der weiß doch alles, der Herr Birzele, warum fragt er dann? – Heiterkeit – Beifall bei der CDU)
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, dass die Stadt Stuttgart, wenn dieses Gesetz heute verabschiedet und dann verkündet wird, in 30 Fällen arbeitsrechtlich gegen Erzieherinnen vorgehen muss, die bisher im Kindergarten ein Kopftuch tragen?
dass es hier zu einem Vergleich gekommen ist. Man kann einer gerichtlichen Entscheidung nicht vorgreifen, aber im Sinne des Gesamtinteresses der Kindergärten in unserem Land müssen wir diesen Weg gehen und hoffen, dass in Stuttgart eine vernünftige Lösung vor Ort gefunden wird.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Eine einvernehmliche Lösung! – Abg. Drexler SPD: Wie denn? Wie soll die Lösung aussehen?)
Meine Damen und Herren, insofern kann ich sagen, dass die wichtigen Argumente vorgetragen wurden, dass wir Rückenwind vom Bundesverfassungsgericht haben, das eindeutig gesagt hat,
(Abg. Drexler SPD: Was? Von wem? – Abg. Sti- ckelberger SPD: Das wird sich noch zeigen! Ge- genwind!)
dass die Länder hier eine Entscheidungskompetenz haben. Diesbezüglich machen wir davon auch Gebrauch. Wir sehen, auch vor dem Hintergrund, dass das Bundesverwaltungsgericht hier eine Einzelfallentscheidung gefällt hat, keine Verunsicherung. Insofern begrüßen wir den konsequenten Vorstoß und empfehlen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g.
Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/4869, abstimmen.
und hier die Nummern 1 bis 5. Wer diesen Nummern zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! –