Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Dieser Doppelhaushalt ist Dokument der familienpolitischen Konzeptionslosigkeit und der Unredlichkeit der Landesregierung.
Konzeptionslos deshalb, weil notwendige Schritte zum Ausbau des Kinderbetreuungsangebots im Land viel zu spät und viel zu halbherzig ergriffen werden,
Unredlich und konzeptionslos aber auch deshalb, weil seit Jahren erfolgreich laufende familienpolitische Programme des Landes wie zum Beispiel das Programm Mutter und Kind durch Mittelkürzungen gefährdet werden.
Großzügig ist der Herr Ministerpräsident bei Familien nur dann, wenn er Forderungen an andere richtet. Das haben wir ja heute Morgen wieder zur Genüge erlebt. So ködert der Ministerpräsident Familien mit unbezahlbaren Wahlkampfversprechen wie einem Familiengeld in Höhe von 300 .
Meine Damen und Herren, bisher hat der Ministerpräsident über die Finanzierung seiner Familiengeldforderung kein Wort verloren. Ich will das deshalb nachholen. Nach einer finanzpolitischen Faustregel kostet eine Kindergelderhöhung von 10 pro Kind die öffentlichen Kassen rund 1,94 Milliarden . Ein Familiengeld von 300 für alle Kinder ab drei Jahren würde also über 28 Milliarden kosten. Beim günstigsten Kostenaufteilungsschlüssel entfielen davon auf die Bundesländer 7,3 Milliarden , auf BadenWürttemberg 730 Millionen , über deren Finanzierung der Ministerpräsident kein Wort verliert.
Es ist schon sehr bemerkenswert, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung das von der SPD für diesen Haushalt vorgelegte Kinderbetreuungskonzept mit einem Volumen von 46,4 Millionen als angeblich nicht finanzierbar zurückweist, obwohl die SPD dafür ein klares Finanzierungskonzept vorgelegt hat,
und auf der anderen Seite die Dreistigkeit besitzt, völlig unbezahlbare familienpolitische Wahlkampfversprechen zu machen. So nicht!
Meine Damen und Herren, die finanzpolitische Praxis der Landesregierung jenseits der Wahlkampfversprechungen das zeigt dieser Doppelhaushalt sieht anders aus. Die Landesregierung kürzt bei benachteiligten Familien. Die Zuschüsse zur Familienerholung werden drastisch zusammengestrichen. Diese Kürzungen treffen sozial schwache Familien. Die Träger wie Caritas und Diakonie berichten uns etwas völlig anderes als das, was Frau Dr. Gräßle gerade versucht hat, als Hoffnungsstreifen an den Horizont zu malen. Im Programm Mutter und Kind kürzt die Landesregierung fast 2,5 Millionen . Wir geben Ihnen nachher in namentlicher Abstimmung die Chance, diesen familienpolitischen Sündenfall wieder gutzumachen.
Ich bin ganz besonders gespannt, wie dann zum Beispiel die CDU-Kollegen aus dem Landkreis Göppingen sich verhalten werden, die ja vom Kreistag eine Resolution bekamen, verabschiedet übrigens mit CDU-Stimmen, mit der Aufforderung an den Landtag, diese Kürzungen zurückzunehmen.
Das weiß ich, Herr Kollege Haas. Ich habe nie gemerkt, dass Sie sich dafür eingesetzt haben, dass es das wieder gibt.
Wir setzen, meine Damen und Herren, dieser familienpolitisch unseriösen Luftblasenpolitik der Landesregierung in diesem Doppelhaushalt eine klare und vor allem seriös finanzierbare Alternative entgegen. Unser Schwerpunkt ist der Ausbau der Kleinkindbetreuung. Wir greifen auf, was unlängst das von der Bundesbildungsministerin initiierte Forum Bildung gefordert hat: Neben Verbesserungen im Grundschulbereich so die Forumsempfehlungen brauchen wir eine deutlich bessere Verwirklichung des Bildungsauftrags in Tageseinrichtungen für Kinder. Wir haben natürlich sehr gespannt darauf geschaut, was die Landesregierung in diesem Bereich tut. Betrachtet man allerdings den Doppelhaushalt, so fällt die Antwort vernichtend aus. Die Landesregierung tut viel zu wenig, und das Wenige, was sie tut, kommt darüber hinaus auch noch zu spät, nämlich erst im Jahr 2003.
Bundespräsident Johannes Rau hat in seiner Rede beim Abschlusskongress des Forums Bildung bemerkenswerte Sätze zur Bedeutung von Kindergärten gesagt. Ich will sie kurz zitieren:
Die Kindergärten, die Kindertagesstätten und die Grundschulen sind ja nicht nur die Tore zum Bildungswesen, sie sind auch die Tore zu unserer Gesellschaft, zu Selbstentfaltung und Gemeinschaftsfähigkeit, zu beruflichem Erfolg und staatsbürgerlicher Verantwortung.
Meine Damen und Herren, dieses Tor zum Bildungswesen ist in Baden-Württemberg in vielen Bereichen viel zu schwach entwickelt. Wir befinden uns im Land bei der Kinderbetreuung im Kindergartenbereich auf Mercedes-Niveau, in der Klein- und Schulkindbetreuung aber auf Trabbi-Niveau.
Diese Einschätzung stammt nicht von mir, sondern vom Oberbürgermeister der Stadt Singen, bekanntermaßen kein Sozialdemokrat, sondern CDU-Mitglied; aber Recht hat der Mann.
(Beifall bei der SPD Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Bei uns gibt es auch solche und solche! Abg. Wieser CDU: Der singt halt gern, der Singener Oberbürgermeister!)
Unser Land ist in der Kleinkindbetreuung im Bundesländervergleich Schlusslicht. Dieser Doppelhaushalt hätte die Gelegenheit geboten, Abhilfe zu schaffen. Aber statt der in der Regierungserklärung vom Ministerpräsidenten angekündigten Offensive zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf entfacht die Landesregierung lediglich ein Strohfeuer. Lediglich 4 Millionen investiert das Land ab 2003 in Kinderkrippen. Alle übrigen Maßnahmen im Kleinkindbereich sollen ausschließlich aus kommunalen Mitteln durch Vorwegentnahmen aus der Finanzausgleichsmasse A aufgebracht werden.
Der Ministerpräsident hat hier gegenüber den Kommunen wenn man sich seine Regierungserklärung anschaut, sieht man, dass er von der gemeinsamen Aufgabe von Land und Kommunen spricht sein Wort nicht gehalten. Die SPD hat in diesem Doppelhaushalt als Alternative ein Sonderprogramm zur Schaffung von 7 800 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kleinkinder vorgelegt. Im Vorgriff auf gesetzliche Regelungen wollen wir bereits in diesem Jahr die Mittel für den Ausbau des Kinderbetreuungsangebots für Kleinkinder, und zwar sowohl in Krippen wie in altersgemischten Gruppen, zur Verfügung stellen. Wir wollen die Kommunen bei dieser Aufgabe wirksam unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Abschluss kurz auf den Tagesmütterbereich eingehen. Tagesmütter sind eine notwendige und hilfreiche Ergänzung von Kindertagesstätten. Ich möchte Sie nur daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen: In Zeiten, als Sie im Haushalt nicht die Mittel gefunden haben, um den weiteren Ausbau von Tagesmüttervereinen zu unterstützen da haben Sie gekürzt , hat die SPD dafür gesorgt, und zwar auf anderen
Wegen, dass dieser Ausbau und diese Qualifizierung stattgefunden haben. Ich erkläre Ihnen das gern, Herr Hauk.
Die SPD spricht sich deshalb dafür aus, die Förderung der Betreuung durch Tagesmütter in einem Kindertagesstättengesetz ab 2003 gesetzlich verbindlich zu regeln.
Deshalb müssen wir jetzt endlich mit dem notwendigen Ausbau des Kinderbetreuungsangebots in unserem Land beginnen. Ich will dazu abschließend nochmals den Herrn Bundespräsidenten zitieren:
Wir müssen uns aber fragen, ob wir wirklich so weitermachen wollen wie bisher, mit einem schwachen und brüchigen Fundament unseres Bildungswesens, auf das dann große Häuser gebaut werden sollen. Ich meine, wir sollten das Fundament verstärken, sonst werden aus den großen und starken Häusern bald Bildungsruinen.
Stärken wir das Fundament für unsere Kinder mit diesem Doppelhaushalt. Stimmen Sie unseren Anträgen zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man muss nicht unbedingt Geld ausgeben, um Frauenpolitik zu machen. Mehr Frauen in Führungspositionen ist eine absolut kostenneutrale Maßnahme. Ich freue mich und gratuliere Frau Dr. MeisterScheufelen zum neuen Amt und hoffe, dass uns das bei den Wünschen für mehr gender-gerechte Statistiken ein gewaltiges Stück weiterbringt.
Das Wirtschaftsministerium hat in seinem Haushalt erfreulicherweise Mittel zur Ergänzung der Kontaktstellen Frau und Beruf um zwei weitere Standorte bereitgestellt.
Das Sozialministerium führt das Mentorenprogramm weiter. Ich rege an, dieses noch besser zu vernetzen.
Lobenswert ist durchaus jede Aktivität zur Steigerung der Wertschätzung von Frauenberufen, wie jetzt für die Pflege.