Protokoll der Sitzung vom 21.02.2006

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wollen Sie jetzt vier- eckige Tomaten oder nicht?)

Wir sollten trotzdem in diesem Bereich forschen, lieber Herr Kretschmann. Ich muss Ihnen sagen: Wir dürfen diese Technikfeindlichkeit, die im Grunde genommen seit den Achtzigerjahren unters Volk gebracht wurde, nicht weitertreiben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: Das ist „Kohl-Zeug“!)

Hier haben wir eine Nivellierung und eine Unterforderung.

Wir brauchen für die Zukunft – und da gebe ich Ihnen völlig Recht – in der Bundesrepublik, in Baden-Württemberg eine verstärkte Förderung der Hochbegabten. In diesem Bereich liegt einiges im Argen. Nur so werden wir mittelfristig gegen die Konkurrenz in einer globalisierten Welt bestehen können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Fleischer CDU – Abg. Teß- mer SPD: Das glauben Sie!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fauser, Sie haben mir leider nicht die Frage beantwortet, ob Sie nun viereckige Tomaten wollen oder nicht. Obwohl Sie zuerst gesagt haben, dass Sie keine wollten, haben Sie dann doch für die Forschung zur Herstellung viereckiger Tomaten plädiert.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Was wollen Sie nun eigentlich, Frau Fauser?

(Abg. Röhm CDU: Reife Tomaten! – Abg. Teßmer SPD: Überfordern Sie sie nicht!)

Ich habe entgegen Ihrer Behauptung nicht über die Atomkraft fabuliert, sondern habe präzise Zahlen genannt. Zum Beispiel belastet die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe den Forschungsetat des Bundes mit über 560 Millionen €, und sie wird das Land an die 100 Millionen € kosten. Das sind ganz präzise Zahlen. Es wäre gut gewesen, wenn Sie etwas dazu gesagt hätten, wie Sie mit diesen Zahlen umgehen,

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

woher und aus welchem Etat diese Mittel kommen, die Sie da hineinpumpen wollen. Darum geht es und nicht um die „Fabula rasa“ der Frau Fauser.

(Abg. Teßmer SPD: Fabula Fauser!)

Aus der Landesstiftung sind in den letzten Jahren 120 Millionen € in die Forschung geflossen. Ich habe ja schon gesagt, dass diese Mittel zwar immer befristet gewährt werden, aber 120 Millionen € sind eine schöne Zahl.

Ich nenne jedoch einmal eine andere Zahl, Herr Forschungsminister: Allein im Landeshaushalt 2004 hat die Landesregierung 135 Millionen € an den Hochschulen eingespart; das waren vor allem Titel für Forschung und Lehre. Das, was die Landesstiftung gegeben hat, haben Sie in gleicher Höhe im regulären Haushalt gekürzt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Wir haben zweifelsohne immer noch gute Hochschulen. Aber ich behaupte auch, dass wir von der Substanz leben; denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass allein bei den Hochschulbauten ein Sanierungsbedarf – vom Rechnungshof festgestellt und nicht von uns – von 2,4 Milliarden € besteht. Sie können überhaupt nicht darstellen, wie Sie diese Sanierungsmittel in den nächsten zehn Jahren aufbringen wollen. Das heißt, dass zwar noch genügend Geld in die Labors und in die Einrichtungen fließt, man aber gleichzeitig schon die Eimer unter das Dach stellen muss. Das ist nicht übertrieben.

Diese Einsparungen gehen also an die Substanz der Hochschulen. Sie gehen zulasten der Hauptaufgaben der Hochschulen, nämlich der Lehre und der Forschung, vor allem der Grundlagenforschung. Gerade die Grundlagenforschung braucht eine nachhaltige Finanzierung. Denn nur aus der Grundlagenforschung können sich wirklich irgendwann völlig neue Produkte ergeben, wohingegen die anwendungsbezogene Forschung lediglich die Qualität der bereits existierenden Produkte verbessert. Das heißt, dass wir den

Schwerpunkt bei der universitären Forschung in die Grundlagenforschung legen müssen.

Das kann man freilich nicht von außen steuern; denn das ist etwas, was die „Wissenschaftsgemeinde“ nun wirklich besser weiß. Dazu brauchen wir gute Arbeitsbedingungen. Wir erleben aber, dass Wissenschaftler von den Hochschulen an außeruniversitäre Einrichtungen oder gar ins Ausland abwandern. Dieser Auszug der Forschung aus unseren Hochschulen muss gestoppt werden. Wir brauchen deswegen eine solide Hochschulfinanzierung.

(Abg. Fleischer CDU: Ihr habt eine falsche Besol- dungspolitik gemacht, siehe W 3!)

Wir brauchen für die Grundlagenforschung verlässliche Arbeitsbedingungen.

Aber wir haben ja zurzeit einen Ministerpräsidenten, der durchs Land reist und jedem, den er trifft, egal wo und wann, Versprechungen macht. Die letzte Versprechung war, sich mittelfristig am Flughafen Basel-Mulhouse-Freiburg zu beteiligen.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr gut, dass wir darüber reden!)

Wir müssen nun einmal entscheiden, ob wir weiterhin in Bereiche investieren wollen, die die Wirtschaft eigentlich selbst organisieren und in die sie selbst investieren muss, wie Messen und Regionalflughäfen,

(Abg. Fleischer CDU: Gesprächsbereitschaft!)

oder ob wir als Land unsere originären Aufgaben erfüllen. Die heißen Bildung, Forschung und Entwicklung. Das ist der entscheidende Beitrag, den das Land Baden-Württemberg auch für die Wirtschaft leisten muss. Darauf müssen wir die knappen Mittel, die wir haben, konzentrieren.

Ich sage noch einmal: Dazu bedarf es auch des richtigen Forschungsklimas. Wer aber die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängern, also an Altindustrien länger festhalten will, blockiert in Wirklichkeit dort,

(Abg. Wieser CDU: Der schafft Geld für For- schung!)

wo Forschung in breitem Umfang Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Exportmöglichkeiten schafft. Das ist im Umweltbereich der Fall. In der gestrigen Ausgabe der „Financial Times“ stand: „Asien giert nach deutscher Umwelttechnik“. Genau da müssen wir uns richtig und gut aufstellen. Das sind die Wachstumsmärkte der Zukunft.

(Abg. Fleischer CDU: Was hat das mit Laufzeiten von Atomkraftwerken zu tun?)

Da können wir Forschung direkt in Arbeitsplätze, in Wertschöpfung im In- und Ausland umsetzen. Das sind die Signale, die wir für eine nachhaltige Forschungsförderung, die mittlere und kleine Betriebe fördert, brauchen. Das heißt in der Energiepolitik: Hinein in eine mittelstandsorientierte Energiepolitik,

(Abg. Fleischer CDU: Die Steinbeis-Stiftung hat über 300 Zentren für den Mittelstand im Land!)

genau dorthin Technologie aus unseren Hochschulen, Fachhochschulen, außeruniversitären Einrichtungen transferieren.

(Abg. Fleischer CDU: Über 300 Zentren!)

Das ist die Aufgabe, die wir zurzeit haben. Aber Sie behindern sie. Jetzt verhindern Sie im Schwarzwald wieder ein Investitionsprojekt mit einem Volumen von 40 Millionen €,

(Abg. Döpper CDU: 40 Millionen € zur Zerstörung der Landschaft!)

ohne zu wissen, dass wir 200 Firmen in Baden-Württemberg haben, die den größten Windenergieproduzenten beliefern, die innovativ sind, die tatsächlich die Ergebnisse aus der Forschung umsetzen. Das ist die richtige Spur. In diese Richtung muss es gehen.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Das sind die Wachstumsmärkte der Zukunft. Darauf müssen wir schauen.

(Abg. Döpper CDU: Sie treten den Naturschutz mit Füßen!)

Jetzt redet hier vorn der größte Investitionsverhinderer des Landes Baden-Württemberg, der Kollege Döpper, statt dass er sich in die letzte Bank setzt.

(Beifall und Heiterkeit der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Fleischer CDU: Jetzt haben Sie den Höhepunkt des Tiefflugs erreicht!)

Ja, es ist doch so!

(Abg. Fleischer CDU: Jetzt würde ich Schluss ma- chen!)

Die Landesregierung war für dieses Projekt, die Opposition war für dieses Projekt, die Bürgermeister waren für dieses Projekt, der Regionalverband war für dieses Projekt – nur der Kollege Döpper muss in blinder Nachfolge des Herrn Teufel ein solches Projekt mit einem Investitionsvolumen von 40 Millionen € verhindern. Das ist ein „dicker Hund“.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Unglaublich! – Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Das Wort erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Professor Dr. Frankenberg.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Hoffmann: End- lich redet einer, der etwas von der Sache versteht!)